Livebericht Amorphis (mit Before The Dawn und Amoral) |
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Ein Livebericht von Krümel aus Andernach (Juz-Liveclub) - 23.10.2009 (36912 mal gelesen) |
Klick auf die Bilder führt zur Gallery Eine Tour mit drei finnischen Bands kann man sich in der Fantasie (Achtung, Klischee-Alarm!) ungefähr so vorstellen: die Tür des Tourbusses geht auf und heraus torkeln bleiche, langhaarige junge Kerle mit 3 Promille und geschminkten Augen. Umso überraschter waren wir, als wir bei der Ankunft von irgendwelchen Tour-Ausfällen keine Spur entdecken konnten. Im Gegenteil, uns begrüßte ein topfitter Tuomas Saukkonen von BEFORE THE DAWN, der statt der Bierflasche beim Interview seine Hanteln stemmte. Respekt! Das Interview selbst könnt ihr selbstverständlich an entsprechender Stelle hier nachlesen, doch jetzt geht es erst einmal um die Live-Qualitäten der aufspielenden Bands. Das Andernacher JUZ schien kurz vor dem Ausverkauf zu stehen, denn nicht zuletzt aufgrund der ungemütlichen Temperaturen draußen drängten die Fans ununterbrochen in den netten Club, der immerhin geschätzte 500-600 Besucher fassen kann. Wie in Skandinavien generell üblich beginnen die Nachwuchs-Metaller bereits mit Milchbart-Flaum die Instrumente zu beherrschen. Auch der Opener an diesem Tag, AMORAL, sah irgendwie aus wie frisch von der Schulbank gecastet. Vom Fotograben aus konnte ich mich zuerst vergewissern, dass Drummer Juhana wirklich kein Mädchen ist, und Frontmann Ari gab zu Beginn einen Axl Rose für Kassenpatienten. Na, das konnte ja was werden. Der Opener 'Gave Up Easy' kam auch recht verhalten aus den Boxen und man merkte der Band die noch fehlende Bühnenerfahrung an. Die meiste Zeit waren die Jungs ohnehin damit beschäftigt, den Kopf korrekt in den Ventilatorstrahl zu bringen, damit die Matten schön fliegen. Doch sie verhielten sich recht geschickt und sparten sich die besten Songs für später auf, wenn sich die Nervosität legt und man mit dem Publikum etwas warm geworden ist. Zuerst legte Ari glücklicherweise seine peinliche Rockstar-Verkleidung ab, und die Gitarristen übten sich schon mal im Oldschool-Posing. Während die ersten Songs noch recht brav und banal rüberkamen, bewies die Band mit 'Nervasion' ihre doch erkennbare Wandlungsfähigkeit. Statt biederen Riffs zu klarem Gesang ertönten plötzlich Geknüppel und Growls. Ungeschlagen war für mich aber das hitverdächtige 'Release' mit tollen Delay-Tricks. An dieser Stelle mal ein Lob an den Mixer, der der Band einen für einen Opener erstaunlich professionellen Sound hingezaubert hatte! Insgesamt ein netter Gig zum warm werden, aber AMORAL müssten bei vielen Songs noch unverkrampfter an den Start gehen, damit sie sich besser entfalten können. Sie sind ja noch jung, und ich mach mir da keine Gedanken. (Opa Steve) War das JUZ bei AMORAL schon recht ordentlich gefüllt, so drängten sich bei BEFORE THE DAWN eine gute Portion mehr Leute in der Halle. Natürlich versammelten sich in den vorderen Reihen hauptsächlich die Die-Hard-Fans der Finnen. Leider hatten die nicht gerade viel Bewegungsfreiheit auf der Bühne, da das Drumkit noch vor dem des Headliners aufgebaut war. Insgesamt blieben dem Gitarristen und Bandkopf Tuomas Saukkonen (nach eigenen Worten) nur etwa 70cm bis zu den Monitoren. Nicht gerade viel, doch selbst wenn es den Radius der Musiker sicherlich etwas einschränkte, so tat dies aber der Stimmung der Herren offenbar keinen Abbruch. Denn von Beginn an legte der Vierer eine sehr hohe Spielfreude an den Tag. Vor allem der erst seit diesem Sommer fest zur Band gehörende Drummer Atte Palokangas hatte sichtlich Spaß, grinste er doch die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd. Und auch Lead Gitarrist Juho Räihä strahlte des öfteren. Musikalisch boten BEFORE THE DAWN eine wirklich klasse Auswahl aus ihrem reichhaltigen Melodic Dark/Death Metal Programm der letzten zehn Jahre. Nicht umsonst heißt ihre Tour "Decade of Darkness". Geprägt sind die Kompositionen durch den Wechselgesang zwischen Bandkopf Tuomas Saukkonen, der die Grunts dazusteuert, und den tollen Clearvocals des Bassisten Lars Eikind. Neben Titeln der beiden letzten Alben ('Dying Sun', 'Monsters', bei dem Tuomas eine Saite der Gitarre riss, er aber bis zum Ende des Liedes weiterspielte, oder 'Faithless') fehlten auch Songs der älteren Scheiben nicht (z.B. 'Disappear', 'Scar', 'My Room' und sogar 'My Darkness'). Am Sound war hier absolut nichts auszusetzen - im Gegenteil, es schien der beste an diesem Abend zu sein. All das trug dazu bei, dass das Publikum sehr positiv und die vorderen Fanreihen fast frenetisch auf die wirklich klasse Darbietung der Finnen reagierten. Darüber war die Band und vor allem Lars Eikind sichtlich erstaunt und begeistert. Er bedankte sich immer wieder bei der Menge vor der Bühne. Den krönenden Abschluss des Gigs bildete dann der - von den Fans schon während des ganzen Auftritts heftigst geforderte - Band-Hit 'Deadsong', bei dem dann auch viele Kehlen mitsangen. Als dann leider auch der letzte Ton verklungen war, sagte ein Fan meiner Nähe sinngemäß: "War das genial - jetzt kann ich heimgehen"... Da sich die folgende Umbaupause ein wenig hinzog, musste das Publikum ein wenig länger auf die Headliner warten. Doch was tut ein Metaller da, um nicht unnötig Zeit zu vergeuden? Richtig, er versorgt sich unterdessen mit einem frischgezapften Erfrischungsgetränk, damit die Kehle auch gut geölt ist für den weiteren Abend (natürlich gab es auch ein alkoholfreies Angebot). An dieser Stelle seien einmal lobend die immer fairen Getränkepreise des JUZ erwähnt. Außerdem machten die Jungs + Mädels hinter dem Tresen gerade bei der Menge an Leuten einen echt guten Job! Als dann endlich das Licht erlosch, füllte sich die Halle bis zur hinteren Wand und war damit zum Bersten voll. Erwartungsfroh brach großer Beifall aus, als AMORPHIS die Bühne betraten und gleich mit der Singleauskopplung 'Silverbride' sowie 'Sampo' vom aktuellen Album "Skyforger" loslegten. Dabei zog wie so oft Fronter Tomi Joutsen mit seiner wahnsinnig langen Rastamähne, die ihm mittlerweile bis über's Knie reicht, und seinem besonderen Retro - Mikro im Stil der 50er/60er Jahre die Aufmerksamkeit auf sich. Zunächst kamen die klaren Gesangspassagen von Tomi nicht so sauber rüber, wie man es sonst von ihm gewohnt ist, wurden aber im Verlauf der Show zum Glück immer besser. AMORPHIS boten nicht nur neuere Songs, sondern man begab sich zwischendurch u.a. mit 'The Castaway', 'Alone', 'Black Winter Day' oder dem Medley aus vier Tracks des "Elegy" Albums immer wieder auf eine kleine Zeitreise zurück in die Bandhistorie. Dabei verbreiteten die sypathischen Finnen eine geniale Stimmung, die sich natürlich auch auf das gesamte Publikum übertrug und vor allem die langjährigen Fans bedankten sich für diese geniale Songauswahl mit frenetischem Jubel. Und so entstand im Laufe des Auftritts eine immer intensiver werdende Atmosphäre in der Halle. Auch die aktuelle Singleauskopplung 'From The Heaven Of My Heart' sowie 'Sky Is Mine' kamen natürlich bestens bei den Leuten an. Aus vielen Kehlen wurde mit voller Inbrunst Zeile für Zeile der Texte mitgesungen. 'Black Winter Day' beendete dann den regulären Set der Finnen. Aber natürlich wollte die Menge die Musiker nicht so ohne weiteres gehen lassen. Gemeinsam forderten hunderte Stimmen lautstark eine Zugabe. AMORPHIS ließen sie nicht lange bitten und präsentierten noch einmal drei Stücke aus ihrem großen Repertoire, wobei Tomi Joutsen seine Mähne durch intensives Propellerbanging strapazierte. Als würdigen Schlusstitel 'My Kantele' hatte man gewählt und ließ danach eine zufriedene und glückliche Fanschar zurück. (Krümel) So ging ein wirklich toller Abend mit klasse Auftritten zuende. AMORAL, BEFORE THE DAWN und AMORPHIS zeigten mal wieder, dass Shows in kleineren Locations meist bestens funktionieren. Denn durch die räumliche Nähe können die meisten Musiker eine deutlich engere "Bindung" zum Publikum aufbauen; was sich sowohl positiv auf die Leute auf, als auch vor der Bühne auswirkt. |
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