Interview mit Juho Räihä von Gloria Morti

Ein Interview von Akhanarit vom 17.11.2012 (10569 mal gelesen)
Nach der Dampframme "Lateral Constraint", dem neuen Album von GLORIA MORTI war es an der Zeit, Mastermind und Gitarrist Juho Räihä zum Gespräch zu bitten. Bleeding4Metal erfuhr weitere Details zum aktuellen Machwerk, gerade noch glimpflich abgelaufenen Autounfällen und dem "Tiermodus" für Drum-Techniker.

Hallo Juho und danke, dass du dir die Zeit für ein Interview mit Bleeding4Metal nimmst. Wie geht's dir?

Juho: Hi da! Danke der Nachfrage. Die Dinge laufen hier geschmeidig.

Du kommst aus Finnland. Wo bist du aufgewachsen?

Juho: Ich wuchs in einer kleinen Stadt Namens Heinola auf. Ich lebte mit einem Elternteil das Mittelschicht-Modell. Nichts allzu Besonderes. Nur eine einfache Kindheit mit einem fürsorglichen Elternteil.

Erinnerst du dich noch an den allerersten Moment, der dich zum Metal brachte? Und wie hast du die ersten Bands entdeckt?

Juho: Ich erinnere mich, dass mein Bruder das schwarze Album von METALLICA damals gekauft hatte. In gewisser Weise habe ich zu ihm aufgeschaut und war fasziniert. Es war etwas anderes. Danach habe ich jahrelang nicht ernsthaft Musik gehört. Bis wir mit den Kumpels darüber diskutierten, ob wir nicht eine Band gründen wollen und als erstes wurden METALLICA-Videos angeschaut. Somit wurde ich hauptsächlich durch meine Freunde in das "Metal-Ding" hinein gezogen.

Welche Bands ausserhalb des Metal-Genre hörst du dir an?

Juho: Da gibt es so viele... FLORENCE + THE MACHINE, JOSÉ GONZÁLEZ, OTHER LIVES, frühe PRODIGY. Das sind ein paar, die mir gerade so einfielen.

Mit GLORIA MORTI habt ihr gerade das vierte Album veröffentlicht, "Lateral Constraint". Würdest du uns erzählen, worum es dabei geht?

Juho: Der Name entstammt dem Begriff "Querdenken", was im Grunde bedeutet, ausserhalb seiner Box zu denken. In unserer Gesellschaft haben wir eine starke Barriere, wenn du so willst, zwischen der etablierten Art zu Denken und neuen Wegen des Denkens. Wir richten unsere Augen so fest in Richtung Zukunft, dass wir gar nicht mehr innehalten, um darüber nachzudenken. Der derzeitige Weg mit Problemen umzugehen, ist nicht zwingend die beste Methode. Wir versuchen eine Art Technologie-Pflaster auf eine Wunde zu kleben, die durch Technologie entstanden ist. Das ist dumm. Das Gleiche trifft besonders auf Religion und gewissermaßen auf das gesamte System zu. Wir sollten diese Struktur niederreißen und eine neue aufbauen, eine aus dem 21. Jahrhundert anstelle der aus dem System des 20. Jahrhunderts mit den Fragmenten des mittelalterlichen Palästina.

Als ich "Lateral Constraint" zum ersten Mal gehört habe dachte ich: wow, diese Typen bleiben sogar noch in den Melodien brutal! Großartig!

Juho: Wir alle lieben die Extreme. Und nichts ist besser, als Brutalität mit Melodie zu mischen. Es fühlt sich einfach richtig an. Du bekommst das Beste von allem.

Auf diesem Album kombiniert ihr Death Metal, Black Metal und Thrash Metal und habt ein paar düstere symphonische Parts hinzugefügt, die "Lateral Constraint" einen beeindruckend unheimlichen und morbiden Touch verleihen. Auf der Bleeding4Metal-Site habt ihr 8/10 Punkten einfahren können. Bist du damit zufrieden?

Juho: Wir alle hören sehr offen etliche verschiedene Musikstile und ich denke, das zeigt sich in unseren Arrangements. Ebenso ist es interessant, die Stimmung eines Songs zu unterbrechen und hier und da dem Hörer etwas Neues vorzustellen. Was das Review angeht, bin ich immer ein wenig enttäuscht, wenn die Bewertung niedriger ist als, sagen wir 9/10. Ich glaube fest an unsere Alben und wir machen sie so gut, wie es uns möglich ist. Ich finde immer, die Alben sollten Noten erzielen, die sich mit der Mühe decken, die in sie investiert wurden. Andererseits ist 8/10 ein wirklich guter Schnitt. Ich sollte mich nicht beschweren. Ich schätze, ich bin ein bisschen zu nah an der ganzen Sache dran.

Das Album wurde in deinem eigenen Studio aufgenommen. Ist es besser auf diese Weise aufzunehmen, z.B. in Bezug auf Deadlines?

Juho: Es ist für uns definitiv besser, in meinem Studio aufzunehmen. So können wir in Gänze die Möglichkeiten ausloten und uns Zeit mit dem Album nehmen. Diese Art zu arbeiten ist für uns einfach natürlich. "Lateral Constraint" ist das dritte Album, das so entstanden ist und wir planen, mit der erprobten und bewährten Methode weiter zu machen.

Du spielst auch noch in der Band von Tuomas Saukkonen. BEFORE THE DAWN sind melodischer als GLORIA MORTI. Kombinierst du als Musiker das Beste aus beiden Welten?

Juho: Ich wollte immer verschiedene Dinge in der Musik versuchen und entdecken. BEFORE THE DAWN haben mit zudem eine wundervolle Lern-Plattform geboten. Mit Typen wie Tuomas Saukkonen und zuvor Lars Eikind zu spielen gab mir eine ganze Menge Kenntnisse über das Business und das Spielen. BEFORE THE DAWN war definitiv einer der Orte, wo ich am meisten gelernt habe. Es macht ausserdem Spaß, die Songs auf der Bühne zu spielen. Ich würde keine Sekunde ändern.

Betrachtet man den Sound von GLORIA MORTI, die dein Baby sind, scheinst du die aggressiveren Momente in der Musik zu bevorzugen. BEFORE THE DAWN wurden mit dem aktuellsten Release ebenfalls härter. Das letzte Mal, als ich dich live mit BEFORE THE DAWN gesehen habe, fehlte sogar der Clean-Säger. Das war das erste Mal, dass ich diese Band derart heavy erlebt habe. Ich habe das Konzert sehr genossen.

Juho: GLORIA MORTI ist in der Tat die Band, bei der ich meine Finger mehr im Spiel habe. Ich schreibe die Songs und die Texte für GLORIA MORTI wohingegen ich bei BEFORE THE DAWN mehr beim Spielen, Aufnehmen und Mixen involviert bin. Wir sind tatsächlich auf der letzten Platte mit BEFORE THE DAWN härter im Sound geworden. Keine Clean-Vocals und etliche schnelle Drum-Parts sowie Einflüsse aus Bands wie DISSECTION. Ich kann mich echt nicht beschweren. Ich liebe brutales Zeug.

Ich habe zuvor noch nie von GLORIA MORTI gehört und ich schätze, einigen von unseren Lesern ergeht es genauso. Bitte erzähle uns von der Zeit, in der die Band am Anfang stand und die deiner Meinung nach wichtigsten Karriere-Stationen mit der Band.

Juho: Wir begannen als vier Freunde, die Thrash Metal-Cover spielten und ihre Instrumente erlernten. Wir wollten nur zusammen spielen und etwas Spaß haben. Es wurde schnell deutlich, dass zwei von uns begannen, ein ernsthaftes Interesse im Erlernen des Handwerks zu entwickeln und die Band nach vorne zu bringen. Wir haben an diesem Ort Namens "Rulla" geübt, wo alle Metal-Bands aus Heinola probten. Das Gefühl einer Gemeinschaft hat uns so viel gegeben und langsam lernten wir, was es wirklich bedeutet, in einer Band zu spielen. Wir nahmen 2003 unser erstes Album für ein japanisches Label auf (World-Chaos Productions) und das war eine riesige Sache für uns. Danach waren wohl die größten Marksteine die großartigen Warm-Up-Slots mit DISSECTION, MAYHEM und THE CROWN. Die Europa-Tour mit DEMONICAL war ebenfalls eine tolle Erfahrung.

Magst du es, live zu spielen, oder bevorzugst du das "Studio-Ding"?

Juho: Ich mag beides immens gerne. Es ist wie mit den zwei Seiten einer Münze. Im Studio wirst du kreativ und probierst ein paar Dinge aus und in einem Live-Setting bekommst du die Eindrücke der Zuhörer mit. Ich könnte ohne einen dieser Bereiche nicht leben.

Was war das Lustigste, das jemals on the road mit GLORIA MORTI passiert ist?

Juho: Es ist immer ein wenig schwer etwas zu erklären, das in einem Moment lustig gewesen ist, aber ich versuche es. Nicht unbedingt das Lustigste, aber das erste, was mir in den Sinn kommt: Als wir mit DEMONICAL auf Tour waren haben wir eine Unmenge an Fotos geschossen. Die Kamera, die wir hatten, hatte dieses Automatische-Gesichtserkennung-Feature. Das Ding funktionierte einwandfrei für alle Gesichter, außer dem von unserem Drum-Techniker Niko. Jedes Mal mussten wir in den Tiere-Fotografieren-Modus wechseln, um sein Gesicht zu erwischen... Was auch immer uns das sagen soll...

Und das Schlimmste?

Juho: Muss ein Autounfall gewesen sein, den die Jungs hatten. Alle außer zwei von uns waren in einem Auto und fuhren in Richtung Oulu, eine Stadt im Norden Finnlands, als ein paar Deppen sich dazu entschieden, ein Auto bei null Sicht zu überholen. Die Wagen kollidierten und wäre es nur ein bisschen schlimmer gewesen, hätte das katastrophale Konsequenzen zur Folge gehabt. Zum Glück wurde niemand verletzt. Der Gig wurde dennoch gestrichen.

Gibt es bereits Tourpläne für Deutschland?

Juho: Unsere Tour mit MARDUK und MELECHESH wurde gerade gecancelt. Es wurde darüber gesprochen, diese Tour erneut zu buchen. Möglicherweise im Frühling 2013. Diese Tour wird sehr wahrscheinlich ein oder zwei Shows in Deutschland beinhalten. Aber das kann man bei solchen Sachen nie genau wissen.

Was ist deine Death Metal-Lieblingsband und warum?

Juho: Das ist eine wirklich schwere Frage. Ich muss CANNIBAL CORPSE sagen. Ich habe mir erst kürzlich "Bloodthirst" mit einem alten Kumpel von mir angehört und das Album haut einfach alles weg. Aber das ist eins dieser wechselnden Dinge. Vor einer Weile hätte ich noch NILE gesagt. CORPSE ist eine Band, die Death Metal schön zusammenfasst. Du bekommst alles was du magst ohne Tricksereien.

Die Szene hat sich im Lauf der letzten Dekade ziemlich verändert. Magst du einige der modernen Bands oder hältst du es generell lieber Old School?

Juho: Ich mag definitiv eine Menge neuer Bands. Aber da sind natürlich auch die alten Klassiker, die in meinem Player regelmäßig rotieren. Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, scheinen die besten neuen Bands ihre Einflüsse den alten Klassikern zu entnehmen. Neuer Musik, die ihre Einflüsse aus neuer Musik bezieht, bleibe ich dagegen fern.

Gibt es irgendwelche Geschichten, die der Presse noch nie erzählt wurden? Hier ist deine Chance!

Juho: Als wir von der DEMONICAL-Tour zurückfuhren hatte unsere Autobatterie eine Fehlfunktion und wir mussten in diesem fauligen Gestank zurückfahren. Das war schon nicht mehr von dieser Welt. Stell dir vor, du bist 36 Stunden durchgehend diesem "Leichengestank" ausgesetzt. Das schlägt dir echt auf's Hirn.

Viele Leute spielen Death Metal, weil sie die Welt, in der sie leben, nicht mögen. Wenn einen Wunsch frei hättest und nur eine einzige Sache ändern könntest... Was wäre das?

Juho: Ich würde Religion abschaffen.

Juho, ich danke dir für dieses Interview. Die letzten Worte gehören dir. Lass es fließen!

Juho: Musik zu stehlen zerstört den Künstler. Wenn niemand die Platten kauft, kommt kein Geld herein, um eine Weitere zu machen. Denkt mal drüber nach... Ihr Zuhörer seid jene, die am Ende darunter leiden werden. Schon bald werden keine Qualitäts-Platten mehr hergestellt werden. Bitte kauft die Alben, die ihr liebt!

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten