Perchta - D'Muata | |
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Review von ReviewRalle vom 11.06.2024 (13359 mal gelesen) | |
Die sechsköpfige Tiroler Band PERCHTA formierte sich im Jahr 2017, mit dem Ziel regionale Traditionen zu bewahren, aber auch zu erneuern. Der Name PERCHTA stammt vermutlich von einer heidnischen Göttin, die in den oberdeutschen und österreichischen Alpenregionen verehrt wurde. Der Gedanke an eine Frau, die einsam und abgelegen in den Bergen am Rande der Zivilisation haust, wird dem ein oder anderen wohl automatisch das Wort Hexe in den Sinn kommen lassen. Damit liegt man hier auch nicht unbedingt verkehrt, wurden ja gerade Frauen früher schon schräg beäugt, wenn sie sich frei und selbstbewusst in Ihren Handlungen, ihrer Sexualität und in ihrer Selbstbestimmung zeigten und schnell als Hexe tituliert und entsprechend schlecht behandelt, verfolgt, gefoltert und tausendfach ermordet. Auch wenn das heute zum Glück nicht mehr so drastisch wie damals ist, widersprechen selbstbestimmte Frauen, die sich frei in den oben genannten Aspekten zeigen, noch immer häufig der kollektiven Erwartung unserer heutigen Gesellschaft. Aber nicht nur mit diesen Themen wird sich auf "D'Muata", dem zweiten Album der Band, welches am 14.06.2024 veröffentlicht wird, befasst. Es geht auch um den Akt der Zeugung, Geburt, das Nähren neuen Lebens, Mutterschaft und Menstruations-Stigmatisierung, ohne jedoch die Frau nur auf diese Aspekte zu reduzieren. Dazu gesellt sich auch noch schwerere Kost, wie der Verlust eines Kindes, Gewalt gegen Frauen und auch Femizid. Der Albumtitel bedeutet im Hochdeutschen soviel wie "Die Mutter". Mastermind hinter der Band und Sängerin Frau Percht hat sich mit ihrer Band angestellt, ein feministisches Manifest in einem von Folklore beeinflussten Black Metal-Kontext zu erschaffen, denn das Thema Weiblichkeit in all seinen Facetten ist zwar durchaus im Black Metal vertreten, aber dennoch eher ein Nischenthema im gesamten Spektrum des Genres. PERCHTA möchten das ändern! Als gebürtiger Bamberger treffen Themen rund um Hexerei bei mir immer ins Schwarze, da Bamberg eine der Hochburgen der Hexenverfolgungen war, wenn nicht sogar die Hochburg Deutschlands. Unter diesem Aspekt fiel mir die Band daher schon mit ihrem Debütalbum "Ufång" auf. Auch wenn mich das Debütalbum damals wie heute nicht wirklich überzeugen konnte, verfolgte ich die Band mit Interesse, denn das Konzept, die Idee hinter der Band und die im Tiroler Dialekt gehaltenen Texte haben mich einfach abgeholt und die Kombination aus Folk und Black Metal ist immer gern gesehen. Wie schneidet PERCHTA also Anno 2024 mit dem zweiten Album "D'Muata" ab? Erst einmal muss ich das Artwork der Künstlerin Lisa Schubert (Vinsterwan) loben, ein echter Hingucker, der den Geist des Albums auf hervorragende Art und Weise einfängt. Dazu gesellt sich ein astreiner und gut differenzierter Sound, sämtliche Instrumente, vom Hackbrett über Gitarren, Bass und Schlagzeug, sind klar und deutlich zu erkennen und erschaffen bisweilen eine epische Klangwelt. Über allem thront Frau Percht mit ihrem facettenreichen Gesang. Egal ob cleane Gesangspassagen, fiese Black Metal-Screams, geflüsterte Worte oder auch Jodeln, Frau Percht überzeugt in allen Bereichen und sorgt mit ihrer Performance für die ein oder andere Gänsehaut. 'Vom Verlånga', 'Ois Wås Ma San' und 'Hebamm' wurden vorab veröffentlicht und hätten nicht besser ausgewählt werden können, um das Feuer für das gesamte Album zu schüren, überzeugen doch alle drei Stücke auf ihre eigene Art. Ersterer zeigt die härtere Seite der Band. 'Ois Wås Ma San' wirkt im positiven Sinne verschroben, selten klang Jodeln so fies und gut in einem Metalgewand. 'Hebamm' ist mit seiner Spielzeit von über acht Minuten der längste Song des Albums und dient als gute Blaupause für den Gesamtsound des Albums. Gekonnt wird zwischen ruhigen und atmosphärischen Folk-Parts und rasanten Black Metal-Attacken variiert. Die schon etwas unheimlich daherkommende Vertonung der örtlichen Sage 'Longtuttin Und Stampa', die atmosphärisch durch das kurze Zwischenspiel 'Ausbruch' eingeleitet wird, ist ein wahres Highlight. Die Band bietet Frau Percht eine Bühne, über die sie wie ein schauriges Unheil hinwegfegt. In eine ähnliche Sparte fällt auch der Titeltrack, aber auch die restlichen Songs verdienen Anerkennung und wissen alle auf ihre Art zu überzeugen. Die Skiptaste sollte bei den wenigsten Zuhörern Verwendung finden. Mit "D'Muata" legt PERCHTA eine sehr steile Entwicklung hin, welche den Autor dieser Zeilen nicht schlecht hat staunen lassen. Wer den angesprochenen Themen nur im Entferntesten etwas abgewinnen kann und sich im Folk und Black Metal zu Hause fühlt, kommt um dieses Album nicht herum. Chapeau für diese Entwicklung und Leistung! Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01 - Vom Verlånga 02 - Ois Wås Ma San 03 - Heiliges Bluat 04 - Hebamm 05 - D'Muata 06 - Wehenkanon 07 - Ausbruch 08 - Långtuttin & Stampa 09 - Mei Dianä Mei Bua | Band Website: www.facebook.com/perchta.band Medium: CD Spieldauer: 47:57 Minuten VÖ: 14.06.2024 |
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