Interview mit Robert "Unas" Zimmermann von Berkowitz

Ein Interview von Warlord vom 21.10.2012 (8122 mal gelesen)
BERKOWITZ' "Sent To Dominate" ist eine Granate mit sehr viel Durchschlagskraft, Robert "Unas" Zimmermann das "Mastermind" dahinter. Antworten in recht seltener Präzision gab's auf meine teils recht ausufernden Fragen.

Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album, das ich sehr gelungen finde. Auch beim neuerlichen Hören fallen mir immer neue Details auf. Mir war dein Name bisher unbekannt, vielleicht stellst du dich einmal kurz vor und schilderst außerdem, wann es mit BERKOWITZ losging und die Entwicklung des Projekts.

Robert "Unas" Zimmermann: Hej Martin, freut mich, dass dir die Scheibe gefällt! Die Anfänge von BERKOWITZ liegen in Würzburg, wo ich Mitte 2008 ohne eine feste Band da stand und mir die Zeit damit vertrieb, an ein paar Song-Ideen herumzubasteln. Nach und nach wurde daraus genug Material für ein Album, welches letztendlich im letzten Jahr erschienen ist. Ich spiele seit ungefähr acht Jahren Schlagzeug und kann mich mit BERKOWITZ musikalisch vollkommen frei entfalten. Anders als in einer demokratischen Band quatscht einem da nämlich keiner rein, haha. Mir wird sicher niemand widersprechen, wenn ich sage, dass so ein Soloprojekt relativ gut den Macher selbst reflektiert. Das ist dann wohl auch der Grund dafür, dass sich das neue Album recht stark vom Debüt "Five Thousand Years To Hate" unterscheidet, weil man sich als Mensch einfach weiterentwickelt und sich auch der eigene Musikgeschmack wandelt.

Der Sound ist für eine Eigenproduktion geradezu sensationell. Wie schafft man es, sowas im heimischen Wohnzimmer hinzubekommen? Hast du eine dementsprechende Ausbildung oder ist das alles autodidaktisch zustande gekommen?

Robert "Unas" Zimmermann: Vielen Dank! Eigentlich ist "Sent To Dominate" genauso aufgenommen worden wie das Debüt-Album, bloß dass ich aus den Fehlern von "Five Thousand Years To Hate" gelernt habe. Schlagzeug und Gesang wurden im gleichen Proberaum aufgenommen, die Gitarren hat Nikita bei sich zuhause eingezockt. Ich habe keinerlei Ausbildung als Tontechniker oder Ähnliches, sondern habe mich selber ein bisschen in die Thematik eingelesen, Foren-Threads mitverfolgt usw. Ab einem gewissen Grundwissen ist es dann klassisches Trial-and-Error. Das kostet Zeit und Nerven, spart aber Geld – ist also die perfekte Studenten-Methode.

Einen Teil eures/deines Sounds höre ich wirklich zum ersten Mal, zumindest in dieser "Strenge", ich meine z. B. die vielen blastigen Passagen mit darübergelegten sehr episch-majestätischen Riffs oder auch vollen Akkorden. Den Schluss von 'Second Class Human Being' kann ich da z. B. nennen, 'Endurance' oder das flotte (haha) Instrumental. Lange Rede, kurzer Sinn: Wie zufrieden bist du mit den Songs auf "Sent To Dominate", gibt es Favoriten? Mir ist aufgefallen, dass die Aufnahmen schon im Mai vorigen Jahres abgeschlossen wurden, hat es so lange gedauert, eine Plattenfirma zu finden oder gibt es andere Gründe für die Verzögerung?

Robert "Unas" Zimmermann: Ja genau, das Album ist sogar vor dem Releasedatum des Debüts fertig eingespielt gewesen. Wenn du ein unbekanntes Studioprojekt ohne Auftritts-Ambitionen machst, dann kommt natürlich kein Major-Label an, schreibt dir einen dicken Scheck und schenkt dir einen Sportwagen, wenn sie deine Platte veröffentlichen dürfen, um es mal optimistisch auszudrücken. Die Produktion der ersten CD hatte sich damals ewig hingezogen und dann kam auch noch die Labelsuche dafür hinzu – genug Zeit, um an neuen Songs zu arbeiten und diese dann auch noch fertig aufzunehmen. Ein Label für "Sent To Dominate" zu finden, war eigentlich nicht schwierig, aber keiner möchte das zweite Album einer Band gleich ein halbes Jahr nach dem Debütalbum auf den Markt werfen, also war wieder mal Warten angesagt. Oh, du fragtest ja auch nach Favoriten: Ehrlich gesagt habe ich keinen klaren Lieblingssong. Ich bin recht zufrieden mit der Scheibe und finde, dass jedes Stück seine Besonderheiten und Highlights hat.

Um noch einmal auf 'Defects' zurückzukommen: Kompliment wieder für die Musik, aber wie kommt so ein gruseliger Text zustande? Ist die Realität allgemein wirklich so negativ oder verstehe ich da etwas falsch?

Robert "Unas" Zimmermann: Ja, 'Defects'...der Song ist wohl einer der persönlichsten auf dem Album, eigentlich möchte ich gar nicht so viel dazu sagen. Die Realität kann dich manchmal einfach fertig machen.

Aus dem Internet habe ich in Erfahrung gebracht, dass du bereits seit einiger Zeit als Grafiker für andere Bands unter dem Namen "Illustrious" tätig bist. Das gelungene Artwork der CD hast du ja auch selbst gestaltet. Wenn du magst, könntest du hier deine Arbeit/anderes Hobby etwas vorstellen.

Robert "Unas" Zimmermann: Stimmt genau, ich verdiene als Illustrator meine Brötchen, "Illustrious" ist auch auf Facebook vertreten (facebook.com/thisisillustrious). Bandlogos und Coverartworks sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs, davon allein könnte ich nicht leben. Auf meine Kappe gehen unter anderem die Logos von DER WEG EINER FREIHEIT, WAR FROM A HARLOTS MOUTH und HAILSTONE oder auch das "Wahnsee"-Artwork von KLAMM. Alles geile hörenswerte Bands, an dieser Stelle mal viele Grüße an die Jungs und all die anderen, für die ich mal irgendwas gezeichnet habe!

Dein einziger "Mitarbeiter" ist der Gitarrist N(ikita). K(amprad). von DER WEG EINER FREIHEIT. Seine Gitarrenarbeit finde ich sehr variabel und heavy. Wie kommt der Kontakt zu ihm zustande und vielleicht stellst du ihn und seine Band einmal kurz vor, da ich sie nicht kenne und prompt im letzten ROCK HARD auf ein kurzes Interview gestoßen bin.

Robert "Unas" Zimmermann: DER WEG EINER FREIHEIT ist das Soloprojekt von Nikita, den ich noch aus meiner Studienzeit in Würzburg kenne. Er hat sich ein Live-Line-Up zusammengestellt und spielt mittlerweile äußerst erfolgreich Touren und Festivals, hat zwei LPs und eine EP veröffentlicht und letztens sogar auf "Spiegel-Online" wohlwollende Worte von KREATOR-Mille geerntet – ich gönne ihm und seinen Jungs den Erfolg und bin gespannt, was die Zukunft für DWEF noch bringen wird. Viele Grüße und danke für deine Gitarrendienste, Nikita!

Beim Band-/Projekt-Titel habe ich sofort an den heute noch lebenden amerikanischen Serienkiller gleichen Namens, genannt auch Son Of Sam, denken müssen. "Gravity" bemerken dazu in ihrem Info ja (süffisant?), dass sich der Name eben auf KEINE berühmte historische Persönlichkeit bezieht, aber ich rieche da Ironie. Klär mich also bitte auf...

Robert "Unas" Zimmermann: Irgendwie finde ich es komisch, dass das niemand so richtig verstehen möchte. Letztens hat ein Reviewschreiber sogar ernsthaft angezweifelt, dass sich der Name eben NICHT eindeutig auf David Berkowitz bezieht. Warum sollte ich denn lügen? Fakt ist, dass die meisten Bands heutzutage vollkommen langweilige Namen haben. Die Schwarzmetaller benennen sich nach Dämonen oder heißen "Black+Substantiv", die selbsternannten Goregrinder nach möglichst ekelerregenden Ausdünstungen und und und...für jede Schublade gibt es einen solchen Stereotypen und das ist einfach nur öde. All diese Namen eifern doch nur solchen Klassikern wie DEATH oder SLAYER nach, die ihre Bands in einer Zeit benannten, als man damit noch Empörung erzeugen konnte. Deshalb wollte ich einen Namen, der keine feste Konnotation zulässt. Für die einen hat es halt mit dem Serienmörder zu tun, für den anderen mit Liane Berkowitz. Andere Spaßvögel sehen darin eine Disney-Figur – so what. Namen sind Schall und Rauch, auf den Inhalt kommt es an, oder?

Auf Texte im Metal groß einzugehen ist nur in den seltensten Fällen notwendig, besonders natürlich bei dir. Im neuen ROCK HARD lese ich, dass deine Videos von YOUTUBE verbannt wurden, angeblich mit dem Schlagwort "Gewaltverherrlichung" begründet. Was ist zu der Aktion zu sagen? Leider kam ich zu spät, um die Inhalte der Videos selbst in Augenschein zu nehmen, was wurde da gezeigt und beanstandet? Nimmt man den Text von z. B. 'To The Aggressor The Valve', erkennt man schon eine etwas wütende, um nicht zu sagen gewaltige Attitüde. 'Paveway To The Gods' und die Bezugnahme auf den "Elften September" im Info deuten auch in die Richtung. Terror oder doch eher ("Gravity"-)Entertainment?

Robert "Unas" Zimmermann: Ich finde es lächerlich, dass YOUTUBE einen aus Nachrichtenschnipseln zusammengeschnittenen Zwei-Minuten-Film wegen zuviel Gewalt löscht. Schau dir den Trailer auf DAILYMOTION an (die haben damit offenbar weniger Probleme) und sag mir, ob du den Eindruck hast, dass ich es cool finde, wie Menschen aus dem WTC in den Tod springen, wie Gaddafi blutüberströmt vom wütenden Mob hin- und hergezerrt wird. Das Video zu löschen ist genauso absurd, als würde man die Tagesschau zensieren. In 'To The Aggressor The Valve' geht es z.B. um den "Arabischen Frühling" mit all den wütenden Menschenmassen, die gegen Diktatur und Unterdrückung aufbegehren. All das wird durch das Werfen eines Steins symbolisiert und dann die Parallele zu Steinigungen im Sinne der Scharia gezogen. Wo liegt die Grenze zwischen Recht und Unrecht? 'Paveway' ist der Name eines amerikanischen Waffensystems, welches in so ziemlich allen Konflikten mit US-Involvierung seit Vietnam zum Einsatz kam. Im Text selber geht es um die zivilen Opfer, die der Krieg IMMER fordert. Letzte Woche erst wurden wieder mal ein paar afghanische Frauen beim Wasserholen von der ISAF weggesprengt, ups, Entschuldigung. Im Mai letzten Jahres waren es Kinder beim Feuerholzsammeln, hoppla, war ein Versehen. Das "Kill Team" letztes Jahr in Afghanistan. Der "Highway of Death" in Kuwait. Napalm und Agent Orange in Vietnam. Das ist doch krank.

Gibt es neben Grafik, Design, Musik noch weitere Berufe oder Hobbies? Irgendwelche interessanten Musiktips für aufgeschlossene Extrem-Freunde? Die wichtigsten 3 Metal-Platten für die einsame Insel?

Robert "Unas" Zimmermann: Grafik, Design und Musik? Reicht doch, haha! In letzter Zeit höre ich extrem viel skandinavischen Crustpunk. Mir fallen da spontan LIVSTID aus Norwegen ein, deren selbstbetitelte Scheibe haut mich immer wieder um. Auch live sind die Jungs der Wahnsinn. Ansonsten seht zu, euch NASUM noch mal live anzuschauen, ich hab jetzt zwei Konzerte der Abschiedstour in Tschechien und Schweden gesehen, das lohnt sich richtig. Leider immer noch nicht so bekannt sind CELESTE aus Frankreich, die musikalisch aber in eine völlig andere Richtung gehen. Auf die einsame Insel mitnehmen würde ich wohl "World Downfall" von TERRORIZER, "Wormwood" von MARDUK und "Paranoid Delusions/Paradise Illusions" von PULLING TEETH, nur um mich dann zu ärgern, dass ich mir das Zeug jetzt für immer und ewig reinziehen muss.

Welcher Preis für dein Schaffen wäre dir lieber? Eine goldene Schallplatte (wird derzeit für 100.000 verkaufte CDs verliehen) oder "Band Of The Week" bei Fenriz?

Robert "Unas" Zimmermann: Definitiv zweiteres. Rufst du ihn an?

Keine schlechte Idee eigentlich, Ergebnis dann demnächst. Alle anderen Extrem-Metaller, die Wert auf eine einigermaßen anständige Sammlung legen, ordern einstweilen "Sent To Dominate"! Jetzt!

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