Interview mit JB Christofferson von Grand Magus

Ein Interview von Dweezil vom 26.05.2012 (25328 mal gelesen)
Trotz eines wahren Interview-Marathons nimmt sich GRAND MAGUS-Sänger/Gitarrist JB die Zeit uns über das neue Album, den neuen Schlagzeuger und die skandinavische Lebensphilosophie zu informieren.

Trotz des Interview-Marathons, den er gerade führt, ist JB völlig entspannt und beantwortet meine Fragen ausgiebig und (hoffentlich) informativ.

Wie habt ihr die Tour Anfang des Jahres, mit BULLET, STEELWING, SKULL FIST und VANDERBUYST erlebt?

JB: Es war großartig! Ich meine es war die erste Headliner-Tour, die wir außerhalb von Großbritannien gemacht haben. Wir wussten nicht genau, was auf uns zu kam, doch es stellte sich als deutlich besser heraus, als wir erwartet hatten. Auch wenn wir, meiner Meinung nach, zwei Bands zu viel waren. Natürlich waren alle Bands klasse und alle Beteiligten haben versucht, alles so gut wie möglich zu machen, aber fünf Bands sind dennoch etwas zu viel, drei wäre besser gewesen. Alle Bands waren sehr professionell und hatten eine sehr positive Einstellung, ganz davon zu schweigen, dass sie alle verdammt gute Bands sind. Außerdem haben wir ja schon mal mit BULLET gespielt, wir kennen uns schon eine Weile und hatten viel Spaß zusammen. Es war eine sehr angenehme und witzige Erfahrung.

Habt ihr euch etwas Sorgen über die Publikumsreaktionen gemacht, nach einem so starken Package und einer Band wie BULLET auf die Bretter zu müssen?

JB: Wir spielen verschiedene Musikrichtungen. Ich habe mir das Set von BULLET angesehen, von ihrer Musik wird man mitgerissen und hat einfach Spaß. Und nein, du kannst dich nicht über Sachen auf diesem Level sorgen, wenn du das tätest, wärst du nacher ein psychisches Wrack.

Wer hat dieses Package ausgesucht? Das Tour-Management oder konntet ihr die Wahl beeinflussen?

JB: Ja, wir hatten ein bisschen Einfluss, wir wollten die Tour mit BULLET durchziehen, den Rest des Packages hat ROCK THE NATION ausgewählt. Ich denke, sie haben einen guten Job abgeliefert, es war eine gute Mischung an Bands und wie gesagt, alle haben an einem Strang gezogen, keiner ist aus der Reihe getanzt.

Es beeindruckt mich immer wieder, wie du die teilweise komplexen Riffs und erhabenen Gesangsmelodien live simultan stemmst. Hat diese Doppelbelastung Einfluss auf deine Herangehensweise beim Songwriting? Musstest du schon einmal ein Riff verwerfen, weil du es nicht in Kombination mit den Vocals hättest performen können?

JB: Nun...wir spielen diese Songs einfach nicht live (lacht). Idealerweise sollte natürlich alles, was wir schreiben, als Trio in jeder Situation reproduzierbar sein, aber ich denke, ein Album ist eine Sache, Live-Auftritte eine ganz andere. Ein Auftritt ist eine einmalige Sache, auch wenn dich im Youtube-Zeitalter hunderte von Videos und Mitschnitten verfolgen können. Ein Album auf der anderen Seite, sollte eine sehr, sehr lange Zeit bestehen. Wir wollen nicht ausschließlich Live-Songs schreiben, wir wollen auch epische Stücke schreiben, um des Albums willen.

Hast du nie den Wunsch verspürt einen weiteren Gitarristen oder einen extra Sänger in die Band zu holen, um dich zu entlasten?

JB: Diese Gedanken sind natürlich immer mal wieder aufgetaucht und es würde sicher einiges einfacher machen, aber wir machen das jetzt schon so mindestens 14 Jahre. Wo wäre der Sinn, das jetzt zu verändern? Darüberhinaus hat ein Trio auch viele Vorteile, von denen andere Bands nichts wissen können...und ich werde es ihnen nicht verraten (lacht).

Der Grand Magus-Sound hat sich über die Jahre merklich verändert, könntest jedes eurer Alben kurz beschreiben?

JB: Das erste Album hat für mich ein sehr stark bluesiges, Black Sabbath-artiges Feeling. "Monument" dagegen hat einen stärkeren Heavy-Metal Vibe und einen prägnanten Doom-Metal Einfluss, von Bands wie z.B. CANDLEMASS. "Wolf's Return" war der größte Schritt, den wir gemacht haben, mit einem noch größeren Heavy-Metal Einfluss, außerdem ist ein gewisses Black-Metal Feel in den Akkorden auszumachen, da Fox (Bassist, Anm. d. Verf.) und ich zu diesem Zeitpunkt sehr viel Black-Metal gehört haben. Bei "Iron Will" haben wir, denke ich, dadurch, dass Sebastian zu uns gestoßen ist, einiges an Energie dazu gewonnen. Es war ein sehr kraftvolles Album, mit einer Kombination aus schwereren, langsamerern und schnellen Tracks. "Hammer Of The North" war quasi eine Fortsetzung von "Iron Will". Es ist ein sehr kompaktes Album geworden. Mir fallen eigentlich keine neuen Einflüsse ein, wir wollten einfach nur ein Metal-Album aufnehmen. "The Hunt" destilliert all dies in einem Werk. Es ist die Platte von uns, die man am besten am Stück, von vorne bis hinten durchhören kann, ohne gelangweilt zu werden (lacht). Es hat einen guten Fluss und wie gesagt, es hat einige neue Zutaten im Rezept, die wir früher nicht hatten.

Du hast mal in einem Interview erwähnt, dass du eure letzten drei Alben als verbunden betrachtest, da sie euren ursprünglich sehr Doom-lastigen Sound um diverse Aspekte erweitert und zu dem eher klassischen Heavy-Metal entwickelt haben, den ihr heute spielt. Welche Rolle spielt dann "The Hunt" in dieser Entwicklung oder ist diese bereits abgeschlossen?

JB: Es ist etwas einfacher, 3 Alben zu verbinden, im Gegensatz zu vieren. "The Hunt" setzt eigentlich genau diese Entwicklung fort, aber es hat etwas mehr Abwechslung. Zudem hat es einige Hardrock Einflüsse, die so nicht auf z.B. "Hammer of the North" zu finden waren. Songs wie 'Starlight Slaughter' sind für mich offener, ein bisschen mehr in die Hardrock-, DEEP PURPLE-Richtung. Das Ziel dieses Mal war, ein Album zu schreiben, das ein bisschen dynamischer ist, ein Album wie z.B. "Stained Class" von JUDAS PRIEST. Wenn du an das Album denkst, denkst du automatisch an Heavy-Metal, während du es dir anhörst, entdeckst du aber eine Menge verschiedener Levels des Hardrock und Heavy Metal.

Kannst du etwas zum Artwork der neuen Platte sagen? Ich finde es sieht moderner, weniger mystisch aus, als die Cover eurer älteren Alben.

JB: Tatsächlich? Nun, das Cover hat Arik Roper gemacht, der auch schon für das "Iron Will"-Cover verantwortlich war. Ariks Einflüsse und Interessen sind den unseren sehr ähnlich, also die Macht der Natur und solche Sachen. Für die Thematik der neuen Platte war er also die perfekte Wahl. Wir haben ihm quasi nur den Titel des Albums gesagt und das ist seine Umsetzung davon. Für mich ist es einfach eine perfekte Manifestation der Themen, die sich in der Musik und den Texten finden.

GRAND MAGUS hatten vergleichsweise wenige Besetzungswechsel, dafür, dass ihr bereits seit über 15 Jahren aktiv seid. Wieso musstet ihr euch von Sebastian trennen und wie habt ihr den neuen Drummer Ludwig gefunden?

JB: Sebastian liebte es, Teil dieser Band zu sein, aber die vielen Live-Aktivitäten der letzten zwei Jahre bedeuteten, dass er zu oft von seiner Familie getrennt war. Er war also immer hin- und hergerissen zwischen Band und Familie. Er hat uns frühzeitig gesagt, bzw. gewarnt, dass er noch alle geplanten Gigs spielen würde, bevor er die Band verlasse. Das war glaube ich im September oder so. Also haben wir uns direkt Gedanken gemacht, auch mit ihm zusammen, ob es für ihn noch Sinn machen würde, auf dem neuen Album zu spielen. Sebastian und ich hatten auch früher schon mal darüber gesprochen, wer ein adäquater Ersatz wäre, wenn er jemals aussteigen würde. Wir waren uns einig, dass es nur einen gibt, der in Frage käme und das war Ludwig. Ich kannte Ludwig natürlich schon seit einer sehr langen Zeit, seit ich mit ihm bei SPIRITUAL BEGGARS gespielt habe. Die beiden spielen sehr ähnlich, von daher war er perfekt geeignet. Die einzige Sorge war, ob er Lust und Zeit hätte, den Job zu übernehmen. Es gab eine ganze Reihe von Fragezeichen, die sich jedoch recht schnell ausbügeln ließen und am Ende lief alles wie geplant.

Hat Ludwig also am Songwriting für "The Hunt" teilgenommen?

JB: Nein, da Sebastian, wie gesagt, noch in der Band war, als wir die letzten Shows gespielt haben und diese zwischen den Aufnahmen für das neue Album waren. Ludwig war zwar schon in die Band eingestiegen, doch wir konnten nicht mit einem Drummer schreiben und mit dem anderen für die Live-Shows proben. Ludwig hat natürlich seine Drum-Parts personalisiert, von daher hatte er schon ein wenig Input in das finale Resultat. Ich stand nicht mit einer Peitsche neben ihm oder hab ihm vorgegeben, welches Becken er wann anschlagen soll oder so (lacht).

Kannst du schon sagen, inwiefern es anders ist mit ihm zu arbeiten?

JB: Wie gesagt, sie spielen beide einen sehr ähnlichen Stil, also Old-School Hardrock-Drumming mit Metal Einschüben, Double-Bass undsoweiter. Ludwig war früher ein sehr Seventies orientierter, fast schon Keith Moon-mäßiger Schlagzeuger. Heute ist er aber mehr von frühen JUDAS PRIEST und frühen MANOWAR beeinflusst, er spielt viel straighter, mit weniger Fills als Sebastian, das ist definitiv ein Unterschied. Davon abgesehen, kann man aber noch nicht wirklich sagen, was anders ist, bis man gemeinsam live spielt.

Verglichen mit euren früheren Alben sind die Texte auf "Hammer Of The North" und "The Hunt" teilweise direkter und offensichtlicher über Heidentum und nordische Mythologie, wie z.B. in den Songs 'Valhalla Rising' oder eben 'Hammer Of The North'. Was symbolisiert das Heidentum für dich bzw. was möchtest du mit diesen Lyrics ausdrücken?

JB: Die Texte behandeln Dinge auf vielen Leveln. 'Valhalla Rising' handelt offensichtlich davon, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, ist aber auch über andere Dinge. Die skandinavische Tradition ist eine Lebenseinstellung, mehr eine Philosophie als irgendetwas anderes und es geht natürlich nicht um Wikinger, sondern darum, wie man sein Leben leben sollte. Es ist etwas, mit dem ich aufgewachsen bin, eine Art sich auszudrücken und eine Sprache, die sich für mich sehr natürlich und vertraut anfühlt. So wie du singst, bzw. was du singst, solltest du auch im Leben sein. Es ist einfach, was ich bin, ich kann keine Texte darüber schreiben, wie ich Freitagnachts high werde, da bin ich einfach nicht gut drin. Ich meine, ich kann Freitagnachts high werden, aber ich bin nicht gut darin, davon zu singen, das überlasse ich der MÖTLEY CRÜE-Welt.

Zum Abschluss noch eine Frage. Was ist dein größter Einfluss? Hat sich dieser im Lauf der Jahre geändert?

JB: Mmh... (überlegt) Ich denke der Ausgangspunkt wird sich niemals verändern. Ich meine, wir spielen Heavy Metal, der auf dem Zeug basiert, das BLACK SABBATH, JUDAS PRIEST, MANOWAR, RAINBOW und all diese Bands gemacht haben. Das wird sich niemals ändern. Es gibt aber immer auch andere Sachen, die sich einschleichen. Fox und ich waren z.B. immer an der Stockholmer Death-Metal-Szene interessiert, mit Bands wie UNLEASHED, ENTOMBED und DISMEMBER, außerdem hatten wir, wie schon erwähnt, eine Phase in der wir sehr viel DARKTHRONE, IMMORTAL, MAYHEM und ENSLAVED gehört haben. Natürlich ist auch BATHORY ein Rieseneinfluss, zumindest die Phase ab "Under The Sign Of The Black Mark". Von Jahr zu Jahr gibt es natürlich andere Sachen, für die man sich mal mehr, dann wieder weniger interessiert. Der Punkt ist, dass du alles, was du magst, in einen Mörser packst und dann aus den kleinen Teilen, die du persönlich bevorzugst etwas neues baust.

Danke für das Interview, man sieht sich on the road!

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