Ein Artikel von Blaze Breeg vom 20.09.2020 (29099 mal gelesen)
Mit Pathos für die gute Sache
I sell my sword, to the highest bidder
To ride with my brethren
With shining steel by my side
Crush the traitors and revel, in their cries!
("The Sword Woman", SMOULDER, 2019)
Epic Metal lebt von Emotionen und Leidenschaft, von der ganz großen Geste und jeder Menge Pathos. Für manche Hörer ist das zu viel, aber in unserer weitgehend kalten, technisierten Welt, in der mehr oder meist weniger gut bezahlte Bullshit-Jobs die Regel sind, ist jeder Tropfen Herzblut ein willkommener Hoffnungsschimmer. Epic Metal kann unsere von sinnentleerten Tätigkeiten entstellte Gesellschaft nicht umkrempeln, allerdings bietet er denjenigen, die ihren Zwängen ablehnend oder gar zunehmend verzweifelt gegenüberstehen, eine wenigstens temporäre Fluchtmöglichkeit. Eskapismus lautet das Zauberwort, welches als eine Art Heilsversprechen fungiert. Epic Metal reißt seine Jünger aus der Tristesse und richtet sie auf. Er lässt sie wieder atmen, fühlen und kämpfen. Sieg oder Niederlage? Das spielt keine Rolle, solange man für Normen und Werte, die diese Bezeichnung tatsächlich verdienen, in die Schlacht zieht. Lieber für die richtige Sache sterben, als desillusioniert vor sich hinvegetieren. Und wenn im Kopfkino der Abspann läuft, drückt man mit glänzenden Augen einfach die Repeat-Taste.
Nun, das war für einige Leser sicherlich auch zu viel Pathos. Aber die meisten Epic Metal-Fans dürften wohl jeden der obigen Sätze unterschreiben. Das Genre entzieht sich der Ratio, indem es die Fantasie aktiviert. Die Hörer träumen sich in eine bessere Welt, in der sie mit dem Schwert in der Hand den Lauf der Dinge ändern können. Spannend wird es, wenn sie diese Erfahrung konservieren und zumindest partiell auf ihren Alltag übertragen. Wer sich ernsthaft mit Sword & Sorcery-Lyrics beschäftigt, erkennt in zahlreichen Songs rasch eine zweite Bedeutungsebene. So weltfremd, wie eingangs suggeriert, ist Epic Metal nämlich gar nicht. Ein Beispiel:
Across these ancient paths we ride
We feel a sorrow deep inside
Reclaim the fire in our minds
And raise our fists against the sky
("From The Arcane Mists Of Prophecy", VISIGOTH, 2015)
Die Wir-Form steht für Gemeinschaft - nichts Selbstverständliches in unserer individualisierten Gesellschaft, in der Einsamkeit nicht nur unter Älteren oder in Pandemie-Zeiten ein großes Übel ist. Der Hörer wähnt sich Seite an Seite mit Gefährten, die sich in ein Abenteuer stürzen. Alte, mutmaßlich längst in Vergessenheit geratene Wege werden erkundet, auf denen die Gemeinschaft einen tiefsitzenden Schmerz empfindet, weil sie das Vergangene betrauert. Wir haben es offenkundig auch hier, in dieser fiktiven Welt, mit einer Gegenwart zu tun, die keine Befriedigung bringt und die Menschen durch ihre Leere abstumpft - oder gar anekelt. Die Erzähler verlangen nach dem (vor längerer Zeit erloschenen) Feuer, das für Freiheit, Kreativität und Sinnstiftung stehen mag. Die gereckten Fäuste untermauern ihre Entschlossenheit - und mögen die Hörer inspirieren, über die Missstände in ihrem realen Leben nicht nur nachzudenken, sondern ihnen auch beherzt die Stirn zu bieten. Klar, in einem Punkrock-Song von politischen Aktivisten wie ANTI-FLAG wäre der Ruf zu den Waffen expliziter beziehungsweise mit einem konkreten, zeitgenössischen Feindbild verbunden. Auch KREATOR machen diesbezüglich oft keine Gefangenen. So weit geht Epic Metal freilich nicht, weil er - wie eingangs umrissen - seine eskapistische Funktion, sozusagen die erste Bedeutungsebene, nicht einbüßen möchte und meiner Meinung nach auch auf keinen Fall verlieren darf. Ein weiteres Beispiel:
Aging warrior, looking back at the life that you've led
Can you say with confidence that you would do it again?
For one day you'll be gone, and all that lives on
Is the honour of thy name and the deeds that you've done
("The Conqueror's Oath", VISIGOTH, 2018)
Auf dem ersten Blick geht es in diesen Versen um einen alternden Krieger, der am Ende seines Lebens auf die vielen Schlachten, die er geführt hat, zurückblickt und die Sinnfrage stellt. Typisch Epic Metal, mag man sagen. Aber diese Worte verfügen über einen universellen Charakter, der weit über das Sword & Sorcery-Genre herausreicht - und vielleicht gerade deshalb zu Tränen rühren kann. Es geht um die ganz großen Fragen des Lebens, mit denen jeder Mensch irgendwann zwangsläufig konfrontiert wird: Würde man alles noch einmal so machen? Ist man irgendwann falsch abgebogen? Welche Entscheidungen bedauert man am meisten? Der Erzähler erinnert nachdrücklich an unsere Sterblichkeit und den Umstand, dass es unser Ruf und unsere Taten sind, die bestimmen, wie uns die Nachwelt wahrnimmt. Man könnte sagen: In diesem Epic Metal-Text findet sich, gar nicht mal so verschlüsselt, eine Absage an Träumereien und Weltflucht. Er enthält stattdessen den Appell, das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen und im realen Leben für die gute, ehrenhafte Sache zu streiten. Wer sich an dieser Stelle fragt, was damit gemeint sein könnte: Schlagt einfach mal die Zeitung auf.
Das Genre begeistert mich demnach nicht zuletzt wegen seiner Ambiguität, die Gelegenheitshörern in der Regel gar nicht bewusst ist. Es ist Musik für alle Lebens- und Stimmungslagen, sie eignet sich zum Abschalten und Aufrütteln. Schon bei den in der Einleitung erwähnten Altvorderen wie MANOWAR, CIRITH UNGOL oder MANILLA ROAD war das nicht anders. Junge Fans lesen deren Lyrics auf Grund ihres Erfahrungshorizontes anders als Angehörige vorangegangener Generationen. Menschen, die wahre Unterdrückung in ihrem Alltag unter einem autoritären Regime erleben, dürften viel Kraft aus dem von manchen so belächelten Schlachten-Pathos schöpfen. Ein letztes Beispiel, bei dem ihr euch einmal nach Belarus versetzt und ein paar Schritte neben den mutigen Freiheitskämpfern und nicht zuletzt Freiheitskämpferinnen in Minsk marschiert:
So we will ride deep into the starlit night
Carving through raging waves of death and fate
We defy all the tales of gods and men
As we write our own destiny
("Seven Golden Ships", VISIGOTH, 2012)
Ob sich die neuen Helden, um die sich in den folgenden Zeilen alles dreht, dieser (potenziellen) Wirkmacht ihrer Lyrics bewusst sind, ist an anderer Stelle im Rahmen der vorliegenden Epic Metal-Reihe zu klären.
Das Herz schlägt in Nordamerika
Die Auswahl der obigen Zitate legt den Schluss nahe, dass VISIGOTH im neuen Epic Metal-Reich eine zentrale Rolle spielen. Die fünf Jungs aus Salt Lake City, Bundesstaat Utah, gründeten ihre nach einem germanischen Stamm benannte Band im Jahr 2010. Bemerkenswert ist die Stabilität des Line-ups: Auf sämtlichen regulären Veröffentlichungen sind Jake Rogers (Gesang), Jamison Palmer, Leeland Campana (beide Gitarre), Matt Brotherton (Bass) und Mikey T. (Schlagzeug) zu hören. Lediglich auf dem im Jahr 2010 erschienen Demo "Vengeance" fehlt die letztgenannte Rhythmusfraktion, die seit 2011 an Bord ist. Mit dem recht rohen, aber bereits sehr vielversprechenden "Vengeance" bekannten sich Rogers, Palmer und Campana unmissverständlich zum reichen Erbe ihres Genres: Neben drei eigenen Kompositionen, darunter der spätere Publikumsfavorit 'Iron Brotherhood', enthält der Release ein Cover des OMEN-Klassikers 'Battle Cry' (1984). Ein erstes dickes Ausrufezeichen setzte das Salt Lake City-Quintett im Jahr 2012: "Final Spell" gilt in der Underground-Szene als eine der mit Abstand besten Epic Metal-EPs aller Zeiten. Im Vergleich zum Demo ist der Sound um mindestens vier Klassen besser (auch wenn Aidan das unten offenkundig anders sieht) - zudem empfiehlt sich Jake Rogers erstmals als Nachwuchs-Metalgott, der alle Generationsgenossen in Grund und Boden singt, zum Teil sogar screamt. Auch das Duo Palmer/Campana brilliert über 22 Minuten, sodass die Trauer um den Verlust der einst nahezu unschlagbaren Kombination Tipton/Downing mit einem Blick in die Zukunft etwas gelindert werden kann. Erfreulicherweise ist das Songwriting auf einem ähnlich hohen Niveau: Vermutlich wünschen sich sämtliche VISIGOTH-Fans das komplette, vier Tracks umfassende Paket auf jeder Setlist. 'Creature Of Desire', das sich im Jahr 2015 auch auf dem Debüt-Longplayer "The Revenant King" wiederfinden sollte, klang nie kraftvoller und dynamischer. 'Final Spell' und 'Seven Golden Ships' sind purer, kerniger Epic Heavy Metal, der - wie fast alle Nummern der Truppe - recht eingängig und für die Bühne geschaffen ist. Das bereits erwähnte Debüt enthält eine weitere Verbeugung vor Genre-Urvätern: 'Necropolis' von MANILLA ROAD (1983) mag bereits ein wenig totgecovert sein, hier reißt die Interpretation von Rogers und Co. jedoch mit (hier sind Aidan und ich wieder auf einer Linie). "The Revenant King" ist darüber hinaus ein Füllhorn an selbst kreierten epischen Sternstunden, darunter der monumentale Titeltrack, das augenzwinkernde 'Dungeon Master' und das mystische 'From The Arcane Mists Of Prophecy'. Das Album ist insgesamt betrachtet etwas sperriger als "Final Spell" und das darauffolgende "Conqueror's Oath", mit dem VISIGOTH - zumindest im Underground - den Durchbruch schaffen sollten. Dafür weist es eine beachtenswerte Tiefe und, nicht unwichtig im Epic Metal, einen sympathischen, dezenten Kauzfaktor auf, der Kompositionen wie 'Mammoth Rider' kennzeichnet. "Conqueror's Oath" darf man, mehr als seinen Vorgänger, als Epic Heavy Metal-Hitsammlung einstufen: Egal ob der Opener 'Steel And Silver', 'Warrior Queen' oder 'Traitor's Gate' - all killers, no fillers, live brennt der Baum, hier passt einfach alles. Manchen Genre-Fans sind solche Nummern zu glatt, aber die Headliner-Position auf dem HELL OVER HAMMABURG 2020 gibt VISIGOTH im Hinblick auf ihren Ansatz recht: Tief verwurzelt in der epischen Tradition, leidenschaftliche Nerds, allerdings gleichzeitig "massenkompatibler" als zum Beispiel die später noch zu behandelnden Generationsgenossen GATEKEEPER, ETERNAL CHAMPION und SMOULDER. Die EP "Bells Of Awakening", erschienen 2019, knüpft nahtlos ans zweite Langeisen an und stellt eine goldene Zukunft in Aussicht. Da es innerhalb der Band mitunter schwere gesundheitliche Probleme zu beklagen gibt, ist zu hoffen, dass das Schicksal diese fünf Krieger aus der Mormonen-Hochburg nicht viel zu früh niederstreckt. Wer einmal ein Konzert der Jungs erlebt hat, weiß, wie stark das Band zwischen Musikern und Fans ist, mit welcher Intensität die Songs auf beiden Seiten zelebriert werden. So viel Herzblut habe ich in den letzten Jahren nur ganz, ganz selten erlebt, bei ähnlich jungen Bands im Grunde genommen nie, da können bloß die über allen anderen thronenden Epik-Götter ATLANTEAN KODEX mithalten. Die gesamte (!) Metal-Szene im Underground braucht VISIGOTH daher wie die Luft zum Atmen.
Neben der Speerspitze aus Utah hat Nordamerika, inzwischen die Epic Metal-Hochburg schlechthin, noch viel mehr zu bieten. In diesem ersten Teil unserer neuen Reihe ist es aus Platzgründen nicht möglich, alle relevanten Bands ähnlich ausführlich vorzustellen. Das ist eine Aufgabe für spätere Specials - und vielleicht auch für die anderen Mitglieder unseres B4M-Epic Metal-Geschwaders. Aber an den bereits genannten GATEKEEPER aus Kanada führt überhaupt kein Weg vorbei. Gitarrist Jeff Black hat die Band bereits im Jahr 2009 als Solo-Projekt gegründet, das erste Release gab es jedoch erst vier Jahre später zu bestaunen. Im Gegensatz zu VISIGOTH hat sich erst im Laufe mehrerer Jahre ein recht stabiles Line-up um den sympathischen Bandkopf - der unter dem Banner ENCLOAKED seit Ende 2019 übrigens durchaus spannenden Dungeon Synth fabriziert - entwickeln können. Ein wichtiger Schritt in der GATEKEEPER-Historie war zweifellos die Verpflichtung des charismatischen US-amerikanischen Sängers Jean-Pierre Abboud, der gegenwärtig auch für TRAVELER und SYRINX als Frontmann wirkt. Seine Stimme polarisiert ebenso wie sein ausgeprägtes Posing auf der Bühne, aber ich schätze ihn als Künstler, der jeden Ton voller Inbrunst lebt und es offenkundig einfach mag, Menschen zu unterhalten. Die Probleme, feste Mitstreiter zu finden, dürften einer der Gründe für die lange Wartezeit auf das Longplayer-Debüt der Ahorn-Formation darstellen. Erst im Jahr 2018 erschien nach zahlreichen, qualitativ durchweg ansprechenden EPs und Splits - unter anderem mit ETERNAL CHAMPION - "East Of Sun". Zwei Monate nach "Conqueror's Oath" stand die Epic Metal-Welt wieder Kopf: Dank Abboud klang die erste GATEKEEPER-Full Length weitaus kauziger als der kurz zuvor gefeierte VISIGOTH-Output. Nein, eine flammende Hitsammlung präsentierten uns Black und Co. nicht - die acht Songs musste sich der Hörer erst einmal erarbeiten. Ich gebe zu, dass auch ich eine Weile brauchte. Aber irgendwann sprang der Funke über und ich war geplättet - niedergestreckt von der emotionalen Tiefe und melancholischen Pracht epischer Ausnahmesongs wie 'Ninefold Muse', 'North Wolves' und 'Swan Road Saga'. Die beiden letztgenannten Nummern befanden sich bereits auf der EP "Prophecy & Judgement", die im März 2013 das erste Tonträger-Lebenszeichen der - in personeller Hinsicht mittlerweile komplett umgekrempelten - Truppe um Jeff Black gewesen war. Fünf Jahre später konnten GATEKEEPER das Material, nicht zuletzt dank Abboud, auf ein höheres Level hieven und sich gleichzeitig in die erste Liga der jungen Genre-Garde spielen. Der Opener besagter EP, 'Tale Of Twins', sollte sich im Jahr 2019 auf der famosen EP "Grey Maiden" in einer ebenfalls noch einmal deutlich verbesserten Version wiederfinden (das grandiose Coverartwork hat eine besonders liebe Freundin eines gewissen Crew-Kollegen, dessen Name in diesem Special das eine oder andere Mal auftaucht, übrigens geschmackvoll nachgemalt und als individuelles Kunstwerk für zu Hause verschenkt, Epic Metal ist eben enorm inspirierend). Es ist zu hoffen, dass die Kanadier sehr bald einen zweiten Longplayer servieren (erste Ausschnitte auf Instagram klingen vielversprechen!), der ihre herausgehobene Stellung in der Szene zementiert - und ihnen im Idealfall noch mehr Aufmerksamkeit verschafft, die haben sie sich nämlich redlich verdient! Es gibt eben kaum eine stilistisch ähnlich agierende Band, die ihre Musik dermaßen gefühlvoll darbietet.
Wenn wir von den großen Drei der nordamerikanischen Epic Metal-Szene sprechen, ist im ersten Teil dieser Reihe auch noch einmal ETERNAL CHAMPION zu erwähnen. Mit ihrem Debüt "The Armor Of Ire" (2016) sorgte die im Jahr 2012 gegründete Formation aus Austin, Bundesstaat Texas, für Begeisterungsstürme. Der Opener 'I Am The Hammer' ist in den Augen vieler Szenekenner der beste Genre-Track seit der Jahrtausendwende. Nun, ich gehe nicht ganz so weit, aber die Jungs um Sänger Jason Tarpey kreieren auf ihrem ersten Longplayer eine süchtigmachende, kernig-epische Atmosphäre. Die Songs sind ebenfalls weniger eingängig als bei VISIGOTH, sind jedoch auf Grund ihres aggressiveren, reichlich virilen Untertons gleichzeitig schlachtenkompatibler als die sehnsuchtsvollen, hochemotionalen Kompositionen aus dem Hause GATEKEEPER, die mich eher zum Träumen einladen. ETERNAL CHAMPION, in deren Reihen gleich drei Mitglieder der großartigen Heavy Metal-Band SUMERLANDS spielen, haben sich in der Folge, so viel Kritik sei erlaubt, ein wenig auf ihren zurecht eingeheimsten Lorbeeren ausgeruht und sich vor allem als emsige T-Shirt-Manufaktur betätigt. Erfreulicherweise kommt nun, vier Jahre später, im November 2020 mit "Ravening Iron" das zweite Langeisen. Ob hier vor allem das Cover mit zwei barbusigen Damen, gezeichent vom legendären Ken Kelly (unter anderem RAINBOW - "Rising", KISS - "Love Gun" und zahlreiche MANOWAR-LPs), in Erinnerung bleiben wird, steht einstweilen in den Sternen (Aidans Schockstarre nach einem Blick auf das Artwork ist mir noch in ganz unguter Erinnerung ...). Die meisten Fans sind froh, dass ETERNAL CHAMPION zumindest ihren Ausflug in Dungeon Synth-Gefilde (man höre die EP/Single "Terminus Est", 2019) beendet und sich auf alte Stärken besonnen haben.
Moderne Klassiker
In diesem letzten Abschnitt des ersten Teils unserer Epic Metal-Reihe seien, nicht zuletzt als Vorgeschmack auf künftige Ausgaben, einige Alben von Bands aufgeführt, die erst seit dem Jahr 2010 Tonträger veröffentlichen. Diese Platten sind noch recht "frisch", verdienen aber bereits das - natürlich nicht objektivierbare - Etikett "moderne Klassiker" beziehungsweise dürften unserer Meinung nach in ein paar Jahren gewiss als solche firmieren. Wie sich im lebendigen Dialog mit Aidan herausstellte, ist es gar nicht so einfach, die Genre-Grenzen zu definieren, weil letztere doch ziemlich fließend sind. Nachdem wir uns auf ein paar recht lose Eckpunkte geeinigt hatten (Bands dürfen mehrfach auftauchen, keine EPs oder Demos, auch Epic Doom), sind die folgenden Listen entstanden, die euch hoffentlich noch mehr Lust auf neue(re) episch-metallische Klänge bereiten. Beginnen möchte ich mit dem Beitrag von Tim:
Mr. Metalssons Top-Platten
In alphabetischer Reihenfolge:
CRYPT SERMON (USA) - Out Of The Garden (2015)
CRYPT SERMON (USA) - The Ruins Of Fading Light (2019)
ETERNAL CHAMPION (USA) - The Armor Of Ire (2016)
SMOULDER (KAN) - Times Of Obscene Evil And Wild Daring (2019)
VISIGOTH (USA) - The Revenant King (2015)
VISIGOTH (USA) - Conqueror's Oath (2018)
Blaze Breegs Top 10
01. VISIGOTH (USA) - The Revenant King (2015)
02. VISIGOTH (USA) - Conqueror's Oath (2018)
03. GATEKEEPER (KAN/USA) - East Of Sun (2018)
04. MEGATON SWORD (CH) - Blood Hails Steel - Steel Hails Fire (2020)
05. DEXTER WARD (GR/ITA) - III (2020)
06. ETERNAL CHAMPION (USA) - The Armor Of Ire (2016)
07. SMOULDER (KAN) - Times Of Obscene Evil And Wild Daring (2019)
08. CRYPT SERMON (USA) - The Ruins Of Fading Light (2019)
09. LUNAR SHADOW (D) - The Smokeless Fires (2019)
10. MIDNIGHT FORCE (GB/D) - Dunsinane (2018)
Erwähnen möchte ich noch die folgenden EPs, die ebenfalls in jede gut sortierte Sammlung gehören: VISIGOTH (USA) - Final Spell (2012), CHALICE (USA) - s/t (2014), MEGATON SWORD (CH) - Niralet (2019) sowie FER DE LANCE - Colossus (2020).
Divine Victims Top 10
Platz 10: MIDNIGHT FORCE (GB/D) - "Gododdin" (2019)
Die deutsch-schottische Formation MIDNIGHT FORCE vermengt den klassischen Sound der 80er mit einer von Bands wie MANILLA ROAD, WARLORD oder CIRITH UNGOL inspirierten Epik. Nun stellte sich mir aber die Frage, welches der Alben ich auswählen sollte. Lange tendierte ich zum überragenden Debüt "Dunsinane", das besonders mit seiner direkten Eingängigkeit überzeugen kann. Jedoch wurde mir beim erneuten Hören beider Alben klar, dass man beim ebenso starken Nachfolger etwas mehr auf die Epik gesetzt hat.
Anspieltipps: 'In Lindisfarne It Lay', 'Parthia', 'Y Gododdin' Geschichtsfreaks können nun mal überlegen, warum die Wahl des ersten Songs sehr naheliegend ist - Blaze Breeg
Platz 9: DEXTER WARD (GR/ITA) - "III" (2020)
Erst dieses Jahr haben die Griechen mit mehreren Ex-BATTLEROAR-Mitgliedern dieses Prachtstück veröffentlicht und es ist Epik pur! Ein direkteres Epic Metal-Album gibt es wohl kaum, aber das ist genau der Charme. Auch wenn ich nach dem ersten Hören dachte, dass das Album nur leicht überdurchschnittlich gut ist Wie bitte? - Blaze Breeg, bin ich immer wieder zu ihm zurückgekehrt, um mir eine volle Ladung Epik reinzuhauen. Auch wenn auf dem ersten Blick andere Alben besser waren, hat "III" es geschafft, sich mit in die Luft gestrecktem Schwert an diesen vorbei zu kämpfen, um sich einen Platz an der Spitze zu ergattern! Und das war erst dieses Jahr, wer weiß, wie weit es noch steigen wird?
Anspieltipps: 'Return Of The Blade', 'The Eyes Of Merlin', 'The Demonslayer' und eigentlich auch alle anderen fünf Songs auf der Platte Wenn man die Strophen von 'In The Days Of Epic Metal' mit dem Chorus von 'The Dragon Of The Mist' verbindet, hat man sogar einen der drei besten Epic Metal-Songs der letzten Dekade - Blaze Breeg
Platz 8: CRYPT SERMON (USA) - "Ruins Of Fading Light" (2019)
Das erste Doom Metal-Album auf dieser Liste ist wahrscheinlich schon fast eine objektive Wahl, so hat es die Epic-Szene letztes Jahr im Sturm erobert. CRYPT SERMON ist einfach ein perfekt durchdachtes Konzept, ein perfekt arrangiertes und organisiertes Album mit dem Ergebnis: unerfindliche Atmosphäre und Mystik. Ein unfassbar hochwertiges Album, das einen wirklich in eine andere Welt mitreißt und emotional packt. Besonders der Gesang von Brooks Wilson ist hier emporzuheben. Man kann es schlecht in Worte fassen, also hört es euch unbedingt an! Daher die Playlist ganz unten - Blaze Breeg
Anspieltipps: 'The Ninth Templar (Black Candle Flame)', 'Key Of Solomon', 'Christ Is Dead' (der in meinen Augen beste Song des letzten Jahres).
Platz 7: GATEKEEPER (KAN/USA) - "East Of Sun" (2018)
Kanada muss sich in Sachen Epic Metal nicht vor seinen Aufmerksamkeit suchenden Nachbarn verstecken. Grund dafür ist allen voran das Debütalbum von GATEKEEPER. Uns werden sowohl schnelle "barbarische" als auch langsame atmosphärische Nummern geboten und beides überzeugt völlig. In einem Lied hört man MANILLA ROAD, in einem anderen bekommt man die Melodien à la SOLSTICE nicht mehr aus dem Kopf. J.P. Abboud hebt das Ganze nochmal auf ein anderes Level und kann mit Jake Rogers und Jason Tarpey definitiv mithalten. Jeffs Blacks geniale Songwriting-Skills, die er schon auf etlichen Demos und EPs unter Beweis gestellt hat, sind ebenso auf dem höchsten Level und machen aus drei alten und fünf neuen Songs acht unglaublich starke. Das nächste Album kann kommen!
Anspieltipps: 'Blade Of Cimmeria', 'Bell Of Tarantia', 'Swan Road Saga'.
Platz 6: LUNAR SHADOW (D) - "The Smokeless Fires" (2019)
Mit "The Smokeless Fires" öffneten LUNAR SHADOW in der Welt des Epic Metal nahezu unbenutzte Türen. Kein Epic Metal-Album strotzt so vor Emotionalität wie dieses. Es ist ein einzigartiges Meisterwerk. Was auf der Debüt-EP "Triumphator" und dem ersten Album "Far From Light" sehr vielversprechend klang, wurde auf "The Smokeless Fires" perfektioniert! Der neue Sänger Robert Röttig trägt sicherlich dazu bei, aber der Kern der Magie liegt in den genialen Harmonien und Melodien von Mastermind Max "Savage" Birbaum. Wer ausnahmsweise mal nicht in die Schlacht ziehen möchte, aber in Melancholie den bereits vergangenen Schlachten und den gefallenen Brüdern gedenken möchte, muss hier reinhören! Und es ist zu hoffen, dass Max seine Drohung, nie wieder live aufzutreten, nicht wahr macht - Blaze Breeg
Anspieltipps: 'Conajohara No More', 'Roses'(der schönste Song der letzten Jahre), 'Hawk Of The Hills'.
Platz 5: VISIGOTH (USA) - "Conqueror's Oath" (2018)
Spätestens mit diesem Album haben sich VISIGOTH in das Herz eines jeden Fans des traditionellen Stahls gespielt. Wer die grandiose EP und das geniale Debüt noch nicht kannte, hatte mit diesem Album den perfekten Einstieg. Und ja, wie André gesagt hat, es ist dank geradliniger Eingängigkeit auf der einen Seite und verwunschener Atmosphäre sowie hochemotionaler Passagen auf der anderen die perfekte Brücke in eine Welt, die so viel zu bieten hat, die Welt des Epic Metals. Ich schreibe diese Zeilen, weil es bei mir genau so war. "Conqueror's Oath" befreite mich von den Bombast-Ketten des EU Power Metals und ließ mich vollends in diese magische Welt eintauchen.
Anspieltipps: 'Steel And Silver', 'Warrior Queen', 'Traitor's Gate' (Auch hier würde ich am liebsten jeden Song nennen, selbst 'Salt City', der zwar absolut nicht episch ist, dafür aber sofort für gute Laune sorgt!).
Platz 4: TERMINUS (NIR) - "The Reaper's Spiral" (2015)
Es ist nicht lange her, dass ich mir dachte: Ich muss mir die Band mal anhören, sie wird so gut bewertet. Abgeschreckt durch die sehr nach Prog aussehenden Albumcover traf mich die Musik des nordirischen Duos beim ersten Hören wie ein Blitz. Das ist kein Prog, das ist Epik pur. Von der ersten bis zur letzten Minute dieses unglaublich starken Albums bewegt man sich zwischen SOLSTICE und MANILLA ROAD. Gleichzeitig erinnern TERMINUS auch sehr an VISIGOTH, wobei das Debüt der Amerikaner etwas die Nase vorn hat. Galoppierende Riffs treffen auf höchst epische Melodien und verschmelzen wunderbar ineinander. Wo mir bei SOLSTICE manchmal etwas der Griff fehlt Wie bitte, Nummer 2? - Blaze Breeg, reißen mich die Nordiren richtig mit und liefern von langsameren atmosphärischen Nummern bis hin zu mächtigen Schlachthymnen die volle Bandbreite ab. Einfach nur der Hammer!
Anspieltipps: 'The Reaper's Spiral' (es würde nicht auffallen, wenn man ihn auf SOLTICEs "New Dark Age" ziehen würde), 'Poseidon's Children', 'Centaurean'.
Platz 3: DAUTHA (SWE) - "Brethren Of The Black Soil" (2018)
Wer meine Reviews liest, kennt meine Leidenschaft für Geschichte. Aus diesem Grund war es bei DAUTHA und mir Liebe auf den ersten Blick. Das Debütalbum der schwedischen Epic Doom-Formation handelt nämlich von mittelalterlichen und antiken Themen. Zudem bauen sie Elemente davon in ihren Sound ein. So ist die Musik sehr von der Düsterheit und Melancholie des finsteren Mittelalters geprägt und spiegelt diese Aspekte perfekt in epischer Manier wider. Mehrstimmiger Gesang, teils lateinische Texte sowie eine Violine in manchen Liedern tragen sehr zur atmosphärischen Epik bei, die aber auch eine gewisse Eingängigkeit aufweist. Lars Palmqvist, Sänger und Kopf der Band, liefert eine phänomenale Leistung ab und versetzt die bereits melancholische Atmosphäre mit noch mehr Emotionalität. "Brethren Of The Black Soil" ist ein Album von wenigen, das mich bereits beim ersten Hören total ergriffen hat! Ohne Frage ein Meisterwerk, mir aber zu doomig für dieses Special, siehe Genregrenzen-Diskussion, Recht haben wir natürlich beide - Blaze Breeg
Anspieltipps: 'Hodie Mihi, Cras Tibi', 'Brethren Of The Black Soil', 'The Children's Crusade'.
Platz 2: VISIGOTH (USA) - "The Revenant King" (2015)
Mit ihrem Debüt belebten VISIOTH 2015 die amerikanische Epic Metal-Szene wieder. Es hat alles, was ein Epic Metal-Album braucht. Von langsamen gefühlvollen Passagen, bis hin zu hymnischen Chorussen, zur Sword & Sorcery-Thematik und natürlich zu einem wirklich starken 'Necropolis'-Cover ist alles Wichtige dabei. Jake Rogers ist das Gesicht der neuen Welle und VISIGOTH verteidigen ihren Platz auf dem Thron mit jedem Lied, welches sie veröffentlichen. Gegenüber dem vierten Platz strahlt "The Revenant King" eindeutig durch die Eingängigkeit, die aber keineswegs kitschig ist. Jeder Song hier ist eine einzigartige Hymne, die wie ein Magnet die Fäuste in die Luft zieht. Die Nase vorn vor dem Nachfolger hat das Album nur aus zwei Gründen: Der erste ist, dass man auf diesem Album noch etwas den rohen Sound der legendären "Final Spell"-EP beibehalten hat und der zweite ist ... der fantastische Titletrack! (Die Laufzeit von einer Stunde ist natürlich auch ein Traum!)
Anspieltipps: 'The Revenant King', 'Dungeon Master', 'From The Arcane Mists Of Prophecy'.
Platz 1: ETERNAL CHAMPION (USA) - "The Armor Of Ire" (2016)
Was kann man zu ETERNAL CHAMPION sagen, außer, dass sie das Maß aller Dinge sind, was Epic Metal angeht. Man hat seinen eigenen Sound kreiert, der kraftvolle Riffs, einen gewissen Kauzfaktor und Chorusse, die einerseits mächtig, andererseits aber auch emotional sind, vereinigt. Allerdings unterscheidet sich das Ganze signifikant von VISIGOTH und ähnlichen Bands dadurch, dass die Lieder aufgrund komplexerer Melodieverläufe länger brauchen, um sich in die Hörgänge einzunisten. Sobald dies aber der Fall ist, ist es unumkehrbar! Ich hatte das Glück, sie dieses Jahr noch live zu sehen und ich kann nur eins sagen: Die Show mit maximal ein paar Lichteffekten vor 600 Leuten hat mich tausendmal mehr mitgerissen als SABATON vor 80.000 Besuchern auf zwei Bühnen mit Feuershow auf dem letztjährigen WACKEN OPEN AIR Der Auftritt beim HAMMER AND IRON-Festival in Essen war in der Tat grandios, mit Abstand die beste Performance des Tages, noch vor BROCAS HELM! - Blaze Breeg Alleine an diesem Abend haben ETERNAL CHAMPION bewiesen, dass sie für mich, Stand jetzt, mit VISIGOTH die beste Epic Metal-Band der neuen Welle sind!
Anspieltipps: 'I Am The Hammer', 'Last King Of Pictdom', 'Sing A Last Song Of Valdese'.
Damit finden sich vier Alben in allen drei Bestenlisten:
CRYPT SERMON (USA) - "Ruins Of Fading Light" (2019)
ETERNAL CHAMPION (USA) - "The Armor Of Ire" (2016)
VISIGOTH (USA) - "The Revenant King" (2015)
VISIGOTH (USA) - "Conqueror's Oath" (2018)
Drei mal USA - Nordamerika ist, wie gesagt, gegenwärtig ohne Wenn und Aber das Epizentrum des Genres. Und zu guter Letzt die angekündigte Spotify-Playlist, in der sich dank Aidans Auslese aber auch zahlreiche Europäer finden. Viel Spaß beim Reinhören!