Livebericht Sólstafir (mit Oranssi Pazuzu und Hamferð)

Ein Livebericht von Eddieson aus Bielefeld (Forum) - 17.11.2024 (20491 mal gelesen)
Bielefeld, die Stadt, die es nicht gibt. So sagt man zumindest. Aber in einem Punkt gibt es Bielefeld tatsächlich nicht (mehr): Auf der Konzert-Landkarte. Dass hier mal in dieser Stadt ein vernünftiges Konzert stattfindet, ist leider äußerst selten geworden. Daher verwundert es vielleicht nicht, dass die "Dark Descent Tour" von SÓLSTAFIR, ORANSSI PAZUZU und HAMFERD vor ausverkauftem Haus stattfindet. Die Leute hier haben Bock auf Konzerte und auf gute Packages sowieso. Und diese drei nordischen Bands bilden ein gutes Package. Also mache ich mich auf den Weg ins Forum, um mal zu schauen, was sie so zu bieten haben.
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Um zirka 19.20 Uhr komme ich an der Location an, vor dem Eingang schon eine Menge los, innen auch schon gut gefüllt. Kein Fotograben vorhanden, also suche ich mir einen Platz in der ersten Reihe, um zu versuchen, ein paar brauchbare Fotos schießen zu können. Auf der Bühne ist schon alles aufgebaut, hinter beziehungsweise neben der Bühne herrscht hektisches Treiben und dann geht es auch schon los. Es ist zirka 19.35 Uhr, also über 20 Minuten vor ausgeschriebenem Beginn. Ich finde sowas ja immer mehr als ärgerlich. Wozu steht 20 Uhr Beginn auf der Homepage, wenn die erste Band schon 20 Minuten früher auf der Bühne steht? Das ist eine unsägliche Unsitte geworden und extremst ärgerlich für jeden, der sich auf die Uhrzeit verlässt und HAMFERD gerne komplett sehen möchte. Nervt! Aber okay, es ist, wie es ist. Die Jungs von den Färöer Inseln starten direkt mit 'Í Hamferd' vom aktuellen Album "Men Guðs Hond Er Sterk". Ein massiver und intensiver Einstieg in das Konzert, der das Publikum direkt in seinen Bann zieht. Auch das folgende 'Marrusorg' stammt vom aktuellen Longplayer und schwankt zwischen ruhigen Parts und dicken Riffs, auch dies überträgt sich direkt auf das Publikum. HAMFERD, die im Einheitsdress auf der Bühne stehen, bieten zwar keine große Bühnenshow, was aber auch zu der Musik nicht unbedingt passend wäre, aber dafür kommt die Musik umso wuchtiger. Auch mit der Kommunikation mit dem Publikum hält man sich vornehm zurück, sondern lässt lieber die Musik für sich sprechen. 'Glaeman' bietet dazu ein paar ruhigere Töne. Mit 'Hon Syndrast' kommt dann der erste ältere Song vom 2017er-Alnum "Támsins Likam". Doch mit "Ábær" und "Hvølja" kommen sie schon dirket wieder zu "Men Guðs Hond Er Sterk", ehe die Show mit 'Evst' dann ein Ende findet. Wie schon gesagt bieten HAMFERD nicht viel Show auf der Bühne, dafür ist die Musik aber umso packender und das haben sie heute Abend sehr deutlich gemacht.
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In Finnland leben, laut einer aktuellen Umfrage, die glücklichsten Menschen. Ob die Jungs von ORANSSI PAZUZU sich dazuzählen weiß ich nicht. Musikalisch gehören sie jedenfalls zu den abgedrehtesten Typen momentan. Das aktuelle Album "Muuntautoja" hat mich ja nun nicht so wirklich überzeugt, dann also mal sehen, was sie live so bringen. Die 20 Minuten Umbaupause vergehen wie im Flug und um 20.35 Uhr stehen die Finnen auf der Bühne. Die ganzen Effektgeräte und Keyboards nehmen schon mal eine Menge Platz weg. Gitarrist Ikon spielt auf Socken und ist derjenige, der heute am meisten abgeht. Sie starten mit 'Bioalkemisti' und schon gibt es die ersten verwunderten Blicke aus dem Publikum. Die Musik ist nicht jedermanns Sache, das ist klar. Und auch bei 'Kuulen Ääniä Maan Alta' und dem Titeltrack vom aktuellen Album werden die Augen mancher Gäste immer größer. Ich kann das verstehen, es ist nicht Allerweltsmusik, was hier geboten wird. Die vielen Effekte, die vielen Samples, der Kreischgesang, das ist alles schon sehr verkopft und kommt live noch mal eine Spur chaotischer rüber als auf Platte. Ich bin kein großer Fan der Finnen und finde es auch extremst schwierig zu erkennen, welcher Song gerade gespielt wird, da auch hier keine Kommunikation mit dem Publikum stattfindet. Dennoch ist der Jubel groß und es scheinen einige Fans hier zu sein. Mit 'Usi Teknokratia', dem fast schon eingängigsten Song des Sets, geht es weiter. Viel Nebel und hauptsächlich grell-helles Licht von hinten tragen ihren Teil zur morbiden Stimmung des Sets bei. Mit 'Valotus' kommt schon eine fast ruhige Nummer und mit 'Hautatuuli' kann das Publikum dann etwas durchatmen. Mit dem abschließenden, über 17 Minuten laufenden 'Vasemman Käden Hierarkia' verlangt die Band ihrem Publikum noch mal einiges ab. Dieses dankt es ihnen aber nach der Show mit einem tosenden Beifall. Ich für meinen Fall kann mich daran leider nicht beteiligen. Das war zwar schon alles in Ordnung, doch musikalisch werden ORANSSI PAZUZU und ich wohl keine Freunde mehr.
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Island gilt als eines der sichersten Länder der Welt, trotz der vielen dunklen und kalten Tage auf der Insel. Aber das nur am Rande. SÓLSTAFIR stehen dann um kurz nach 22 Uhr auf der Bühne und eröffnen ihr Set mit dem instrumentalen '78 Days In The Desert' vom KÖLD-Album. Das Publikum in Ostwestfalen gilt ja eher als emotional unterkühlt oder passiv, doch die Isländer haben den Funken gezündet und das Feuer der Ostwestfalen entfacht. Das wird dann auch mit 'Silfur-Refur' und dem rockigen 'Blakkrakki' deutlich. SÓLSTAFIR zeigen eine Menge Spielfreude und scheinen richtig Bock zu haben. Zwar fällt auch hier die Interaktion mit dem Publikum auf das geringste Mindestmaß aus, doch das tut der guten Stimmung keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, so baut das Konzert eine eigene Dynamik auf und läuft wie aus einem Guss. Mit 'Svartir Sandar' und 'Ljós í Stormi' geht es weiter. Sänger und Gitarrist Aðalbjörn Tryggvason ist übrigens der einzige, der sich etwas auf der Bühne hin und her bewegt, während es Gitarrist Sæþór Maríus Sæþórsson und Bassist Svavar Austmann da etwas ruhiger angehen lassen.
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Etwas intensiver wird es dann mit 'Hún Andar'. Eine sehr straighte, aber auch mitreißende Nummer, und natürlich darf das folgende 'Fjara' mittlerweile auf keiner SÓLSTAFIR-Show mehr fehlen. Und das zeigt auch die Reaktion des Publikums: als hätten sie nur auf diesen Song gewartet. Blastbeat bei SÓLSTAFIR. Das kann dann nur der Titeltrack des aktuellen Albums "Hin Helga Kvöl" sein. Auch diese härtere Nummer kommt live extremst gut und bildet einen starken Übergang zum mächtigen und instrumentalen 'Ritual Of Fire'. Und das danach gespielte, eher ruhige 'Ótta' bildet zwar einen krassen Gegensatz, aber einen guten Abschluss. SÓLSTAFIR lassen sich dann nur kurz bitten und liefern mit 'Goddes Of The Ages' noch mal einen intensiven Nachschlag, bevor der Abend dann ein Ende findet.
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