Iskandr - Vergezicht | |
---|---|
Review von Humppathetic vom 30.09.2021 (4945 mal gelesen) | |
Normalerweise beginne ich meine Reviews ja gerne mit "Die hier besprochene Band gibt es seit dem Jahr x", optional dann erweitert durch allerlei technischen Kram wie Bandmitglieder, Überkreuzungen mit anderen Bands, Anzahl an Veröffentlichungen. Nun, diese zugegeben sehr simple Herangehensweise wird hier direkt mal torpediert. Seit wann es die Niederländer von ISKANDR gibt, steht weder im Promotext noch auf den meist verlässlichen Gelben Seiten, auch bekannt als Encyclopaedia Metallum. Wenn wir den ersten Output, eine Full-Length namens "Heilig Land" aus dem Jahr 2016 und die Gründungsdaten weiterer Bands, in denen O, der ISKANDR als Einmannprojekt gründete, involviert ist oder war, zurate ziehen, können wir oder in dem Fall ich als Schreiber dieses Reviews wohl circa das Jahr 2015 als Anfangspunkt ausmachen. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass diese Datierung unwissenschaftlich und wohl noch ungenauer als Untersuchungen des arktischen und antarktischen Eises ist. Sei es drum, die Musik ist ja am Ende, was zählt. Nichtsdestotrotz möchte ich noch vorwegschieben, dass ISKANDR mittlerweile kein Einmannprojekt mehr darstellen, denn der schon seit "Euprosopon" von 2018 als Sessiondrummer eingesetzte Mink Koops fungiert hier nun erstmals als vollwertiges Mitglied, was die Niederländer nicht nur wenig überraschend zu einem Zweiergespann macht sondern sie auch, zumindest in meinem Kopf, direkt in den Dunstkreis von Kapellen wie URFAUST, SORHIN, INQUISITION und Co. katapultiert. Black Metal und seine Duos. Eine Tradition wie MODERN TALKING, nur eben besser - in allem. Koops war O übrigens kein Fremder, zockten oder zocken die beiden auch zusammen in anderen niederländischen Gruppen wie GALG, NUSQUAMA und SOLAR TEMPLE. O war sogar schon Sessionmusiker bei Koops' Band FLUISTERAARS. Und bevor jetzt die Frage aufkommt: Ja, das kommt alles morgen im Test vor. Und ihr dachtet, die Geschichte Europas sei kompliziert ... Aber nun mal ran an den Speck, also die Musik. Was uns die beiden hier über sechs Songs, die es auf über 60 Minuten schaffen, bieten, ist, vereinfacht gesagt, meist im mittleren Tempo gehaltener Black Metal, der, wie es der Promotext vollmundig verspricht, von BATHORY der mittleren Periode, Frühwerken der Norweger von ENSLAVED, aber sogar von solch Überraschungen wie NEUROSIS und KING CRIMSON geprägt ist. Genau: ist. Denn der Text lügt nicht. Obschon das lyrische Konzept laut Metal Archives Paganismus ist, haben wir es musikalisch mit teils geradezu sakraler Musik zu tun. Hier ein paar Glocken, dort ein annähernd christlich ertönender Chor, dort eine Orgel. Die Orgel ist auch das entscheidende Momentum, das mich sofort an "In The Court Of The Crimson King" erinnerte, aber nicht nur. Darüber hinaus verfügt das Album über eine schräg anmutende, doch wirksame Gelassenheit, die von Koops am Schlagzeug noch verstärkt wird, spielt er immer mal wieder eher versiert als knüppelnd. Es gibt zwar einzelne Rasereien und Aggressionen, aber für Black Metal klingt das Album teilweise durchaus "laid back". Ich erspare uns den obligatorischen Marihuana-Witz. Diese Atmosphäre erweckt dann auch hin und wieder mal Erinnerungen an NEUROSIS' "A Sun That Never Sets". Dadurch bleibt der Hörer mit dem Eindruck, noch nie so besonnen mit schwarzem Metall beschallt worden zu sein, zurück. Und das ist nicht nur originell, es ist auch einfach verdammt gut. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Gezag 02. Bloeddraad 03. Gewesten Der Tijd 04. Baken 05. Verbod 06. Het Slot | Band Website: iskandr.bandcamp.com/ Medium: CD Spieldauer: 63:46 Minuten VÖ: 24.09.2021 |
Alle Artikel