Interview mit Jonas von Khaldera

Ein Interview von Krümel vom 27.11.2016 (20184 mal gelesen)
Die Schweizer KHALDERA machen Musik, die instrumental, psychedelisch und sehr intensiv ist. Ihre im Sommer erschienene EP "Alteration" lädt zum Bewussthören und Eintauchen ein - und machte mir auf alle Fälle Appetit auf mehr. Also packte ich die Gelegenheit am Schopf, als die Möglichkeit bestand den Musikern dahinter ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Bereitwillig beantwortete Bassist Jonas meine Fragen zur Band und natürlich zur Musik.

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Zunächst einmal die sehr oft gestellte Frage, wenn es um das Zusammenfinden von Menschen geht: Kanntet ihr euch schon vorher? Was war eure Motivation, gemeinsam Musik - und speziell diese Art von Metal - zu machen?

Jonas: Die beiden "Gründungsmitglieder" Sven (Gitarre) und Fabio (Schlagzeug), wie auch dann etwas später Jonas (Bass), kennen sich schon seit der Jugendzeit. Die Motivation zusammen Musik zu machen war vorhanden bevor irgendeine Vorstellung einer spezifischen Musikrichtung da war. Die Art der Musik hat sich organisch durch das gemeinsame Musizieren und die Einflüsse der Individuen ergeben.

Was bedeuten für Dich/Euch persönlich die Musik im Allgemeinen und der Metal im Besonderen?

Jonas: Ich denke für uns, wie auch für die meisten Menschen, ist Musik eine unverzichtbare Bereicherung des Lebens, denn Musik besitzt einen dermaßen direkten Zugang zum gesamten emotionalen Spektrum und kann gleichzeitig eine gemeinschaftliche Erfahrung sein, so dass sie schwer ersetzbar ist. Wir haben alle relativ breite musikalische Interessen, aber Metal/Rock hat zweifelsfrei durch seine Energie, Aggression und potentieller Raffinesse eine einzigartige Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann.

Vor drei Jahren gab es schon einmal eine in Eigenregie veröffentlichte EP. Die Nachfolge-EP "Alteration" wurde nun bei Czar Of Crickets veröffentlicht. Habt ihr davor selbst verschiedene Labels angeschrieben oder kam man auf euch zu?

Jonas: Vor Fredy von Czar of Crickets haben wir nie jemanden angeschrieben. Wir hatten uns zwar ausgemalt auf welchem Label es für uns passen könnte, aber tatsächlich umgesetzt haben wir nichts. Auch mit Czar of Crickets war es eigentlich kein großes Hin und Her. Das Meiste war nach einem Gespräch geklärt. imgright Für "Alteration" wollten wir eine andere Art von Produktion, Promotion und Vertrieb finden, gleichzeitig aber so unabhängig wie möglich bleiben. Es war uns ebenfalls wichtig, mit Leuten aus der Umgebung zu arbeiten, welche man auch effektiv treffen kann. Jemand der unsere Musik versteht und weiß worum es geht. Wir kannten Fredy (Rotter, Labelmanager) von der Band ZATOKREV und wussten, dass er erfolgreich sein eigenes Label betreibt und auch selbst schon einige Alben heraus gebracht hat. Also schrieben wir ihn einfach an. Er war von Anfang an sehr aufgeschlossen und für eine Zusammenarbeit bereit und wir sind bisher auch sehr dankbar für seine Arbeit. Dank seiner Kontakte in Europa erreichen wir mit unserer Musik international Menschen, die wir ansonsten nur mit sehr viel Aufwand oder gar nicht erreicht hätten. Es hat uns auch bereits ein paar sehr gute Reviews, Interviews und sogar Konzertmöglichkeiten eingebracht.

Kommen wir zu den Songs auf dem neuen Werk. Es handelt sich durchweg um Instrumentals. Seid ihr per se keine Fans vieler Worte?

Jonas: Das kann man nicht ganz so einfach verallgemeinern. Manche Bandmitglieder sind gesprächiger als andere, der Grund dafür, dass es keine Vocals auf den Songs hat liegt wohl eher daran, dass keiner von uns ein begnadeter Sänger ist. Abgesehen davon sind wir alle der Meinung, dass das instrumentale Material stark genug ist, um problemlos ohne Gesang auszukommen.

Viele Bands wollen sich ja unbedingt durch Lyrics ausdrücken, lasst ihr eher die Musik für euch sprechen?

Jonas: Bei uns hat die Musik bestimmt Vorrang, ja. Wir sind keine Band, welche mit Parolen um sich schmeißt, das aktuelle Weltgeschehen etc. thematisiert. Wenn, dann hat es eher emotionalen oder gar persönlichen Bezug, eine Art des Durchlebens von etwas. Auch für uns stellt unsere Musik einen Ausflug dar.

Was wollt ihr damit bewirken bzw. was sollen die Menschen beim Hören fühlen?

Jonas: Um das geht es genau, dass wir den Menschen nicht sagen was sie fühlen sollen. Es soll um ein individuelles Erleben gehen. Natürlich schreibt man gewisse Teile mit dem Ziel einen "Nackenbrecher" oder eine hypnotische Stimmung zu erreichen, aber wir versuchen, uns da nicht zu offensichtlichen Stilmitteln zu bedienen.

Fließen die Melodien eigentlich von selbst aus euch raus oder komponiert ihr bewusst?

Jonas: Das meiste fließt bei den Jams einfach raus. Das Wichtige ist, nicht zu viel nachzudenken. Sobald man frei ist von Vorstellungen und Erwartungen, kann sich etwas ergeben. Das heißt, es muss auch nicht von Anfang an perfekt sein. Wenn man auf etwas stößt, das einem gefällt, wiederholt man es eben und versucht es zu verbessern. Im späteren Stadium eines Liedes bedingt es zum Teil dann schon einer gewissen "Kopfarbeit", damit auch alles zusammen passt.

Was inspiriert auch beim Songwriting?

Jonas: Grundsätzlich beruht die Kernidee eines Songs tatsächlich auf einer Jam-Session. Danach gibt es nicht DAS Rezept oder DIE Herangehensweise, um einen Song fertigzustellen. Aber Improvisation bestimmt einen Großteil unserer Musik. Auf "Afterglow" verwendeten wir sogar vereinzelte Parts direkt aus einer Aufnahme eines Jams. Eine spontane Improvisation ist für Fabio auch bei den Schlagzeug-Aufnahmen nicht ausgeschlossen.

Gibt es eigentlich einen kreativen Bandkopf? Hat einer sozusagen die Federführung beim Komponieren? Oder ist bei euch eher Teamwork angesagt?

Jonas: Es ist grundsätzlich ein Gemeinschaftsprojekt, aber es ist fair zu sagen, dass Sven und Fabio als Gründungsmitglieder die klarste Vision der fertigen Komposition haben. Insbesondere Sven besitzt die Fähigkeit, ein in sich schlüssiges Werk aus den einzelnen Teilen zu erschaffen.

Habt ihr irgendwelche Bands als musikalische Vorbilder?

Jonas: Es gibt in diesem Sinne kein Vorbild für unsere Band, was durchaus positiv ist, da dadurch verhindert wird, dass wir bloß etwas Bestehendes wiederholen. Der eigene "Musikkonsum" prägt einen natürlich schon. Es gibt durchaus Bands, welche uns allen gefallen und als Inspiration dienen. Dies spiegelt sich aber nicht unbedingt direkt in unserer Musik wider.

Wie viel Arbeit steckt im Entstehungsprozess der drei Songs?

Jonas: Insbesondere in den letzten zwei Liedern 'The Inevitability Of Transition' und 'Afterglow' steckt einiges an Arbeit sowohl bezüglich der Abstimmung der einzelnen Teile untereinander, als auch der Instrumente untereinander. Es war gleichzeitig auch ein langer Prozess, da das Grundgerüst der beiden Stücke schon seit einigen Jahren vorhanden war, aber erst jetzt der passende Zeitpunkt für die Vollendung eingetroffen ist. Und da diese Songs schon so lange am Köcheln waren, wollten wir ihnen auch in Sachen Qualität gerecht werden, was uns unserer Meinung nach auch gelungen ist.

Eure Musik hat irgendwie eine intensive und geheimnisvoll-düstere Note. Seid ihr privat auch "dunkel" eingestellt oder eher Frohnaturen?

Jonas: Wir als Personen sollen bei dem Ganzen eigentlich nicht so eine Rolle spielen. Aber ich denke, kein Mensch hat nur eine einzige Seite. Man hört der Musik auch an, dass sie nicht nur auf einer Emotion basiert. Aber klar, alles was in diese Musik fließt sind wir und reflektiert uns gewissermaßen auch. imgleft

Ich gehe davon aus, dass ihr KHALDERA nicht als Hauptberuf ausübt, oder? Womit finanziert ihr die Band und die Produktionen?

Jonas: Nein, das wäre im jetzigen Stadium der Band völlig undenkbar. Die Band lebt schlicht durch die unspektakuläre Art der Selbstfinanzierung, durch reguläre Arbeit. Wahrscheinlich werden wir in Zukunft aber sogar einen Doktoren in der Band haben. Für eine größere Produktion, welche in Zukunft sicherlich ansteht, werden wir uns aber wohlmöglich mit den hiesigen Kulturförderungsprogrammen auseinandersetzen. Obwohl wir unserer DIY-Arbeitsweise treu bleiben wollen, summiert sich das Ganze am Schluss doch ziemlich.

Wäre es euer Wunsch, von der Musik allein leben zu können? Oder seht ihr das Ganze als puren Zeitvertreib an?

Jonas: Das Erste klingt toll, das Zweite zu banal. Als puren Zeitvertreib gibt es Einfacheres als Musik, dafür steckt zu viel Schweiß und Energie darin. Jeder von uns hat wohl schon gewisse Gedanken diesbezüglich gehabt, sowie Pros und Kontras abgewogen. Selbst wenn man sich dafür entscheidet, heißt es noch lange nicht, dass es auch Früchte tragen wird. Es gibt viele Faktoren, welche man nicht beeinflussen kann. Wir möchten uns jedenfalls nie gezwungen sehen, unserer Musik aufgrund von finanzieller Not nicht die Zeit zur Reifung geben zu können, die sie braucht.

Ich fand es schade, dass die EP nach drei Stücken schon zu Ende war. Wird es von KHALDERA denn auch mal ein komplettes Album geben? Und wenn ja, wann?

Jonas: Wie wir in einem anderen Interview schon gesagt haben: "Bestimmt kommt etwas vor 2025" ... haha ... Einerseits freut es uns, denn die einzig negative Rückmeldung, die wir bisher erhielten, war bezüglich der Länge der EP. Wir sind uns dessen schon bewusst und möchten auch baldmöglichst nachlegen. An zu wenig Songmaterial sollte es nicht scheitern, jedoch spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Aber unsere nächste Veröffentlichung wird bestimmt ein komplettes Album sein!

Wie immer haben bei uns die Künstler das letzte Wort. Ihr könnt jetzt noch all das sagen, was Euch so auf dem Herzen liegt ...

Jonas: Wir möchten uns für jede Möglichkeit bedanken, unsere Musik in die Welt tragen zu können.

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