Interview mit Brian von Alter Bridge

Ein Interview von Lestat vom 31.12.2013 (14768 mal gelesen)
ALTER BRIDGE sind derzeit auf Welttournee. Vor ihrem Konzert in Wiesbaden im November habe ich mich mit Brian Marshall getroffen und mit ihm über die Tour, das Bandjubiliäum und auch manch Privates gesprochen.

Hallo Brian! Ihr seid seit Mitte Oktober auf Tour. Wir war es bislang?

Brian: So weit war es toll. Wir haben in Großbritannien angefangen und dort sechs Shows gespielt. Wir haben davor für über ein Jahr nicht zusammen auf der Bühne gestanden und haben dann gleich in Arenen gespielt. Das hat einen ein bisschen durcheinander gewirbelt. Es hat uns aber viel Spaß gemacht. Wir waren halt ein wenig nervös. Wir hätten solche Besuchermengen vielleicht erst in der Mitte der Tour einbauen sollen, um ein wenig ein Gefühl für die Menschenmengen zu bekommen. Du bekommst auch ein besseres Gefühl dafür, wie die neuen Lieder durch die Fans aufgenommen werden, für den Flow im Set. Die großen Shows wären also in der Mitte der Tour besser gewesen, aber es war dennoch toll, wir hatten eine gute Zeit, positive Reaktionen, jeder findet die CD gut, wir hatten einfach eine tolle Zeit!

Du hast es ja gerade selber gesagt: Ihr seid über ein Jahr nicht zusammen auf der Bühne gestanden. Ihr habt ja neben ALTER BRIGDE noch diverse andere Projekte, und ein Großteil von euch arbeitet noch bei CREED. Läuft das alles reibungslos oder gibt es da Probleme?

Brian: Das ist definitiv nicht einfach. Und das funktioniert in keinster Weise automatisch. Man muss viel planen. Myles (Kennedy, Anm. d. Red.) tourt mit SLASH, Mark (Tremonti, Anm. d. Red.) hat sein Soloalbum produziert, Flip (Scott Phillips, Anm. d. Red.) war in das Projekt PROJECTED involviert, ich wurde Vater ...

Glückwunsch!

Brian: ... danke! Glücklicherweise wohnen wir alle, bis auf Myles, in Orlando. Wir haben also drei Termine ausgemacht, an denen Myles in insgesamt 8 Wochen zu uns kam. Wir konnten einige Zeit zusammen verbringen und uns auf "Fortress" konzentrieren. Es ist alles eine Sache der Planung, alle Bandmitglieder zur gleichen Zeit an den gleichen Ort zu bekommen.

Und wie war der Songwritingprozess? Lief alles glatt oder hattet ihr Probleme?

Brian: Nun ja, wir hatten Ideen, die wir probiert haben, aber die es nicht aufs Album geschafft haben. Wir hatten auch mit einigen Liedern einige Tage zu kämpfen. Dann ist es einfach das Beste, wenn man den Song beiseite schiebt und einige Tage ruhen lässt. Mit frischem Geist und erholten Ohren kann man dann besser weiterschreiben. Manchmal muss man eben an verschiedenen Teilen verschiedener Lieder arbeiten. Alles in allem denke ich aber, dass die Aufnahmen sehr glatt gelaufen sind. Es gab auch einiges an Material, das Mark und Myles über die Monate geschrieben hatten. Wir haben uns das an Marks Computer angehört, geschaut, was gut zusammenpasst und alles ausprobiert. Das hat Spaß gemacht und war auch ein bisschen eine Herausforderung. Es war einfach ein Prozess.

Im Januar werdet ihr eine "10th Anniversary" Jubiläumsbox auf den Markt bringen. Dazu zwei Fragen: Was wird da drin sein? Und: Beschreib bitte die Entwicklung von ALTER BRIDGE in den letzten zehn Jahren!

Brian: In der Jubiläumsbox werden einige bislang unveröffentlichte Aufnahmen und Live-Bootlegs sein, ein bisschen Backstage-Dokumentation, Filmmaterial von dieser Tour, alles Livematerial, alle CDs, ein recht großes Buch über all die Texte und Bilder. Es ist so eine Art Sammlung von allem der letzten zehn Jahre. Musikalisch und physisch. Und zur zweiten Frage: Wir hatten ein bisschen von allem, Höhen und Tiefen. Wir hatten mit Plattenfirmen, mit Managements und der Business-Seite der Musik zu kämpfen. Wir hatten zu kämpfen, um aus dem Deal mit Wind-Up Records, unter denen wir "One Day Remains" veröffentlicht haben, rauszukommen. Während wir nach einem neuen Label gesucht haben, haben wir "Blackbird" geschrieben. Dabei hat sich die Band verändert, musikalisch meine ich. Wir sind dunkler geworden. Wir hatten viel Zeit und wir haben auch so viel Zeit miteinander verbracht, wie wir konnten. Und erst danach stand dann fest, dass wir das Album unter Universal veröffentlichen konnten. Als wir das Lied 'Blackbird' geschrieben hatten, hat das die Band verändert, wie wir fühlen. Es hat dem Ganzen einen Funken beigesteuert. Die Fans wurden zu diesem Lied wirklich hingezogen. Es hat der ganzen Band einen Spirit gegeben. Das Ganze ging dann in das Schreiben von "AB III" über. Da hatten wir 'Words Darker Than Their Wings' drauf. Ein längeres Lied mit Höhepunkten und Tiefen, sehr emotional. Und "Fortress" hat das wieder aufgenommen. Wir haben uns über keinerlei Arrangements unterhalten, wir haben alles einfach frei zusammenfließen lassen, haben einfach alles passieren lassen. Alles sollte einfach eine Komposition sein und keine Vorführung für einen Radiosender oder so. Am Ende des Tages hatten wir dann ein Lied fertig, das zwischen fünf und sieben Minuten lang war. Aber wir wollten nichts komprimieren, es hat sich einfach alles richtig so angefühlt, wie es war. Das ist einfach der Pfad, den wir eingeschlagen haben, und es ist der bessere für uns. "Fortress" ist sicher ein wenig härter. Als Mark für sein Soloprojekt geschrieben hat, hat er sicher auch aggressiveres Material geschrieben. Das hat sicher auch unsere Musik beeinflusst. Aber wir haben darüber nicht nachgedacht. Wir haben es einfach versucht. Es war eine Herausforderung, es hat uns heftig niedergerissen. Die Herausforderung ist es jetzt, das live zu spielen.

Und seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

Brian: Ich denke, wir selbst sind immer unsere schlimmsten Kritiker. Es gibt immer irgendetwas auf einem Album, bei dem ich, sobald es einmal fertig ist, mir denke, dass ich mich mal hätte besser konzentrieren sollen, oder dass man irgendeine Stelle hätte besser oder anders spielen oder interessanter machen können. Es gibt immer etwas zu verbessern, auch bei unserem Livematerial. Wir sind definitiv unsere härtesten Kritiker. Als wir mit dem Album fertig waren, uns an die Pre-Production gemacht und angefangen haben, mit "Elvis" (Anm. d. Red.: Michael Baskette), unserem Produzenten, zusammenzuarbeiten, war er wirklich über das Material begeistert. Wenn man einfach durch das Schreiben ausgebrannt ist, tut es gut, wenn jemand dazu kommt, der noch frisch ist, der dann Vorschläge macht, was man noch ausprobieren könnte. Als wir jedenfalls das Album in der Pre-Production hatten, habe ich ein Gefühl dafür bekommen, dass das Album wirklich cool ist. Als wir das Album geschrieben haben, hatten wir keine Textinhalte oder Melodien im Kopf. Wir haben uns einfach auf die Musik als Komposition konzentriert. Der Rest kam erst später.

Und haben die Fans das zu schätzen gewusst? Wie kommen die Lieder live an?

Brian: Es scheint so, als ob jeder die Lieder toll findet. Ich habe eine schlechte Aussage über die CD gehört, von einem US-Magazin: Die Rezension war etwa zwei Absätze lang und sagte zusammengefasst etwas wie "Sogar ein Porsche muss mal schalten" oder etwas ähnlich Negatives wie das.

Habt ihr bereits wieder Pläne? Das Album ist draußen, ihr seid auf Tour ... Müsst ihr das Projekt erst mal innerlich abschließen? Oder denkt ihr bereits darüber nach, was als Nächstes kommt?

Brian: Derzeit genießen wir einfach alles, auf Tour zu sein und herumzukommen. Die meiste Zeit 2014 werden wir auf Tour sein. Im Sommer werden wir hier auf einigen Festivals zurück sein: Rock am Ring, Rock im Park. Zunächst sind wir aber in Januar und Februar in den Staaten, dann kommt Ende Februar Australien. Wir werden weiter beschäftigt sein und haben bislang noch nicht mit richtigem Songwriting angefangen.

... und habt ihr zumindest wieder einige Ideen?

Brian: Das passiert konstant. Das ist hauptsächlich Marks Angelegenheit, er ist auch jetzt wieder im Tuningraum und spielt Gitarre.

Es gibt also keine Zeit zum Entspannen?

Brian: Na ja, ich nehme mir immer ein wenig Zeit zum Entspannen.

Ich habe auf Wikipedia gelesen, dass du ein Bed&Breakfast-Hotel in Costa Rica hast?

Brian: Ja, das stimmt. Es ist derzeit zu verkaufen.

Ach so. Und wie bist du überhaupt darauf gekommen?

Brian: Shane Hall, unser Schlagzeugtechniker, hat dort gelebt. Zu der Zeit war ich ein wenig gelangweilt und habe nach etwas anderem gesucht, das ich machen könnte. Ich wollte auch aus Florida wegziehen, ich habe einfach einen geographischen Wechsel gebraucht. Also sind meine Frau und ich dorthin gezogen und haben diese Örtlichkeit namens "The Mango Moon" gefunden. Wir haben uns darin verliebt - und haben unsere Liebe verloren. Wir haben uns dann scheiden lassen. Und jetzt ist es zu verkaufen.

Gibt es eigentlich einen Lieblingsort, an dem ihr spielt? Seid ihr lieber auf Festivals oder lieber auf Konzerten?

Brian: Ich mag lieber Konzerte. Auf Festivals hast du weniger Platz. Du teilst dir auch deine Umkleideräume mit 15 anderen Bands und all deren Familien. Die Shows sind meist auch kürzer. Man hat auch weniger Zeit zur Vorbereitung, es kann also mehr schiefgehen. Nichtsdestotrotz: Man bekommt immer noch die Chance vor einem Publikum zu spielen, von dem einige vielleicht vorher deine Musik noch nie gehört haben. Man bekommt also die Möglichkeit sich darzustellen. Mein Lieblingsland ist Deutschland. Ich liebe es, hier zu sein.

Das sagst du doch nur, weil wir gerade in Deutschland sind!

Brian: Nein, nein, das meine ich ernst. Ich mag es wirklich hier. Meine Freundin hat deutsche Wurzeln. Und immer wenn ich hier bin, liebe ich einfach die Leute, die Kultur. Ich genieße es einfach, in diesem Land zu sein.

OK, so weit so gut. Danke sehr für das Interview. Ich wünsche euch nachher viel Spaß auf der Bühne und viel Erfolg in der Zukunft. Die letzten Worte gehören dir!

Brian: Ich soll es also auf den Punkt bringen ... Weißt du was? Ich glaube, ich habe bereits alles gesagt, was ich sagen wollte. Wie ich bereits gesagt habe: Ich liebe das Bier, wenn wir so oft, wie wir können, herkommen. Wir werden nächsten Sommer wieder zurück sein. Wir wollen auch allen danken, die in den letzten zehn Jahren zu unseren Shows gekommen sind und uns unterstützt haben. Ich habe es nicht genau gezählt, aber wir waren inzwischen sicher zehn bis fünfzehnmal hier. Und immer, wenn wir herkommen, sagen es unsere Fans ihren Freunden und jedem anderen. Es ist so eine Art Graswurzelbewegung. Die Band hat sich in etwas wirklich Einzigartiges und Cooles entwickelt. Unsere Fans haben das angenommen. Und wir lieben es einfach, das wir das tun können, was wir tun. Wir versuchen auch, so oft herzukommen, wie wir können.

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