Livebericht Cult Of Luna (mit Lo! und The Ocean) |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Köln (Gebäude 9) - 08.05.2013 (28752 mal gelesen) |
Schon einige Tage vor dem Konzert heißt es "Ausverkauft"! Da ich vorher noch nie im "Gebäude 9" in Köln-Deutz war, ist nicht klar wie viele Zuschauer einen dort erwarten. Zunächst verteilt sich die Menge in dem verwinkelten alten Fabrikgelände, so dass man immer noch nichts erahnen kann. Doch ein kurzer Blick in die Auftrittshalle macht klar: Sie fasst 300 Leute, und wenn die alle drin sind, dann wird's kuschelig. Wie sehr soll ich später noch erfahren... Aber zunächst habe ich genug Platz vor der Bühne, als LO! einen heftigen, ungewöhnlichen Knüppelstart hinlegen. Die vier Australier eröffnen den Bandreigen an diesem Abend und haben ein paar ihrer teilweise sludgy, teilweise angeschwärzten Krachhardcore Songs parat. Die Jungs veröffentlichten im April übrigens ihr neues Album "Monstrorum Historia", von dem natürlich ebenfalls Songs zum Besten gegeben werden. Leider hat der Fronter seine Stimme nicht wirklich gut unter Kontrolle. Entweder klingt sie in ruhigeren Parts dünn und wackelig, oder die Lieder werden von ihm regelrecht zerbrüllt. Insgesamt kommen die langsameren Titel beim Publikum besser an als die Knüppelstücke. Die Band bemüht sich, mit den Leuten vor der Bühne zu kommunizieren, was nur begrenzt gelingt. So sucht z. B. der Bassist für die kommende Nacht ein Schlafquartier, weil LO! noch nicht wissen, wo sie unterkommen sollen. Mal sehen, ob sich ob der Worte: "Wer hat für fünf stinkende Australier noch einen Schlafplatz frei? Es kann auch ruhig ein Flur sein. Wir sind nicht wählerisch.", noch eine nette Seele im Laufe des Abends erbarmt. Auch der Sänger versucht gegen Ende des Sets durch seinen Ausflug zu den Zuschauern vor der Bühne etwas Nähe aufzubauen. Zum Schluss erhalten die Jungs aus Down Under sogar noch gesangliche Unterstützung von Loic Rosetti, seines Zeichens Sänger von THE OCEAN. Trotzdem bleibt die Reaktion der Leute insgesamt relativ verhalten, aber Anstands-Applaus gibt's natürlich doch. Kaum gehen die Lichter wieder an, wird es in der Halle merklich voller. Sagte ich merklich? Wer einen Platz ergattert hat, der bewegt sich am besten nicht mehr. Das geht eigentlich auch gar nicht, denn es wird verdammt voll. Man kann sich kaum noch bewegen und fühlt sich ein bisschen wie in einer Sardinendose, als THE OCEAN schließlich zu einem stimmungsvollen Intro die illuminierte Bühne betreten. Es sieht aus, als würden in einer dunklen Gasse alte Gaslampen brennen. Die Jungs um Bandgründer Robin Staps werden vom Publikum gleich freudig begrüßt. Es scheint, als haben alle 300 Menschen auf die ursprünglich aus Berlin stammende, jetzt aber hauptsächlich in der Schweiz werkelnde Band, gewartet. Und die legt ziemlich routiniert mit der Präsentation ihres Post Metal/Post Hardcore los. Im Gepäck hat man vor allem Stücke des Ende April erschienenen Konzeptalbums "Pelagial". Ich persönlich war noch nie ein Fan von THE OCEAN und ihrer "Ich bin wichtig-Nerd-Musik"; irgendwie wirkt diese und auch die Musiker selbst etwas vorhersehbar und verkrampft. Aber - alle anderen Zuschauer sind begeistert und flippen fast aus. Man kann nicht sagen, dass die Fans keine Show geboten bekommen, denn die Musiker - allen voran Sänger Loic - posen was das Zeug hält. Und so ganz nebenbei leert man auf der Bühne eine Flasche Jameson Whiskey. Aufgrund der äußerst positiven Reaktionen folgt auf den regulären Set dann auch ein Zugaben-Block. Dieser startet mit einem älteren Song, welcher im Vergleich zum neuen Material deutlich lockerer und flüssiger rüberkommt und nicht so einstudiert wirkt. Auch wenn mich der Auftritt jetzt nicht so vom Hocker gerissen hat, beenden THE OCEAN schließlich unter wirklich großem Jubel der restlichen Anwesenden ihre Darbietung. Meine Bedenken sind schon groß, ob ich bei der "grandiosen" Funzelbeleuchtung der Vorbands überhaupt ordentliche Fotos schießen könnte. Zudem wurde mir direkt beim Einlass mitgeteilt, dass Fotos von CULT OF LUNA nur beim ersten Song erlaubt seien. Hmmm, nicht gerade die besten Bedingungen. Überhaupt scheint die Band sehr allergisch gegen erkennbare Fotos zu sein, denn beim Umbau läuft noch ein Crewmitglied mit einem Riesen-Verbotsschild über die Bühne, die dann auch sofort in dicken Nebel gehüllt wird. Positiv: Es gibt mehr Licht. Negativ: Man sieht trotzdem kaum was. Dies ist wohl Absicht, denn später sind die optischen Bedingungen wesentlich besser, aber da darf man eben die Kamera als Presse nicht mehr zücken. Doch nun zum Gig, der zu den besten gehört, die wir in diesem Jahr schon gesehen haben. Der brachiale Opener 'I: The Weapon' dröhnt nach dem Intro von der nebelverhangenen Bühne, auf der die große Besetzung der Schweden kaum Platz hat und sich drängeln muss. Der zweite Drummer fällt erst später auf, und auch Keyboarder Anders verschwindet hinter seiner Moog/Synthie/Laptop-Konstruktion schon fast in Richtung Backstage. In diesem Moment verfluche ich die Tatsache, dass ich diese ersten 10 Minuten dieses Songs zum Fotografieren verdammt bin, denn so kann ich mich noch nicht so richtig mitreißen lassen. Merke aber doch, dass es beeindruckend ist. Das gleißende Licht, vor welchem die Band schemenhaft im Nebel agiert, der unglaublich druckvolle Sound, und die brachiale Melodik der Band erfüllt die Halle, die bis zum Mischpult berstend voll ist, mit einer undurchdringlichen intensiven Wand aus Bässen und organischer Härte. Die drei Gitarristen stehen jeweils vor einem beeindruckenden Brett mit Bodentretern, aus denen die Gitarrensounds jeweils aus urig zusammengestelltem Equipment zusammengezaubert werden. Nix Digitaltechnik und MIDI, sondern eine sorgsame Zusammenstellung und routinierte Bedienung der Effekte, was eine Reproduktion des typischen Sounds dieser Band wirklich schwierig macht. Das Programm des Gigs ist ganz klar vom aktuellen Hammeralbum "Vertikal" dominiert. Einen Ausflug in die Vergangenheit gibt es kurz am Anfang, als 'Finland' vom 2009er Album "Somewhere Along The Highway" sperrig, aber ebenso mächtig über die PA die Luft des Gebäude 9 zusammendrückt. Der Sound des Septetts verschmilzt mächtig zu einer Einheit, ohne dass Details ins Gewicht fallen könnten. Erst beim Blick auf das Agieren der Saitenfraktion klärt sich der eine oder andere Ursprung dieser knochenzermahlenden Ausbrüche, die immer wieder durch extrem filigrane, leise Parts unterbrochen werden. Ohnehin ist es fantastisch zu erleben, wie die Band ihre Titel sehr nah an den Studio-Werken live wiedergibt. Besonders faszinierend sind die beiden Drummer, die über weite Strecken völlig synchron spielen, ohne dass im Sound Matsch entstehen würde. Ein so tightes Zusammenspiel von zwei Schlagzeugen habe ich seit Philip Boas VOODOOCLUB nicht mehr auf der Bühne erlebt. Mit abgrundtiefen Bässen läuft dann das unheimliche Intro von 'Vicarious Redemption' aus den Synthies (nein, nicht aus dem Laptop, sondern manuell live reproduziert!). Das Publikum verhält sich ohnehin während des ganzen Gigs sehr diszipliniert und beschränkt sich auf den Jubel nach den Songs. Kein Crowdacting, lediglich mal wilderes Kopfnicken bei den ganz brutalen Stampfern, bestimmt das Bild der anwesenden Musik-Nerds. Noch stiller ist die Band, denn Ansagen gibt es überhaupt keine. Muss auch nicht, denn der Eindruck der Band ist so am Stück optimal. Und genauso konzentriert möchte man alles in sich aufsaugen. Das Stück der neuen Scheibe entwickelt sich zu einem zunehmenden Crescendo, und Gitarrist Erik Olofsson steigert sich in sein derbes Stageacting, bei dem man sich bei aller Gitarrenwirbelei auf der engen Bühne wundern muss, dass er nicht irgendetwas kaputtschlägt. Er zieht die Gitarre bis zum Boden, giert nach Feedbacks, reißt sie zu den passenden Akkorden hoch und vermittelt jederzeit den Eindruck, als würde er jeden Ton zelebrieren. Im Gegensatz zu seinem Kollegen von THE OCEAN nimmt man ihm dies aber jederzeit ab, weil es absolut authentisch wirkt. Die Band schafft es auch problemlos, diese Intensität über die ganze Konzertdauer zu halten und zu steigern - genauso wie die Lautstärke. Nicht wenige, die schon Gehörschutz in den Ohren haben, halten sich bei manchen Parts in den ersten Reihen zusätzlich die Ohren zu. Erst gegen Ende gönnt man dem Publikum etwas Erholung. Der Schluss, der bei normalen Konzerten das "offizielle" Ende markiert (d.h., dass sich die Band anschließend für ein bis zwei weitere Songs bitten lässt), endet bei CULT OF LUNA in dem ruhigen 'Passing Through', welches in minimaler Besetzung dargeboten wird und mit den verhaltenen Vocal-Finale für echte Gänsehautstimmung sorgt. Die Band nutzt die kleine Pause für ein Synthie-Intermezzo, welches zur Erholung dankbar aufgenommen wird. Ich hatte schon die Hoffnung, dass das beste Stück der letzten Scheibe, 'In Awe Of', auch Eingang in die Setlist finden würde, und zum Finale werde ich nicht enttäuscht. Die 10-minütige Mischung aus Post- und Gothic-Rock bildet den Schluss- und Höhepunkt dieses beeindruckenden und langen Gigs. Johannes Persson steigert sich zunehmend hinein und brüllt die Texte archaisch heraus, für einen kurzen Moment denkt man, die Gitarre mit einer ohnehin gerissenen Saite müsse daran glauben. Stattdessen verheddert er sich im Mikro-Kabel, was den Ständer auf sein Gitarrenamp kippen lässt und somit den Lärmpegel weiter anheizt. Jeder Schlag aller Musiker kommt nun mit unbändiger Wucht, und im Publikum verliert man angesichts der Macht dieses Songs beinahe den Boden unter den Füßen. Mit einem würdigen Finale endet das Konzert, und man hätte die Bühne schon sprengen müssen, um sich nochmal zu steigern. So dauert es nach dem Song auch ganze Sekunden, bevor der Jubel losbricht. In einer ersten Ansprache ans Publikum bedanken sich die Schweden fürs Kommen. Und man selbst kann noch gar nicht so richtig begreifen, was man da gerade erlebt hat. Ein Konzert mit viel Magie. |
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