Interview mit Yakir Shochat von Hammercult

Ein Interview von Contra vom 01.06.2013 (10578 mal gelesen)
Im Rahmen der Tour mit ACCU§ER und SEPULTURA haben wir uns mit Yakir Shochat, seines Zeichens Frontmann von HAMMERCULT, zusammengesetzt. Während ACCU§ER gerade die Bühne des Essener Kult-Clubs Turock besetzten, entspannten wir uns im Cafébereich bei einem heißen Tee, um Yakirs geschundenen Stimmbändern ein wenig Regeneration zu gönnen. Fünfzehn Minuten vorher rannte, sprang und brüllte Yakir noch über die Bühne wie ein wild gewordener Waldbrand (siehe Livebericht). Die Anstrengung war ihm sichtlich anzumerken, dennoch stellte er sich tapfer unserem Fragenkatalog.

Hallo Yakir. Danke, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Wie lief die Tour bislang für euch? imgleft

Yakir: Oh, es war eine großartige Tour bisher. Es ging in Deutschland los, dann nach Österreich, Holland, Frankreich, jetzt wieder Deutschland. Wir fahren noch in die Schweiz, es ist wirklich super und wir genießen jeden Moment.

Wie kam es zur Tour mit ACCU§ERund SEPULTURA?

Yakir: Das ist sogar schon unsere zweite Tour mit SEPULTURA. Wir waren letztes Jahr mit ihnen in der Tschechischen Republik, der Schweiz und Italien. Jetzt sind wir nochmal mit ihnen unterwegs. HAMMERCULT ist ja noch eine sehr junge Band, erst zweieinhalb Jahre alt. Aber wir wachsen erstaunlich schnell. Unser Debütalbum "Anthems Of The Damned" kam letztes Jahr raus und hat gute Kritiken bekommen. Wir werden im Oktober diesen Jahres unser zweites Album veröffentlichen.

Ist das Album schon fertig?

Yakir: Nein, es wird im August fertig sein und im Oktober veröffentlicht werden. Wir spielen dieses Jahr auch auf dem Summer Breeze, also HAMMERCULT bekommt schon einigen Zulauf. Wenn ich daran denke, was wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren erreicht haben: Wir haben zweimal in Wacken gespielt, wir haben dort den Metal Battle gewonnen. Das freut uns immer noch, aber wir bleiben bescheiden. Wir sind gespannt, wie das kommende Jahr für die Band laufen wird. Bis jetzt war es einfach klasse, wir haben einen Riesenspaß daran. Es ist unsere Leidenschaft, wir stecken da unser Blut und unsere Leidenschaft rein.

Du sagtest es gerade, ihr habt 2011 den Wacken Metal Battle gewonnen. Was hat sich seitdem für HAMMERCULT verändert?

Yakir: Nichts, wirklich gar nichts. Ich glaube, Wacken war so eine Art Startschuss für HAMMERCULT. Das hat uns in Deutschland und der ganzen Welt viel bekannter gemacht. Aber es hat sich nicht wirklich was verändert, weil wir vom ersten Tag wild entschlossen waren. Wacken hat uns wahnsinnig weitergeholfen, durch Ausrüstung und PR. Sie haben uns nach dem Metal Battle direkt fürs nächste Jahr wieder eingeladen, aber unsere Einstellung hat das nicht verändert. Wir arbeiten hart, wir machen hier alles selbst. Das Merch, die Backline, alles. Ich kümmere mich ums Tourmanagement, ich schreibe die Mails an die Magazine, ich organisiere die Interviews. Unsere Einstellung ist immer noch die gleiche. Auch wenn wir noch weiter wachsen sollten, wird sich das, glaube ich, nicht verändern. Ich mag es, Dinge selber zu machen.

Findest du neben der Tour und der Arbeit am neuen Album noch Zeit für die Arbeit? Wie sieht dein Leben neben HAMMERCULT aus?

Yakir: Ich bin Produktmanager bei einer der größten israelischen Softwarefirmen. Ich arbeite da jetzt schon sechs Jahre und mache da jetzt Produkt- und Projektmanagement. Das ist nicht wirklich interessant für eure Leser, aber ich finde es wichtig. Ich bin kein unterbelichteter Metalhead. Ich halte mich selbst für durchaus intelligent und ich habe genug Zeit für die Arbeit. Ich bin mit Leidenschaft bei meiner Arbeit. Ich denke mein beruflicher Hintergrund und meine Ausbildung helfen mir sehr bei HAMMERCULT. An alle da draußen, die ihrem Traum tatsächlich nachlaufen wollen und es mit ihrer Band schaffen wollen: Du brauchst einen Plan B. Du brauchst eine Ausbildung. Du weißt nie, was passieren wird und du brauchst immer eine Option in der Hinterhand. Und wenn du das gemacht hast, wenn du auf beiden Beinen stehst und deine Zukunft abgesichert hast, dann arbeite daran, deinen Traum zu leben. Folge deinem Traum, aber kümmere dich um einen Plan B. Macht eure Ausbildung fertig, Leute. Denn selbst, wenn du ein verdammt guter Musiker bist, wenn du gute Songs schreiben kannst und ein klasse Sänger bist: Wenn du ein verdammter Idiot bist, bist du ein verdammter Idiot. Dann schaffst du es nicht.

Danke für diesen väterlichen Ratschlag. Ihr kommt aus Israel, genauer gesagt, aus Tel Aviv. Das mag für den deutschen Metalhead vielleicht ein etwas exotischeres Land sein. Erzähl uns doch ein bisschen von der israelischen Metalszene.

Yakir: Die Szene in Israel ist ziemlich klein. Wir reden hier von fünf- vielleicht zehntausend Leuten. Eigentlich kennt da jeder jeden. Es ist eine tolle Szene, die die Bands super unterstützt. Nicht viele Bands haben den Sprung geschafft, nur sehr wenige sind international bekannt. Unser Fokus liegt in erster Linie auf Europa, vor allem hier in Deutschland. Wir lieben es einfach, hier zu spielen, denn das Publikum ist immer klasse. Ich habe den Eindruck, in Deutschland leben die Leute für den Metal. Hier will ich mein Ding durchziehen. Die Szene in Israel ist viel kleiner, du hast da einfach nicht so viele Shows. Das macht es schwieriger. Wir haben da vielleicht ein Metalkonzert im Monat. Hier ist es eins am Tag. Naja, wohl eher zehn am Tag.

Welchen Stand hat Metal in der israelischen Gesellschaft?

Yakir: Ah, das ist eine gute Frage. Es ist da wie überall in der Welt: Es gibt überall engstirnige und ignorante Menschen, die nicht akzeptieren, was sie nicht kennen. Ich glaube, ich kann dafür nur die Erziehung verantwortlich machen, aber Religion hat da sicher auch ihre Finger im Spiel. Wenn du von einem sehr religiösen Ort kommst, egal ob als Christ, Moslem oder Jude, das ist völlig egal, dann haben die Leute dort immer Schwierigkeiten damit, Dinge zu akzeptieren, die sie nicht kennen, vor denen sie Angst haben. Dadurch sehen sie dich als einen Außenseiter, einen Sonderling. Einfach, weil sie es nicht verstehen. HELLOWEEN und Kai Hansen haben es in 'Heavy Metal Is The Law' auf den Punkt gebracht: "If it's not in your blood, you won't understand." So läuft es in Israel. Viele Menschen dort können damit nicht umgehen, aber wisst ihr was? Israel ist bereit für diesen Wandel. Israel wird diese Fesseln brechen können. Hoffentlich wird die ganze Welt diese Fesseln brechen können. Nicht nur in Bezug auf Metal, sondern überhaupt. Es macht keinen Unterschied, was deine Ansichten sind, was deine sexuelle Orientierung ist. Ob du... ich weiß nicht, eine andere Hautfarbe hast, scheißegal. Israel wird diese Fesseln brechen können und hoffentlich wird das eines Tages auch die ganze Welt schaffen.

Als ich das Cover von "Rise Of The Hammer" (erste EP der Band, Anm. d. Red.) gesehen habe, habe ich euch erstmal für eine Power Metal Band gehalten. Das Artwork ist ziemlich powermetallig. Wie kommt das?

Yakir: Gut beobachtet, es sieht wirklich ziemlich nach Power Metal aus, nur in schwarz-weiss. Es ist obskurer. Wir wollten etwas haben, dass nach True Metal schreit. Aber in einer verdrehten Art und Weise. Ok, es ist nicht auf Drogen entstanden, aber wir wollten mit dem Cover eine Aussage machen. Das ist True Metal. HAMMERCULT machen True Metal. (Pause) Auf Steroiden. Was, wenn Manowar Death Metal gespielt hätten. Hä? Denkt drüber nach. Was, wenn GAMMA RAY Thrash spielen würden. Das ist HAMMERCULT. Es ist die Evolution von True Metal.

Wo wir von den Artworks reden: Du hast früher bei HANGMAN gespielt, einer weiteren israelischen Band. Das Logo sieht dem von HAMMERCULT ja ziemlich ähnlich. Zufall?

Yakir: Nein, kein Zufall. Ich habe jeweils das Logo von beiden Bands entworfen und wollte für HAMMERCULT tatsächlich etwas ähnliches schaffen. Nur ein wenig ähnlich, nicht nochmal das gleiche. Aber beide wurden vom selben Künstler gemacht.

Vielen Dank für deine Zeit, Yakir. Das letzte Wort des Interviews gehört dir.

Yakir: Danke an alle, die dieses Interview lesen. Wenn es euch gefällt, hört euch HAMMERCULT an. Besucht uns auf Facebook oder Youtube, von mir aus zieht euch unser Zeug illegal aus dem Netz, das ist uns scheißegal, so lange ihr uns unterstützt, Leute. Wir sehen uns auf Tour. Haltet den Metal am Leben. Metal forever.

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