Blind Channel - Lifestyles Of The Sick & Dangerous | |
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Review von Farvynn vom 07.07.2022 (10882 mal gelesen) | |
Wer sich vergangenes Jahr die Mühe gemacht hat, sich den Eurovision Song Contest anzutun, wird spätestens da auf die Finnen von BLIND CHANNEL gestoßen sein. Mit ihrer ersten Single 'Dark Side' aus dem bevorstehenden Album haben sie den sechsten Platz belegt und ihren Standpunkt als international bekannte Band klargemacht. Mit ihrem vierten Album, "Lifestyle Of The Sick & Dangerous", rechnen sie mit allen ab, die ihnen spätestens da vorschreiben wollten, was sie zu tun und zu lassen hätten. Wer die Band nicht kennt, hier ein kurzer Recap: Gegründet wurde die Band im Jahre 2013 von Joel Hokka (Gesang) und Joonas Porko (Gitarre). Kurz darauf lud Joonas seine zwei Freunde Olli Matela (Bass) und Tommi Lalli (Schlagzeug) ein. Als den Vieren noch das gewisse Etwas fehlte, lernte Joel zufällig auf einer Party den Sänger/Rapper Niko Moilanen kenne. Aus diesem fünfköpfigen Superteam wurde am 06.10.2020 ein sechsköpfiges, und der DJ Aleksi Kaunisvesi betrat mit ihm die Bühne. Selbst sagt die Band, sie spielen Violentpop. Der Begriff ist auch der Titel des dritten Albums, das 2020 erschien, aber durch die Pandemie nie groß den Weg auf die Bühnen gefunden hat. Zwei Jahre, einen Eurovision Song Contest und schon jetzt eine erfolgreiche Tour durch die USA später stehen wir nun vor dem neuen Silberling. Wollen wir mal reinschauen, was die Jungs uns und der Welt zu sagen haben. Allein der Auftakt mit 'Opinions' ist ein gewaltiger Schlag in die Fresse. Das Intro, noch ein wenig in sanfter Sicherheit wiegend, zielt im Refrain genau dahin, wo es wehtut. Sie wollen keine Meinungen Fremder hören, vor allem nicht darüber, was die letzten zwei Jahre gelaufen ist. Allein damit den Einstand der Platte zu feiern, ist für manch einen vielleicht lyrisch gewagt, dafür in meinen Augen umso verständlicher. Quasi das halbe Album hat die Band vorab als einzelne Singles veröffentlicht, gerade Anfang Juni kam 'Don't Fix Me', das mehr als nur gebührend im Sage Club Berlin gefeiert wurde. Im Vergleich zu 'Opinions' geht es hier schon zackiger an die Materie. Nur der Text wird tiefgründiger ... also verdammt tiefgründig. War der Opener noch ein Schlag, geht es mit 'Don't Fix Me' in die tiefsten, emotionalen Abgründe. Was das Leben zwischen Erfolg und Abgrund mit sich führen kann - neben Depressionen und Höhenflügen. Und trotzdem wollen sie von niemandem repariert werden. Schönes und tiefgründiges Statement, und wer hier noch nicht rausgehört hat, wohin das Ganze führt, den kann ich hier wohl leider nicht mehr bekehren. Aber ich bin auch keine Heilige. I am no Saint, 'We Are No Saints', Song Nummer 8, ist mit 'National Heroes' vorneweg ein unschlagbares und aussagekräftiges Duo. Als Zwischenspieler hat 'National Heroes' nicht ganz so viel Text, und ich bezeichne es hier als kleines Meisterstück von DJ Aleksi. Der elektronisch gehaltene Beat in Zusammenhang mit der computergenerierten Stimme, die einem eintrichtert, man sei jedermanns Eigentum, ein gefeierter Nationalheld, und doch belügen einen alle. Kurz gefasst ist es in Kurzfom das, was 'We Are No Saints' im Langen sagt. Nicht nur reißt die gesamte Instrumentalfront alle Regler auf Anschlag und geht direkt vom Ohr ins Herz, sondern es wird auch viel persönliche Geschichte erzählt. Mit einer harten, aber gerechtfertigten Kernaussage: "Wir wollen weder Nationalhelden noch Heilige sein." Wer dazu mehr wissen will, darf sich gern das Interview durchlesen (Schleichwerbung). Doch schon nach 35 Minuten ist Schluss mit den Jungs. Das Ende spielt hier das anfangs recht poppige 'Thank You For The Pain', das kurzum mit dem ganzen Showbiz abrechnet, zusammenfasst, was es für die Jungs gebraucht hat, um fast über Nacht berühmt zu werden, und dass nicht deine Fans dich kritisch beobachten, sondern deine Neider. Dass sie es sind, die dich auf Schritt und Tritt verfolgen und kritisieren, und doch sind es genau diejenigen, die einen zum Erfolg führen, nebst den materiellen Trophäen. Am Ende des Songs hat die Band einige Aufnahmen in ihrer Muttersprache eingefügt, die jeden Moment ihres bisherigen Bandlebens rekapitulieren. Nach einer Woche des intensiven Hörens kann ich eigentlich kaum genug von "Lifestyle Of The Sick & Dangerous" kriegen. Nicht weil es fürs geübte Ohr einfach nur leichte Kost sein mag, sondern weil gerade lyrisch mehr Komplexität dahintersteckt, als man es von maximal knapp 29-jährigen Männern erwartet. Mit Hatern, Neidern, teils der eigenen Psyche und allen Menschen, die ihnen seit ihrem Debüt keinen Erfolg gönnen wollen, so abzurechnen, ist starker Tobak. Für Fans von beispielswiese LINKIN PARK definitiv empfehlenswert. Von ihrem noch jungen Alter sollte man sich nicht abschrecken lassen. Diese gewollte Provokation macht einfach nur Spaß in meinen Augen und auch in den Augen vieler, die schon in die Singles reingehört haben. Fehlt nur noch die Prüfung der Live-Tauglichkeit, und dann steht den Jungs Tür und Tor offen. Kiitos kaverit mahtavasta albumista! Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Opinions 02. Dark Side 03. Don't Fix Me 04. Bad Idea 05. Alive Or Only Burning 06. Balboa 07. National Heroes 08. We Are No Saints 09. Autopsy 10. Glory For The Greedy 11. Thank You For The Pain | Band Website: www.blindchannelofficial.com Medium: CD, LP, Digital Spieldauer: 35:22 Minuten VÖ: 08.07.2022 |
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