Interview mit Jens Maluschka (drums) von Disillusion

Ein Interview von Souleraser vom 17.03.2004 (23568 mal gelesen)
Einer der besten Leipziger Exporte in die große weite Welt wird am 05.04.2004 sein erstes Full-Length-Album veröffentlichen. Die ideale Gelegenheit, einen Blick auf Vergangenheit und Zukunft und andere Dinge zu werfen.

  Hi Disillusion. Sehr zum Ende von 2002 haben wir schon einmal ein Interview miteinander geführt. Damals gingt ihr noch davon aus, dass das erste Studioalbum bereits im Spätsommer 2003 erscheinen würde. Die Zeichen dafür standen ja eigentlich recht gut, als im April 2003 Metalblade voller Stolz die Vertragsunterzeichnung mit euch verkündeten. Einfach und ganz platt gefragt: Was ging schief?

Jens:   Schiefgehen möchte ich nicht sagen, aber wir merkten relativ schnell, das die Songs nicht wirklich fertig waren, als wir mit den Aufnahmen begannen. Es gab zwar schon Voraufnahmen, aber es zeigte sich dann einfach, das wir nicht so richtig zufrieden waren mit dem Ergebnis. Also wurden die Songs teilweise komplett umgeschrieben und geändert um auch diesen Fluss in die Songs einzubinden, gerade bei "Back to times of splendor" und "The sleep of restless hours", da diese die "Brocken" des Albums darstellen.

  Entspricht das Ergebnis wenigstens voll und ganz euren Erwartungen?

Jens:   Ich denke mal, das wir alle Drei sehr zufrieden sein können. Da hat sich jeder einzelne Monat gelohnt, den wir damit verbracht haben, an dieses Album zu arbeiten. In dieser Zeit haben wir musikalisch und menschlich auch einiges dazu gelernt. Es gab Situation, wo einer den anderen einfach nicht mehr sehen konnte und man musste mal eine Pause einlegen. Wir haben solche schwierigen Situationen gut gemeistert und nicht gleich aufgegeben, weil wir einfach das Ergebniss vor Augen hatten und uns dies die Kraft gab, weiter zu machen.

  Gibts ein Konzept oder so etwas hinter dem Album?

Jens:   Es gibt schon ein gewisses Konzept für das Album bzw. eine Rahmengeschichte. Die Platte ist dennoch kein Konzeptalbum, da die Geschichte an sich nicht so sehr im Vordergrund steht. Das prinzipielle Setting der Platte ist Folgendes: Die Scheibe spielt in einem Bergdorf, wahlweise in den Alpen. Die Geschichte ist um 1820 herum angesiedelt. Darin geht es um einen jungen Mann, der in dem Dorf mit seinem Vater alleine lebt, die Mutter ist tot. Der Jüngling hat gleichzeitig in der Ortschaft eine Geliebte, die aber aus gewissen Umständen mit ihrer Familie nach Norden ziehen muss. Er steht nun vor der Qual der Wahl: Verlässt er seine Heimat und seinen ihn tyrannisierenden Vater? Oder geht er mit ihr? Zunächst entscheidet er sich für seine Heimat, bis zu dem Moment, an dem er es nicht mehr ertragen kann und die Sehnsucht zu groß wird. So macht er sich auf den Weg läuft seiner Liebe hinterher, folgt ihr nach Norden. Die Texte selber beschäftigen sich nun mit einzelnen Stationen seiner Reise: Punkten, an denen er sich aufhält; Stimmungen, die er spürt; Panik die er schiebt; Sehnsucht die er fühlt. Es sind also eher Episoden seines Weges, nach dem er aufgebrochen ist. Die Platte bleibt letztendlich offen. Es gibt kein Ende, sondern nur einen Aufbruch ohne Ankommen, der Weg ist das Entscheidende. Der junge Mann kommt zwar an. Er kommt aber auch nicht an und entscheidet sich wieder zurück zu gehen, weil er sich bewusst wird, dass egal wie sehr ihn sein Vater unterdrückt, er nicht einfach aufbrechen und alles stehen und liegen lassen kann.Es geht um die einzelnen Stationen und um die einzelnen Erlebnisse. Diese funktionieren wiederum auch ziemlich losgelöst von der Geschichte selber. Es wird einige Leute geben, die sich ganz intensiv mit dem textlichen Konzept der Platte befassen werden. Zumal, wenn man das Cover in seiner vollen Schönheit sieht, will man einfach nur wissen, welchem textlichen Ursprung es zugrunde liegt.

  Ende Oktober 2003 musstet ihr einige Liveshows absagen, weil Gitarrist Rajk sich eine (ernste) Verletzung an der Hand zugezogen hatte. Offensichtlich konnte er die Aufnahmen beenden, aber wie steht's heute damit? Was ist passiert und sind Folge- oder Langzeitschäden zu befürchten?

Rajk:   Diese Frage hat der Jens, mir übertragen: Die richtig ernsten Probleme mit der Hand traten glücklicherweise erst auf, nachdem ich meine Parts für Back To Times Of Splendor eingespielt hatte. Es ist ein Überlastungssyndrom , das seit dem Sommer 03 sporadisch auftrat. Damals hatte ich verschiedenste Jobs aus, bei den ich ordentlich zu packen musste, was mir meine "zarten" Musikerhände übel nahmen. Die unzähligen Stunden der Vorbereitung auf die Aufnahmen und die Aufnahmen selbst haben das dann akut werden lassen, so dass eine Weile gar nichts mehr ging. Ich habe eine Pause eingelegt...und mich mehreren Therapien unterzogen. Die haben gut angeschlagen. Ich bin auch viel vorsichtiger geworden, nutze z.B. bei unvermeidlichen Belastungen eine Schiene....Dadurch hat sich alles gut stabilisiert hat und ich habe momentan keine Probleme oder irgendwelche Einschränkungen mehr beim Gitarre spielen ZUM GLÜCK !!

  Eine "Unendliche Geschichte" ist auch eure Suche nach einem Basser. Zwischenzeitlich schien das Problem ja schon gelöst zu sein, aber noch vor den Aufnahmen zu "BtToS" gingt ihr und der damalige Basser Lutz wieder getrennte Wege. Was ist passiert?

Jens:   Wir merkten relativ schnell das der Lutz dann doch nicht "unser" Mann war. Es hätte nochmal eine Weile gedauert, bis er alles hätte spielen können (was ja auch normal ist), aber wir hatten einfach das Gefühl das er nicht der "Richtige" für uns ist. Vielleicht sind wir auch im Laufe der Jahre zu wählerisch geworden.

  Gibts bereits Kandidaten für eine Nachfolge?

Jens:   Es gibt bereits einen Nachfolger. Er heisst Thomas Huschka und ist neuer Anwärter am Vierseiter. Thomas spielt auch noch bei der Band DEADLOCK. Wir haben zwar noch nicht zusammen geprobt, aber Thomas bereitet sich gerade auf die Songs vor und wir wollen dann so schnell wie möglich, mit Ihm beginnen zu proben.

  Im April und Mai wird man euch insgesamt 8 Mal auf deutschen Bühnen bewundern können. Mit dabei sind bei fast allen Terminen eure... man könnte sagen "ständigen Begleiter" ASTERIUS, mit denen ihr ja bereits in der Vergangenheit einige Gigs absolviert habt. Verbindet die beiden Bands mittlerweile so etwas wie eine Freundschaft, oder ist das eher eine Zweckgemeinschaft?

Jens:   Wir spielten damals das erste Mal mit ASTERIUS bei unserer Record - Release Show in der Moritzbastei zusammen. Es sind einfach total nette und sympatische Typen, mit denen wir dann später noch einige Shows absolvierten, und sogar eine kleine Tour. Man kann schon sagen, das uns eine Freundschaft verbindet und sobald sich Gelegenheiten ergeben spielen wir zusammen, wie auch jetzt wieder am 17. April in der Leipziger Moritzbastei.

  Am 17.04. ist in eurer Heimatstadt Leipzig die Releaseparty zum neuen Album. Ein Gig wie jeder andere oder hat man da doch noch mal ein besonderes Kribbeln?

Auf jedenfall kribbelt es ganz schön, vor allen Dingen bei mir. Ich bin eigentlich immer aufgeregt vor jeder Show, egal wieviel Leute da sind. Aber in Leipzig ist es ja eine ganz besondere Sache, da geniesst man ja Heimvorteil. Gerade weil viele Freunde und Bekannte an dem Abend da sind und weil wir das Album dann auch zum ersten mal live vorstellen. Wir proben momentan sehr oft und wollen natürlich richtig fit sein. Auserdem haben wir für die Moritzbastei ein besonderes Programm vorbereitet für den kompletten Abend. Wir hoffen das dann auch alles funktioniert, so wie geplant.

  Werden wir ein bißchen philosophisch. Wenn ihr über 2003 eine Bilanz ziehen müsstet, wie würde sie ausfallen? Positiv oder doch eher negativ?

Jens:   Sowohl positiv wie negativ. Natürlich überwiegen die positiven Dinge. Wir haben unser erstes Album fertig und sind sehr zufrieden und richtig stolz darauf. Dies sehe ich als grossen positiven Punkt im letzten Jahr an. Das lässt einen die negativen Sachen schnell vergessen, die das Album so mit sich gebracht hat.

  Und von der Vergangenheit direkt in die Zukunft: Wie sieht die für Disillusion aus? Habt ihr nach dem Kampf mit dem aktuellen Album jetzt erstmal die Schnauze voll von Studiosessions und Songwriting oder schreibt ihr schon an neuen Songs?

Jens:   Ich denke, wir werden jetzt erstmal versuchen soviel wie möglich live zu spielen, um das Album zu promoten. Da freuen wir uns schon drauf, vor allen Dingen spielen wir dieses Jahr auf dem Summer Breeze Festival und somit auf einem grösseren Festival, vor hoffentlich vielen Leute. Ich denke mal das wird bestimmt eines der Highlights in diesem Jahr. Am Ende des Sommers, wenn alles etwas ruhiger wird, werden wir dann so langsam mit dem Songwriting für die neue Platte beginnen. Denn nach der Platte ist vor der Platte, oder so.

  Steht nach dem letzten Gig im Mai erstmal ein kleiner Urlaub an oder wie geht's weiter?

Jens:   An Urlaub werden wir in nächster Zeit nicht denken können, da wir wie gesagt versuchen werden, viel zu spielen und uns einem grösserem Puplikum vorzustellen. Es fehlen zwar noch einige Auftritte, aber wir sind dran und versuchen noch Konzerte an Land zu ziehen. Vielleicht wenn es dann etwas ruhiger geworden ist mit Auftritten, gönnen wir uns mal einen kleinen Break. Aber vielleicht kommt es alles anders, mal schauen.

  Okay, das war's von meiner Seite. Ich drücke euch die Daumen, dass der Stress und Ärger sich endlich auszahlen. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg, freue mich aufs nächste Interview und überlasse euch das Schlusswort. Sagt, was ihr schon immer sagen wolltet.

Jens:   Wir wollen natürlich das wir viele Leute mit unserem Album "Back to times of splendor" erreichen und hoffen das die Leute da draussen, nicht nur die Heavy Metal Fraktion, wieder mehr "gute Musik" hören und die Spreu vom Weizen trennen, bei der Bandflut die sich so über den Globus ergiesst.

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