Interview mit Kevin Portz von Gravety

Ein Interview von Tailgunner vom 12.01.2022 (15633 mal gelesen)
Die Saarländer GRAVETY haben vor kurzem mit "Bow Down" ein ziemlich starkes Album veröffentlicht. Das war mir Anlass genug, Sänger Kevin Portz ein wenig auszufragen.

Hi Kevin, es freut mich, dass du dir Zeit für meine Fragen nimmst. Euer neues Werk "Bow Down" hat ja nicht nur bei uns sehr gute Wertungen eingefahren. Zunächst mal sind du und der Rest der Truppe sicher froh, dass ihr "Bow Down" nun im Kasten und unter die Leute gebracht habt. Dann auch noch durchweg gute Resonanzen zu bekommen, fühlt sich gewiss gut an? imgright

Kevin Portz: Hi Sebastian, ja, das kann man wohl sagen. Nach der langen Pause fühlt es sich gut an, mal wieder neue Musik unter die Leute zu bringen. Über die positive Resonanz freuen wir uns natürlich auch, schließlich sind wir auch Fans.

Euch gibt es ja schon ein paar Tage und "Bow Down" ist auch nicht euer erstes Album. Wie habt ihr zusammengefunden? Seid ihr die typische Underground-Band, die auch abseits des Bandgeschehens zusammen hängt? Immerhin ist euer Lineup seit der Gründung unverändert stabil. Erzähle unseren Lesern doch gerne mal etwas über GRAVETY und die Menschen dahinter.

Kevin Portz: Uns gibt es bereits seit 2009. Im Sommer 2008 haben wir angefangen, in der immer noch aktuellen Erstbesetzung gemeinsam Musik zu machen. 2006 starteten unser Basser Simon und ich in einer Coverband. Jedoch merkten wir schnell, dass das nicht das Richtige für uns ist und wollten eigene Songs schreiben. Das passte dem Rest der damaligen Truppe nicht und so machten wir uns auf die Suche nach anderen Leuten. So kamen dann Phil und Gernot dazu, welche Arbeitskollegen sind. Unser Drummer Lukas komplettierte dann das Line-Up. Abseits des Bandgeschehens hängen wir auch ab, weil wir eng befreundet sind, obwohl es nicht immer einfach ist, alle Mitglieder zeitlich zusammen zu bekommen, weil unsere Gitarristen auch Familienväter sind. Von Ende 2013 bis 2019 pausierten wir die Band. Daran trugen die Familienplanung und mein sechsjähriger Abstecher nach Düsseldorf Schuld.

Bevor wir auf die Musik zu sprechen kommen, möchte ich noch über die optische Gestaltung sprechen. Nicht nur das Cover finde ich sehr stark, mir gefällt auch die Gestaltung des Booklets ausgesprochen gut. Alles ist sehr stimmig. Wer zeichnet dafür verantwortlich? Von wem stammen die entsprechenden Ideen und welche Künstler oder Gestalter waren daran beteiligt?

Kevin Portz: Danke, damit sind wir auch ziemlich zufrieden! Das Cover stammt von Velio Josto, der mir vor allem bei VULTURE positiv auffiel. Die Idee, diese "Schatten" als Bilder zu nutzen, hatte Phil schon recht früh. Im Laufe der Produktion des Albums hatten er und Simon bereits einige dieser Bilder zusammen gemacht, und so haben wir irgendwann beschlossen, dass wir zu jedem Song ein eigenes Bild wollen. Das passt dann auch zum Gesamtkonzept des Albums, welches den Hörer in eine "Sword & Sorcery" eintauchen lassen soll. Es geht bei uns nicht um zarte Elfen oder Einhörner mit regenbogenfarbenem Schweif, sondern um Schlachten, Mythen, geheimnisvolle Themen. Passend dazu also das Booklet, welches dann als Begleitbuch gelesen werden kann. Unser Label hat das Layout dann angepasst und das Backcover erstellt. Das komplette Booklet ist also ein Gemeinschaftsprodukt von Simone Peruzzi von unserem Label Metal On Metal Records, Simon und Phil. imgleft

Das schreit natürlich geradezu nach Vinyl. Man hat vernommen, dass da durchaus auch Hoffnung für eine entsprechende Veröffentlichung besteht?

Kevin Portz: Richtig vernommen, das Vinyl wird im Frühjahr kommen, Details folgen, sobald es absehbar ist. Momentan ist das ja alles in Verzug ...

Euer Debüt "Into The Grave" unterscheidet sich stilistisch deutlich von "Bow Down". Zugegebenermaßen waren Epic- und True Metal 2012 auch nicht übermäßig in Mode. Wie kommt der Stilwechsel zustande? Habt ihr kollektiv eure Vorliebe für dieses Genre entdeckt? Und alle in der Band sind da ohne Murren mitgezogen?

Kevin Portz: Ja, man könnte vielleicht meinen: Jetzt haben GRAVETY ewig nichts von sich hören lassen und dann springen sie auf den "Epic Metal-Zug" auf. Dem ist aber definitiv nicht so, denn diese Musik kannst du nur spielen, wenn du eine Passion dafür hast. Unsere Basis war auch beim Debüt traditioneller Heavy Metal. Daran hat sich nichts geändert. Auf "Into The Grave" gab es Ausreißer in Thrash und Epic Doom Metal, doch als wir uns klassisch beim Schwenken (saarländisch für Grillen) getroffen haben, waren wir uns einig, dass unsere Musik mehr "aus einem Guss" kommen soll. Also haben wir unsere Stärken gebündelt und "Bow Down" geschrieben. Dieses Mal hatten wir Lust auf Fantasy, da passt epischer Metal meiner Meinung nach am besten. Es kann gut sein, dass die nächste Platte düsterer wird … wir machen das, worauf wir gerade Lust haben. Und nein, es gab kein Murren über Epic Metal, denn letztendlich ist dieses Genre auch einfach sehr persönlich. Sicherlich gibt es bestimmte Trademarks, aber vieles davon ist Gefühlssache. Und wenn das für uns stimmt, wird es gemacht.

Zum Thema Songwriting: Gibt es einen Hauptsongwriter, oder entstehen die Stücke gemeinsam? Wer gibt die lyrischen Themen vor und wer zeichnet sich für die Texte verantwortlich?

Kevin Portz: Einen Hauptsongwriter gibt es nicht bei uns. Die Anteile variieren zwar, aber trotzdem leistet jeder seinen Beitrag. Die Grundidee kommt in der Regel von einem von uns und dann wird diese ausgearbeitet. Jeder schreibt seine Parts selbst und die Themen/Texte stammen in der Regel von mir. Wobei wir auch da durchaus zusammen an einigen Texten arbeiten. In 'Tower Of Ghenjei' geht es thematisch um "The Wheel of Time". Gernot ist ein Riesenfan dieser Buchreihe und deshalb wollte er einen Song darüber schreiben. Den Text haben wir dann gemeinsam erarbeitet, weil ich die Geschichte nicht kannte, aber um mich in diese Welt reinfühlen zu können, musste ich mich natürlich etwas einlesen. Simon wollte "Ragnarök" besungen haben, also haben wir gemeinsam die Lyrics zu 'Tales From The Fallen' geschrieben.

Wie lange habt ihr an "Bow Down" gearbeitet? Hat sich in den Jahren seit "Into The Grave" viel Material angesammelt, welches ihr verwenden konntet, oder gab es eine Art "Reset" und die Songs sind somit alle eher neueren Datums? imgright

Kevin Portz: Effektiv haben wir 2019 mit dem Songwriting angefangen, die Aufnahmen, Mix und Mastering zogen sich dann wegen der Pandemie von Sommer 2020 bis Juli 2021. Das Grundgerüst von 'Red Mountain' stammt von 2010 und ist somit der älteste Track, 'Bow Down' haben wir 2013 bereits live gespielt, allerdings mit anderem Text und auch die Struktur war nicht die gleiche. Alle anderen Songs sind somit neu.

Stilistisch kann man "Bow Down" einwandfrei dem Epic Metal zuordnen. Was sind deine persönlichen musikalischen Einflüsse und welche inhaltlichen Einflüsse aus Büchern, Filmen und so weiter finden ihren Wiederhall in eurer Musik?

Kevin Portz: Meine größten Einflüsse sind definitiv Elvis Presley und Ronnie James Dio, auch wenn es bei Elvis hauptsächlich das "Feeling" ist, bei Dio eher die Theatralik. Ansonsten zählen auch Robert Lowe, Messiah Marcolin, Harry Conklin, Rob Halford, Tony Martin, Glenn Hughes und James Rivera zu meinen Einflüssen. Inhaltlich sind wir da relativ klassisch unterwegs. Filme, Serien, Literatur, Comics ... auf "Bow Down" besonders Fantasy: "Lord Of The Rings", "Conan", "The Wheel Of Time" und "Game of Thrones". Generell würde ich sagen, Horror und alles Fantastsiche ... aber ich will noch nicht zu viel verraten, um was es in Zukunft gehen könnte.

Natürlich ist gerade der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, diese Frage zu stellen, denn nachdem es in den letzten Monaten wieder einiges an Konzerten zu besuchen gab, stehen wir derzeit erneut vor einem Herunterfahren der Unterhaltungsbranche. Dennoch: Wie sehen bei euch die Pläne für Live-Aktivitäten aus?

Kevin Portz: Du sagst es, momentan kann man das ja leider nur sehr schwer planen. Wir hätten natürlich gerne eine Release-Show gemacht, aber das war leider nicht möglich. Wir planen aber eine Show für nächstes Jahr und würden uns natürlich auch freuen, wenn Festivals und Veranstalter uns in ihrer Planung berücksichtigen würden. Wir haben jedenfalls Bock, die Bühne nach neun Jahren wieder zu betreten und das neue Material endlich live darzubieten!

Wenn Du dich mit GRAVETY einem beliebigen Package bestehend aus drei Bands plus euch anschließen könntet, was würden wir zu sehen bekommen? Die Frage ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, und in dieser alternativen Realität dürft ihr euch auch gerne die Bühne mit einer jungen und aufstrebenden Band aus dem Londoner Eastend teilen, deren Bassist eine Vorliebe für geklöppelte Bassgurte hat.

Kevin Portz: Wenn MAIDEN fragen würden, wären wir natürlich direkt dabei (haha). Ansonsten wären BLACK SABBATH halt schon mega, eigentlich egal, mit welchem Sänger. Dazu dann noch PRIEST und natürlich MANILLA ROAD. Ansonsten wären ATLANTEAN KODEX, DOOMSWORD und BATTLEROAR vielleicht etwas realistischer (haha). imgleft

Hast Du eigentlich jemals Gesangsunterricht genommen? Ich finde den Einsatz deiner Stimme auf "Bow Down" tasächlich sehr gekonnt. Welche Songs sind für dich anspruchsvoll zu singen und welche fallen Dir eher leicht?

Kevin Portz: Ja, hab ich. Ich war 2010 oder 2011 der erste Schüler von Martin Lemar (MEKONG DELTA) für ein paar Stunden und 2021 hab ich bei Jennie Kloos Unterricht genommen, was mir nochmal deutlich geholfen hat. Gute Frage, also 'Red Mountain' und 'Tales From The Fallen' dürften die schwierigsten Songs sein, 'Bow Down' und 'Carry On The Flame' vermutlich die leichtesten.

Welches sind deine beiden persönlichen Favoriten auf "Bow Down" und warum?

Kevin Portz: 'Carry On The Flame' muss ich da an die Spitze setzen, einfach weil er emotional wichtig ist, um Mark Shelton zu ehren. Ich wünschte wirklich, er könnte ihn hören, da Ihm bereits unser Debütalbum gut gefallen hat. Jedenfalls bin ich auf den ziemlich stolz, weil ich denke, die "Shark"-Elemente haben wir ganz gut mit einer Conan-Story verbunden. Mein zweiter Favorit ist 'Tower Of Ghenjei', dort finde ich die Chöre im Refrain sehr gelungen und den Bridge-Part, wenn es aus dem ruhigen Teil in den Chorus geht.

Nach dem Album ist ja auch immer vor dem Album. Ich hoffe nur, ihr lasst uns nicht wieder neun Jahre warten. Gibts es bereits Ideen oder schon fertig ausgearbeitetes Material für eine Zeit nach "Bow Down"? imgright

Kevin Portz: Nein, keine Angst, solange wollen wir nicht mehr pausieren. Ich kann dir jetzt kein Versprechen geben, wann die nächste Platte fertig sein wird, denn fertig ist noch nichts, aber das Konzept und einige Ideen stehen. Du kannst also gespannt sein ;)

Das soll es von meiner Seite aus gewesen sein, Kevin. Die letzten Zeilen gehören selbstverständlich dir. Vielleicht habe ich eine wichtige Frage unterschlagen, oder du möchtest noch irgendetwas anderes los werden. Teile unseren Lesern gerne noch etwas mit! Wie können sie GRAVETY unterstützen und wo gibt es euer Zeug zu bekommen?

Kevin Portz: Danke für dein Interesse und die spannenden Fragen! Ihr findet unser komplettes Album zum Reinhören bei allen gängigen Streaming-Anbietern, auf der Bandcampseite von Metal On Metal Records, sowie auf dem NWOTHM Channel auf Youtube. Wenn euch die Platte gefällt, könnt ihr uns supporten, in dem ihr das Video und Links zur Musik teilt, es euren Freunden empfehlt und die CD (bald dann auch Vinyl), Shirts, Girlies, Zipper oder Patches auf unserer Bandcampseite https://gravetymetal.bandcamp.com/ bestellt. Vielen Dank für die bisherige Unterstützung und hoffentlich sieht man sich 2022. Nur für Veranstalter: Wir freuen uns über Anfragen unter contact@gravety.de! Carry on the Flame!

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