Leaves' Eyes - King Of Kings | |
---|---|
Review von Zephir vom 18.10.2015 (11895 mal gelesen) | |
Gewiss ist er keine ganz neue Entdeckung, der symphonische Female Fronted Metal garniert mit Orchester, Opernchor und hier und da böse growlenden Nordmännern. Ab Mitte der 1990er Jahre schlugen Bands wie NIGHTWISH den neuen Pfad ein; um die Jahrtausendwende folgten Formationen wie EPICA oder ELIS, und der Hype war kaum zu bremsen - zumal sich in zunehmendem Maße sowohl optische als auch akustische Gothic-Elemente untermischten, die für ein breites Publikum sorgten. Dass es sich bei alledem um durchaus keine kurzlebige Mode handelte, sondern sich ein (bis dato) recht beständiges Genre formierte, beweisen z. B. der Kurswechsel der ehemaligen Gothic-Combo XANDRIA, die ab 2010 auf den "Wishmaster"-inspirierten Symphonic Metal umstieg und damit viel Beachtung fand. Unter den zahlreichen, mittlerweile teils wieder aufgelösten Bands nehmen LEAVES' EYES eine erstaunliche Sonderposition ein. Die seit 2004 aktive Gruppe, die buchstäblich aus ATROCITY und der norwegischen Frontfrau Liv Kristine besteht, widmet sich seit dem Debüt "Lovelorn" (2004) dem Heimatland der Sängerin, seiner Landschaft, seinen Geschichten und Mythen und natürlich vor allem der nach wie vor populären Wikinger-Thematik. Auch das sechste und neueste Release reiht sich hier ein: "King Of Kings" entführt uns ins Norwegen des 10. Jahrhunderts, zu König Harald I. Produziert wurde "King Of Kings" selbstverständlich von Alexander Krull, Ehemann der Frontfrau, welcher der Metal-Oper nicht nur einen monumentalen Soundtrack-Schliff verpasst hat, sondern wie üblich auch fleißig selbst ins Mikro grunzt. "King Of Kings" bietet genau das, was der Fan von LEAVES' EYES erwartet: Sauber produzierten Symphonic Metal mit diesmal stark vertretenem Einsatz von keltisch-folkloristischem Instrumentarium, mit Chorgesang der London Voices (sicher kein billiges Vergnügen - man kennt sie aus den Film-Soundtracks von "Der Herr der Ringe" oder "Harry Potter") und der gloriosen Beteiligung des White Russian Symphony Orchestras unter der Leitung von Victor Smolski. Dass "King Of Kings" damit eher einer in den vergangenen zwei Jahrzehnten gewachsenen Linie folgt, als dass es durch Innovation überrascht, tut dem Ganzen keinen Abbruch. Aus den Boxen schallt Opera-Bombast vom Feinsten; die holde Liv Kristine hat ihrem zarten Stimmchen insgesamt etwas mehr Stärke abgerungen, um mit dem schweren Arrangement der Tracks mitzuhalten. Opener 'Sweven' erzählt mit Meeresrauschen, Violine und schamanischen Drums von den Visionen eines mächtigen Königs, die die Geburt Haralds heraufbeschwört. 'King Of Kings' schildert, wie der erst Zehnjährige, den man für einen Nachkommen Odins hält, den Thron besteigt. Der "Hail the fairest of Norsemen"-singende Chor berauscht die Hörerschaft, wenngleich Frontlady Liv Kristine in diesem Track ärgerlicherweise den Heulbojen-Modus einschaltet, was den Titelsong dezent nervig werden lässt. Der dritte Track, der zunächst mit beschwörenden Tribal-Vocals beginnt und dann in expressiven, NIGHTWISH-inspirierten Opera Metal mündet, ist nach Haralds Vater benannt, Halvdan der Schwarze, Sohn Odins. In der Vertonung seines Todes kann man sich der Gänsehaut nicht erwehren. Was dann folgt, ist die absolute Ohrwurm-Gothic-Metal-Ballade 'The Waking Eye', die sich sofort in den Gehörgängen festsetzt und einfach nicht mehr herauskommen will. Innovation? Null. Einschlägiger Erfolg? Zweihundert Prozent! "Behold tomorrow / Seer's shadow / Brothers follow / The waking eye" - wieder und wieder muss man 'The Waking Eye' hören, einen Song, der klingt wie schon hundertfach bekannt und genau deswegen unwiderstehlich ist. 'Feast Of The Year' ist ein kurzes Instrumental-Intermezzo mit Dudelsack und Co., 'Vengeance Venom' schließt mit musikalisch-mythologisch paganem Einschlag als Trinklied zu Ehren Thors und seiner Gattin Sif an. In 'Sacred Vow' hält Harald unter gefälligen Doublebass-Blasts um Prinzessin Gydas Hand an, die auch seine Gattin zu werden verspricht, sobald Harald die alleinige, bärtige und langhaarige Herrschaft über Norwegen innehat. 'Edge Of Steel' ist ein rauer Krieger-Track, dessen Kampfgesangs-Groove man sich nicht entziehen kann. 'Haraldskvædi', Dialog zwischen einer Walküre und einer Krähe, ist wiederum archaisch mit viel akustischem Arrangement. Die Vorbilder dieses Songs könnte man bei ELUVEITIES "The Arcane Dominion" vermuten, gleichwohl gehen LEAVES' EYES viel gefälliger und Soundtrack-geglätteter zu Werke. Mit reichlich Krawumms trifft uns anschließend 'Blazing Waters', berichtend von der Schlacht am Hafrsfjord, die um das Jahr 872 stattgefunden haben soll. Auch hier werden die weiblichen Vocals leider wieder etwas dünn, aber Krulls machtvolles Gegrunze, die London Voices und ein arschtretendes Gitarrensolo reißen das raus. Zum krönenden Abschluss gibt es mit 'Swords In Rock' eine Art Celtic-Folk-Metal mit Wolfsgeheul, und nur ungern lässt man "King Of Kings" zu Ende gehen, um das Album gleich noch einmal zu hören. Wie so oft in dem Genre werden auch auf dem vorliegenden neuen Album von LEAVES' EYES archetypische Motive ausgebuddelt, die sich aber einfach nicht abnutzen und auch nach wiederholtem Hören immer wieder reinhauen. So oft wir auch in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren derlei Mucke freiwillig oder unfreiwillig konsumiert haben mögen, so radiotauglich die Sparte auch geworden sein mag: LEAVES' EYES können es einfach. Das Fazit lautet daher: Minimale Innovation mit maximalem Erfolg. Wenn die blonde Sängerin sich nun auf der Bühne noch das schwarze Gothic-Minikleidchen verkneifen kann, in dem sie für die Promo-Fotos posiert, steht der epischen Größe des Werkes absolut nichts im Wege. Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Sweven 02. King Of Kings 03. Halvdan The Black 04. The Waking Eye 05. Feast Of The Year 06. Vengeance Venom 07. Sacred Vow 08. Edge Of Steel 09. Haraldskvæði 10. Blazing Waters 11. Swords In Rock | Band Website: www.leaveseyes.de Medium: CD Spieldauer: 43:08 Minuten VÖ: 11.09.2015 |
Alle Artikel