Ein Interview von Dunkeltroll vom 21.05.2021 (24317 mal gelesen)
Wenn man einen Interview-Termin mit einem Musiker hat, dessen Name einem schon seit über 30 Jahren ein Begriff ist, darf man ein wenig nervös sein. Stellt man dann noch fest, dass man beim Erstellen des Zoom-Meetings Mist gebaut und seinem Gesprächspartner den falschen Link geschickt hat, macht es das nicht besser. Umso schöner, als die Verbindung mit zehn Minuten Verspätung doch noch zustande kam, wir beide gleichermaßen froh und erleichtert waren und das Eis dementsprechend sofort gebrochen war. HERMAN FRANK stellte sich sodann als herzlich, humorvoll und auskunftsfreudig heraus, und umschiffte heiklere Themen sehr diplomatisch. Dabei hatte ich zu keiner Sekunde das Gefühl, dass für ihn als Vollprofi so ein Interview inzwischen nur noch lästige Pflichterfüllung wäre.
Herman, zunächst mal: Wie sprichst du den Namen deiner Band eigentlich selbst aus, eher deutsch oder eher englisch?
Herman Frank: Je nachdem, wer mich fragt (lacht). Sprech ich mit irgendwelchen Ausländern heiß ich Hörmän Fränk, und bin ich in Deutschland heiß ich Herman Frank. Aber es ist ein deutscher Name, und jeder weiß, dass ich ein Deutscher bin, und unter diesem Namen firmiere ich jetzt schon fast 40 Jahre.
In wenigen Tagen erscheint das fünfte HERMAN FRANK-Album: Du verstehst euch eher als Band denn als Solo-Projekt, meine ich gelesen zu haben.
Herman Frank: Eigentlich möchte man eine Band haben. Ich hab mir am Anfang gedacht: Wenn ich da die ganze Verantwortung übernehme und die ganzen Stücke schreibe, schreib ich da auch meinen Namen drauf. Das Wechsel-Karussell der Musiker dreht sich ja leider immer schneller, aber ich bin immer da. Das war eigentlich der Hintergedanke: Ich bin froh, dass Rick (Altzi, Vocals - auch bei MASTERPLAN, AT VANCE, HEAVEN'S TRAIL und SANDALINAS aktiv) jetzt schon vier Alben dabei ist, Mülli (Michael Müller, Bass - CONSTANCIA, HEAVEN'S TRAIL, JADED HEART) ist auch schon lange dabei, aber wie du siehst hat es auch beim fünften Album kleine Besetzungswechsel gegeben; das lässt sich heutzutage anscheinend nicht mehr vermeiden.
Vor 30 Jahren war es so, da hattest du fünf Freunde, eine Stadt, eine Band. Man hat zusammengehalten, und wenn man Glück hatte, hatte man zusammen Erfolg. Dann konnte man auch ein paar Platten verkaufen, und davon konnte man eventuell auch den Kühlschrank voll machen, Benzin und die Miete bezahlen. Heute ist das durch Spotify und Co ganz schwer geworden; deswegen hat anscheinend jeder Musiker zwei, drei, fünf Projekte, vier Bands, und dadurch ergeben sich dann häufig Probleme mit Terminüberschneidungen.
Und das hat jetzt zu den Wechseln geführt?
Herman Frank: Bei André Hilgers (Schlagzeug) denk ich war es ein Grund; er ist zu BONFIRE gegangen und spielt auch noch bei einer anderen Band (SILENT FORCE, SONIC HAVEN), von daher war es vielleicht auch Zeit für einen Wechsel. Heiko Schröder (Gitarre) hingegen hat ein super Angebot von der Stadt Duisburg bekommen: Der hat nämlich mal was Richtiges gelernt in seinem Leben (lacht), und macht da jetzt Entertainment-Management für städtische Veranstaltungen. Er hat gesagt: "Herman, es gibt jetzt hier die rechte Abzweigung, oder die linke Abzweigung - welche soll ich nehmen?", und ich sagte "Ich würde vielleicht einfach mal die linke nehmen, für eine Zeit lang", denn das beruhigt auch ganz gut. Er hat sie genommen, er ist glücklich in seinem Beruf, und dann ist klar, dass man Ersatz braucht.
Der Verfasser des Promo-Textes zu "Two For A Lie" hat es geschafft, die "Never change a winning team"-Floskel und die Tatsache, dass ihr einen neuen Schlagzeuger und einen neuen Gitarristen dabei habt, in einen Satz zu packen.
Herman Frank: Hey, das ist moderne Promo! (lacht) Also ich hab's nicht geschrieben! Manchmal wundert man sich schon ein bisschen, was in der Promo so drin steht - anscheinend sind die Plattenfirmen da etwas überlastet und müssen sehr viele Texte schreiben.
Das Album heißt "Two For A Lie": Ich hab geguckt, ob es sich dabei um eine Redewendung handelt, und hab als Suchergebnis viele Verweise auf ein "Die Simpsons"-Zitat bekommen: It takes two to lie - one to lie and one to listen.
Herman Frank: Cool, das wusste ich noch nicht! (lacht) "Two For A Lie" ist amerikanischer Slang, und bedeutet so viel wie: Sobald zwei Leute aufeinandertreffen, besteht immer eine Chance für eine Lüge. Und wenn man eine Lüge oft genug erzählt, wird sie Wahrheit - oder Politik. Das soll schon ein kleiner Seitenhieb auf irgendwelche Menschen sein, die sich mit Lügen beschäftigen. Ich hasse Lügner und habe mein Leben lang versucht, vor allem im Business, geradeaus und ehrlich zu sein; damit kommst du denk ich am weitesten. "Two For A Lie" hat sich außerdem aus einem Unfall ergeben: Ich hab meinen Demo-Gesang für den Song 'Venom' an Rick geschickt. Er hat seinen Gesang dann aufgenommen und anscheinend ein bisschen komisch abgemischt: Es gibt eine Zeile die lautet 'Truth For A Lie', oder 'Truth Or A Lie', und ich in meinem schwerhörigen Dilemma als Gitarrist hab 'Two For A Lie' verstanden. Da hatte ich sofort dieses Cover im Schädel, und dachte: "Das passt wie die Faust aufs Auge!" Zwei brüllen sich an, und unten drunter steht "Two Fo A Lie": Super, Cover ist fertig, Albumtitel auch. Ich finde, mittlerweile ist es wesentlich schwieriger, mit 'nem Albumtitel hinterm Ofen her zu kommen, als neue Songs zu schreiben. Neue Songs schreiben mach ich gerne, Albumtitel finden ist ätzend.
Das Artwork hat Kai Swillus gemacht ...
Herman Frank: Genau: Der hat die letzten Cover von mir schon gemacht, und ist auch ein fester Bestandteil des ganzen Teams.
... der früher auch Musiker war.
Herman Frank: Ja: Der hat in einer Bande namens RECKLESS TIDE gespielt, und zwar Schlagzeug. Kai ist auch hier in Hannover ansässig, wo ich ja das Horus Sound Studio betreibe, daher kann ich einfach ums Eck gehen, um mit ihm zu arbeiten. Wir brauchen uns also nicht ewig über Mails oder Telefon auszutauschen, sondern man geht vorbei und bespricht das Face to Face, dann geht so was viel schneller. Ich steh auf persönlichen Kontakt beim Arbeiten: Beim Musikmachen und Kreativsein geht es darum, zusammen etwas zu tun.
Ich würde eure Musik als klassischen Heavy Metal in einem modernen Soundgewand bezeichnen - gehst du da mit?
Herman Frank: Du hättest die Promo schreiben sollen! (lacht) Aber du hast vollkommen Recht: So würde ich es auch benennen. Ich bin eigentlich kein Freund von Klassifizierungen von Musik, aber es scheint ja gang und gäbe zu sein, dass man für jede Art von Musik einen bestimmten Ausdruck findet, und da bin ich ganz gerne 'klassischer Heavy Metal' - da kann ich gut mit leben.
Produziert ist es hingegen sehr modern: Es gibt ja viele Bands, vor allem im Underground, die so retro wie möglich zu klingen versuchen.
Herman Frank: Vielleicht ist es auch dem geschuldet, dass die Leute alleine mit ihrem Computer zuhause versuchen was aufzunehmen. Früher gab es Toningenieur als Lehrberuf; ich könnte mir vorstellen, dass dies zu 50 Prozent der Grund ist, warum Schlagzeuge wie Pappeimer klingen (lacht), und ein Hall-Gerät hat auch 'nen Knopf, an dem man drehen kann. Es ist immer schwierig was dazu zu sagen: Es gibt sicherlich Bands, die das absichtlich machen, aber ich höre leider in den letzten Jahren immer mehr Produktionen, bei denen gewisse Lehrjahre im Soundbereich nicht geschadet hätten.
Du bist aber in Hinsicht Sound niemand, der versucht die achtziger Jahre hochzuhalten?
Herman Frank: Das weiß ich nicht: Es gibt super Produktionen aus den Achtzigern, die hört man heute nicht mehr so. Jedes Album spiegelt ja auch einen bestimmten Zeitpunkt wieder, genau wie die Songs, und die von "Two For A Lie" passen genau in die letzten zwei Jahre, und dass sich da sowohl Hörgewohnheiten als auch die Technik der Aufnahme ändern, ist ganz klar. Bei aller Weiterentwicklung halte ich meinen Sound immer noch für vergleichsweise klassisch; wir habe ein echtes Schlagzeug, und den Knopf am Hall-Gerät hat der Toningenieur bewusst so gestellt. Deswegen geh ich ja zu Arne (Neurand) ins Horus und lass den mischen, anstatt das bei meiner eigenen Musik selbst zu machen: Es ist immer ganz gut, wenn zwei Paar Ohren da drüberhören. Früher gab es immer einen Produzenten und einen Toningenieur, und das hat seinen Sinn gemacht.
Die Bassdrum finde ich auf "Two For A Lie" lauter als auf deinen vorherigen Alben: Dadurch gehen einige Details deiner Soli etwas verloren.
Herman Frank: Das ist auch eine Frage von Geschmack, und schließlich hört sich jeder das Album über andere Boxen an: Den gesunden Mittelweg zu finden ist das Optimum, gelingt aber nicht immer. Vielleicht mach ich die Gitarren echt mal so laut, wie es der Toningenieur will: Da bin ich als Gitarrist und Produzent immer in einem Dilemma, etwas gehemmt durch die eigene Person. Vielleicht hab ich aber auch einfach nicht genug bezahlt: Da stand immer so ein komisches Sparschwein, und ich wusste nicht, was das zu bedeuten hat. Als Mülli da war, hat er direkt 50 Euro reingedonnert, und Kevin (Kott - ALMANAC, AT VANCE, HEAVEN'S TRAIL, MASTERPLAN, PANTALEON) mit seinem blöden Schlagzeug hat bestimmt 100 Euro rein, und schon war die Bassdrum doppelt so laut. (lacht)
'Venom' ist ein Song, den ich mir auch gut bei VICTORY vorstellen könnte.
Herman Frank: Stimmt.
Wenn du Songs schreibst, wo ist die Grenze an der du sagst: Das ist ein HERMAN FRANK-Song, und das ist vielleicht ehr was für VICTORY?
Herman Frank: Die Grenzen sind schon etwas fließend: VICTORY ist dann doch eher Classic Rock und kein Metal, und bei HERMAN FRANK ist es umgekehrt. 'Venom' war einer meiner Lieblingssongs, den ich unbedingt machen wollte, und als Rick ihn gesungen hat war es klar, dass er aufs Album kommt. Das darf man schon mal machen: Auch HERMAN FRANK hat Songs, zu denen man mit dem linken Arm aus dem Fenster und einer Zigarette in der rechten Hand über die Autobahn fahren möchte, und die dafür das perfekte Feeling vermitteln. Der Song ist eingängiger, mit einem super Riff am Anfang, und einer klasse Melodie. Auf meinem Solo-Album darf ich machen was ich will. Ich bin wie gesagt nicht so ein Freund des Einzäunens von Gebieten - Musik sollte offen sein.
Wie ist bei VICTORY derzeit der Stand der Dinge?
Herman Frank: Der ist besser als je zuvor! Ich bin gerade schon wieder im Studio, und wir arbeiten am Mix des neuen VICTORY-Albums, welches "Gods Of Tomorrow" heißen wird. Da werden 12 oder 13 Songs drauf sein, und es kommt Ende September, Anfang Oktober auch bei AFM raus. Das heißt, wir sprechen uns wahrscheinlich im August oder September noch mal.
Du hattest eben schon angedeutet, politisch Stellung zu nehmen. Ist dir das wichtig?
Herman Frank: Nicht zu bestimmten Themen: Ich hab meine private Meinung, halte die aber aus der Musik möglichst raus. Aber so ganz allgemein kann man schon mal den Finger in die Wunde legen. Ich finde, es ist so offensichtlich in den letzten Jahren, was da passiert bei manchen Menschen, das ist nicht mehr schön. Da kann man ruhig mal den Zeigefinger heben und sagen: Moment! Und ich bin jederzeit bereit, der erste Rock'n'Roll-Bundeskanzler zu werden: Wär mal was anderes. (lacht)
Für welche Partei würdest du da als Spitzenkandidat antreten wollen?
Herman Frank: Genau die Frage hab ich erwartet! (lacht) Ich würde da natürlich meine eigene Partei bevorzugen, um niemandem den Zuschlag zu geben.
Und welche Themen wären dir als Kanzler am wichtigsten?
Herman Frank: Ach weißt du, das überleg ich mir dann, wenn ich Bundeskanzler bin, so wie die Jungs das da auch machen. Ich schreib mal bei ein paar Leuten ab. (lacht) Nein: Ich würde mir selbstverständlich ein super Wahlprogramm überlegen. (lacht)
Die meisten Themen werden vermutlich eh aus der Not von alleine geboren.
Herman Frank: Ich glaube, man hat ganz schön viel Sorgen. Man schimpft zwar immer auf alle Politiker, aber ich würde sagen, 90 Prozent von denen machen ihren Job auch möglichst gut. Ich kenn ein paar Leute, die sind politisch engagiert, und die gehen wirklich mit Herzblut dran.
Eine Menge Bands haben Alben verschoben oder warten mit der Aufnahme bis klar ist, wann wieder getourt werden kann. Ich denke mal, das ist bei euch nicht der Fall?
Herman Frank: Anscheinend nicht (lacht), sonst hätten wir jetzt nicht das Album rausgebracht.
Aber ihr macht euch sicherlich auch Gedanken darüber, wann ihr das nächste Mal spielen könnt, und habt auch Konzerte nachzuholen?
Herman Frank: Es wusste ja keiner, wie sich die Sache entwickelt und wie lang so was dauern kann. Das Album war fertig und ich denke, bei HERMAN FRANK ist es nicht so an einen Zeitpunkt gebunden, wann man es rausbringt. Das war auch die Meinung der Plattenfirma. Unsere Tour ist sicherheitshalber für 2022 geplant: Diesen Sommer brauchst du gar nichts machen, und für Ende des Jahres weiß man auch noch nicht ganz so genau, sodass wir für April, Mai nächsten Jahres planen. Da werden wir probehalber erst einmal 14 Tage bis drei Wochen in Europa machen, und dann müssen wir weiter schauen. Aber bis dahin ist es wohl realistisch, dass auch auch aus dem Ausland wieder Leute auf Konzerte kommen dürfen. Wir haben letztes Jahr viele Konzerte absagen müssen, aber: Möchtest du verantworten, wenn 800 Leute zum Konzert kommen, dass 80 krank raus gehen? Und wir wissen doch wie es ist: Abstand bei Rock'n'Roll-Konzerten, das ist wie Weihnachten auf Ostern: Das wird nicht stattfinden!
Und wir jammern ja auf hohem Niveau: Wir dürfen nicht in Restaurants gehen, nicht in Urlaub fliegen, und das Erste was Thema wird, wenn es zu Lockerungen kommt: In Urlaub fliegen. Wir dürfen keine Konzerte machen und uns nicht besuchen: Am anderen Ende der Welt sterben die Leute wie die Fliegen. Das ist also eine sehr zwiespältige Sache; und vielleicht besinnt man sich so auch auf die Werte von Konzerten, wenn man merkt, wie sehr die einem fehlen. Und vielleicht besinnt man sich auch dazu, dass man sich mal wieder mit einem Album vor die Stereoanlage setzt, und Musik nicht nur schnell über YouTube oder das Mobiltelefon anhört, sondern sich sogar mal das Cover durchliest, und eine Dreiviertelstunde die Band genießt.
Laut deiner Homepage bist du auch als Bandcoach tätig. Wie kann man sich das vorstellen: Sind das eher Wochenend-Seminare, oder begleitest du eine Band länger?
Herman Frank: Das hab ich jetzt lang nicht mehr gemacht. Früher war ich, bevor ich als Produzent mit einer Band ins Studio gegangen bin, mal ein oder zwei Wochen bei denen, um da durchzuforsten. Daraus entstand die Idee, dass bei vielen Bands ein paar grundlegende Sachen geklärt werden sollten. Es hilft immer, wenn da mal ein unbedarftes Ohr drüberhört, was die eigentlich machen. Wenn man im Eifer des Gefechts im Proberaum steht vergisst man schon mal, worauf es überhaupt ankommt. Es geht also in Richtung Vorproduktion, und da tun sich unendliche Gebiete auf: Such doch mal nach 'nem richtigen Refrain, lass die Finger vom Hall-Gerät weg (lacht), wechsel doch mal die Saiten auf der Gitarre, lass sie doch erst mal bundrein einstellen; von ganzen simplen Sachen bis zu: Warum spielst du als Bassist jetzt eigentlich nicht mit dem Schlagzeuger zusammen? Stell dich doch mal auf die Seite wo er seine Hi-Hat spielt, dann hörst du ihn auch besser. Kleine Tipps, aber da ich auch viele Newcomer produziert habe, kann ich mir schon vorstellen, was da für Fragen auftauchen.
Verfolgst du die Szene? Gibt es Newcomer, die dich in letzter Zeit begeistert haben?
Herman Frank: Im Moment hab ich viel zu viel damit zu tun, mit den ganzen "Profibands" nachzukommen, die mir Facebook immer schickt. Sobald irgendwas Neues kommt, guck ich natürlich rein, und das genügt mir im Moment vollauf. Es ist unmöglich alles zu verfolgen; und ich finde der erste Schritt für eine Newcomer-Band, um den Weg zum Erfolg erfolgreich zu gestalten, ist es, Leute zu kontaktieren, die einem weiterhelfen können. Da gibt es Bands die sich Leute suchen, die sie beraten, und andere machen das halt nicht: Die spielen dann ewig in ihrem Keller. Eigeninitiative ist immer der Weg zum Erfolg.
Ich hab mir hier noch drei Platten hingestellt, über die ich ein wenig mit dir reden möchte - wie der Stand der Dinge damals war, und wie du die Zeit ihrer Entstehung heute siehst.
Die erste davon wäre VICTORY - "Temples Of Gold" (1990), die auch das erste Album war, das ich mir gekauft habe, auf dem der Name HERMAN FRANK steht. Damals wart ihr nach den SCORPIONS und ACCEPT wohl die dritte deutsche Hard Rock- und Metal-Band, die in Amerika den Fuß in der Tür hatte. Würdest du sagen, dass ihr mit dem Untergang des Hair Metal und den Aufstieg des Grunge mit in den Strudel geraten seid?
Herman Frank: Der Grunge hat uns allen das Genick gebrochen! (lacht) Nein, da gab es noch geschäftliche Gründe: Unser Plattenvertrag wurde nach Amerika verkauft, und da ging dann Schublade auf, Schublade zu, was man so munkelt. Ich weiß es nicht genau, aber vielleicht galt damals auch schon: America first, der amerikanische Markt schützt sich selber. (lacht) Wir haben hier genug eigene Bands, und zack: Tschüss. Ich weiß es nicht, aber daran ist die Band damals auch irgendwie zerbrochen, weil wir natürlich große Hoffnungen in diesen Vertrag gesetzt hatten. Wir waren in den USA neun oder zehn Wochen auf Tour, waren in den Billboard Charts und haben ordentliche Clubs gespielt, und wollten unsere Gitarren schon drüben lassen, als wir zum Wäsche wechseln für eine Woche nach Europa geflogen sind. Unser Management sagte uns, dass es uns als Support auf eine größere Tour buchen wolle, und dann passierte gar nichts mehr - als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Gut, dass wir die Gitarren mitgenommen haben. Auch bei unserer deutschen Plattenfirma, der Metronom, war man etwas ratlos.
Die zweite Platte wäre das Reunion-Album mit ACCEPT, "Blood Of The Nations" (2010). Was hattest du für Erwartungen für diese Reunion?
Herman Frank: Die größten, die man haben kann. Ich hab immer noch sehr viel Spaß an Musik, vor allem wenn was Neues rauskommt. Und die "Blood Of The Nations" ist eines der besten Alben, die ACCEPT je gemacht hat. Hammer Platte.
Nach deinem Ausstieg hast du sinngemäß gesagt, dass du nicht mehr die zweite Geige im Wolf-Hoffmann-Projekt spielen magst, was ja verständlich ist. ...
Herman Frank: Sagen wir mal: Die Erwartungen, die man anfangs so hatte, wurden nicht ganz erfüllt. Aber ich bin ein Mensch, der einfach in die Zukunft schaut, und auch etwas hinter sich lassen kann. Damit lebt es sich besser.
... Wie viel Einfluss kann denn jetzt der zweite Gitarrist bei HERMAN FRANK nehmen?
Herman Frank: Wesentlich mehr: Mike (Michael Pesin - VICTORY, MAGISTARIUM, THOMSEN) spielt auf meiner Platte auch ein paar Solos, so zwei oder drei. Außerdem coachet er mich, wenn ich meine spiele, und sagt: "Herman, das ist nicht dein Standard. Spiel es noch mal!" Das find ich schon ganz schön ok. (lacht) Aber es ist natürlich klar: Ich bin so fair und so offen, und schreib da drüber HERMAN FRANK, und hab nicht irgend 'nen Bandnamen gewählt, und mach es dann trotzdem alleine. Von daher wusste Mike schon, auf was er sich einlässt. Live muss er natürlich seinen Mann stehen, was er auch tut.
Die Songs schreibst in der Regel du, und die Texte stammen größtenteils von Rick.
Herman Frank: Genau, so haben wir uns das aufgeteilt. Ich schreibe die Songs in meinem Kämmerlein, und die Musik ist relativ fertig, wenn ich sie an die anderen rausschicke. Rick mit seinem Stimmvolumen und seiner Stimmgewalt bringt dann aber auf jeden Fall seine eigenen Ideen mit ein, das soll er auch, weil er in Vocals absolut versierter ist als ich. Ich geb ihm mit meinen Demo-Vocals ein paar Schlagwörter mit, die er zu verwenden versucht, außer die sind so fürchterlich, dass er sagt: "Das können wir nicht machen, lass mich mal machen!" (lacht) Es ist auch besser, wenn der Sänger seine Texte selber schreibt, denn er muss sie schließlich mit Power und Melodie versehen. Wenn ich ihm Worte gebe, die er nicht mal buchstabieren kann, wird das nichts, also sucht er Worte, die sich gut singen lassen, und die gut klingen, mit dem Druck den er da draufmacht.
Wenn jetzt Mülli oder Mike mit einem Song-Vorschlag kommen würde?
Herman Frank: Dann hör ich mir das an, und wenn es gut ist, kommt es auf die Platte. Warum nicht? Spätestens dann, wenn mir nichts mehr einfällt, aber bisher ist mir immer noch was eingefallen. (lacht) Es ist aus einem Solo-Projekt entstanden, und wenn ein Koch einen bestimmten Stil hat, ist es für andere schwierig, die richtige Mischung an Gewürzen zu finden. Es müsste dann schon wirklich passen.
Peter Baltes ist inzwischen auch bei ACCEPT raus, und macht wieder mit Udo Dirkschneider Musik, der ja auch Label-Kollege von dir ist. Wenn der morgen bei dir anrufen und fragen würde: "Hast du auch Bock bei DIRKSCHNEIDER & THE OLD GANG mitzumachen?", was würdest du sagen?
Herman Frank: Wo ist mein Flugticket? Schick mir ein Bahnticket, ich fahr los! Ich hab immer Bock, Musik zu machen, und ich finde das Projekt wirklich toll. Ich hab mir im Stillen schon gedacht, das könnte 'ne Sache sein, und es hat sich bewahrheitet. Die Leute sind alle älter und weiser geworden, etwas gesetzter und ruhiger, und die Egos sind vielleicht nicht mehr ganz so kantig, wie sie mal waren. Alle sind jetzt über 60, da kann man ganz gut miteinander kegeln.
Und es scheinen auch alle ihren Spaß daran zu haben.
Herman Frank: So wie es aussieht ja. Machen tolle Sachen.
Jetzt erscheint demnächst erst einmal eine EP mit drei Songs - könntest du dir vorstellen, dass da auch ein komplettes Album folgt?
Herman Frank: Das weiß ich nicht, aber ich finde diese Salami-Taktik etwas seltsam. Jeder bringt erst mal einen Song raus um zu testen, ob das Ding auch ankommt. "Show your guts", würde der Ami sagen: Man muss schon den Mumm haben, da einfach mal mit 'nem Album rüberzukommen. Früher war es auch so: Zeigt her eure Füßchen. Aber jeder so wie er denkt.
Das letzte Album, das ich mir hier hingestellt habe, ist ein etwas merkwürdiges: Diese PÄNZER-Geschichte ("Send Them All To Hell", 2014).
Herman Frank: Wow, super!
Das find ich ein bisschen arg sperrig, was wohl vor allem an Schmiers (Bass, DESTRUCTION) Gesang liegt.
Herman Frank: Ich würde sagen das ist Geschmackssache, das Album hat sich richtig gut verkauft. Also es gefiel ganz vielen Leuten ganz gut! (lacht)
Wer ist denn auf die Idee zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Herman Frank: Das war so 'ne Idee von - eigentlich Stefan (Schwarzmann), dem Drummer. Er wohnt in Basel, Schmier wohnt bei Lörrach, und dann haben sie sich getroffen, und dann waren sie wahrscheinlich nach fünf Bier am Ende bei der Idee angekommen: Oh, wir könnten ein Projekt machen - wir brauchen bloß noch jemanden, der uns die Stücke schreibt. (lacht) Da fiel ihnen nichts Besseres ein, als bei mir anzurufen, dufte! (lacht) Nachdem ich ein verrückter Kerl bin, und Master of Desaster, hab ich gesagt: "Natürlich mach ich das, mal schauen was draus wird", und eigentlich bin ich ziemlich stolz auf das Album, denn es war ein Versuch, zwischen ACCEPT, DESTRUCTION und allen anderen Musikrichtungen irgendwas zu finden, was man zusammen machen kann. Es war für jeden eine positive Verrenkung, und mir hat's Spaß gemacht.
Wieso bist du dann so schnell da raus?
Herman Frank: Wenn du eine neue Liebe findest, kann es gut gehen, oder es kann nicht gut gehen. Glaube nicht, dass es bei Musikern anders ist als in partnerschaftlichen Beziehungen. (lacht)
Eine Frage hab ich noch: Du kommst ursprünglich gar nicht aus Hannover, sondern aus Erlangen. Wie bist du in Niedersachsen gelandet?
Herman Frank: Eigentlich eine kurze Story: Man folgt immer der Band. Ich bin von Erlangen nach Solingen zu ACCEPT, von Solingen nach Stuttgart zu SINNER, hab dann mal in Köln gewohnt ... In Stuttgart gab es damals eine berühmt-berüchigte Kneipe namens Schluckspecht, und da verkehrte auch Tommy Newton von VICTORY, der in Ludwigsburg geboren wurde. Der sprach mich irgendwann an, dass sie einen zweiten Gitarristen suchen würden, und zack war ich in Hannover.
Hast du mit Tommy noch Kontakt?
Herman Frank: Weniger - er ist mit seinem Studio jetzt wieder umgezogen, von Celle irgendwo anders hin, aber wir haben uns ein bisschen aus den Augen verloren - keine Ahnung warum. Wenn er dein Interview mitkriegt, soll er sich melden!
Herman, vielen Dank für das Interview! Du hast das letzte Wort an unsere Leser: Was möchtest du noch loswerden?
Herman Frank: "Two For A Lie" ist im Moment das Beste, was ich gemacht habe. Ich hoffe, ihr seht das auch so (lacht), und ich würde mich freuen, wenn ihr euch einfach mal 45 Minuten Zeit nehmt und die Platte in einem Stück durchhört, vor einer richtigen Stereoanlage. Das lohnt sich!