Ein Interview von Elvis vom 13.08.2022 (15744 mal gelesen)
ROBERT TEPPER, den viele sicher noch von 'No Easy Way Out' aus "Rocky IV" kennen dürften, stand uns anlässlich der Veröffentlichung seines neuen Albums "Feels Like Monday" Rede und Antwort. Lest selbst, wie er die aktuelle Live-Szene beurteilt, wie er heute zu seinem größten Erfolg steht und warum er sich grade mit seiner aktuellen Musik besonders wohl fühlt. Viel Spaß!
Guten Abend! Danke, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst, um über dein neues Album "Feels Like Monday" zu sprechen.
Robert Tepper: Guten Abend, die Freude ist ganz meinerseits.
Ich hatte die Möglichkeit, das neue Album vorab zu hören. Es ist ein wirklich gutes Album geworden, aber ich muss auch sagen, es ist doch ein deutlich anderer Stil als etwa auf "Better Than The Rest", den du hier eingeschlagen hast.
Robert Tepper: Danke, das stimmt, es ist eine völlig andere Herangehensweise, die ich diesmal gewählt habe. Ich bin Musiker und schreibe – warum auch immer – weiterhin jede Menge Songs. Wenn entsprechend diese Songs aus mir hervorkommen, was soll ich tun? Nur weil es kein Rock-Song im Stil der 80er ist, soll er deswegen nicht existieren? Als Künstler hat man üblicherweise viele verschiedene Seiten und die Seite, wegen der man vielleicht berühmt wird, ist nicht unbedingt die Seite, die man am meisten zeigen würde. Nimm zum Beispiel die BEATLES, die haben so derart viele verschiedene Arten von Musik gemacht in ihrer Karriere. Nicht dass ich mich jetzt mit den BEATLES vergleich möchte, aber ich denke, an diesem Punkt in meinem Leben fühle ich mich frei genug, das zu tun, wonach mir grade ist.
Das kann ich gut verstehen, und "Feels Like Monday" ist ja auch ein tolles Album geworden. Man spürt für mein Empfinden, dass du da musikalisch mit dir selbst im Reinen bist.
Robert Tepper: So empfinde ich das auch, diese Songs kamen für mich sehr natürlich zustande. Normalerweise spiele ich für die Songs erstmal alle Instrumente selbst. Das ist Teil meines Songwriting-Prozesses. Ich bin jedenfalls sehr stolz darauf, wie das Album geworden ist.
Gibt es einen besonderen Grund, dass du diesmal diesen Weg gegangen bist? Kam das von alleine so? Ich wäre jetzt nicht überrascht, wenn du mir sagen würdest, dass die letzten beiden Jahre da auch für dich ihren Teil beigetragen haben.
Robert Tepper: Absolut, das hatte definitiv einen Einfluss, etwa die ganze Isolation aufgrund von Covid. Wie diese Songs dann letztlich zustande kamen, ist ziemlich interessant. 'Shaken Like A Leaf On A Tree' etwa, der dritte Song des Albums, den habe ich mit meinem Sohn Julian gemacht. Ich stamme aus einer sehr kreativen Familie. Man Vater etwa war ein Maler, aber da er in den 50ern aufwuchs, musste er natürlich nebenbei auch einer normalen Arbeit nachgehen. Mein Sohn wiederum ist Schriftsteller, und zwar ein ziemlich guter, wenn ich das so sagen darf. "Better Than The Rest" war gerade erschienen und wir sollten eine Show in Los Angeles spielen. Die wurde dann gecancelt wegen Covid. Ich habe insgesamt neun Kinder, Schwiegerkinder und Enkel. Die waren dann in der Folge allesamt bei meiner Frau und mir im Haus. Mein Sohn Julian war dementsprechend hier und schrieb die ganze Zeit. Er schrieb unter anderem einen sehr interessanten Artikel, kurz nachdem er seinen Roman "Between The Records" über einen Vater im Rock 'n' Roll-Business veröffentlicht hatte. Jedenfalls haben wir zusammen einige Songs geschrieben, da er selbst auch musikalisch tätig ist. Einer dieser Songs ist dann eben auf "Feels Like Monday" gelandet. Das war also etwas, was ich im Grunde so nur aufgrund von Covid und der Situation tun konnte, denn da er in New York lebt, sehen wir uns meistens immer nur ein paar Tage am Stück. Aber so war er hier quasi für vier Monate "gefangen".
Du würdest also sagen, in mancherlei Hinsicht hatte diese ganze verrückte Situation für dich einen positiven Effekt, etwa als Hilfe, dieses Album zu machen?
Robert Tepper: Definitiv! Ich meine, im Wohnzimmer schrieb Julian einen Roman, in der Küche war an sich ständig jemand am Essen, Abends saß man draußen und trank Bier, manche rauchten auch mal Gras, zwischendrin schrieb man ein Album zusammen. Es war wirklich eine eigenartige Erfahrung, im Guten wie im Schlechten. Klar hatten wir auch mitunter ein bisschen Angst. All das ist da mit eingeflossen. Ein weiterer starker Einfluss war natürlich auch CHRIS CAMERON. Ich kenne ihn seit 2017, wir trafen uns in Arkansas und wurden sehr schnell Freunde. Seitdem haben wir etwa zusammen viel Musik geschrieben und diese Hauskonzerte zusammengestellt. Momentan ist es einfach sehr schwer für die Live-Szene. Klar, Konzerte gibt es wieder, aber es ist schwieriger geworden. Ende Juli machen wir ein Release-Event für das neue Album, bei dem wir die Premiere des Albums und des Titeltracks feiern möchten und die Leute auf Facebook live Fragen stellen können. Diese Zusammenarbeit war auch etwas, was sich für mich vollkommen natürlich anfühlt. Ich habe momentan wirklich viele coole Leute in meinem Leben, so dass sich quasi die Puzzleteile von selbst zusammenfügen. Dieses Album ist Teil und Ergebnis davon. Ich höre mir sehr gerne Podcasts an, beispielsweise "WTF" von Mark Maron. Da war vor einigen Ausgaben ein Regisseur zu Gast, der meinte, dass er im Grunde immer dann seine besten Arbeiten abliefern würde, wenn er sehen könnte, wohin sich diese jeweils entwickelt. Wenn man also inspiriert ist, macht das wirklich viel aus. Bei "Better Than The Rest" war ich etwa sehr inspiriert und so auch bei "Feels Like Monday", aber eben auf eine andere Weise, unter anderem durch die Isolation. Klar, einige der Songs sind schon vorher entstanden, aber viele doch auch genau in dieser Zeit. Mit Chris zusammen ist es einfach eine sehr inspirierende Zusammenarbeit, und viel mehr kann man als Künstler eigentlich nicht verlangen. Wenn die Wegweiser sozusagen in eine schöne Richtung zeigen – oder eine bestimmte kreative Richtung – sollte man nicht anhalten. So etwas muss man wertschätzen und ehren. Wenn mich also Leute nun fragen, warum ich gerade dieses Album gemacht habe? Weil es mich inspiriert hatte, genau diese Platte zu machen. Mein nächstes Album wird insofern sicherlich auch sehr überraschend sein, ich arbeite bereits daran und einige tolle Songs sind bereits in der Mache. Mehr kann man als Künstler nicht verlangen und ich finde das sehr aufregend.
Ich finde es gut, wenn Künstler, die schon seit Jahrzehnten dabei sind, nicht einfach nur versuchen, die Erwartungen ihrer Fans zu treffen. Welchen Sinn hat es denn auch, den gleichen Song quasi immer wieder zu schreiben?
Robert Tepper: So ist es, und ich glaube, das sehen viele Fans ebenfalls so. Ich tue das alles für mich und muss mich daher inspiriert fühlen. Wenn man versucht, einfach nur krampfig an einen alten Erfolg anzuknüpfen, wird das auch selten so gut wie das Original. Solange das für mich der Fall ist, werde ich auch weitermachen. Meine Stimme (singt) macht es ja auch noch gut mit (lacht).
Ich denke, viele Leute werden natürlich bei dir stets an 'No Easy Way Out' und deine Alben von Mitte der 80er denken. Die aktuelle halb-akustische Version, die du bei den Hauskonzerten spielst, finde ich zum Beispiel auch interessant. Würdest du sagen, der Song ist so was wie ein Segen und Fluch zugleich? Oder bist du damit und dem Song im Reinen? Nebenbei gesagt: Ich liebe den Song immer noch wie am ersten Tag, wenn ich ihn höre.
Robert Tepper: Der Song ist ein Teil des sozialen Gefüges der Filmgeschichte. Für mich ist das irgendwie interessant. Ich habe viele verschiedene Dinge gemacht und selbst beispielsweise auch viel produziert. Mal ehrlich: Wie soll man über diesen Song etwas Schlechtes denken oder dabei fühlen? Der Song gehört mir doch quasi gar nicht mehr allein. Klar, ich habe ihn geschrieben, ich habe ihn gesungen, doch wozu sich die Leute am Ende wirklich hingezogen fühlen, darüber hat man kaum Kontrolle. Deswegen bin ich wirklich niemand der denkt, oh je, der Song schon wieder ... (lacht). Der Song funktioniert auf so vielen verschiedenen Ebenen. Er war ein Meilenstein meiner Karriere und ich habe damit in der Musikszene – warum auch immer – einen Eindruck hinterlassen. Das akzeptiere ich vollkommen und bin stolz darauf. Ich finde das eigentlich schade, wenn berühmte Leute sich damit teils schwertun.
In welchem Umfang würdest du sagen, dass Live-Auftritte für dich persönlich wiederkommen?
Robert Tepper: Das ist im Grunde ein Szene-Ding. Die 80er-Szene ist nicht so groß hier. Meistens sind das Package-Auftritte mit anderen Künstlern und da ist auch vieles gecancelt worden. Die Leute, die da teils dahinterstehen, haben da ziemlich viel Einfluss drauf, was passiert. Was Chris und ich uns deswegen ausgedacht haben, sind diese Hauskonzerte, Orte, wo man vielleicht 50 bis 100 Leute oder ein bisschen mehr hat. Also quasi intime Auftritte, wenn du so willst, wir nennen sie "Listening Rooms". Was daran für mich ansprechend ist, ist dass die Leute dabei tatsächlich dabei sind und zuhören. Das gibt mir persönlich wirklich was. Damit haben wir gerade erst angefangen. Wie ich von Freunden aus dem Business weiß, wird die Live-Musik langsam wieder gesünder. Dann wiederum passiert so was wie heute morgen, als meine Frau mir sagte, man denke darüber nach, in Los Angeles wieder eine Maskenpflicht einzuführen. Ernsthaft??? Nun ja, es ist also irgendwie von Monat zu Monat und von Tag zu Tag, schauen wie es läuft. Ich habe selbst schon wieder große Bands wie GREEN DAY live gesehen, aber eben auch Künstler in meiner Größenordnung. Ich denke, grade auch wo teils die älteren AOR-Künstler von jüngeren Fans entdeckt werden, ist dieses eher intime Setting eine schöne Gelegenheit, zum einen die Songs zu hören, aber auch mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen. Das hat für beide Seiten etwas Befriedigendes. Klar würden wir auch gerne auf größeren Bühnen spielen, das hatten wir durchaus auch beim Schreiben im Blick. Hoffen wir einfach mal, dass die Dinge sich weiter positiv entwickeln. Ein bisschen traurig finde ich, dass ich derzeit selten bis kaum Anfragen aus Europa etwa für eine 80er-Show oder Festival bekomme. Vielleicht hält Chris die von mir fern (lacht).
Mir selbst haben Festivals wie etwa "Rockingham" oder das "Fire Fest" immer sehr viel gegeben, da es ein Wochenende voller toller Künstler aus der AOR-Szene war, bei dem diese mit einem sehr hingebungsvollen Publikum zusammentrafen. Das wäre aus meiner Sicht auch die beste Variante für Shows.
Robert Tepper: "Rockingham" gibt es ja nicht mehr, wenn ich das richtig verstanden habe. Oder vielleicht wollen die Leute mich einfach nicht mehr live sehen (lacht)? Wenn uns Anfragen erreichen, stehen wir jedenfalls zur Verfügung, wir gehen dorthin, wo unser Publikum ist. Ich denke wirklich, dass da ein Potenzial besteht, was gerade keiner anzapft. Denk zum Beispiel auch mal an "Stranger Things" und wie die Show plötzlich KATE BUSH wieder ins allgemeine Bewusstsein gebracht hat. Man könnte zum Beispiel ja auch etwas machen, wo man eine Stunde akustisch und eine weitere Stunde regulär spielt. Aber über so was denken viele erst gar nicht nach. Kreatives Marketing würde oftmals vieles besser machen, denn ich bin überzeugt, diese Musik wird von mehr Leuten gemocht, als viele es glauben. Manchmal ist es auch so, dass in einer bestimmten Szene zu lange dieselben Leute als Promoter am Drücker sind und nichts Neues mehr versuchen möchten. Die Musik ist aber für sehr viele Menschen immer noch relevant. Vor einigen Monaten sandte mir jemand ein Video, bei dem 70.000 Leute in einem Stadion 'No Easy Way Out' sangen. Warum sind die nicht einfach bei einer entsprechenden Show? Ich bin immer noch derselbe Kerl, ich treffe immer noch fast alle Noten. Hoffen wir einfach mal das Beste.
Wie viele der "Listening Room"-Shows hast du aktuell geplant? Oder schaust du dir einfach an, wie sich das entwickelt?
Robert Tepper: Das ist wirklich etwas, wo wir schauen müssen, wie es klappt. Es wäre schön, wenn wir das die nächsten Monate hinbekommen könnten. Vielleicht bis zwei mal pro Monat rausfliegen und einige dieser Shows spielen ist im Grunde das Ziel. Aber unabhängig davon, das Album kommt jetzt raus, das neue Video, das EPK ebenfalls - das sieht alles schon gut aus.
In welchen Formaten wird "Feels Like Monday" erhältlich sein? Erst mal digital und dann auch physisch?
Robert Tepper: Ursprünglich war mal nur ein digitaler Release angedacht. Aber ich kenne die AOR-Fans, die wollen auch was in der Hand haben, weswegen es auch mal mindestens eine Auflage von CDs geben wird. Jemand aus Südamerika bat mich vor einiger Zeit um eine CD per Post, und ich fragte, ob er die denn nicht einfach irgendwo bei sich preiswerter bestellen könne. Er meinte nur, das seien am Ende schnell fast 90 Dollar für ihn, auch da die Regierung sich solchen mit Importen schwertue. Da wurde mir klar, dass eine CD vielleicht doch wertvoller ist als ich ahnte. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich selbst noch einen CD-Player habe, da ich meist alles in meinem Studio mache. Aber gerade für Leute wie diesen Fan möchte ich gerne eine limitierte, signierte CD-Auflage machen. Gerade aus Promotion-Sicht macht das auch Sinn. Dabei habe ich sogar noch CDs von "Better Than The Rest" hier liegen, da das Album so schlecht promotet wurde. Du siehst also, ich bemühe mich, die Musik bestmöglich an die Fans da draußen zu bekommen.
Ist auch entsprechendes Merchandise geplant?
Robert Tepper: Ja, nach dem Release-Event wird es auch diverse Merchandise-Artikel auf meiner offiziellen Seite geben. Was ich persönlich auch gerne in Angriff nehmen würde, wäre eine Veröffentlichung auf Vinyl.
Das wäre bestimmt interessant. Kannst du es wirklich glauben, dass wir jetzt - im Gegensatz zu vor einigen Jahren noch - an dem Punkt sind, dass man in Läden fast schon mehr Vinyl als CDs findet?
Robert Tepper: Ja, unglaublich, oder? Ich habe kürzlich gelesen, dass es neuerdings sogar teils Veröffentlichungen als Acetat gibt, also ohne Verschleiß. Die sind aber noch sehr teuer. Aber Vinyl ist definitiv wieder im Kommen.
Wir leben generell in seltsamen Zeiten. Wer hätte vor ein paar Jahren erwartet, dass KATE BUSH grade einen Nummer 1-Hit mit 'Running Up That Hill' haben würde?
Robert Tepper: Das finde ich grade für Künstler fast schon beruhigend, weil es zeigt, dass mit den richtigen Umständen, zum richtigen Zeitpunkt, die Verbindung von Musik mit dem richtigen visuellen Format immer noch funktioniert. Das freut mich wirklich sehr.
Die 80er sind mittlerweile wieder en vogue.
Robert Tepper: Ja, und ich habe eine Menge Respekt vor der Musik der 80er. In meiner Wahrnehmung war das die Zeit, wo Rock 'n' Roll erstmals auch einen cinematischen Aspekt bekam. Klar, vorher gab es PINK FLOYD, aber in den 80ern wurde das erstmals perfektioniert. Ich liebe diesen Aspekt immer noch.
Nimm einfach nur die Umsetzung von 'No Easy Way Out' in "Rocky IV". Der ganze Film war mehr Videoclip als Kinofilm. Hast du eigentlich den neuen Director’s Cut des Films gesehen, den Sylvester Stallone letztes Jahr veröffentlicht hat?
Robert Tepper: Ich habe ihn teilweise gesehen, zumindest auch den Part, wo mein Song vorkommt. Das war ja als großes Event aufgezogen worden. Aber im Grunde ist der Film ja schon im Original toll gewesen.
Kannst du mir zum Schluss noch sagen, ob du aktuell einen Favoriten auf "Feels Like Monday" hast? Oder ist das schwierig?
Robert Tepper: Ganz ehrlich, es wechselt je nach Tag, von daher kann ich da keine definitive Antwort geben.
Vielen Dank für das Interview, ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg mit deinem neuen Album!
Robert Tepper: Danke, und gerne - ich weiß Euren Support sehr zu schätzen.