Servants To The Tide - Where Time Will Come To Die

Review von Chaosswampchicken vom 24.07.2024 (148 mal gelesen)
Servants To The Tide - Where Time Will Come To Die Als jemand, der sich sehr gerne den schweren und großen Klängen des Epic Doom Metals hingibt, bin ich doch der Meinung, wir sollten viel mehr Vertreter eben dieses Zweiges des Metals haben, THRONEHAMMER und CANDLEMASS können ja nicht jedes Jahr ein Album machen, auch wenn ich das sehr begrüßen würde. Da kommen dann SERVANTS TO THE TIDE aus Hamburg ins Spiel, 2018 gegründet, haben sie 2021 ihr selbstbetiteltes Debütalbum auf den Markt gebracht, die nautischen Elemente und kräftigen Melodien waren es, bei denen ich mir dachte, was ein Brecher, ich hoffe da kommt noch mehr. Drei Jahre später ist es nun soweit, am 19.07.24 hat die Combo ihr ambitioniertes Sophomor Album über No Remorse Records veröffentlicht. Bevor wir herausfinden, was uns auf "Where Time Will Come To Die" erwartet, hier noch ein paar, wie ich finde, passende Worte der Band: "Nach der Veröffentlichung unseres Debütalbums haben wir uns Zeit genommen, um als echte Band zusammenzuwachsen und um Songs zu schreiben. "Where Time Will Come To Die" ist ein ehrgeiziges Album, das die Grenzen von SERVANTS TO THE TIDE verschiebt: Wir haben alles von einem Heavy Metal-Knaller bis zu einem zehneinhalb-minütigen Monolithen, von einer Klavierballade, bis zu einem synthielastigen Lava Doom-Song. Wir hoffen, ihr habt genauso viel Spaß mit dem Album, wie wir bei seiner Entstehung." Steigen wir direkt ein.

Weißer Wanderer

Was einem als Allererstes ins Auge springt, ist das tolle Artwork, liest man sich die Songtitel durch, merkt man, dass es ziemlich gut passt, denn es zeigt einen von Licht erfüllten, offenen Platz, die Menge streckt ihre Arme nach oben ins Licht, langsam beginnen sie sich aufzulösen. Ist es die Entrückung? Nach dieser Analyse starten wir jetzt mit dem Opener 'With Starlight We Ride' in die Platte, er ist einer der längeren Tracks, er zeigt viele Elemente, die ein gutes Epic Doom-Album haben sollte, angefangen mit einem treibenden Schlagzeug und einem melodischen Riff zu Anfang. Nach kurzem Spiel setzen hier auch Chorklänge ein, die dem Ganzen dann tatsächlich ein wenig mehr Epic einhauchen. Was mich wirklich freut zu hören, ist, wie sehr Sänger Stephan Wehrbein in den letzten drei Jahren an seiner Stimme und Performance gearbeitet hat, seine Vocals klingen knackiger und voller, er ist vielleicht kein Dio, die Leidenschaft aber ist die gleiche. Zur Mitte hin sind mir die Cymbals hier ein wenig zu vorherrschend, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Die schon erwähnten Chorklänge, die die epischen Melodien und den Gesang von Stefan untermalen, führen gekonnt zu einem ersten Break, das Solo in eben diesem Break überrascht mit feinem Tapping und kernigem Geschreddere. Dieser Opener verspricht schon mal vieles, mal schauen ob der Rest vom Album mithalten kann. Mit satten acht Minuten Spielzeit kommt 'Sunrise In Eden' daher, für etwa eine Minute hören wir nur Instrumente, die eine schwere Melancholie über das Lied legen, sobald Stephan einsetzt, mag ich behaupten, eine gute Portion Folk zu hören. Live dürfte der Song sicherlich zum Mitsingen animieren. Es folgen cleane Gitarrenleads, die, unterstützt durch im Hintergrund agierende Drums, das Träumerische und Melancholische glaubhaft in den weiteren Verlauf des Songs tragen. Der Refrain des Songs strotzt vor Stärke, und mit mehrstimmigem Gesang bekommt man mich sowieso. Um ehrlich zu sein, hätte ich den Song hier noch ein wenig lieber als Opener gesehen, der Mix aus epischen/kraftvollen Parts sowie dramatischen und gefühlvollen Parts, transportiert für mich einfach noch besser, was ich an dem Genre mag, auch hätte ich ein klein wenig gekürzt, aber auch hier, Meckern auf hohem Niveau. 'White Wanderer' hingegen ist gehüllt in Dunkelheit, der Bass von Sören Reinholdt ist unglaublich drückend und schwer, hinzu kommen auch hier wieder die passenden tragenden Rhythmen aus den Drumsticks von Lucas Freise, der gekonnt und selbstbewusst sein Schlagzeug zu bedienen weiß. Die gruseligen Töne im Hintergrund tragen zur Atmosphäre des im Dunkel gehaltenen Songs bei. Wenn Stephan mit seiner Stimme in die Höhe geht, bricht sie dann doch an manchen Stellen, aber ganz ehrlich, zu poliert soll das Ganze ja auch nicht sein. Das wird auf jeden Fall einer meiner Favoriten auf "Where Time Will Come To Die".

Wo es die Zeit zum Sterben hinzieht

Mit dem in drei Akten dargestellten und über zehn Minuten langen Epos 'If The Stars Should Appear' sind wir nun im letzten Drittel des Machwerkes der Hamburger angekommen. Was kann man bisher über das Album sagen? Man spürt, dass SERVANTS TO THE TIDE gewachsen sind, sowohl musikalisch, als auch im Bandgefüge. Nun zurück zum Song: Wir starten mit einem träumerischen Piano-Part, nach und nach setzen der cleane Gesang von Frontmann Stephan und das Schlagzeug von Lucas ein, es folgen die schweren Melodien der Gitarristen Leonid Rubinstein und Katharina Großbongardt, die Intensität und Atmosphäre des Songs steigert sich, wenn wir uns dem zweiten Akt nähern, besonders der Gesang wird rauer und fordernder. Das generelle Klangkonzept des Songs ist drückend und schwer und doch treibt es unglaublich leicht nach vorne. Hört rein, dann wisst ihr, was ich damit meine. Das großartige Lied endet wie es begonnen hat, mit Pianoklängen, nach all der Energie ein angenehmer und passender Stimmungsumbruch. Und da sind wir auch schon am Ende des Releases, der Vorhang fällt mit dem Closer und Titeltrack 'Where Time Will Come To Die', hier wird von Anfang an eine melancholische Grundstimmung, eine Art Abschluss/Aufbruchsstimmung verbreitet. Hier zeigt die gesamte Band noch einmal, was sie kann, es macht Spaß, einfach die Augen zu schließen und die Musik ihr Ding machen zu lassen. Die mehrstimmigen sowie flüsternden Parts geben hier zusätzlich Tiefe, die Bridge ist es dann, die mich durch die sehnsüchtigen cleanen Gitarrenparts in den Bann zieht. Auch im weiteren Verlauf mit mehr Härte bleibt dieses sehnsüchtige Gefühl, so kann man gut mit SERVANTS TO THE TIDE und "Where Time Will Come To Die" leben.

Fazit

Die Band hat mit ihrem Sophomor Album einen Release geschaffen, das ältere, aber auch jüngere Liebhaber des Genres gefallen könnte. Die letzten Jahre wurden gut genutzt, um sich und die Musik weiterzuentwickeln, aber dennoch Raum zu lassen, dass man auch in Zukunft noch eine Entwicklung ausmachen kann. So gut das Album ist, gibt es natürlich auch ein paar Punkte, an denen die Band noch arbeiten kann. In diesem Fall, speziell bei den längeren Stücken, merkt man in manchen Parts doch eine gewisse Zerstreutheit, es ist fast so, als wären SERVANTS TO THE TIDE sich selbst manchmal ein wenig voraus. Es bleibt aber ein gutes und interessantes Album, dem ihr eine Chance geben solltet.

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. With Starlight We Ride
2. Sunrise In Eden
3. The Trial (CD Only Bonus Track)
4. White Wanderer
5. If The Stars Should Appear
- Act I: Nothing But Cloudless Sky
- Act II: The Days Of Ill-Winged Idols
- Act III: Marching To The End Of The World
6. Towards Zero
7. Where Time Will Come To Die
Band Website: www.facebook.com/servantstothetide
Medium: CD, LP
Spieldauer: 50:19 Minuten
VÖ: 19.07.2024

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