Pünktlich zum Erscheinen des zweiten Teil von "Nektar" stand bzw. saß uns Gitarrist, Mitsänger, Komponist, Texter und überhaupt Banddiktator Marcel von NOCTE OBDUCTA für ein Interview zur Verfügung. Lest von chaotischen Auftritten, obskuren Nazivorwürfen und Stammkneipen.
Warum wurde "Nektar" zweigeteilt?
Marcel: In erster Linie, weil wir so viel Material hatten, dass wir uns vor das Problem gestellt sahen, zwei Stunden auf eine CD bekommen zu müssen, was ja bekannter Maßen nicht so leicht ist. Am schönsten wäre natürlich eine Doppel-CD mit entsprechend leckerer Aufmachung gewesen, aber das ist für eine kleine Plattenfirma finanziell praktisch unmöglich...
Auf Nektar findet sich ziemlich viel Material, daß schon vor langer
Zeit komponiert wurde. Warum wurde das Zeuch nicht schon früher "verbraten"?
Marcel:
Nun, wir haben schlichtweg verdammt viel Material in der Schublade und waren weiterhin durch ständige Besetzungswechsel nicht allzu flexibel, und das jetzt präsentierte Material hat es ganz schön in sich. Es kommt dazu, dass wir mit "Schwarzmetall" und "Stille" zwei Scheiben gemacht haben, die sehr spontan und kurzentschlossen umgesetzt wurden, was natürlich das ältere Material immer weiter aufgeschoben hat. Tatsächlich hätten Teile von "Nektar 1" schon auf dem Debüt landen sollen, aber irgendwie haben mir die Songs dann einfach nicht in das Konzept des jeweiligen Albums gepasst, so dass sie warten mussten, bis wir sie 2004 endlich aufnahmen.
A propos komponieren: Du bist ja nahezu alleine für Texte und Musik
zuständig, sind die andern da gar nicht involviert? Was kommt zuerst,
Text oder Musik?
Marcel:
Mittlerweile sind die Jungs am Arrangement wesentlich stärker beteiligt, und ich denke, auch am Songwriting werde ich in Zukunft mehr zulassen. Bei den Texten sieht es allerdings anders aus, da werde ich das Monopol behalten. Das heißt aber nicht, dass die Texte wichtiger wären, ebensowenig heißt es, dass die Texte als Vorlage für die Musik fungieren. Das ganze kann auch andersrum laufen oder aber Hand in Hand gehen.
Bei der Besetzung hat sich ja einiges verändert, unter anderm verließ
Steffen:emanon (Richtig geschrieben?) die Band wegen
terminüberschneidungen mit seiner Death Metal-Band MISANTHROPIC und
wurde ja durch den bereits früher gelegentlich als Gast vertretenen
Flange ersetzt. Warum verließen Thomas und Martin NOCTE? Wer sind die
beiden neuen?
Marcel:
Thomas und Martin konnten beide nicht die nötige Energie aufbringen, die eine Band ganz einfach fordert, und da das uns allen klar war (also auch ihnen), haben sie sich entschlossen, die Band zu verlassen.
Bei den beiden Neulingen handelt es sich um Stefan an der Gitarre, manchem eventuell bekannt als Gitarrist von RONIN und WALD. Den Bass bedient Patrick, der bislang musikalisch noch nicht in Erscheinung getreten ist, er hat aber soeben sein erstes Demo mit dem Projekt MELKOR veröffentlicht.
Live tut sich je in letzter Zeit einiges bei euch, unter anderm sollt
ihr auf dem Summerbreeze spielen. Sind noch andere Festivalgigs geplant?
Marcel:
Die Gigs stehen auf unserer Page, und ich weiß immer nicht, was für die Leute "Festival" bedeutet. Was die überregional bekannten Dinger mit mittlerweile mehrjährigem Bestand angeht, ist das Summerbreeze das einzige, aber es wären da noch das "Ancient Spirit Festival" im Mai und das "Nightmare before Summer Festival" Im Juni. Und "Zwischenwelten 4"... ich weiß gar net, ob die auch das Wort Festival auf der Page stehen haben. Jajaja, immer so eine Sache mit der Nomenklatur, gell?
Wie war es eigentlich, nach so langer Zeit endlich wieder auf der Bühne
zu stehen?
Marcel:
Chaotisch, ich hatte irgendwie Scheiße mit meinem Amp gebaut, mir dann aber nicht die Ruhe genommen, das Ding ganz einfach durchzuchecken, weil ich die blödsinnige Idee hatte, weiterspielen zu müssen.
Generell war es aber eine gute Sache, auch wenn ich den klassisch schlechten Sound auf BM-Gigs in Verbindung mit großer Lautstärke und katastrophalen Zeitplänen alles andere als berauschend finde.
Was waren das für obskure Nazivorwürfe, die euch da gemacht wurden?
Marcel:
Das, was Du geschrieben hast. Obskure Nazi-Vorwürfe, die völlig aus der Luft gegriffen und uns völlig unbegreiflich waren. Wenn man in der sogenannten Szene nach Faschos sucht, kann man leider sicher sein, verdammt viele zu finden, aber dass man so eine Scheiße einer Band anhängt, die politisch nun wirklich auf der entgegengesetzten Seite steht, das war filmreif und bitter zugleich.
Diverse NOCTE-Mitglieder, unter anderm Du und Sänger Thorsten, haben ja
noch andere Bands und Projekte am Start. Wie sieht's da aus, was tut
sich da?
Marcel:
Torsten hat mit AGRYPNIE vor einiger Zeit sein Demo veröffentlicht. Es ist eine Split mit dem Projekt FATED und wird über den Umtrunk-Mailorder vertrieben.
Patrick hat wie schon erwähnt gerade sein Demo mit MELKOR fertig, bei Interesse meldet man sich am besten über unsere Page direkt bei ihm.
Stefan denkt daran, WALD als Projekt wieder aufleben zu lassen, und Matze ist ja noch an diesem kleinen Nebenprojekt AGATHODAIMON beteiligt.
Mit Flange, einer Sängerin, einem Basser und einem Schlagzeuger habe ich (mehr oder minder unter Flanges Leitung) vor, in einigen Wochen mit den Proben bei VATER CARUS anzufangen, das dürfte am ehesten als atmosphärische, experimentelle Rockmusik bezeichnet werden, wenn es mal so weit ist.
Mein eigens Projekt EXEKUTIONSROMANZE liegt trotz der massenweisen Aufnahmen und sehr weit fortgeschrittenen Arrangements weiterhin auf Eis, weil mir schlichtweg die Zeit fehlt. Ich hoffe, irgendwann wird sich das mal ändern, frag mich aber nicht nach einem Zeitraum.
Kann man auch mal mit Auftritten der Projekte rechnen?
Marcel:
Bei WALD bin ich absolut nicht im Bilde, bei VATER CARUS soll das schon irgendwann einmal der Fall sein, aber AGRYPNIE, MELKOR und EXEKUTIONSROMANZE sind allesamt ein-Mann-Unternehmen, auch wenn ich das im Falle von EXEKUTIONSROMANZE gerne auch mal mit einer Band probieren würde.
Matze trommelt ja auch bei AGATHODAIMON, gibt's da keine
Terminüberschneidungen? Was passiert, wenn's tatsächlich mal welche gibt?
Marcel:
Die Überschneidungen mit AGATHODAIMON sind eigentlich recht unproblematisch...
Was bringt die Zukunft?
Marcel:
Gute Frage, woher soll ich das wissen? Musikalisch wird es jedenfalls weiterhin unberechenbar zugehen und noch weitaus vielfältiger werden. Das schon oft angesprochene, komplexe Konzeptalbum werden wir wohl um eine Veröffentlichung verschieben, da wir aus verschiedenen internen, vor allem aber externen Gründen mit dem Gedanken spielen, als nächstes etwas flexibleres, freieres zu machen, wir werden sehen...
Zum Abschluß noch eine Frage, die nicht direkt mit der Band zu tun hat:
was sagt's Du zum Wirtswechsel in Deiner (ehemaligen?) Lieblingskneipe,
im Quartier Mayence?
Marcel:
Du meinst Wolfi anstatt der Dame, deren Namen ich vergessen habe? Hm, der Wechsel ist doch schon tausend Jahre her... tatsächlich ist das Quartier so, wie es mittlerweile ist, nicht mehr die Kneipe, die ich sozusagen lieben gelernt habe. Es ist alles heller geworden, die Musik ist lauter und schlechter, es läuft regelmäßig Fußball, das Publikum ist ein bissl... nun, hipper geworden. Aber wer weiß, vielleicht wäre diese Entwicklung so oder so gekommen, Wolfi und die Mannschaft sind trotz allem noch die Besatzung meiner Lieblingskneipe, ich glaube, da bin ich einfach treu, man liebt seine Stammkneipe.
Noch ein paar Worte zum Schluß an die Welt da draußen?
Marcel:
Nö. Ach doch, Danke, dass Du mir die inhaltlichen Fragen zu den Texten und das Sezieren der Musik erspart hast, ich habe so viele Interviews hier rumfliegen, da ist es mal sehr entspannend, das ganze eher locker anzugehen und ein bissl was vom Tiefgang rauszulassen.
Wir danken für das Interview!
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