Interview mit FRAUPAUL von Fraupaul

Ein Interview von Metal Guru vom 12.11.2023 (21649 mal gelesen)
Nach meiner Besprechung von FRAUPAULs aktueller Scheibe "Was, Wenn Wir Dann Durchdrehen" auf B4M zeigten sich die drei Hamburger Mädels auskunftsfreudig und beantworteten mir noch zehn Fragen, die Themen wie "Welche Becken, Saiten, Verstärker spielt ihr?" ganz bewusst ausgeklammert haben, weil: Who cares?

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Hi, ihr drei! Könnt ihr euch (zum besseren Verständnis für alle noch unwissenden B4M-Lesenden) kurz vorstellen: Wer und - sofern von Bedeutung - wie alt seid ihr, woher kommt ihr, seit wann spielt jede von euch ihr jeweiliges Instrument und seid wann kracht ihr zusammen?

FRAUPAUL: Hallo Peter, danke für die Einladung! Wir sind FRAUPAUL aus Hamburg, bestehend aus Mary, Linda und Lisa. Wir sind alle 90s Kids und spielen unsere Instrumente schon seit unserer Kindheit/Jugend. Uns gibts in der Konstellation jetzt seit etwa anderthalb Jahren, die Band haben Lisa und Linda aber schon 2021 gegründet, Mary kam dann letztes Jahr dazu.

Was hat euch bewogen, als 'ne "All-Female-Group" zusammen zu lärmen (mit anderen Worten: waren Kerle bei der Rekrutierung jemals 'n Thema) und wie seid ihr auf frauenbewegten Deutsch-Krach/Krach-Punk/Punk-Rock (und nicht beispielsweise instrumentalen Funk-Prog) gekommen?

FRAUPAUL: Dass wir als reine Frauenband unterwegs sind, hat sich ab dem Moment ergeben, als Lisa und Linda sich kennengelernt haben. Das hat einfach sofort gepasst und dann dachten wir, komm, lass direkt 'ne Frauenband machen. Bei der Suche nach Bandmitgliedern haben Männer nur insofern eine Rolle gespielt, dass einige anscheinend nicht so genau lesen und sich auf Bandanzeigen melden, die ausdrücklich nach weiblichen Personen suchen - was uns dann in unserer Idee, eine Frauenband zu sein, nur noch bestärkt hat. Dass es laut sein soll, war von Anfang an klar, als Deutsch-Krach oder Krach-Punk würden wir das allerdings nicht bezeichnen, da gibt’s ganz andere Bands…;-) Für uns ist das Rock mit punkigen und Indie-Einflüssen. Zum Thema „frauenbewegter“ Punkrock: Was genau meinst du damit? Gibt es auch „männerbewegte“ Musik? Was soll das sein? Aus unserer Sicht sind Themen wie Kommunikation, Beziehungen, psychische Probleme oder Frust über Lohnarbeit keine spezifisch weiblichen Themen. Wenn man der Spotify-Statistik Glauben schenkt, dann ist unsere Hörer:innenschaft dort zu 2/3 männlich, von sogenannten „Frauenthemen“ kann also keine Rede sein. Dass wir diese Themen aus unserer persönlichen Perspektive verhandeln, ist ja klar, aber dass man da raushört, dass das jetzt „frauenbewegt“ ist, würden wir selber so nicht sagen. imgleft

Ganz pragmatisch (und nicht ohne Eigeninteresse): Wer schreibt bei euch die Songs/Texte und wie probt ihr dat Zeuch ein?

FRAUPAUL: Lisa schreibt bisher die Texte allein und das musikalische Fundament dazu auf der Gitarre. Dann nimmt sie eine Skizze auf und Mary und Linda machen sich Gedanken dazu, nachdem wir besprochen haben, in welche Richtung der Song gehen soll, welche Stimmung wir uns vorstellen. Dann wird alles in der Probe zusammengesetzt und gemeinsam dran gefeilt. Wir nehmen jede Probe auf und schneiden alles mit, damit nichts verloren geht und jede sich hinterher in Ruhe Gedanken machen kann.

Ganz direkt (und bitte so subjektiv wie möglich): Was unterscheidet FRAUPAUL live von FRAUPAUL auf Platte (= warum sollten FRAUPAUL-Noch-Nicht-Kennende unbedingt zu einem eurer Gigs pilgern)?

FRAUPAUL: Ganz einfach: Live kann man uns eben auch sehen! Wir haben Power und das sieht man auch, da wird geheadbangt, gesprungen, wir beziehen die Leute mit ein und haben immer viel Spaß auf der Bühne, das ist nochmal eine ganz andere Energie als nur auf Platte. Außerdem spielen wir live auch Songs, die noch auf keiner CD veröffentlicht sind und es gibt von einigen Liedern auch längere Liveversionen, wo wir nochmal eine Schippe drauflegen. imgright

Apropos Platte: Kommt nach der (leider nur) EP "Was, Wenn Wir Dann Durchdrehen" noch irgendetwas Langspielendes und wenn ja - was und vor allem wann?

FRAUPAUL: Also zu viel verraten können wir aktuell noch nicht, aber ja, da ist was in Planung und wir arbeiten intensiv an neuem Material, mehr dazu später:-)

Ich gehe davon aus, dass ihr als FRAUPAUL (noch?) nicht von eurer Musik "leben" könnt (was auch immer DAS bedeuten soll). Mögt ihr mir (und somit allen B4M-Lesenden) verraten, wie ihr im "richtigen Leben" eure Kohle verdient?

FRAUPAUL: Ja, das stimmt im Moment noch. Im Grunde haben wir alle drei Jobs, bei denen wir nichts planen oder wirklich viel nachdenken müssen: Lisa arbeitet in einer Bar, Mary im Online-Versand eines Merchshops und Linda macht was mit Medien. Das soll nicht heißen, dass das nicht belastend wäre, aber so haben wir zumindest die Köpfe frei für die Band. imgleft

Wenn ihr nicht selbst Musik macht: Was hört jede von euch in ihrer Freizeit so für Mucke, welche (Musik-)Richtungen inspirieren euch, ist Musik außerhalb FRAUPAULs überhaupt 'n Thema?

FRAUPAUL: Klar, Musik ist immer ein Thema, sonst hätten wir uns wahrscheinlich auch nicht gefunden:) Die Geschmäcker gehen dabei in ganz verschiedene Richtungen und wir sind da auch flexibel, denn es gibt so viele interessante Ideen, die unabhängig vom Genre inspirierend sein können - am Ende treffen wir uns dann doch immer wieder beim Rock. Im Tourbus läuft aber auch schon mal Britney Spears und Fleetwood Mac. Wenn wir über Musik reden, dann immer, weil uns was begeistert, weil es was gibt, wo wir sagen, das ist spannend, witzig, krass usw.

Zum langweiligsten/leidigsten/lustkillendsten aller Themen: Habt ihr im Laufe eures (Band-)Bestehens irgendwelche Anfeindungen/Diskriminierungen/Vorurteile erfahren (müssen), hört ihr vor/während/nach Auftritten irgendwelche "dummen Sprüche" (vorzugsweise von irgendwelchen dummen Kerlen) und wenn ja - wie geht ihr damit um?

FRAUPAUL: Also langweilig finden wir dieses Thema überhaupt nicht, leidig - ja, in dem Sinne, dass es passiert, aber nicht, dass wir drüber reden, lustkillend - kommt drauf an. Wut kann ja auch (kreative) Energie freisetzen, auch wenn das natürlich keine Aufforderung sein soll, uns dahingehend zu provozieren! Und ja, natürlich haben wir solche Erfahrung gemacht. Das fängt schon da an, wo - und das müssen wir jetzt ganz explizit sagen - Männer daran zweifeln, ob wir unsere Soli selber einspielen, ob wir wirklich die richtigen Kabel dabei haben, bei unseren Shows „Ausziehen“ brüllen oder nachher überrascht sind, dass wir ja nicht nur doll aussehen, sondern auch echt unsere Instrumente beherrschen. Sowas ist diskriminierend, erschreckend und unfassbar unreflektiert. Unserer Meinung nach sind solche Äußerungen oft stumpfe Machtdemonstrationen, die eben über wirkliche Kompetenz nichts aussagen. Wer sich wirklich mit uns, unseren Songs, den Texten und der Art, wie wir das machen, beschäftigt, wird schnell feststellen (müssen), dass wir genau wissen, was wir hier tun und dass das kein Zufall ist, wie und mit wem wir arbeiten. Genau aus diesem Grund machen wir weiter, gehen raus mit unseren Songs und positionieren uns ohne Angst. So betrachtet sind wir auch deswegen genau richtig da, wo wir jetzt sind, denn es gibt noch viel zu tun! Selbstverständlich freuen wir uns aber immer über konstruktive Gespräche über die Musik und unsere Instrumente :)

Letzte Frage (quasi "famous last words"): Wollt ihr den B4M-Lesenden noch irgendwelche Anekdoten/Tipps/Weisheiten mit auf den Weg geben?

FRAUPAUL: Anekdoten: gerne beim nächsten Interview:). Tipps/ Weisheiten: Passt auf euch euch, ihr seid alle erwachsen und wisst eigentlich, was gut für euch ist.

FRAUPAUL - besten Dank an euch für all eure aufschlussreichen Antworten auf all meine letztendlich ernst gemeinten Fragen! Habt "the best of all times" und bis bald in einem Theater ganz in ihrer Nähe ...

FRAUPAUL: Dankeschön! Konzerttermine findet ihr immer auf unserer Homepage: www.fraupaul.band. Bis bald und liebe Grüße! Lisa, Linda & Mary // FRAUPAUL

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