Livebericht KISS (mit Taking Dawn ) |
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Ein Livebericht von Elvis aus London (Wembley Arena) - 13.05.2010 (19401 mal gelesen) |
Es gibt Bands, die haben Fans. Es gibt Bands, die haben fanatische Fans. Und es gibt Bands, deren Fans so fanatisch sind, das sie eigene Filme auf den Leib geschrieben bekommen - so geschehen bei "Detroit Rock City" über die Odyssee einiger Fans, die unbedingt zum KISS-Konzert in Detroit kommen wollen. Für Legionen war und ist KISS mehr als eine Band, sondern eine Attitüde, ein Lebensgefühl oder gar Religion. Die mystische Erhabenheit der vier geschminkten leibhaftigen Legenden hat manch einen schon veranlasst, die Mitglieder der KISS Army als "Trekkies des Hard Rock" zu bezeichnen. Und dennoch: schon zu Beginn ihrer beispiellosen Karriere wurden die unverwüstlichen New Yorker Rocker um das kongeniale Gespann Simmons/Stanley von der vermeintlich seriösen Presse totgeschrieben. Trotz 37 Jahren Dauerpräsenz kann die sogenannte Rock 'n' Roll Hall Of Fame sich auch weiterhin offenbar nicht durchringen, eine der einflussreichsten Formationen der Nachkriegsgeschichte offiziell aufzunehmen und beschränkt sich lieber auf Obskuritäten und andere Acts. Auch wenn die vorangegangenen Zeilen nach Lobhudelei klingen mögen, so muss ich als langjähriger Fan doch gestehen: Wer mir vor fünf Jahren erzählt hätte, ich würde KISS nochmal live in Europa erleben, den hätte ich vermutlich verhalten bis schallend ausgelacht. Zu lange war die Livepause seit dem 1998er Reunion-Album "Psycho Circus" - die Originalmitglieder Ace Frehley und Peter Criss schieden nacheinander wieder aus der Band aus und wurden durch Tommy Thayer und Eric Singer ersetzt. Mehr als eine gelegentliche US- oder Japan-Tour und Tonnen an Merchandise war jedoch nicht mehr drin, ein neues Album wurde angesichts des Jammerzustandes der Musikindustrie kategorisch abgelehnt. Paul Stanley und Gene Simmons nahmen beide exzellente bzw. eklektische Soloalben auf und kümmerten sich ansonsten um die Malerei bzw. das Business in jeglicher Hinsicht inkl. einer Realityshow, die den Demon mehr als privat zeigte. War das nun der Abgesang auf die heißeste Band der Welt? Hatten KISS tatsächlich den Abgang auf dem Höhepunkt verpasst und sollten mit über 50 Jahren zu einem schwarz-weiß geschminkten Treppenwitz der Musikgeschichte werden? Kamikaze im Kabuki-Stil sozusagen? Vor einigen Jahren hätte ich das für meine absolute Lieblingsband aller Zeiten nahezu blind unterschrieben. Doch KISS wären nicht KISS, wenn sie die Welt und vor allem die Legionen der KISS Army nicht immer wieder überraschen und eines Besseren belehren würden. 2008 wurden die Gerüchte der vorangegangenen Monate nämlich tatsächlich bestätigt: im Mai und Juni fand vor meist ausverkauften Häusern und den großen Festivals unter dem Titel "Alive 35" die erfolgreichste KISS-Europatournee aller Zeiten statt. Die Kombination des kompletten "Alive!"-Albums mit dem überaus schlagkräftigen neuen Line-Up Simmons/Stanley/Thayer/Singer erwies sich als bombastisch. KISS hatten kaum jemals besser geklungen, legten einen enormen Triumphzug hin und tourten sogar in diversen Ländern, die sie noch nie erlebt hatten. Das wäre mit dem darauf folgenden Rest der Welttournee im Grunde ein würdiger Abschied für eine der einerseits bedeutendsten und andererseits unterschätztesten Bands aller Zeiten gewesen. Doch es war erst der Anfang eines neuen Kapitels der KISStory. Mit einer in Japan erschienen Best Of-CD voller vom aktuellen Line-Up neu eingespielter alter Klassiker gab es wieder ein Lebenszeichen von KISS als Studioband. Die Gerüchte verdichteten sich immer mehr. Offenbar hatten die maskierten Helden nicht mehr nur Blut auf der Bühne gespuckt, sondern auch wieder welches geleckt. Im Herbst 2009 erschien daher tatsächlich - vor einigen Jahren nahezu undenkbar - das neue Studioalbum "Sonic Boom". Und was für ein Album die Band hingelegt hatte, war furios. Alles andere als die Höchstwertung wäre unangemessen gewesen und augenscheinlich traf die Band einen Nerv: KISS' Überschallknall im klassischen Stile verkaufte sich nämlich auch prächtig. Und so war es - unglaublich, aber eben doch wahr - dann schon gar kein Wunder mehr, dass die Herren Simmons, Stanley, Thayer und Singer jetzt wieder 2010 im Mai und Juni Europas große Hallen und Festivals füllen und zumeist wieder ebenso ausverkaufen. "Sonic Boom Over Europe: From The Beginning To The Boom" heißt deshalb standesgemäß das Spektakel, welches am Ende der UK-Tournee an gleich zwei Abenden hintereinander auch in der altehrwürdigen Londoner Wembley Arena Halt macht. Die englische Hauptstadt hat offenbar auf die lebenden Legenden gewartet, denn der Gig am 13.05. war rasend schnell ausverkauft. Grund genug, um noch einen Zusatztermin am Tag zuvor einzulegen, so dass KISS-Fans in London gleich zwei Abende hintereinander die geschminkten Krieger im Dienste des Rock 'n' Roll erleben dürfen. Und eines können sie bereits gleich zu Beginn nach Einlass tun: ausgiebig im Merchandise schwelgen. Ob nun diverse Tourshirts oder weitere (meist exklusive) Shirts und Jacken sowie Wäsche für beide Geschlechter, Drumheads und Drumsticks mit Autogramm von Eric Singer, signierte Tommy Thayer-Poster, Becher oder das fast DIN A3 große, wunderschöne Tourbuch: erwartungsgemäß ist das Angebot entsprechend reichhaltig. Dabei kann der geneigte Fan noch nicht mal über die Preise meckern, denn 22-25 Pfund sind bei einem aktuellen Wechselkurs von knapp 1,20 Euro fast schon als Schnäppchen zu bezeichnen im Vergleich zum Festland. Ein Highlight auf alle Fälle: der USB-Stick mit dem Konzert des Abends, der nach der Show für 20 Pfund erworben werden kann. Neben der ersten Hälfte des Gigs enthält die nette kleine Box einen Download-Code, mit dem sich die übrigen Songs bereits am nächsten Tag mühelos downloaden lassen. Und soviel sei bereits an dieser Stelle gesagt: die Qualität kann sich absolut hören lassen und steht dem Konzert - selbstredend abgesehen von der Optik - in nichts nach. Doch vor den übergroßen Headliner hat man noch TAKING DAWN gesetzt. Oder vielleicht sollte man besser sagen, man hat den vier Jungs aus Las Vegas die eher undankbare Aufgabe verpasst, vor KISS das Publikum in Stimmung zu bringen. Angesichts der zu erwartenden Show eine echte Mammutaufgabe, doch die Newcomer machen ihr Bestes draus. Gutgelaunt und voller Energie ziehen sie ihr fast 45minütiges Set modernen Glam Rocks durch und bekommen dafür sogar mehr als einen Höflichkeitsapplaus vom britischen Publikum spendiert. Klar, dass der vor kurzem veröffentlichte Erstling "Time To Burn" im Vordergrund steht und so finden auch fast alle Songs des Albums den Weg in die Set List. Insgesamt eine ordentliche Show von TAKING DAWN, die alles gegeben haben, um der Chance vor diesem Publikum gerecht zu werden. Für diesen Slot eine Performance, die man erstmal hinlegen muss, ohne in Ehrfurcht zu erstarren. Set List TAKING DAWN: 01. 'Like A Revolution' 02. 'Save Me' 03. 'Endlessly' 04. 'Time To Burn' 05. 'So Loud' 06. 'Godless' 07. 'Never Enough' 08. 'Fight 'em With Your Rock' 09. 'Take Me Away' 10. 'The Chain (FLEETWOOD MAC Cover)' Die Umbaupause nach TAKING DAWN dauert mit knapp 30 Minuten nicht allzu lange. Schon nach kurzer Zeit wird die Spannung jedoch gleich merklich gesteigert, indem die Bühne mit dem altbekannten schwarzen Vorhang samt silbernem KISS-Logo verhüllt wird. Das gibt Spontanapplaus, der allerdings nicht mit dem Applaus mithalten kann, der aufbrandet, nachdem die Einspielung von LED ZEPPELINs 'Immigrant Song' das folgende Spektakel einleitet. Das Licht verlöscht, mittlerweile sind sowohl die Tribünen als auch der Innenraum komplett gefüllt, die allgemeine Anspannung ist förmlich spürbar. Aus dem Weltraum zoomt auf den Leinwänden die Kamera via Google Earth direkt auf die Wembley Arena herab, was wiederum noch mehr Spontapplaus bedeutet. Der wird nur noch stärker, als Ausschnitte aus dem 'Modern Day Delilah'-Video mit tiefdröhnend stampfenden, unverkennbaren Plateaustiefeln den Einmarsch der Gladiatoren des Rock 'n' Roll verkünden und die Halle erbeben lassen. Als nun via quasi-Livefeed die vier Protagonisten noch - angeführt von Manager Doc McGhee - Richtung Bühne marschieren, gibt es kaum noch ein Halten. Der unverkennbare Schlachtruf "Alright, London! You wanted, the best, you got the best, the hottest band in the world - KISS!" ertönt und tausende Kehlen der KISS Army UK brüllen ihn mit. Unter den ersten Takten von 'Modern Day Delilah' fällt der Vorhang und gibt den Blick frei auf die enorme Bühne, auf der die Messe des Rock 'n Roll begonnen hat. Während auf der gewaltigen Leinwand im Hintergrund ein Lichtspektakel gezündet wird und etliche Explosionen hochgehen, schweben Gene Simmons, Paul Stanley und Tommy Thayer auf einer Hebebühne über Eric Singer hinweg auf die Hauptbühne. KISS beweisen mit Massen an Feuer und Pyros, wer im Hardrock-Business immer noch showmäßig die Spandexhosen anhat und zeigen gleichzeitig, dass der neue Opener live tadellos funktioniert. Mag man vielleicht die Studioversion auf "Sonic Boom" nicht gleich beim ersten Durchgang lieben: live kracht der Song absolut. London liebt KISS und der frenetische Jubel hinterlässt seine Spuren. Die gute Stimmung trägt nämlich auch seitens der Band fortan durch den Abend. Paul Stanley führt gewohnt charmant und gutgelaunt mit unerschütterlichem Ego durch ein Set, das sich gewaschen hat. Trotz oder gerade wegen des neumodischen Auftakts geht es deswegen gleich weiter mit drei Klassikern... und natürlich diversen Pyros und Feuerwerk. 'Cold Gin', Let Me Go Rock 'n' Roll' und 'Firehouse' sind schon ewig nahezu gesetzt und so fällt auch der Jubel der Fans aus. Deren Alter geht übrigens ebenso wie die Gesichtsbemalung querbeet durch alle Klassen. KISS schaffen es so mühelos, locker drei Generationen und zwei Geschlechter einträchtig in Andacht zu vereinen und eine gewaltige Party mit allen zu feiern. Nachdem die gewohnten Sirenen den Schluss von 'Firehouse' eingeläutet haben, kommt natürlich auch Gene Simmons' unvermeidliche Feuerspuckeinlage wieder mal zum Einsatz. Ist der Demon wirklich schon 60 Jahre alt? Glauben mag man es nicht, den Applaus gönnt man dem diabolischen Sympathiebolzen am Bass jedenfalls gerne. Überhaupt: unabhängig vom Make-Up, von Herren im besten Alter hat die ganze Show rein gar nichts. Stattdessen geben alle vier Bandmitglieder Vollgas und packen mit 'Say Yeah' gleich ein liveträchtiges Highlight von "Sonic Boom" aus. Sicher, der Song ist auf Livetauglichkeit hin geschrieben und getrimmt, doch Paul Stanley dürfte hiermit einen ganz heißen Kandidaten für die Set List der Zukunft aus dem Ärmel geschüttelt haben. 'Say Yeah' kommt nämlich zumindest für meine Begriffe fast genauso gut rüber live wie das nahezu unvermeidliche 'Deuce', dem Gene mal wieder sein bestes dämonisches Grinsen abgewinnen kann. Paul Stanley hat mittlerweile bereits für alle Ungläubigen - so sie sich doch in diesen Tempel verirrt haben sollten - eine kleine Predigt auf Lager: bei KISS gibt es nur die vier Männer auf der Bühne, keine Typen unter der Bühne oder Bänder im Hintergrund. Wenn das mal keine gelebte Orthodoxie in Reinkultur ist... Zwar überrascht das nicht ungemein, dafür wird es jetzt jedoch Zeit für eine echte Überraschung. KISS schielen mehr als deutlich auf die Vorlieben der britischen Fans, die entsprechend mühelos verstehen. Der massive Beifall wird noch lauter als ohnehin schon an diesem Abend, als das unverkennbare Intro von 'Crazy Crazy Nights' ertönt. Der Song aus der unmaskierten Phase konnte im Vereinigten Königreich 1988 sogar die Top Ten knacken und gehört hier zu den größten KISS-Hits. Die Freude über diesen Song teile ich uneingeschränkt mit dem Londoner Publikum. Vielleicht handelt es sich um einen der eher simpler gestrickten KISS-Songs als nicht, dafür ist 'Crazy Crazy Nights' jedoch eine absolute Stimmungsgranate und auch 2010 live absolut genial. Eine sehr, sehr gute Wahl, diesen Song in die Set List zu nehmen - danke! Nachdem Gene nach diesem Highlight bei 'Calling Dr. Love' wieder einmal lautstark und schmutzig über seine Lieblingsbeschäftigung neben Business und KISS philosophieren durfte, rückt nun ein anderes Bandmitglied in den Vordergrund. Auch wenn er am Abend des ersten London-Konzertes Geburtstag hatte, ein Ständchen der gesamten Arena bekam und laut Paul Stanley immerhin schon zwölf geworden ist, es ist (noch) nicht Eric Singer. Wenn es etwas gab, was ich persönlich anno 2008 bei "Alive 35" wirklich störend fand, dann war es die Abwesenheit zumindest eines Songs des Spacemans bzw. seines Nachfolgers. 2010 haben KISS endlich ein Einsehen und Tommy Thayer darf sich heute an 'Shock Me' versuchen - und zwar mit Erfolg. Tommy spielt nicht nur eine tolle Leadgitarre, sondern kann durchaus auch den Song stimmlich stemmen. Sinnigerweise werden nun sein Solo samt Schüssen aus der Gitarre gen Bühnenhimmel und das Drumsolo von Eric Singer kombiniert. Gene und Paul können ein bisschen verschnaufen, werden ihre beiden Kollegen sich ein Duell liefern, an dessen Ende Eric mit einer Bazooka gleich ein paar Scheinwerfer runterschießt. Nach soviel Aufmerksamkeit für die beiden Jungs, darf Gene natürlich nicht zurückstehen - mittlerweile ist er nebst Paul nämlich zurückgekehrt und schmettert gleich seine neue "Sonic Boom"-Hymne 'Animal'. Begleitet von diversen animalischen Videoeinspielungen zeigt der Song einmal mehr, dass KISS sich selbst mit dem neuen Album einen großen Gefallen getan haben, denn so lebendig war die Band schon lange nicht mehr. Dennoch zählen ab sofort nur noch die großen Klassiker der Bandgeschichte wie das wie üblich ausgiebig zelebrierte '100,000 Years'. Schlag auf Schlag folgen die nahezu unvermeidlichen Kracher einschließlich des immer wieder unterhaltsamen Blutspuck-Gimmicks von Gene. Nachdem der Gottvater der Überzungen sich ordentlich besaut hat, schwebt er gen Decke und schmettert gewohnt kraftvoll sein Credo 'I Love It Loud' auf die Massen herab. Die Briten lieben auch dieses Evangelium nach Simmons und feiern Paul Stanley beim folgenden 'Love Gun' ebenso gehörig ab wie die Pyros im Dauereinsatz zünden. Jetzt schlägt bei 'Black Diamond' auch endgültig die Stunde des Eric Singer. Der Drummer intoniert den Allzeitfavoriten wirklich blendend und lässt Ur-Drummer Peter Criss ziemlich alt aussehen. Nach 'Stairway To Heaven' bei der letzten Tour hat Paul als kleine Spielerei diesmal einen anderen LED ZEPPELIN Song in der Tasche. Viel schiefgehen kann mit der ersten Strophe und dem Refrain von 'Whole Lotta Love', bevor's zum eigentlichen Song geht, natürlich nicht. Keine Frage, dass London auch diesen Song liebt, so lautstark wie der Klassiker mitgesungen wird. Den ebenfalls beim Konzert anwesenden Gitarrengott Jimmy Page wird's sicherlich gefreut haben. Ein furioses 'Detroit Rock City' mit Unmengen Feuer, Blitz und Schwefel beendet hiernach den regulären Gig, bevor es laut Paul Stanley an die "längste Zugabe aller Zeiten" geht. Das live immer wieder grandiose 'Lick It Up' läutet eine zweite und finale Klassikerrunde ein, bevor es spektakulär mit 'Shout It Out Loud' weitergeht. Der Song von "Destroyer" mit den abwechselnd gesungenen Strophen wird vom britischen Publikum in der Wembley Arena gerne wörtlich genommen, denn die Menge tobt weiterhin. Nachdem Paul Stanley im Anschluss nochmals betont hat, dass es ja der letzte Abend der UK-Tour sei, fällt noch ein wichtiger Satz. Das Starchild fragt nämlich mit fast schon britischer Höflichkeit, ob es okay sei, wenn KISS wiederkommen würden. Klar, dass tausende Kehlen vor Begeisterung brüllen und so das Thema Ruhestand offenbar in weite Ferne rückenlassen. Wohlgemerkt: der Satz fiel am ersten Abend noch nicht... Den Jubel gibt es in London dann entsprechend gerne auch für Pauls gewohnte Flugeinlage auf die Plattform im Publikum. Dass 'I Was Made For Lovin' You" als einer der definitiven KISS-Hits dafür gewählt wurde, ist immerhin eine willkommene Abwechslung. Live wird aus dem disco-lastigen Original zudem auch stets ein formidabler Rocker, der selbst den totgenudeltsten Überhit reanimieren kann. Dennoch können KISS die Briten noch mehr aus der Reserve kitzeln, denn der vorletzte Song des Abends ist der zweite große Hit der Band der letzten zwanzig Jahre in England gewesen. Nach einer kleinen Predigt darüber, dass KISS niemandem erklären werden, wen sie wählen sollen, wie sie Kriege oder Hungernöte beenden oder gar die Wale retten wollen (das mögen andere Bands tun), gibt es nun nämlich das Evangelium nach Stanley. 'God Gave Rock 'n' Roll To You' wird frenetisch bejubelt, beklatscht und mitgesungen bzw. gegröhlt, während auf den Monitoren und Leinwänden eine Retrospektive aller möglichen Größen der 60er läuft. Besonders schön dabei: der viel zu früh von der KISS Army und der Welt allgemein gegangene Eric Carr bekommt ein eigenes Video-Segment spendiert - eine Geste, die einen schönen Bogen zur Vergangenheit spannt. Nach dieser endgültig religiös anmutenden Erfahrung kann nur noch ein Song das finale Hallelujah und Amen zugleich sein, das endgültige Alpha und Omega der KISStory sozusagen: 'Rock And Roll All Nite' setzt demzufolge mit Konfetti, Feuer, Pyros und Explosionen den Schlusstein auf diese aus der Wembley-Arena gemauerte Kirche der unsterblichen Hard Rock-Legenden. Kaum eine andere Band genießt eine derart religiös anmutende Verehrung und schafft es dabei, dem auch live tatsächlich gerecht zu werden. KISS haben an diesem Maiabend - wie Gene Simmons es so schön ausdrückt - wieder einmal allen anderen gezeigt, wie's die großen Jungs machen. Gegen diese Show sehen so ziemlich alle anderen Bands blass aus - die KISS ARMY UK verneigt sich vor Euch, Jungs... Während der Überschallknall noch lange nachdröhnt, bleibt auch nach dem Ende der Show noch der süße Verdacht, dass der grösste Rock 'n' Roll Zirkus der Welt wiederkehren wird. Willkommen in der Unsterblichkeit - zumindest an diesem Abend ist alles einfach nur eine KISS-Welt und wir leben darin. Und Totgesagte leben manchmal eben ewig. Set List KISS: 01. 'Modern Day Delilah' 02. 'Cold Gin' 03. 'Let Me Go, Rock 'n' Roll' 04. 'Firehouse' 05. 'Say Yeah' 06. 'Deuce' 07. 'Crazy Crazy Nights' 08. 'Calling Dr. Love' 09. 'Shock Me' 10. 'Animal' 11. '100,000 Years' 12. 'I Love It Loud' 13. 'Love Gun' 14. 'Black Diamond' 15. 'Detroit Rock City' Encore: 16. 'Lick It Up' 17. 'Shout It Out Loud' 18. 'I Was Made For Lovin' You' 19. 'God Gave Rock 'n' Roll To You II' 20. 'Rock And Roll All Nite' |
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