Börsencrash 2012

Take off: 27.10.2012 - Review (10987 mal gelesen)
Ende Oktober war's mal wieder soweit! Am 27.10.2012 tummelte sich in der Wuppertaler Börse zum bereits sechsten Mal das kleine Einmaleins des traditionellen deutschen Stahls (und Kissin' Dynamite), um Besuchern von nah und fern einen fiesen Muskelkater in der Nackengegend zu bescheren, und das für läppische 16 Euro VVK/22 Euro AK.

Die Börse ist ein lauschiges Venue im Herzen des Bergischen, deren Konzertraum rund 800 Nasen fasst. Aber das erste, was man im Foyer sieht, ist links ein Biertresen und rechts ein Stand mit gebrauchten Tonträgern und 'ner verdammt netten Auswahl an Bandmerch. Metallerparadies. Aber halt! Nicht alles versaufen und/oder in die Diskographien sämtlicher Bands stecken, die wie MANOWAR klingen, denn gleich um die Ecke im Hof schmoren unnachgiebig Hundertschaften an Schnitzeln und Bratwurst auf dem Grill, neben einer Tube Senf, die niemals leer wird. Der Bühnensaal ist dann natürlich noch mit Merchständen des Festivals und der auftretenden Bands gespickt.

All das konnte ich zunächst aber nur mit Tunnelblick wahrnehmen, weil das Begrüßungshansa vorm Eingang doch eine Minute zu viel beansprucht hat und bei Vernehmen der ersten Takte der Opener IRON FATE sogleich ein Spurt an die Front unternommen werden musste; für die erste Band war die Bühne schon anständig besucht und adäquat befeiert. Die Gosslarer Traditionalisten haben mit den Songs ihres Debuts "Cast In Iron" sowie einem neuen Stück die Messlatte für die restlichen fünf Bands verdammt hoch gelegt. Brecher wie der rasante Fistraiser 'Resurrection', ein grooviges 'Lightning Bolt' oder das allesvernichtende Bandhymnen-Monster 'Iron Fate' fetzen nur so mit Energie um sich, Ausnahmesänger Denis Brosowski steht auf der Bühne seiner Leistung auf Platte in nichts nach und auch dem Rest der Band sieht man die Freude deutlich an. Das Quintett steht für mich, insbesondere nach dieser Leistung, an der Spitze des deutschen Newcomer-Pantheons. IRON FATE töten Poser mit Stahl!!

THE MYSTERY, die danach an der Reihe waren, mussten wohl zu keiner Sekunde zittern, wie sie ankommen würden. Erstens kommen die Jungs und die Lady von umme Ecke und bespielen das Börsencrash nun schon zum fünften Mal, und zweitens ist deren jüngst veröffentlichter Silberling "Apocalypse 666" eingeschlagen wie sonstwas (auch das Bleeding zeigte sich begeistert). Als das Intro 'Doomsday Prophecy' vom Band rollt, erhebt sich gefühlt auch der letzte Lappen von seinem Barhocker nebenan und geht vor der Bühne in Position, und bereuht hat das keiner. Was die frischgebackene Frontsau Iris Boanta mit gefühlten 1,20m Körpergröße mit ihrer Stimme anstellt, ist pure Magie und das weiss das Publikum auch zu würdigen. Die "Apocalypse 666" wird komplett durchgezockt, zwischendurch gibt's noch ein 'Judas Betrayed' und danach geht wirklich jeder im Raum mit einem dicken, zufriedenen Grinsen in die Bierpause.

Was kam danach? Ah, WIZARD! Klischees wollen bedient werden, und mir persönlich waren an dem Abend bisher viel zu wenig Lederhosen auf der Bühne. Hinzu kommt, dass das aktuelle Output "Of Wariwulfs And Bluotvarwes" ein Musterbeispiel teutonischen Stahls ist, also ab in die erste Reihe! Die Bocholter sind kurzfristig für VICIOUS RUMORS eingesprungen und die nächsten 50 Minuten verwandelte sich die Börse in ein Schlachtfeld voller Pathos, Epik und Heldensagen ohne Keyboard. Beinharter, schneller, bangbarer Heavy Metal, dem man die deutsche Herkunft nach zwei Takten anhört und eine Band, die das Publikum durchweg zu Höchstleistungen anspornt. Tatsächlich schaffen WIZARD es, nach den Glanztaten von IRON FATE und THE MYSTERY nicht blass auszusehen und geben die absolute Vollbedienung an Energie und Heavy Metal Spirit. Nur Songs der "Of Wariwulfs..." wurden vermisst.

Als ORDEN OGAN die Bühne enterten, wurde erst der Grill und dann der Backstagebereich ausgecheckt, um ein paar der Protagonisten des Abends vor's Diktiergerät zu kriegen. Im Vorbeigehen wirkte die recht umfangreiche Menge aber gut unterhalten und als man verrichteter Dinge gegen Ende von KISSIN' DYNAMITE zurückkehrte, war der Saal tatsächlich bis hinten voll.

Als die Headliner IRON SAVIOR aus Hamburg anrückten, wurden die Reihen dann aber wieder etwas lichter. Das hinderte die Jungs um Piet Sielck aber nicht daran, die Party in der Börse mit alten Klassikern sowie Killern des rezenten Comeback-Albums "The Landing" zu einem fulminanten Abschluss zu bringen. Granaten wie 'Atlantis Falling', 'Iron Savior' oder 'Coming Home' haben nichts von ihrer Macht verloren und auch den Titeln des neuen Albums wird von der doch noch recht umfangreichen Menge standesgemäß gehuldigt. Zwischen Mitsingspielchen und Ansagen wird ein gegen Ende nassgeschwitzter Piet nicht müde, dem Publikum seinen Tribut zu zollen und als die Band nach 70 Minuten Spielzeit das diesjährige Börsencrash beendet, geht wirklich jeder total vernichtet, aber glücklich nach Hause.

Börsencrash ist immer eine Reise wert! Wer auf den ganzen traditionellen Scheiss steht, kommt hier nie zu kurz und kriegt zudem im Mini-Metalmarkt noch einiges geboten. Hinzu kommt, dass der Sound in der Börse den vieler Hallenlocations in den Schatten stellt und im ganzen Raum auf oberstem Niveau und kristallklar Trommelfelle zerstäubt. Das Bier ist kalt, die Bratwurst heiß und der Senf köstlich, möge er noch viele Jahre durch die Hallen des Börsencrash Festivals fließen!
Billing
VICIOUS RUMORS - KISSIN' DYNAMITE - ORDEN OGAN - IRON SAVIOR - THE MYSTERY - IRON FATE

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten