Manowar - The Lord Of Steel - Hammer Edition | |
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Review von Elvis vom 22.06.2012 (14102 mal gelesen) | |
Ein anständiges MANOWAR-Review sollte sich getreu Basskoryphäe Joey DeMaio nicht gleich auf's Wesentliche stürzen – daher soll’s auch hier eine kleine Ansprache zur Einstimmung geben. Wer einfach nur wissen möchte, was von "The Lord Of Steel" zu halten ist, darf daher getrost erst ab dem dritten Absatz weiterlesen. MANOWAR haben seit dem fast unaufhaltsamen Durchbruch in den metallischen Mainstream zahlreiche kontroverse Entscheidungen getroffen, sowohl musikalisch als auch geschäftlich. Ein ums andere mal war da der böse Vorwurf des Ausverkaufs an eine Band gemacht worden, die sich wie kaum eine zweite in der Metalszene auf die wehenden Banner geschrieben hat, genau das um jeden Preis vermeiden zu wollen. Und auch wenn mancher Fan und Kritiker dies anders sehen mag: allen Unkenrufen zum Trotz haben Joey DeMaio und Co. genau das wirklich nicht getan. Auch der kampfheterosexuellste Bassist der Welt mag natürlich gerne den ein oder anderen Dollar auf dem Konto sehen, insbesondere dann, wenn er wie Joey auch verdammt viel in sein Baby, und das ist und bleibt nun mal MANOWAR, investiert und dabei verdammt viel finanziell riskiert - nicht nur die gewohnte dicke Lippe. Und unabhängig davon, dass MANOWAR mir persönlich mit dem berühmt-berüchtigten Earthshaker 2005 und den ersten beiden Magic Circle Festivals drei der besten Festivals überhaupt beschert haben: Wenn die Band im Fahrwasser des großen Erfolges von "Warriors Of The World" vor zehn Jahren einen echten Ausverkauf hingelegt hätte, würde sie wohl mittlerweile in Stadien spielen und wäre vielleicht auch schon mal in die kommerzielle Insolvenz gegangen und hätten vielleicht "Rock am Ring" gespielt. Stattdessen gab es neben insgesamt sieben DVDs mit "Gods Of War" ein höchst umstrittenes Album und mit der EP "Thunder In The Sky" einen Schritt zurück zu vergangenen Tugenden. Scott Columbus, dessen Verbleib in der Band jahrelang unklar war, starb unter mysteriösen Umständen, wobei manche böse Zunge gar von Suizid sprach. Dafür kam Ur-Drummer Donnie Hamzik zurück in die Band und hinter die Drums Of Steel. Mit diesem neuen/alten Line-Up und der EP im Rücken sollte die mit Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein geplante "Asgard-Saga" das Licht der Welt erblicken und mit einem neuen Album namens "Hammer Of The Gods" vertont werden. Hauptfigur sollte dabei sinnigerweise Thor sein. Zwischengeschoben wurde flugs auch noch das Debütalbum "Battle Hymns" in einem zeitgemäßen Soundgewand neu aufgenommen, bevor es weitergehen sollte mit den Arbeiten am lang erwarteten neuen Album. Doch dann kam alles anders. Mittlerweile ist die "Asgard-Saga" nämlich vermutlich Geschichte, da Joey 2011 urplötzlich verlautbaren ließ, dass man alles für "Hammer Of The Gods" geschriebene Material samt und sonders in die Tonne gekloppt habe, um stattdessen - auch und gerade durch Mr. Hamzik revitalisiert - komplett neu mit dem Songwriting für ein neues Album anzufangen. Und neben all dieser Verwirrung fing die altbekannte MANOWAR-Geheimniskrämerei an, garniert von ein paar gelegentlichen Info-Häppchen aus dem Studio. Fast schon unerwartet liegt das neue Album jetzt vor, heißt standesgemäß "The Lord Of Steel" und ist seit Mitte Juni erhältlich - und zwar vorerst (fast) nur digital. Ein ebenso gewagter wie vielleicht sogar zeitgemäßer Schritt, den die Kings Of Metal hier gehen. Im regulären Handel ist das Album erst ab September zu haben, eine physische Vorab-Veröffentlichung erfolgt nur im Rahmen einer Sonder-Version des britischen "Metal Hammer". Nach all der Kritik an "Gods Of War" mit seinen ellenlangen Sprechparts, hörspielartigen Teilen und dem exzessiven Einsatz eines oftmals zumindest künstlich anmutenden Synthieorchesters, ist die Spannung für alle, ob sie die Band nun hassen oder nicht, doch enorm. Können MANOWAR das Ruder ihres True Metal-Schlachtschiffs nochmal rumreißen oder schleudern die vier New Yorker endgültig in den Abgrund einer bemerkenswerten Karriere? Kann die trueste Band der Metalwelt noch überraschen oder hat Joey DeMaio seine bekannt große Klappe doch endgültig zu voll genommen? Tja, und ob man es nun glauben mag oder nicht: MANOWAR können in der Tat nach einer minimalen Eingewöhnungsphase tatsächlich überraschen, hauen auf den Putz, schlagen teils ungewöhnte Töne an und legen mit "The Lord Of Steel" ein ebenso unerwartetes wie tolles Album hin. Der Opener und Titeltrack 'The Lord Of Steel' geht gleich als relativ typischer Brecher, ein wenig an 'The Dawn Of Battle' erinnernd, nach vorn. Beim ersten Hören fand ich den Song ordentlich, aber nicht überragend, muss jedoch sagen, dass er mit zunehmender Dauer doch erheblich gewinnt. Schon hier fällt gleich die insgesamt andere Produktion auf, die MANOWAR für das neue Album gewählt haben. Der Klang ist insgesamt deutlich verzerrter, insbesondere Joeys Bass, und alles ist in Anlehnung auch an das seit 1998 live schon Übliche, eine Nummer tiefer gestimmt. Track 2 hört auf den ebenso schönen wie plumpen Titel 'Manowarriors' und ist - wer hätte es auch anders erwartet - natürlich eine auf Liveauftritte geschriebene Fanhymne. Auch dieser Song konnte mich beim ersten Hören nicht so überzeugen, was eventuell auch an der gedanklichen Verbindung zu 'Metal Warriors' liegen könnte. Allerdings kommt das (nicht nur hier) ziemlich riffige Bassspiel bei entsprechender Lautstärke und insbesondere im Auto doch sehr cool daher und der Song wächst so ziemlich heran. Live sollte es dabei sowieso ganz anders aussehen, denn wenn die leicht punkigen Shouts im Refrain aus tausenden Kehlen ertönen, sieht die Sache sicherlich nochmals ganz anders aus. Mit 'Born In A Grave' folgt für meine Begriffe das erste richtige Highlight. Ob man nun MANOWAR mit einer offenbaren Vampir-Thematik in Verbindung bringen würde oder nicht, sei einmal dahingestellt, aber der Song ist schön atmosphärisch, was nicht zuletzt wieder einmal an Eric Adams liegt. Der Ausnahmesänger kann hier wunderbar zwischen bedrohlichem Flüstern, bösem Lachen und seinem ohnehin immer noch exzellenten Gesang wechseln und macht einen Großteil des Charmes aus - aber war das bei MANOWAR je anders? Stichwort "tiefer" an dieser Stelle und zu "The Lord Of Steel" allgemein: Ja, Mr. Adams singt bis auf ungefähr zwei kurze Scream-Parts in der Tat nahezu durchgehend tiefer - das ist jedoch einerseits keine neue Entwicklung, klingt zudem wunderbar, da er sich dort bestens zurechtfindet und ob es nun dem Alter eines deutlich über 50jährigen geschuldet ist oder nicht: im Rahmen des Songwritings fällt das hier nie negativ auf. Im folgenden 'Righteous Glory' gibt es die einzige Ballade des Albums, die dafür sehr hochwertig ist und vom ebenfalls brillanten Gesang lebt. Hier handelt es sich um den einzigen Song, bei dem Gottvater Odin noch aus der Versenkung geholt wird, was meines Erachtens auch keine schlechte Entscheidung ist, da das Thema Mythologie vielleicht auch langsam doch mal überstrapaziert ist. Einerseits haben MANOWAR es nicht nötig, so auf der Nordland-Schiene zu fahren und sind doch offenbar in normaleren Gewässern viel besser unterwegs, andererseits hätten ja AMON AMARTH sonst am Ende gar kein Thema mehr. Also, gönnen wir dem einäugigen Oberhelden doch ruhig mal die Auszeit in Walhalla! 'Touch The Sky' ist nun zur Halbzeit die erste richtig melodische Hymne und ein echter Ohrwurm - sicherlich einer der besten Songs des Albums. Deutlich in Richtung von Heavy Rock gehend, steht das MANOWAR songtechnisch jedoch sehr gut zu Gesicht. Mit 'Black List' kommt eine echte Überraschung daher, denn nach gut zwei Minuten doomig, fast Stoner-Rock-artigen Klängen, schleppt sich der Song ganz ungewohnt, aber doch cool daher. Insgesamt ziemlich ordentlich, aber sicher nicht mein Favorit im Gesamtwerk. 'Expendable' lehnt sich sicherlich nicht ganz zufällig ein wenig an Sylvester Stallones jetzt schon in die zweite Runde gehenden Actionkracher "Expendables" an, ist jedoch kein Soundtrack-Beitrag (bislang jedenfalls). Dafür haben wir es mit einem straight-aggressiven Rocker zu tun, der gleich gefällt und immer besser wird, klar einer meiner Favoriten auf "The Lord Of Steel". 'El Gringo' ist dafür wirklich der erste Soundtrack-Track, den MANOWAR in ihrer Karriere verbuchen können. Hierbei sollte man sich nicht an der Western-Thematik (man erinnere sich an 'Spirit Horse Of The Cherokee' oder 'Outlaw') stören, ebenso ist hier der sonst fast kaum mehr merkbare Keyboard-Einsatz nicht störend, sondern insgesamt wohldosiert eingesetzt. Der Song ist vielleicht klanglich etwas ungewohnt, aber warum sollten MANOWAR nicht auch mal neue Wege gehen? 'Annihilation' rockt nach einem coolen Kanalwechseleffekt wieder sehr schön und aggressiv drauf los und macht auch nach zahlreichen Durchläufen immer noch Spaß. Als letzten Song gibt es den Beweis, dass Joey DeMaio mittlerweile wohl wirklich mit einem Wortbaukasten Texte schreiben könnte. 'Hail, Kill And Die' lässt vielleicht vom Titel her Größeres erwarten, als die z.B. schon von 'Blood Of The Kings' bekannte Aneinanderreihung von MANOWAR-Songtiteln und Textfragmenten. Nach der ersten Enttäuschung - hier hätte ich doch eher einen Klassiker im Stile vom namensverwandten 'Hail And Kill' erhofft - macht sich der Song mit zunehmender Dauer gerade bei hohen Lautstärken doch sehr. Was ist nun also von "The Lord Of Steel" zu halten? Joey DeMaio spielt viel melodischer und variabler als auf den letzten Alben und EPs, Eric Adams singt tiefer, aber weiterhin göttlich und Karl Logan spielt weiter auf seine gewohnte technische Weise mit Anleihen an Blues Rock. Donnie Hamzik ist eine absolute Bereicherung, denn sein Drumming ist variabler und einfallsreicher als das, was lange Jahre bei MANOWAR üblich war. Die Produktion gibt ihm dabei Druck und im Rahmen der technischen Möglichkeiten dennoch ein gewisses Vintage-Feeling beim Spiel. Insgesamt wirkt "The Lord Of Steel" viel roher und weit weniger poliert als alles, was die Kings Of Metal seit den späten Neunzigern veröffentlicht haben, fast schon ein wenig hingerotzt. Das führt zwar dazu, dass manche Songs vielleicht mehr Feinschliff hätten bekommen können und nicht noch mit mehr Wiederholungen einfach nur ausfaden. Im Gegenzug ist es vielleicht aber auch nur ungewohnt, dass MANOWAR nicht auf die fast schon vorhersehbare, durchkonstruierte Weise der letzten Jahre Songs schreiben. Man hat wieder viel mehr das Gefühl, dass eine Band gemeinsam agiert und dieser rohe Touch tut der Band insgesamt gut. Die Produktion mag auf manche seltsam oder nahezu falsch wirken, ist jedoch offenbar gewollt und macht spätestens bei entsprechender Lautstärke für meine Begriffe absolut Sinn. Im Gesamtkontext ist "The Lord Of Steel" natürlich kein zweites "Kings Of Metal", aber auch nicht so polarisierend wie "Gods Of War". Allerdings ist es ein wirklich gutes Album geworden, in einer Schnittmenge aus vor allem "Louder Than Hell", "Warriors Of The World" und ein bisschen "The Triumph Of Steel". Hasser werden sicherlich auch durch dieses Album keine Fans werden, aber die bisherigen Fans werden mit "The Lord Of Steel" deutlich versöhnter werden als mit den letzten Outputs. MANOWAR sind noch nicht tot, auf dem richtigen Weg und offenbar doch noch nicht abzuschreiben - und ich bin sicher, dass da noch viel mehr drin ist. Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. The Lord Of Steel 02. Manowarriors 03. Born In A Grave 04. Righteous Glory 05. Touch The Sky 06. Black List 07. Expendable 08. El Gringo 09. Annihilation 10. Hail Kill And Die | Band Website: www.manowar.com Medium: Digital Spieldauer: 47:40 Minuten VÖ: 16.06.2012 |
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