Livebericht Death Angel (mit Perzonal War und Evil Invaders) |
---|
Ein Livebericht von Opa Steve aus Siegburg (Kubana Live Club) - 19.06.2019 (25061 mal gelesen) |
DEATH ANGEL bleiben ihrem Drei-Jahresrhythmus treu. Nachdem "Humanicide" 2019 erschienen ist, stand glücklicherweise auch eine Clubtour an, die die Band auch in das feine "Kubana" nach Siegburg führt. Bei dem großen Namen DEATH ANGEL ist es eher ungewöhnlich und man hätte die Band eher in etwas größeren Venues erwartet. Aber wie wir an diesem Abend noch erleben werden, ist so ein proppenvoller Club einfach die perfekte Kulisse für die Energiebolzen aus Frisco. Also gespannt ins Auto, vorher noch lecker Taco essen und ein Kölsch schlabbern, und dann ab in den metallischen Wellness-Bereich ins Basement. Quasi als Vorspeise dieses Abends fungieren PERZONAL WAR. Der Vierer ist bereits seit mehr als 20 Jahren bandtechnisch unterwegs und steht für US-Thrash, bei dem Elemente im Stile von MEGADETH und METALLICA verwendet werden und sich mit klassischem Metal mischen. Die Troisdorfer Jungs präsentieren sich von Beginn an sehr spielfreudig und haben für die zu dem Zeitpunkt schon anwesenden knapp 200 Leute eine breitgefächterte Songauswahl aus ihrer bisherigen Schaffensphase dabei. So gibt es zum Beispiel das 2004er 'Devil In My Neck' als auch 'Incarnation' (2012) oder 'Speed Of Time' von 2015 um die Ohren. PERZONAL WAR kommen sehr sympathisch rüber, wobei Fronter Matthias bei melodischen Parts zwar nicht immer alle Töne perfekt trifft, dies aber durch seinen irgendwie Hetfield'schen Charme wieder wettmacht. Nur an seiner Publikumskommunikation sollte er noch ein bisschen feilen. Die ständigen Fragen wie "Habt ihr Spaß?" oder "Habt ihr uns vermisst?" sind natürlich ein bisschen unbeholfen. So bleibt man der nette Junge von nebenan, aber vielleicht ist das ja auch genau das Ziel. Insgesamt ein ordentlicher Auftritt, für den sich die Band am Schluss einen verdienten Applaus abholt. Als Zwischenmahlzeit entern nach einer kurzen Umbaupause die Belgier EVIL INVADERS die kleine Bühne des Kubana. Und ab da geht nach einem Soundcheck mit einem hyperschnellen EXCITER-Cover die Post ab - denn der Vierer, der in einem original 80er-Jahre-Look inklusive Frisur, Patronengurte, Achselhaare aufläuft, ist voller Energie. Drummer Senne verdrischt seine Felle (und grinst dabei stets im Kreis) und Sänger und Gitarrist Joe (dessen Vocals leider viel zu leise sind) liefert eine crazy Show ab. Das überträgt sich natürlich auf die Zuschauer, sodass mit jeder der sehr oldschooligen Thrash-Nummern wie 'Feed Me Violence' oder 'Oblivion' der Moshpit vor der Bühne größer wird. Die Stimmung steigert sich von Minute zu Minute, Adrenalin tropft von der Decke, und EVIL INVADERS rocken mit ihrer aggressiven Show buchstäblich die Hütte. Es gibt zwei Walls Of Death und die Ansagen wie "Destroy this place!" verfehlen in diesem Sperrfeuer auch nicht ihre Wirkung. Der belgische Vierer schafft es, nicht nur uns, sondern bestimmt auch einen Großteil der Leute, die sie vorher nicht kannten, mehr als positiv zu überraschen. Leider geht der tolle Gig viel zu schnell vorbei, aber mit dem letzten Song schafft es immerhin noch ein Crowdsurfer über die Menge nach vorne zu kommen. Stilecht wird von Joe dann noch der imposante Mikroständer zerlegt und die Crowd ist angesichts dieses Blitzkriegs erschöpft, aber glücklich. Mit der richtigen Betriebstemperatur ist nun nach einer etwas längeren Umbauzeit und anschließender Pause die Bühne reif für das Power Package DEATH ANGEL. Die letzten Male haben wir die Band immer auf Festivals gesehen. Auf dem Metalfest zockten sie zum 25-Jährigen von "The Ultra-Violence" die ganze Scheibe runter und begeisterten mit ihrer Bewegungsfreude. Vom Dynamo Open Air habe ich sie etwas gebremster in Erinnerung. Doch heute der Gig im Kubana soll das bisherige Highlight in unseren Begegnungen mit DEATH ANGEL werden. Die Band agiert die ersten drei Songs zwar etwas vorsichtig und muss sich mit der relativ kleinen Bühne erst ein bisschen einspielen. Nicht so das Publikum. Dieses ist heute durch die EVIL INVADERS schon so richtig warmgemosht. Und so geht es auch direkt zur Sache. Clevererweise starten sie mit vertrautem Material von der "The Art Of Dying" und "Relentless Retribution". Mark Osegueda lässt sich sofort anstecken und post mit den ersten Reihen in ganz enger Tuchfühlung um die Wette. Bei 'Voracious Souls' nehmen dann auch seine Sidekicks Tempo auf und kommen energisch aus der Hüfte. Mark lässt sich zwischen den Songs immer wieder zu begeisterten Ansagen hinreißen. Schließlich war dies der erste Gig der Band im Kubana und sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukommen würde. Aber mit jedem Song nahm das Strahlen in den Gesichtern der Band zu, während das Publikum jede noch so kleine Pause zu lauten "Death Angel!!"-Chören nutzte. Die Band hat im Sommer einige Festivalgigs geplant und für die Clubdates extra die einstudierte Setlist um einige Songs aufgeblasen, um einen würdigen Headliner-Gig abzuliefern. Und sie kostet es richtig aus, dass die Fans so nah ausrasten und das Quintett abfeiern. "Thanks for your energy!" bedankt sich Mark mehrmals und schaut ungläubig in die geschätzten 350 Besucher, die den Club auf Saunatemperatur bringen, während draußen in Siegburg die Kaltfront ein Gewitter abregnen lässt. Bei 'Father Of Lies' vom "The Evil Divide"-Album erklimmen auch die ersten Fans vorwitzig die Absperrung, um sich zum Crowdsurfen in die Arme der Besucher fallen zu lassen. Auch als einige dann die Bühne betreten, bleibt die Band recht entspannt. Nur wenn sich die Fans mal zu lange dort aufhalten, kommt immer wieder ein imposanter 130-Kilo-Roady mit einer Seelenruhe nach vorn gewandert und sorgt mit einem lässigen Griff am Hosenbund für Ordnung. Die Fans von "Humanicide" müssen allerdings noch viel Geduld aufbringen, bis die neue Scheibe im Set berücksichtigt wird. Zuerst ist der Backkatalog dran, bei dem fast kein Album ausgelassen wird. Von der legendären Durchbruchscheibe "Act III" wird nur 'Seemingly Endless Time' gespielt, obwohl die CD ja tatsächlich voller Hits steckt. Aber überhaupt wird mir an dem Abend bewusst, dass DEATH ANGEL zwar nicht immer nur Top-Songs in ihrer Historie abgeliefert haben, aber aufgrund ihres jahrzehntelangen Bestehens einen immensen Fundus an unsterblichen Krachern zusammengeschrieben haben. Und davon machen sie ausgiebig Gebrauch. Aber auch die Live-Präsentation macht einen Großteil der Faszination an dieser Band aus. Während EVIL INVADERS durch ihre brachiale Darbietung und pure Räudigkeit die Energie rübergebracht haben, ist es bei DEATH ANGEL diese extreme Präzision. Ich habe selten eine Band gesehen, die auf der Bühne so eine Einheit abgibt. Ausnahmslos jedes Mitglied gibt alles, und man nimmt es den Jungs auch sofort ab, wenn sie in ihren Ansagen ihr Herzblut für den Metal und das Touren betonen. Im Gegensatz zu anderen großen Namen, die zwar mächtig die Klappe aufreißen, aber weder auf CD noch live kaum noch liefern und die Schuld immer nur woanders suchen, geben DEATH ANGEL auch nach 35 Jahren für jeden Menschen im kleinen Club Vollgas. Dabei klatschen sich die Bandmitglieder immer wieder mit der Faust gegenseitig ab, wodurch der geschätzt 80-minütige Gig irgendwie den Charakter eines absolut rundlaufenden Mannschaftssports bekommt. Wie sehr sich die Fans davon anstecken lassen, merkt man an dem immer oldschooligen Gehabe im Pit. Crowdsurfen kennt ja heute jeder - aber wann hat man zuletzt Stagediver gesehen? Ja, im Kubana gibt es sie wieder. Manche springen so gewagt von der Bühne, dass es fast die Lichttraversen an der niedrigen Decke mitreißt. Als dann ein Fan am Ende eines Songs immer noch auf der Bühne steht, fordert ihn Mark grinsend auf, ohne Musik zu diven. Was er dann auch schnell tut, da hinter ihm die Schritte des erwähnten Roadies bedrohlich näherkommen. Das neue Album "Humanicide" wird dann erst am Ende des Gigs aus der Versenkung geholt. Mit dem Titelsong, dem übergeilen 'I Came For Blood' und 'The Pack' ist es dann endlich Zeit für neues Material. Mark nimmt sich noch einmal Zeit, sich bei "Seigbörg" herzlich zu bedanken. "We can't fucking wait to come back!". Doch trotz der letzten Worte ist das Pulver noch nicht verschossen. Mit dem Intro von 'The Ultraviolence' (welches mich immer an den Anfang von POSSESSEDs "Seven Churches" und MAIDENS "Wasted Years" erinnert) werden die Fans erst ein paar Takte in die Irre geführt, bevor die Band in 'Kill As One' umschwenkt. Die Lightshow, die bisher die Bühne meistens in rotes Licht getaucht hat, fährt nochmal das volle Programm auf. Und auch das Publikum mobilisiert alle verbliebenen Reserven. Nach dem Gig nimmt sich die Band nochmal zehn Minuten Zeit, sich am Bühnenrand von den restlos begeisterten Fans zu verabschieden. Vor allem bei Bassist Damien ist das Grinsen schon fest ins Gesicht gemeißelt und er hält bis zum letzten Handschlag an der Absperrung aus. Den Dank hat sich die Band an diesem Abend mehr als verdient. Die Authentizität und die Energie kommen in solchen Clubs noch vielfach stärker rüber als auf den großen Festivalbühnen. Und wir freuen uns, dass sich die Band auch nach so langer Zeit immer noch begeistert in diese doch etwas kargere Art des Tourens stürzt. Und egal, mit wem wir uns am Abend noch unterhalten haben: Jeder sah dies genauso, dass dieser Abend ein denkwürdiger Abriss war, den man noch lange in Erinnerung behalten wird. |
Alle Artikel