Interview mit Piet von Iron Savior

Ein Interview von Wulfgar vom 02.04.2014 (23361 mal gelesen)
Das Hamburger Metal-Flaggschiff IRON SAVIOR hat mit dem aktuellen Album "Rise Of The Hero" einen wahren Volltreffer gelandet. Das ist natürlich Grund genug Chef-SAVIOR Piet Sielck mal auf den Zahn zu fühlen. Dabei heraus kam ein Supergespräch. Aber lest selbst.

Moin erst mal und herzlichen Glückwunsch zu "Rise Of The Hero".

Piet: Hey Wulfgar, vielen Dank für die Blumen!

Der Release liegt schon ein paar Tage zurück. Wie hat denn die "Szene" das neue Album denn aufgenommen?

Piet: Na ja, angesichts eines Charteinstiegs auf Platz 76 wage ich mal zu behaupten, dass das Album ganz gut ankommt. Das freut uns natürlich riesig und wir möchten allen Fans von ganzem Herzen dafür danken! Das ist schon was ganz Besonderes für uns, da ein solcher Erfolg bisher nur mit der "Unification" zu verbuchen war. Abgesehen davon, dass die "Unification" auch ein sehr gutes Album ist (abgesehen vom Cover, [lacht]), kam der damalige Erfolg natürlich auch ein Stück weit von "Supergroup" Hype durch Hansen und Stauch. Dass wir das jetzt endlich nach über 15 Jahren aus völlig eigener Kraft geschafft haben, zeigt mir, dass IRON SAVIOR nun endlich als vollkommen eigenständige Kraft wahrgenommen wird und unsere "Beharrlichkeit" letztendlich Früchte trägt.

Wie reagiert ihr persönlich darauf wenn man euch mit dem Terminus alte Hasen konfrontiert?

Piet: Damit kommen wir gut klar, denn wir sind ja auch nichts anderes. Als bei der "Landing" zum ersten mal Begriffe wie "Urgestein", "Veteranen oder auch "Pioniere" auftauchten, musste ich schon zuerst mal schlucken und in mich hineinhören, ob mir das eigentlich gefällt oder nicht. Kam aber recht schnell zu dem Ergebnis, dass es doch recht schmeichelhaft ist und dass ich mit fast 50 Jahren eben auch genau das bin. Ein alter Sack, der seit über 30 Jahren Metal macht! [lacht]

Ich persönlich verfolge eure Outputs seit der "Battering Ram", alleine das deckt den Zeitraum von 10 Jahren ab. Wie könnte man diesen Zeitraum musikalisch zusammenfassen?

Piet: Mit der "Battering Ram" gab es eine Öffnung zu mehr klassischen Metal-Elementen sowie zu "konzeptfreien" Texten. Das beste Beispiel dafür ist 'Break The Curse'. Diese puristische Songstruktur hatte ich mir auf den vorherigen Alben noch nicht getraut, die sich ja alle eher im melodiösen Speed Metal-Bereich mit einer guten Prise Prog bewegen. Aber auch der Text, der einfach nichts mit Science Fiction zu tun hat, war damals Neuland. Man kann sagen, dass die BR der Wegbereiter für die "Landing" und auch "ROTH" war. Songs wie 'Heavy Metal Never Dies', 'Burning Heart' oder auch 'Fistraiser' wären auf der "Unification" und "Condition Red" etc. kaum vorstellbar gewesen. Generell würde ich aber sagen, dass wir unseren Weg recht konsequent weiter gegangen sind (von ein paar kleinen Ausrutschern mal abgesehen) und unseren Stil immer weiter verfestigt haben.

Wie behaltet ihr diesen eigenen Stil bei, ohne redundant zu wirken?

Piet: Da wir mit dieser Band das "Metal-Rad" auf keinen Fall neu erfinden können bzw. auch nicht wollen, versuchen wir eigentlich immer wieder erneut, so dicht an das "perfekte" Metal-Album heranzukommen, wie nur möglich. Dabei schauen wir auch schon zurück und überlegen jedes mal intensiv, was man besser machen kann. Ein besonderes Augenmerk liegt auch immer darauf, ein Album möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Das hat natürlich manchmal zur Folge, dass einige Fans auch mal einen Song nicht so super finden und statt z. B. 'Iron Warrior' lieber eine zweites 'Thunder From The Mountains' gehabt hätten. Allerdings scheint die Mehrzahl die Abwechslung zu lieben, was auch mir persönlich einfach mehr liegt. Letztendlich ist aber die absolute Hauptsache, dass man den Biss nicht verliert und sich nicht aus Trägheit mit Dingen zu Frieden gibt, die nicht 100%ig sind. Wir stellen jedenfalls immer wieder den Anspruch an uns selbst, keine "Filler" zu haben ... denn "Filler" sind "Killer" ... das nehmen einem die Leute übel ... und zu Recht! Denn wer möchte schon für eine ganze CD zahlen, um dann doch nur eine halbe zu bekommen ...?

Welche Besonderheit gibt es am neuen Album? Inwieweit ist es anders als z. B. "The Landing" oder "Megatropolis"?

Piet: Die "Megatropolis" würde ich mal als unsere persönliche "Point Of Entry" bezeichnen: die Hälfte gut, der Rest durchwachsen! [lacht] Ich wollte damals eine bewusste Abgrenzung zu meiner damaligen Zweitband SAVAGE CIRCUS und habe daher stärker auf den rockigen Charakter gesetzt, Chöre und Mehrstimmigkeiten stark reduziert und auch rein textlich andere Bahnen eingeschlagen. Nachträglich betrachtet keine gute Idee, da ich damit wichtige Trademarks der Band wegproduziert habe, was der Sache nicht so wirklich gut getan hat. Nach der Pause von 4 Jahren konnten wir aber auf der "Landing" von diesen Dingen lernen, uns von sämtlichen Druck oder Kopfsachen frei machen und unseren Stil weiter verfestigen. Mit "ROTH" steht nun ein Album im Handel, das die Entwicklung der Band seit 1998 sehr gut wiederspiegelt. Im direkten Vergleich zur "Landing", hat die "ROTH" eine noch druckvollere Produktion bekommen, wodurch sie härter wirkt. Die Songs sind noch etwas abwechslungsreicher und haben hier und da einen kleinen Schuss mehr Prog erhalten.

Ihr ahnt es sicher schon, aber ich muss einfach nach dem MANDO DIAO-Cover fragen. Wie kam es ausgerechnet zu diesem Song?

Piet: Der war ursprünglich nur als japanischer Bonustrack gedacht und die Idee dazu ist ganz spontan aus einer Bierlaune heraus entstanden. Thomas hat dann im Studio einfach nur zum Original mitgetrommelt, aber schon da wurde schnell klar, dass der Song irgendwie Potential hat. Thomas hat aber auch echt auf sein Kit eingedroschen, haha. Mit zunehmender "Ironsaviorsierung" bekam die Version immer mehr Eigenständigkeit, die uns am Ende so gut gefiel, dass wir den Song kurzerhand mit aufs reguläre Album genommen haben. Das dieser für Kontroversen sorgen würde, war schon klar [lacht]. Über die Platzierung im Tracklisting kann man sicherlich im Nachhinein streiten, dennoch bin ich aber froh, den Song nicht als Japan-Bonustrack "verschwendet" zu haben.

Die Aussage des Songs ist ziemlich universell. Zu seinem Lieblingssong tanzen und ihn die ganze Nacht singen zu wollen passt ja genreübergreifend auf Musik im Allgemeinen. Mir ging es z. B. mal mit 'Stargazer' so. Liege ich denn richtig mit dieser Vermutung? Und welcher Song wäre das momentan bei euch?

Piet: Wenn ich Deine Frage richtig verstehe, meinst Du, welchen Song wir aktuell die ganze Nacht singen und danach tanzen wollen? Also, bei meinen eigenen Songs fällt mir das sehr schwer. Kompositionen sind ja fast wie eigene Kinder. Würdest Du Eltern fragen, welches ihrer Kinder sie bevorzugen, wäre die Antwort ja wohl klar. Mit fremden Songs fällt das natürlich prinzipiell leichter, aber mit fast 50 Jahren habe ich so viele Hammersongs im Ohr, dass ich auch hier keinen davon als "den Song" besonders hervorheben möchte.

Seid ihr Fans von YouTube?

Piet: YouTube an sich nutze ich ehrlich gesagt nicht viel. Ich bin da doch noch vom "alten Schlag" und sehe lieber TV vom Sofa aus, [lacht]. Als Promo Instrument finde ich Youtube allerdings sehr cool. Wenn ich jetzt als Künstler auch noch Urheberlizenzen für meine Inhalte bekommen würde, wäre YouTube perfekt [lacht].

Wie ernst nehmt ihr euch selbst? Bzw. wie wichtig ist euch Humor/Selbstironie?

Piet: Grundsätzlich nehmen wir die Musik an sich sehr ernst und investieren daher auch immer wieder viel Zeit, Energie und Herzblut. Mit dem klassischen Metal-Habitus hingegen nehmen wir's nicht ganz so ernst. Wir sind einfach nicht die böse dreinblickenden und in Leder gehüllten Metallkrieger. Natürlich gibt es Künstler, die ganz gezielt in eine bestimmte Rolle schlüpfen und privat ganz anders sind. Das ist aber nix für uns. Wir wollen bei unserer Musik kein Schauspiel auflegen, sondern einfach wir selbst sein. Das ist auch viel entspannter, als immer eine Rolle aufrechterhalten zu müssen. Und das mit der Selbstironie ist bei uns in der Band Pflicht, denn wer nicht über sich selbst lachen kann, hat doch eigentlich schon verloren.

Nehmen sich andere Bands der "Szene" eurer Meinung nach zu ernst?

Piet: Das würde ich so nicht sagen, weil es letztendlich reine Geschmacksache ist. Nur weil wir persönlich nicht so auf diesen Habitus stehen, ist dieser ja nicht im Umkehrschluss verabscheuungswürdig. Nehmen wir z. B. mal Oscar von HAMMERFALL. Der lebt das einfach, hat auch wirklich Spaß dabei und es erfüllt ihn. Das ist doch super! Wenn jemand für etwas Begeisterung aufbringt, egal ob ich das teile oder nicht, ist das doch per se etwas Gutes. Anders hingegen sieht's da allerdings bei MANOWAR aus, die zwar für die Szene eine wirklich wichtige Band sind (oder eher waren). Bei denen kommt dieser Metal-Habitus aber total aufgesetzt und unglaubwürdig rüber. Dass die Jungs auf Metal an sich stehen, glaube ich ihnen, aber die Phrasendrescherei und das ganze Getue lässt zu viel Kalkül erkennen. Nicht mein Ding.

Ihr spielt nicht allzu oft live. Warum eigentlich? Fans gäbe es doch sicherlich genug.

Piet: Aus dem einfachen Grund, dass die meisten von uns nicht ausschließlich von Musik leben und daher feste Jobs haben, wo man nicht mal eben so weg kann. Weiterhin haben wir Familien, die ernährt werden müssen. Wir können also nicht wie völlig unabhängige Mid-Zwanziger ohne nennenswerte Einkünfte wochenlang übers Land ziehen. Daher sind größere zusammenhängende Touren auch in Zukunft nicht sehr wahrscheinlich. Wir werden aber unsere "Weekend only" Tour 2014 noch weiter ausbauen, so dass am Ende der Tage schon ein ganz ansehnliche Anzahl von Shows am Start ist. Aktuell sind wir bereits für einige Festivals und Headlinergigs gebucht und mehr ist in Arbeit.

Vielen Dank für das Superinterview. Die letzten Worte gehören wie immer den Künstlern.

Piet: Wir möchten uns bei allen Fans bedanken, die uns schon bei der "Landing" dieses großartige "welcome back" beschert haben und uns nun auch noch mit einem Chartentry belohnt haben. IHR seid die Größten! Beste Grüße aus Hamburg, Piet&theBoys \m/

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