Ein Interview von Elvis vom 06.09.2022 (17178 mal gelesen)
Kenny Leckremo ist mittlerweile wieder mit seinen alten Bandkollegen von H.E.A.T vereint und mit "Force Majeure" gab es nach der erfolgreichen Tour im Mai und Juni auch gleich ein neues Album. Lest selbst, was Kenny über die Reunion erzählt, was er sich von der Zukunft der Live-Szene erwartet, welche Rolle SABATON darin spielen und was Fans heute seiner Meinung nach am besten tun können, um ihren Bands zu helfen.
Hallo, ich bin sehr froh, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Ich habe Dich kürzlich in Trier beim Tour-Auftakt erstmals live sehen können und ich muss sagen, seitdem bin ich noch glücklicher, dass du wieder bei H.E.A.T bist.
Kenny Leckremo: Vielen Dank! Am Anfang der Tour war ich tatsächlich relativ krank. Kein Covid zum Glück, aber ich hatte eine ziemlich fiese Erkältung. Es war wirklich eine besondere Erfahrung, als ich auf die Bühne kam und das Publikum so glücklich und enthusiastisch war. Irgendwie konnte ich mich da trotz Erkältung ganz anders durch die Show ziehen, das Publikum hat mich mit seiner Energie quasi mitgezogen. Da denke ich deswegen trotzdem gerne dran zurück.
Es war einfach ein tolles Konzert. Als ich H.E.A.T damals mit den ersten beiden Alben – auf denen du ja gesungen hast - für mich entdeckt habe, habe ich mich extrem darauf gefreut, euch endlich live zu sehen. Bekanntlich bist du ja dann ausgestiegen und ich habe H.E.A.T dann diverse Male mit Erik gesehen. Fand ich auch immer gut, aber nach dieser Zeit jetzt endlich dich live mit H.E.A.T zu sehen war das, wie ich es mir immer gewünscht habe.
Kenny Leckremo: Dankeschön! Die Zeit mit Erik hat die Band wirklich vorangebracht, auf einen neuen, aber auch einen anderen Level. Ich war im Grunde selbst ein großer Fan dieser Zeit. Allerdings weiß ich auch, dass H.E.A.T alle möglichen Fans der verschiedenen Phasen hat. Da hat jeder auch seinen eigenen Geschmack, ob das nun Lakritz oder etwa süße Gummibärchen sind. Auf mancher Ebene sind Erik und ich uns sehr ähnlich, aber teils doch auch sehr verschieden.
Wie kam es dazu, dass du wieder bei H.E.A.T eingestiegen bist? War das etwas, was du sozusagen geplant hast oder war es mehr die Gelegenheit, die sich ergab und du dachtest, ich wäre doch wieder dafür zu haben?
Kenny Leckremo: Letztlich war es so, dass Erik nicht mehr bei H.E.A.T weitermachen wollte. Er wollte die Band verlassen. Die Jungs sprachen darüber und akzeptierten diesen Wunsch. Danach haben sie mehr oder weniger sofort mich kontaktiert und gefragt, ob ich dafür zu haben wäre, wieder bei H.E.A.T an Bord zu kommen, was ich quasi sofort zugesagt habe. Für mich war es die Gelegenheit, zurückzukehren und etwas zu beenden, was wir nie gemeinsam zu Ende gebracht haben. Wir haben viele lose Enden zu verknüpfen. Als ich die Band damals verließ, war ich – grade innerlich – nicht halb der Mann, der ich heute bin. Das ist schwierig zu erklären. Die Jungs und ich hatten einfach sehr viel nicht gemeinsam getan. Es war also sozusagen für beide Seiten eine Gelegenheit, wieder anzuknüpfen und diese Reise gemeinsam fortzusetzen, quasi gemeinsam das eigene Vermächtnis fortzuschreiben.
Musstest du ernsthaft nachdenken oder warst du gleich überzeugt?
Kenny Leckremo: Da gab es für mich nichts zu überlegen. Ich hatte keine Ahnung von nichts und sobald sich die Gelegenheit ergab, habe ich umgehend zugestimmt. H.E.A.T. ist für mich so viel mehr als nur eine Band, sondern lange schon Teil meines Lebens gewesen. Seit ich 15 oder 16 Jahre alt bin, habe ich live gespielt, ob das nun Schlagzeug war oder ich gesungen habe. Das war also schon immer ein großer Teil meines Lebens und in einer Band zu sein, war daher für mich etwas vollkommen Natürliches, was ich einfach seit vielen Jahren ungemein vermisst habe. Während dieser Zeit habe ich immer mal wieder Anfragen bekommen, etwas Anderes musikalisch zu machen oder einer anderen Band beizutreten, doch nichts davon fühlte sich wirklich richtig für mich an. Mir war im Grunde klar, wenn ich wieder etwas tun würde, dann wäre das mit meinen alten Freunden in H.E.A.T und nichts Anderes. Nun ja, hier sind wir nun und ich bin ein glücklicher Mann.
Ich denke, grade mit dieser Vorgeschichte muss es sich nach den letzten beiden Jahren besonders angefühlt haben, kürzlich wieder gemeinsam auf Tour gegangen zu sein. Und nicht zu vergessen, mit "Force Majeure" habt ihr ja auch gemeinsam ein starkes neues Album an den Start gebracht. Mir gefällt es nach diversen Durchläufen weiterhin sehr gut. Sicher haben manche Fans gedacht, mit dir als Sänger ginge es deutlich zurück zu dem Klang von vor zehn oder zwölf Jahren, was es in Summe ja nicht unbedingt tut. Ich denke vielmehr, es ist eine Art Synthese der Band-Phasen geworden.
Kenny Leckremo: Ja, es ist definitiv eine Mischung der verschiedenen Phasen der Band. Ich denke, man muss hier vor allem auch eine Sache berücksichtigen: Wir als H.E.A.T sind eine Band, wir haben natürlich wie jede Band jemanden, der singt – in dem Fall mich -, doch besteht diese Band eben aus allem Mitgliedern mit ihren Emotionen, Ideen und Beiträgen zum Klang. H.E.A.T hat sich im Lauf der Jahre zu dem heutigen Klang entwickelt und nur weil ich jetzt wieder dabei bin und Erik nicht mehr, heißt das ja nicht, dass sich alles klanglich ändert. Wir arbeiten gemeinsam daran, wie H.E.A.T klingt und deswegen würde ich mir auch nie anmaßen zu prognostizieren, wie wir in Zukunft vielleicht mal klingen werden. Das weiß ich einfach noch nicht. Mit dem Klang von "Force Majeure" sind wir jedenfalls alle sehr zufrieden. Es klingt cool und ist sehr direkt, es hat diesen gewissen Druck nach vorne. Das ist genau das, was wir wollten. Diese Energie, die H.E.A.T ja auch mit Erik hatte, wollten wir auch auf jeden Fall so beibehalten. Meiner Meinung nach klingt die Band momentan großartig, aber wer weiß, vielleicht können wir ja noch besser werden?
Mir gefallen die Energie und der Vibe, die „Force Majeure“ hat, sehr gut. Es ist ein sehr positives Album geworden, was gerade nach den letzten beiden Jahren bitter nötig ist. Hinzu kommt, wir leben allgemein in sehr stürmischen Zeiten, weswegen diese Art von Musik jetzt nochmals wichtiger ist als vorher.
Kenny Leckremo: Da kann ich dir nur zustimmen.
Hast du momentan einen Favoriten, wenn es darum geht, ihn live zu spielen?
Kenny Leckremo: So viele Songs von "Force Majeure" konnten wir ja noch nicht spielen, aber ich glaube, mit am liebsten spiele ich momentan 'Back To The Rhythm'. Der Song hat sich für uns absolut natürlich ergeben und ich denke, die Lyrics spiegeln genau das wider, was du gerade gesagt hast. Es ist wichtig, die Menschen wieder zusammen zu bringen, Zuversicht zu haben und sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren. Das kommt für mein Empfinden gerade auch live absolut so rüber. Man kann ihn außerdem leicht mitsingen und selbst jetzt auf der ersten Tour haben die Fans an so vielen Orten schon direkt den Refrain mitgesungen. Das war fast schon schockierend, aber auf eine gute Weise. Das war wirklich fantastisch.
Ich habe kürzlich nochmals die beiden ersten Alben gehört, nachdem ich zuletzt sehr intensiv "Force Majeure" gehört habe. Was mir dabei aufgefallen ist: dein Gesang ist viel besser geworden. Nicht dass du auf "H.e.a.t" oder "Freedom Rock" schlecht geklungen hättest, aber deine etwas ältere Stimme klingt auch technisch viel besser. War das etwas, woran du die letzten Jahre gearbeitet hast oder ist das quasi eine natürliche Verbesserung?
Kenny Leckremo: Ehrlich gesagt, ich habe mir die letzten Jahre weiterhin viel Musik angehört, die mich inspiriert hat. Dabei singe ich oftmals mit, wenn ich die Musik wirklich liebe. Das geht von Sachen, die ich schon immer mochte wie IRON MAIDEN oder JOURNEY zu JOHN FOGERTY und CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL zum Beispiel. Ich hatte insofern die Gelegenheit mir einen Kopf zu machen, wer ich als Musiker wirklich bin, das war insgesamt unausweichlich. Und unabhängig von meinem Ausstieg damals, habe ich nie wirklich aufgehört, mir daraus gesanglich Anleihen zu suchen, auch ohne großartig daran zu denken, vielleicht irgendwann wieder einzusteigen, als erfahrenerer und gereifterer Musiker. Vielleicht hat das einen Einfluss auf meine Stimme gehabt, aber allzu viele Gedanken habe ich mir darum nicht mal gemacht.
Ich fand es einfach auffällig, dass du eine viel größere Bandbreite hast im Vergleich zu den alten Tracks.
Kenny Leckremo: Es freut mich, dass du das so sagst, ich habe das bislang gar nicht häufig zu hören bekommen. Das ist echt ein Kompliment, danke.
Wo wohnst du eigentlich mittlerweile überwiegend? Bist du wieder näher beim Rest der Band oder ist das immer noch Spanien?
Kenny Leckremo: Jetzt grade bin ich in meinem Apartment in Spanien, aber ich reise mittlerweile viel nach Stockholm, wo der Rest der Band ist. Es ist sozusagen eine Kombination des Besten aus beiden Welten, denn Schweden ist natürlich im Sommer toll. Spanien ist natürlich auch toll im Sommer, aber eben auch dann, wenn es in Schweden nass und kalt wird. Was ich aber in dem Zusammenhang mal sagen muss: man braucht aus meiner Sicht durchaus mal ein bisschen Mistwetter, um guten Hard Rock zu machen. Man kann nicht durchweg gutes Wetter haben, dann fühlt man sich ja schlecht, wenn man drinnen sitzt und Musik schreibt (lacht).
So habe ich das noch gar nicht betrachtet, aber das stimmt schon…
Kenny Leckremo: Ja, ich habe immer mal wieder die Frage gestellt bekommen, warum denn eigentlich so viel guter Melodic Rock aus Skandinavien kommt oder überhaupt hier so populär ist. Das hat für mein Empfinden damit zu tun, dass man in Schweden zum Beispiel oft auch schlechtes Wetter hat und ebenso mit der Mentalität bei uns. Wir haben in Schweden ein Wort, was das zum Ausdruck bringt: lagom. Das bedeutet nicht zu viel und nicht zu wenig, so viel wie moderat oder angemessen. Das beschreibt im Grunde den ganzen Lebensstil, den man in Schweden pflegt. Auf eine gewisse Weise ist das auch echt komfortabel. Problematisch wird das nur, wenn man mal das Bedürfnis hat, genau daraus auszubrechen und sich eben vielleicht mal ein bisschen unkomfortabel zu fühlen. Hard Rock ist etwa eine Weise, aus diesem Lebensstil temporär auszubrechen.
Vielleicht ist das eine bessere Herangehensweise als etwa in Norwegen, was ja dagegen deutlich eher für Black Metal bekannt ist als Schweden. Ich finde die positivere Attitüde da eigentlich oft gesünder, sprich, ich kann mit Hard Rock mehr anfangen als dem meisten Black Metal.
Kenny Leckremo: Das geht mir genauso. Ich mag alle möglichen Arten von Musik, unabhängig vom Genre. Wenn mich Musik emotional berührt, kann ich es auch genießen.
In jüngerer Zeit liest man viel über die aktuellen und zukünftigen Auswirkungen der Corona-Situation auf den Livesektor. Viele Festivals haben nun ja wieder stattgefunden, zumindest die großen Kandidaten. Es gab und gibt auch wieder Touren der großen Namen. Gleichzeitig liest man jedoch, dass viele kleinere Festivals und Touren riesige Probleme haben. Habt ihr das bei eurer Tour jetzt ebenfalls zu spüren bekommen?
Kenny Leckremo: Natürlich hat Covid die ganze Branche in der einen oder anderen Weise betroffen. Sicherlich hat das auch die Leute betroffen, mit denen wir arbeiten. Ehrlich gesagt haben wir selbst jetzt aber nichts großartig Negatives nach der Covid-Situation bemerkt. Insgesamt war die ganze Tour eine sehr positive Erfahrung. Vielleicht haben ein paar Shows sich nicht so gut verkauft wie sie es unter anderen Umständen wohl getan hätten. Aber das waren nicht viele, ich glaube unter anderen ein oder zwei Konzerte in Deutschland, so hat uns das zumindest der Promoter erzählt. Was ich dir aber sagen kann ist, das abgesehen davon die komplette Tour entweder ausverkauft oder knapp davor war. Es war an sich durch die Bank voll, was uns einerseits überraschte und andererseits freute, und das gilt ebenfalls für die Leute, mit denen wir arbeiten. Vielleicht hatten wir da auch einfach nur Glück? Für H.E.A.T lief es jedenfalls echt rund.
Das freut mich wirklich zu hören. Momentan sind ja noch viele Veteranen unterwegs. Nehmen wir mal KISS, die aktuell scheinbar tatsächlich ihre Abschiedstournee spielen oder OZZY, der ja ähnliche Pläne hat. Diese ganze Generation der großen alten Bands wird zwangsläufig – und sei es nur, weil die Natur ihren Weg geht – abdanken. Momentan sind das ja oft immer noch die Headliner der großen Festivals und waren das seit Jahrzehnten. Was denkst du, wird es diese großen Festivals in dieser Form noch geben? Und wen siehst du als potenzielle Headliner der Zukunft?
Kenny Leckremo: Ich glaube, viele der großen Festivals sehen das Problem durchaus und schauen schon einmal, wie die Zukunft aussehen könnte. Man spürt die Bemühungen, die jüngeren Bands weiter nach oben zu bringen, auch mit besseren Positionen im Billing. Das dürfte auch der einzig gangbare Weg sein, diese neueren Bands behutsam nach oben hin aufzubauen. Ob es sich dabei nun um H.E.A.T handelt oder eine andere der vielen tollen Bands aus aller Welt, die wir ja doch auch haben. Die großen Legacy Acts sollten sich im Interesse nicht nur ihrer selbst, sondern auch der Fans, würdig aus dem Rampenlicht verabschieden dürfen. Auch die Industrie arbeitet daran, dem Nachwuchs seine Chance zu geben. Das Problem sind für mich auch nicht die Fans. So gern man die großen alten Namen mag – und ich bin da ja genauso ein Fan -, ich glaube, es gibt einen ungemeinen Reichtum an Rock- und Metal-Bands, die noch viel zu wenig im Rampenlicht stehen. Und wie gesagt, die Festivals arbeiten da schon dran, das hinzubekommen und die absehbare Leere im Billing zu füllen. Ob es da einen großen Cut geben wird, weiß ich natürlich nicht, aber graduell wird das immer mehr stattfinden. Eine Band, mit der wir zu unseren Anfängen als H.E.A.T gearbeitet haben und die nun richtig groß geworden ist, ist SABATON. Wir haben damals einiges an Shows mit ihnen gespielt und die Jungs sind echt großartig. Ihr Stil ist sehr pompös, sehr eigen und auch anders als das, was die Legacy Bands so spielen. Wenn SABATON also entsprechende Schritte nach vorn machen, ist das auch deutlich ihrer eigenen Arbeit zu verdanken und ich gönne es ihnen absolut. Was jüngere Bands brauchen, ist eine entsprechende Gelegenheit, sich einem breiteren Publikum zu präsentieren. Das geht letztlich nur, indem man im Business entsprechende Unterstützer hat, die eben sich nicht nur auf Veteranen konzentrieren, sondern auch auf den Nachwuchs. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, was für eine schwierige Frage das eigentlich ist. Darüber kann man verdammt lange sprechen. Wenn es um mich geht, ist mir an sich nur wichtig, mit meinen Kollegen in H.E.A.T meine Musik zu spielen und wenn das den Leuten dann gefällt, umso besser. Klingt natürlich jetzt irgendwie unheimlich romantisch, aber ob das dazu führt, dass man irgendwann den Platz einer der Veteranen bei einem großen Festival innehat? Das hängt eben auch von den Leuten im Business ab.
Da hast du Recht. Ich finde lustig, dass du grade SABATON als Beispiel bringst. Als ich sie zum erstmals live gesehen habe, war das in einem Raum, der so groß wie mein heutiges Wohnzimmer war. Und sieh sie dir jetzt an, jetzt spielen sie Headliner-Touren in großen Hallen und sind im Billing der Festivals oben bzw. knapp darunter, was vor allem ihrer harten Arbeit und Hingabe zu verdanken ist. SABATON sind meiner Meinung nach klar eine der Bands, die irgendwann der Headliner sein werden. Wenn man sieht, dass sich Arbeit so auszahlt, ist das ja auch irgendwie beruhigend, was die Zukunft angeht.
Kenny Leckremo: Genau das ist mein Empfinden, es gibt Zuversicht zu sehen, dass es weiterhin möglich ist. Mit harter Arbeit, mit dem entsprechenden Investment, kann man eine Band immer noch richtig professionell aufziehen. Und ich weiß, wie viel Arbeit sie investiert haben, wie sie alles, was sie verdient haben, in die Band gesteckt haben. Ich weiß nicht, wie viel Leute heute bereit sind, für ihre Band zu opfern oder wie viel sie überhaupt opfern können. Wir leben schließlich in turbulenten Zeiten, wie du schon gesagt hattest. Aber letztlich ist das wohl der einzige Weg heutzutage, es genauso zu tun.
Sie haben ja seinerzeit nicht ohne Grund den Großteil der Bandmitglieder gehen lassen, weil ihnen klar war, dass sie es entweder ganz angehen oder gar nicht auf diesem Weg. Harte Entscheidung, aber der Erfolg gibt ihnen Recht. Wie sehr seid ihr mittlerweile in der Lage, euch komplett auf H.E.A.T konzentrieren zu können?
Kenny Leckremo: Für die meisten von uns ist H.E.A.T. tatsächlich die Top-Priorität. Klar, das war jetzt gerade die letzten Jahre nicht immer einfach. Aber in der Tat ist es das, was wir tun möchten, denn unterm Strich ist das eigentlich der einzige Weg, den man gehen kann, wenn man vorankommen möchte. Und das gilt ja im Ergebnis nicht nur für das Musikbusiness, sondern auch sonst. Wir stecken unsere ganze Energie in die Band und das ist das, was wir auch weiterhin tun werden. Da stehen größere Ideen und Pläne dahinter, die wir hoffentlich bald auch umsetzen können.
Ich finde das gut, man merkt auch "Force Majeure" an, dass es kein halbgares Album ist, sondern dass echte Arbeit darin steckt.
Kenny Leckremo: Ja, da stecken in der Tat viele Stunden Arbeit drin. Am wichtigsten ist aber, wir hatten so viel Spaß dabei, auch daran wieder zusammenzuarbeiten.
Habt ihr so was wie einen Plan, wo ihr beispielsweise in fünf Jahren stehen wollt oder ist das mehr ein Schritt nach dem anderen?
Kenny Leckremo: Wir möchten uns wirklich auf die Musik konzentrieren. Für "Force Majeure" hatten wir ca. 25-30 Demos aufgenommen. Diese harte Arbeit möchten wir beibehalten und natürlich auch so viel wie möglich live spielen, am besten vor so vielen Leuten wie möglich. So können wir die größtmögliche Ausstrahlung haben.
Wenn es um die Albumverkäufe geht, würdest du sagen, eure Fans möchten weiterhin ein physisches Produkt haben oder liegt der Schwerpunkt da mittlerweile auch im digitalen Bereich oder Streaming?
Kenny Leckremo: Ich denke, die Masse wird es tatsächlich am ehesten streamen. Diejenigen, die bei einem Release das physische Produkt ordern, sind schon die Fans. Die Leute, die neu hinzukommen, wollen es vermutlich erst mal nur anhören, ob nun bei Spotify, YouTube oder wo auch immer. Ein Album braucht immer eine gewisse Zeit für Leute, damit sie es entdecken können und dann vielleicht die Entscheidung treffen, diese Band zu unterstützen. Darüber wird für mein Empfinden auch zu wenig gesprochen. Die Leute hören sich die Songs an, sie hören sich ihre Lieblingsbands an, und zwar meist bei Spotify und Konsorten. Aber sie denken nicht wirklich darüber nach, wie sie ihre Band unterstützen können. Viele denken, es sei genug, sich die auf Spotify anzuhören. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre, aber das ist es nicht. Wenn man eine Band und ihre Musik wirklich unterstützen möchte, muss man das auch darüber hinaus tun. Ich weiß das von einigen Beispielen aus Schweden, die ich kenne, etwa CRAZY LIXX oder ECLIPSE. Mit ihnen haben wir teils zusammengearbeitet und ich liebe die Jungs. Wir reißen uns allesamt den Arsch auf, um irgendwo hinzukommen und zu spielen, egal wo, ob nun in Europa oder sonst wo auf der Welt. Und oft genug ist das echt ein Nullsummenspiel, weil im Vorfeld die Leute sagen, wir werden euch da unterstützen und dann sind es doch nur Leute, die sich die Musik anhören. Oft wird da nicht gesehen, wieviel Arbeit, Aufwand und Geld dahintersteckt, all das zu ermöglichen. Aber der Support sollte über das Anhören eines Streams hinausgehen, indem man zum Beispiel ein T-Shirt kauft oder eine CD. Wenn mehr Leuten das bewusst wäre und es beherzigt würde, wäre die Musikindustrie vielleicht weniger zwanghaft. Vielleicht würden die Ticketverkäufe auch zurückgehen. Aber momentan ist es ja auch deswegen so, dass die Ticketpreise absurd hoch sind. Wenn man etwas mag, sollte man einen gewissen Aufwand treiben, um es auch zu unterstützen.
Vielleicht ist das ein gutes Schlusswort: wenn euch eine Band am Herzen liegt, geht raus und unterstützt sie anständig, denn letztlich hilft das allen Beteiligten.
Kenny Leckremo: Ja, letztlich sollte das jeder beherzigen, egal um welche Musik es geht, sei es Hard Rock, Black Metal, Soft AOR: wenn ihr eine Band wirklich mögt, unterstützt sie, so gut ihr könnt. Vielleicht wäre es dann auch so, dass Festivals und Konzerte wieder bezahlbarer würden und wir alle profitieren.