Früher war (fast) alles besser! Part 3: Giganten aus der zweiten Reihe

Ein Artikel von Warlord vom 29.07.2012 (10437 mal gelesen)
DARKTHRONE haben für mich den Heavy Metal zum Stillstand gebracht. Die zweite Welle des Black Metal, die sie 1992 mit "A Blaze In The Northern Sky" (wieder nach meinem Eindruck) einleiteten, killte den Death Metal und damit die letzte Barriere zum völligen Chaos. Dabei hatte die Band doch mit ihrem ersten Album knackigem Death Metal (mit nur gelegentlichem schwarzen Anstrich) gefrönt. Ein bisschen ENTOMBED, ein bisschen AUTOPSY, aber man hört schon Fenriz' Oldschool-Drumming und die Gitarre knarzt auch nicht so tief, wie es damals in Schweden üblich war. DARKTHRONE sind ja Norweger, also ist das hier norwegischer Death Metal. Sehr ordentlich, mit schönem AUTOPSY-Doom und tollem Drumsound. Kein Wunder, dass Frank Albrecht so von der Scheibe schwärmt (er war ja auch geplättet vom Nachfolger, hat ihn aber richtig eingeschätzt). Das ist nicht so gleichförmig wie beim allgemein etwas überschätzten Schweden-Death. Manchmal glaubt man fast, eine härtere Version von TROUBLE zu hören (zu Zeiten "Trouble/Psalm 9" und "The Skull"). Track 4 ist sogar ein gutes (weil abwechslungsreiches) Instrumental. Komisch, ich höre die Scheibe gerade zum ersten mal, keinen Schimmer warum ich die damals nicht auf dem Schirm hatte. Naja, da gab's ja auch noch kein Internet und man kaufte lieber CARCASS' "Symphonies Of Sickness" oder eben "Mental Funeral" statt irgendwas aus Skandinavien.

Bleiben wir doch in Norwegen. Ebenfalls damals nicht so beliebt, obwohl von diversen Samplern (z. B. "Scandinavian Metal Attack") bekannt und später mit "Under The Sign Of The Black Mark" Vorbild für 20 Jahre Black Metal ohne Ende: BATHORY, mit ihrem damals sehr belächelten Debüt. Im Falle einer Band, die ein ganzes Genre fast im Alleingang definierte, ist natürlich eine gründliche Beleuchtung geboten.

Es geht gruselig los, mit Glockengeläute. Das ist der 'Storm Of Damnation', der da zumindest angekündigt wird und das doch über stimmungsvolle drei Minuten. Nicht schlecht für ein Album, das knappe 27 Minuten läuft und damit noch SLAYERs "Reign In Blood" untertrumpft. Dann sind wir aber im 'Hades', einer wüsten, schwer nach DESTRUCTION klingenden Nummer. Oder haben die bei BATHORY abgeguckt? (Wikipedia hilft nicht unbedingt weiter. Beide Debüts stammen aus dem Jahr 1984, aber BATHORY veröffentlichten schon 1983 zwei Stücke auf dem "Scandinavian Metal Attack"-Sampler, nämlich 'Sacrifice' und 'The Return Of Darkness And Evil', die wiederum nicht wie 'Hades' klingen, mysteriös!). BATHORY galten damals ja als VENOM-Kopie und lebten ähnlich "spektakulär" wie diese vom Image. Kein einziges Konzert wurde jemals gespielt (Da irren der Herr! - Opa). BATHORY hatte nämlich über die Jahre nur ein permanentes Mitglied, "Quorthon", im wahren Leben Thomas Forsberg. Damals entstand der Eindruck, die Band bestehe nur aus ihm und einem Drumcomputer, in noch weitergehenden Verschwörungskreisen wird gar die Existenz einer echten Gitarre auf dem Album bezweifelt (Quelle: Wolf Rüdiger Mühlmann im ROCK HARD, der auch zweifelt, aber der Mystik wegen vage bleibt). Die Wahrheit bringt wie so oft "Wikipedia" an's Licht!?

(Zitat aus Wikipedia) "Nach den Beiträgen zur Kompilation Scandinavian Metal Attack des Plattenlabels Tyfon Grammafon nahm Thomas "Quorthon" Forsberg das Album im Juni 1984 mit Rickard "Ribban" Bergman von der Oi!-Band Stridskuk am E-Bass und dem ehemaligen Obsklass-Mitglied Stefan Larsson am Schlagzeug innerhalb von 56 Stunden auf. Aufnahmeort war Heavenshore, laut Quorthon kein Studio, sondern eine Garage, die seit 1995 nicht mehr existiert. Da Bergman kein permanentes Bathory-Mitglied werden wollte und die Band somit keine richtige Besetzung hatte, entschied diese sich, keine Bilder oder Namen anzugeben."

'Sacrifice' hat tatsächlich diesen Uffta-Oi-D(ischarge)-Beat. 'In Conspiracy With Satan' auch. Stumpfer gehts nimmer, kein Wunder dass das damals bei den meisten Metallern keinen Eindruck machte. Die verwaschenen, manchmal kaum hörbaren und leicht sirrenden Rhythmusgitarren sollten ja dann Legionen von Nachahmern finden, die ebenfalls keine Scheu vor der Monotonie hatten. Wobei BATHORY hier immerhin noch mit der Spieldauer der einzelnen Titel gnädig waren (später ja nicht mehr, im Gegenteil). Die meisten Eruptionen kommen unterhalb der 3-Minuten-Marke ins Ziel (sehr schöner Punk-Basslauf in 'Armageddon', 'War' kannte ich als einzigen Titel schon von einem Sampler, war einer von "Music For Nations", meine ich), klasse Midtempo-Walzen wie "Necromansy" oder 'Raise The Dead' (ausgerechnet hier gibt es Ähnlichkeiten zum Sound, keineswegs aber dem gleichnamigen Titel der Engländer aus Newcastle sondern, und jetzt kommt's, eher deren 'Countess Bathory'(!)) gehen schon mal etwas drüber. Zum Schluß gibt's noch eine halbe Minute 'Outro' und fertig ist das Kult-Album. Hat schon etwas, dieses teuflische Scheibchen, natürlich ziemlich asi und nichts für HiFi-Fans.

Eine andere damals gerne von der Fachpresse "gedisste" Band waren RAZOR. Für ihre erste Mini-LP 'Armed And Dangerous' sowie die folgende LP 'Executioner's Song' noch gelobt, mussten sie für 'Evil Invaders' sowie 'Malicious Intent' teilweise derbe Prügel einstecken, angeblich wegen der ewigen Gleichförmigkeit der Songs. Heute sind RAZOR Kult, und zwar nicht nur wegen 'Take This Torch', einer der Hits und auf BEIDEN ersten Scheiben vertreten. Denn 'Evil Invaders' startet gleich voll durch mit dem wuchtigen Instrumental 'Nowhere Fast' und schiebt das coole 'Cross Me Fool' hinterher. Während der Strophe klingt zwar das Schlagzeug etwas schlapp, aber das ist halt ein echter Drummer mit wohl wenig Geld zur Verfügung damals, im Jahre 1985. Ich muß zugeben, auch ich fand damals "Executioner's Song" besser, aber der stumpfe Thrash von z. B. 'Legacy Of Doom' macht trotzdem Spaß. RAZOR hatten zwar den Groove nicht erfunden, sie waren aber auch nicht HIRAX. Highspeed an der Grenze also des öfteren, aber Abwechslung gab es doch, trotz aller Unkenrufe, reichlich. Der Titeltrack hat sogar ein cooles AC/DC-Riff und auch kurz den Groove bevor das stumpfe Gekloppe wieder losgeht, der Refrain ist kultig. Sicher einer der besten Songs der kanadischen Rabauken, der mit dem tollen Riff vom Anfang ausklingt. Sicher sind noch weitere gute Nummern auf dem Album, aber da der Platz eng wird skippe ich schnell weiter zum Nachfolger 'Malicious Intent', den ich bisher noch gar nicht kannte. Wieder gibt es zehn mal voll auf die Glocke. 'Tear Me To Pieces' hat zumindest einen geileren Schlagzeugsound als vorher, auch wenn die Nummer vielleicht etwas ZU schnell ist. Auch die Stimme von Stace McLaren kling "besser" als auf dem Vorgänger. Keine Ahnung warum auf diesem Album so rumgedroschen wurde, denn 'Night Attack' knüppelt sich gnadenlos durch die Botanik, diesmal erst in schleifendem Uptempo und dann wird noch einige Gänge hochgeschaltet. Klasse, wie ich finde, keinen Deut schlechter als die besten Nummern der Vorgänger. 'Grindstone' ist wieder Highspeed, aber mit zwei geschmackvollen Gitarrensoli. Eine echte Kraftleistung. Durch den geilen Sound kann man das auch erstmals richtig gut hören. 'Cage The Ragers' ist schon wieder eine lustige Speed-Nummer mit kultverdächtigem Refrain. In all dem Geschrubbe fallen immer wieder kleine aber feine Melodien auf. Ebenso erwähnt werden muß die doch sehr kompetente Gitarrenarbeit von Dave Carlo. Der Titeltrack ist der längste Song des Albums und beginnt deshalb im Midtempo. Keine Sorge, noch bevor 50 Sekunden verstrichen sind, ist wieder Uffta angesagt. Ich brauch' erst mal 'ne Pause. Mit SLAYER wurden RAZOR oft verglichen, für mich klingt das eher wie eine aufgespeedete "Kill 'Em All"-Version im "Reign In Blood"-Tempo, wobei SLAYER die Geschwindigkeit von RAZOR selten erreicht haben. Ich spreche schon hier eine unbedingte Besorgungspflicht für alle Alben plus Mini aus. Was für eine unterbewertete Combo! 'Rebel Onslaught' startet langsamer bevor ein wahnwitziges Riff inklusive Quietscher einsetzt und die Raserei sich wieder entfaltet. Der Bass ist wieder deutlich hörbar, es gibt ein willenloses Gitarrensolo und dann wieder diese Rasierapparat-Riffs. Besser geht Thrash echt nicht. Leider wiederholt sich das gleiche Schema auf den nächsten drei Songs, bevor 'High Speed Metal' (haha) den rasanten Schluß macht. Ich bleibe trotz der gewissen Einförmigkeit von Seite 2 bei meinem Urteil: Pflichtstoff für echte Metaller!

Als Bonus gibt's noch den lustigen Titel 'Mosh', laut Wikipedia "bonus track on the 2002 CD re-release by Attic Records", bei dem die versammelte Mannschaft dem Hörer ein fröhliches "Kiss my ass" entgegenschleudert (Stace "Sheepdog" McLaren setzt noch ein freches "Pronto" hinterher). Mehr Metal geht nicht!

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