Livebericht WASP (mit Gun Barrel ) |
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Ein Livebericht von Elvis aus Andernach (Juz-Liveclub) - 19.12.2009 (24411 mal gelesen) |
Blackie Lawless und seine stets unermüdlichen Mitstreiter von W.A.S.P. veröffentlichen mit schöner Regelmäßigkeit starke Alben und touren ebenso beständig durch die Weltgeschichte. Nach einem denkwürdigen Gig im Juz Andernach im Mai 2007 hat es Mr. Lawless offenbar dort so gut gefallen, dass er auch im Rahmen der Tour zum exzellenten aktuellen Longplayer "Babylon" den Weg in die rheinland-pfälzische Provinz gefunden hat. Ehrensache natürlich, dass Bleeding4metal.de sich diesen letzten Gig der 2009er Tour nicht entgehen lassen durfte. Mitten im kräftigsten Wintereinbruch des Jahres mit Temperaturen nahe -20° Celsius haben die Amerikaner sich mit GUN BARREL aus Köln eine starke Vorgruppe ausgesucht, um dem Andernacher Publikum kräftig einzuheizen. Nachdem bereits 2007 das Juz gut gefüllt war, erwartet die beiden Bands an diesem schneidenden Dezemberabend eine ausverkaufte Halle. Selbst das Mischpult wurde auf den Balkon verbannt, um den zahlreichen Fans Raum zu bieten. Dennoch ist es wirklich ordentlich voll vor der Bühne, als GUN BARREL ziemlich pünktlich die Bühne betreten. Das rheinländische Quartett lässt nichts anbrennen und startet gleich voll durch. Wer den neuen Sänger Silver mit seiner ruhigen Ausstrahlung abseits der Bühne erlebt hat, wird umgehend eines Besseren belehrt - der Mann entpuppt sich nämlich als echte Rampensau im Scheinwerferlicht und ist kaum wiederzuerkennen. Obwohl er noch nicht lange dabei ist, funktioniert auf der Bühne das Zusammenspiel bereits prächtig. Die Kollegen zeigen jedoch ebenso, wo der Heavy Metal-Rock 'N' Roll-Hammer hängt: während Tomcat am Bass tieftönend die Grundlage legt, die Drummer Toni die Sticks wirbelnd untermauert, zockt Gitarrist Rolf die Riffs locker im Wildweststyle aus der Hüfte. Keine Frage, die Jungs wissen, was sie tun und haben das Publikum gleich ordentlich im Griff. Klar, die meisten dürften wegen W.A.S.P. die Schlittenfahrt durch den Schnee unternommen haben, doch sie bekommen mit dem Support, der eine blitzsaubere Melange von Heavy Metal mit Rock 'N' Roll der härteren Machart spielt, eine klasse Einstimmung auf den Headliner geboten. Die vier sympathischen Haudegen im Dienste des Stahls sind immer noch mit dem 2008er Album "Outlaw Invasion" unterwegs, während das nächste Album sowie die DVD schon in der Pipeline sind. Geboten wird mit leichtem Schwerpunkt auf die neueren Tracks ein gut durchgerührter Cocktail aus allen Bandperioden. Während die Fans vor lauter Schütteln gar keine Zeit zum Gerührtsein haben, feuern Bandstratege Rolf und Co. aus allen Rohren und machen keine Gefangenen. Auch wenn der Sound teils - u.a. bedingt durch den Standort des Mischpults gestaltet sich die Abmischung wohl nicht ganz so einfach - nicht direkt optimal ist, wird getreu der absolut bodenständigen und ehrlichen Linie der Band das Beste draus gemacht und ein toller Gig über knapp 45 Minuten gespielt. Bei fast zwölf Jahren Bandgeschichte mit vier Alben und über 200 Gigs sowie der Professionalität dieses Auftritts kann man sicherlich kaum von Newcomern sprechen. Stattdessen kann man jedem nur raten, sich GUN BARREL mal näher zu Gemüte zu führen - sowohl live als auch auf Platte ein echter Tipp für alle Fans von gradlinigem, ehrlichem Metal vom traditionellen Schlag. Nach einer moderaten Umbaupause, die einen kurzen Blick auf das tourendebedingt doch schon ausgedünnte Merchandiseangebot zulässt (25 Euro für ein Shirt sind in der heutigen Zeit schon eher günstiger zu nennen als nicht, dementsprechend passt auch die Nachfrage, denn die Restbestände gehen gut weg), verlöschen die Lichter und es folgt der Headliner. Von der vorangegangenen "Crimson Idol"-Tour hat man glücklicherweise den Videoschirm beibehalten, so dass praktisch durchgehend das passende Video zum Song läuft, was v.a. natürlich bei den "Crimson Idol"-Songs mit den sehr songspezifisch gedrehten Videos weiterhin blendend funktioniert. Die neuen Songs gewinnen jedoch durch die ausgeklügelt zusammengeschnittenen Filme ebenso, während die übrigen Videos einen faszinierenden Einblick ermöglichen, wie die Band samt Frontmann sich im Lauf der Zeit verändert haben. Diese Frage scheint auch Blackie Lawless immer wieder zu beschäftigen, denn immer mal wieder, gerade bei den alten Songs, dreht der hünenhafte W.A.S.P.-Chef sich um und schaut selbst mit einer offenbaren Faszination seinem jüngeren Ich nebenher bei der Arbeit zu. Sehr putzig dabei anzusehen: die mittlerweile ein wenig geschrumpften Sägeblätter an Blackies Unterarm werden gelegentlich von ihm als Spiegel zwecks Neuausrichtung der Mähne verwendet - unorthodox und irgendwie sympathisch. Die Setlist der amerikanischen Institution bietet wie gewohnt eine sauber komponierte Mixtur aus neuem Material und alten Hits. Nach dem gewohnt mit 'On Your Knees' begonnenen Eröffnungsmedley folgen daher neben Alltime-Favoriten wie "I Wanna Be Somebody" oder "L.O.V.E. Machine" Songs wie 'Crazy', 'Babylon's Burning' (vom aktuellen Album "Babylon"), 'Take Me Up' oder 'Heaven's Hung In Black' (beide vom 2007er Vorgänger "Dominator"). Bemerkenswert ist dabei einmal mehr, dass man W.A.S.P. sicherlich einen derart eigenen Stil nachsagen darf, der so unverkennbar ist, dass sich altes und neues Material problemlos in einer Setlist wiederfinden können und dabei völlig wie aus einem Guß zu klingen vermögen. Da es nach landläufiger Meinung zurecht als bestes Album angesehen wird, bekommt "Crimson Idol" natürlich auch im 16. Jahr der Veröffentlichung einen Ehrenplatz mit obligatorischen Songs wie 'Arena Of Pleasure', 'Chainsaw Charlie' und 'The Idol' eingeräumt - die ohnehin schon großartige Wirkung der Songs wird durch die Einspielclips wirklich nur noch potenziert. Trotz gewisser Vorhersehbarkeiten in der Setlist, die bei einer Band mit derartiger Hitdichte eben an der Tagesordnung sind, gelingt es dem Gesetzlosen immerhin mit 'Scream Until You Like It' (im 1987er Horrorfilm "Ghoulies II" zu Soundtrackehren gelangt) eine kleine, dafür umso gelungenere Überraschung einzubauen - eine sehr gute Entscheidung! Das Andernacher Publikum feiert das gelungene Konzert entsprechend der Schilderung gehörig ab - zwei junge Damen nahe der Front fühlen sich am Schluß gar zur totalen Barbusigkeit auf den Schultern ihrer Begleiter berufen. Das freut natürlich einige Herren im Publikum ausgesprochen (Hormonstau läßt grüßen), während Protagonist Blackie Lawless jedoch ebenso kalt weiterrockt, wie es manch einem offenbar warm im Schritt wird. Ob der wilde Fronter da einfach nur ebenso professionell agierte wie den Rest des Konzertes über oder auf seine alten Tage sich doch noch als gnadenloser Romantiker entpuppt, der lieber kuschelt als knallhart animalische Tatsachen schafft? Fakt ist, Blackie verzichtete bei verschiedenen Songs (insbesondere Chainsaw Charlie' sei hervorgehoben) auf den Originaltext und sang eine deutlich entschärfte Version ohne diverse Kraftausdrücke. Für letztere These spricht zudem, dass unser aller Lieblingsgesetzloser auch diesmal zu meinem Leidwesen beharrlich darauf verzichtet, den Skandalklassiker 'Animal (F**k Like A Beast)' zu spielen. Ob nun als spätes Bekenntnis zur geheimen Vorliebe für Blümchensex oder doch aufgrund mittlerweile bestehender religiöser Vorbehalte (munkelt man mitunter so), anno 2009 waltet also im Hause W.A.S.P. doch ein gewisses Maß an Zärtlichkeit. Ein Abdriften in FLIPPERS-Regionen muss man jedoch nicht erwarten, denn erwartungsgemäß endet das Konzert nach knapp 90 Minuten viel zu schnell vergangenen Minuten mit dem typischen Setcloser 'Blind In Texas'. Gut, ich hätte zwar trotzdem lieber 'Animal' gehört, doch dem Publikum scheint's auch so blendend gefallen zu haben und es gibt mächtig Beifall. W.A.S.P. sind an der Schwelle zu 30 Jahren Bandgeschichte weiterhin eine Macht und es ist zu hoffen, dass beim nächsten Abstecher Andernach wieder auf dem Tourkalender zu finden ist. Auch beim zweiten Besuch entlassen Blackie und seine Jungs ein glückliches Publikum in die eisige Andernacher Nacht - ob man dem nun durch Kuschelsessions entgegenwirkt oder doch dem Tier in sich freien Lauf läßt, bleibt am Ende jedem selbst überlassen... dem Ruf des Gesetzlosen werden die meisten sicher auch dann wieder Folge leisten. Wobei bei dem nochmals deutlich gestiegenen Zuspruch zu 2007 das Juz dann fast zu klein sein könnte - so gediegen blutet man jedenfalls vor Weihnachten gerne noch mal für den Metal aus. |
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