Livebericht Geoff Tate (mit Darker Half ) |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Andernach (Juz-Liveclub) - 04.11.2023 (19579 mal gelesen) |
"Operation: Mindcrime" gehört nicht nur zu den Standard-Repertoires des ehemaligen QUEENSRYCHE-Sängers Geoff Tate, sondern wird völlig zu Recht zu den Meilensteinen des progressiven Heavy Metals gezählt. Das Konzeptalbum über den Protagonisten in den Wirren einer totalitären Gesellschaft sowie den Charakteren Dr. X, Sister Mary, Nikki und Father William schlug seinerzeit ein wie eine Bombe und wurde - medial revolutionär - kurze Zeit später als "Operation: Livecrime" als Box mit Live-CD und VHS-Tape veröffentlicht. Diese Version hatte sogar den deutlich besseren Sound als die Studio-Produktion, die für die Laufzeit von einer Stunde in Dynamik und Bassvolumen für Vinyl leider stark beschränkt werden musste. Da sich dieses Jahr zum 35-Jährigen Jubliäum Geoff Tate mit dem wichtigsten Album seiner Vita wieder auf eine zweigeteilte Tour begab, nutzen wir natürlich die Chance, den Stimmmeister von einst in unserem favorisierten Haus- und Hof-Club "JUZ-Liveclub Andernach" zu besuchen. Mit im Tourtross sind DARKER HALF aus Australien, die das Publikum mit viel Bühnenagilität und Kung-Fu-Kicks auf Betriebstemperatur bringen. "We came all the way from Sydney, Australia" ist wohl heute der meistgehörte Satz. Zumindest wiederholt ihn Vo Simpson, seines Zeichens Sänger und Gitarrist des Openers DARKER HALF, des Öfteren. Die vier Australier (wer hätte das gedacht zwinker) geben mit diesen Worte dann auch pünktlich um 20 Uhr den Startschuss für ihre Show. Der Fronter und seine Mitstreiter Dom Simpson an den Drums, Danny Ritz an der zweiten Gitarre und Jimmy Wynen am Bass präsentieren sich von Beginn an mit viel Engagement und Bewegungs- beziehungsweise Tatendrang. Zeitweise hat man die Befürchtung, dass der immer wieder in die Höhe geworfene Viersaiter irgendwas von der Decke runterschlägt. Musikalisch haben DARKER HALF natürlich auch etwas zu bieten - nämlich eine bunte Mischung aus Melodic und Power Metal. In vielen Kompositionen hört man deutlich IRON MAIDEN-Gedächtnis-Riffs heraus, wohingegen in anderen Stücken QUEENRYCHEsche Anleihen vorhanden sind. Die Songsstrukturen sind sind teilweise überraschend ausgefeilt und man hört viele schöne Melodien und klasse, oft zweistimmige, aber immer eingängige Refrains. Das merkt man schon bei den beiden Openern 'Falling' und 'Thousand Mile Star'. Auch gesanglich orientiert sich der Fronter deutlich an Dickinson und Tate, erreicht am heutigen Abend aber leider nicht deren Niveau. Im Laufe des Auftritt hört man doch den ein oder anderen versemmelten Ton. Das tut aber der insgesamt guten Laune der Band und des Publikums vor der Bühne keinen Abbruch. Die Jungs präsentieren den Leuten im zu diesem Zeitpunkt locker gefüllten JUZ Liveclub hauptsächlich Material aus ihrem 2020er Album "If You Only Knew", haben aber auch mit 'Heaven's Falling' ein älteres und mit 'Disaster' ein offenbar neues Stück im Gepäck. Am Ende des knapp 30-minütigen Sets sind alle Beteiligten durchaus zufrieden und die Zuschauer entlassen DARKER HALF mit wohlverdientem Applaus. Setlist: Falling Thousand Mile Stare Into The Shadows If You Only Knew Glass Coloured Rose Disaster The Bittersweet Caress Heaven's Falling Die Setlist von GEOFF TATE ist rasch erzählt: Im Wesentlichen besteht der Hauptblock aus dem kompletten "Operation: Mindcrime"-Album. Die größte Spannung für mich war im Vorfeld jedoch, wie gut Geoff bei Stimme sein würde. Ich bin ehrlich und muss zugeben, dass ich Geoffs Schaffen über die ganzen Jahre eher nur am Rande begleitet habe. Ich hatte seit dem denkwürdigen Monsters Of Rock 1991, wo er mit QUEENSRYCHE in den Mittagsstunden in Mainz schon eine gute Figur abgegeben hatte, keinen Live-Ton mehr von ihm gehört. Und so gingen über 30 Jahre ins Land, in denen ja viel passieren kann. Doch in Andernach löst sich diese Frage blitzschnell. Schon beim Intro 'I Remember Now' katapultiert es das Publikum um Jahrzehnte zurück und der Klassiker erwacht zum Leben. In der Reihenfolge der Songs hält man sich streng an den Ablauf der Story und schon zu 'Revolution Calling' glänzt Geoff Tate mit einer super Stimme, er ist in toller Stimmung, und das Publikum wird lautstark für den Refrain eingespannt, als hätte man sich schon eine ganze Stunde gemeinsam hochgeschaukelt. Klarer Vorteil für solche Klassiker, die sich in den Ohren der paarhundert Besucher schon ewig festgefressen haben. Und diese Form würde sich Geoff über die ganze Spieldauer beibehalten, ohne jemals müde zu werden. Seine Begleitband gibt sich auch keine Blöße und zockt das Material sehr nah am Original runter. Eher ungewöhnlich für ein Metal-Set ist das komplett getriggerte V-Drum-Kit, welches sogar die Becken aus entsprechenden Roland-Triggern zusammengestellt hat und somit komplett ohne Mikrofonie auskommt. Josh Watts kann entsprechend sanft und dennoch präzise spielen. Man wird darüber immer geteilter Meinung sein, inwieweit ein solches Kit und die Spielweise darauf noch Metal ist. Allerdings sind heute Trigger zumindest bei der Bassdrum schon allgegenwärtig und die praktischen Gesichtspunkte darf man auch nicht vernachlässigen. Positiv ist, dass der Drumsound - wie überhaupt der Sound der gesamten Band - sehr gut ist. Und das Setup hat zusammen mit seinen Samples eine so gute Qualität, dass man es beim normalen Zuhören nicht merkt, dass hier E-Drums am Werk sind. Die Auffälligkeit des Gitarristen James Brown hingegen besteht aus seinem Retro-Hemd, welches über und über mit roten Herzen bedruckt ist. Zusammen mit seinem sonstigen Look nebst Hut und Tuch sieht er aus wie eine Mischung aus Hippie und Sleazer und erinnert mit seiner weißen Charvel-Strat nicht selten an Jimi Hendrix. Bassist Jack Ross hingegen post mit Sonnenbrille und meist offenem Mund wie das typische Hardrock-Groovemonster. Da die Band das Album mit entsprechenden Untermalungen, Zusatzstimmen und -sounds authentisch darbieten will, bleibt natürlich keine andere Wahl, als auch Teilplaybacks in die Produktion einfließen zu lassen. Das Album lebt ja davon, dass sich viel tut und auch ein gewisser Hörspielcharakter erhalten bleibt. Der Nachteil davon ist, dass sich alle Songs streng per Clicktrack nach der Konserve richten müssen. Gerade hochenergetische Titel wie 'Speak' oder 'The Needle Lies' schreien förmlich danach, auf der Bühne etwas mehr Gas zu geben. Und ich glaube, auch auf der "Operation: Livecrime" damals war von dieser Dynamik noch etwas mehr zu spüren. Da kann man froh sein, dass die weiblichen Vocals von 'Suite Sister Mary' eben auch live dargeboten werden. Geoffs Tochter Emily Tate übernimmt diesen Part ja schon länger und das Duett der beiden ist durchaus hörbar, wenngleich Emily für das eine Stück noch nicht so warmgesungen ist. Das tut der Stimmung aber keinen Abbruch. Das ganze Publikum, welches in den ersten drei Reihen zum Großteil über 50 Jahre alt ist, feiert begeistert die komplette Story, bis der letzte Ton von 'Eyes Of A Stranger' verklingt. Nach Beendigung des epischen Longplayers ist aber noch lange nicht Schluss. Geoff erinnert das Publikum daran, dass ja noch einige Alben zur Verfügung stehen, von denen man ja noch was spielen könnte. 'Empire' kommt im Publikum ebenfalls sehr gut an, wohingegen 'One Foot In Hell' nicht so recht aus dem Quark kommen will. Natürlich darf der damalige Airplay-Hit 'Silent Lucidity' auch nicht fehlen, der ebenfalls gebührend gefeiert und mitgesungen wird. Im letzten Zugabenblock geht es dann nochmal ganz weit zurück in die Newcomer-Zeiten und 'Queen Of The Reich' setzt den Schlusspunkt zu diesem fantastischen Abend, dessen Höhepunkte ganz klar das komplette "Mindcrime"-Album sowie die Songs von "Empire" waren, die zu Recht die beiden erfolgreichsten Alben der Band darstellen. Der Höhepunkt für Jack Ross hingegen sollte erst nach dem kompletten Konzert erfolgen, denn Jack hat am heutigen Tag Geburtstag und bekommt noch neben dem obligatorischen "Happy Birthday"-Gesang aus dem Publikum tatsächlich einen Kuchen überreicht. Ein tolles Ende eines tollen Abends! |
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