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Take off: 13.05.2016 - Review (18420 mal gelesen) |
Traditionen wollen gepflegt werden. Eine Tradition heißt nun bereits seit 2003: An Pfingsten geht es ins Amphitheater um die Matte zu schütteln. Und so wurde auch im Jahr 2016 wieder vom 13.-15.05. zum Rock Hard Festival geladen. Die Location ist nach wie vor eine der besten, wenn nicht sogar die beste, Festivallocation in Deutschland: Ein super familiäres Ambiente, das Amphitheater an sich, der sehr gemütliche Campground. Dazu kommen dann noch die wirklich gute Organisation, die sich zum Beispiel in kostenlosen Duschen und Fließendwassertoilletten, die auch am letzten Tag noch sauber waren, materialisieren. Das alles ist allerdings vielleicht auch nur deswegen möglich, weil die Zuschauerzahlen örtlichkeitsbedingt auf gerade einmal etwas über 7000 Zuschauer begrenzt sind.
Bei allem Lob gibt es allerdings auch die eine oder andere negative Seite. Wobei für diese die Organisatoren nicht viel können. Zum einen ist die Parksituation sehr bescheiden. Der zum Theater gehörende Parkplatz ist regelmäßig ausgebucht, das Parkhaus ein ganzes Stück weg und auch nicht gerade günstig. Einen Beitrag könnte das Team im nächsten Jahr allerdings leisten: eine bessere Ausschilderung und bessere Info der Ordner. So wurde, nachdem ich beim Haupteingang gefragt hatte, erst zum Camperparkplatz geschickt, nur um dort zu erfahren, dass er erstens voll uns zweitens nur für Campingwagen sei.
Ein weiterer Minuspunkt war dieses Jahr das Wetter. Dafür können die Organisatoren nun definitiv nichts. Nach dem Freitag, der noch mit Temperaturen um 20°C und Sonnenschein glänzen konnte, fiel das Thermometer nachts auf 5-7°C und wollte auch tagsüber die 13° nicht übersteigen. Das alles bei immer wieder kehrenden leichten Regenschauern. Nun gut, wir sind ja nicht aus Pappe, der Spaß an der Sache ging deshalb nicht verloren.
Und der letzte wirkliche Kritikpunkt: mir kamen zwei unschöne Sachen zu Ohren. Im einen Camp wurde nachts ein ganzeer Kanister Met gestohlen und herumstehende Ketchup- und Senfflaschen zerstochen. Und aus einem anderen Camp bzw. Zelt wurde nachts, während der Eigentümer friedlich sich auf den nächsten Tag vorbereitete (also schlief) die Kutte aus dem Zelt gestohlen. Also mal ehrlich, wer macht denn sowas? Ganz davon abgesehen, dass Diebstahl schon mal gar nicht geht: eine Kutte ist ein höchst privates Erinnerungsstück ohne wesentlichen Marktwert, wieso tut man einem anderen Metaller so etwas an und stiehlt so ein Teil?
Bevor es nun zu den Bandberichten geht: Im Wesentlichen lässt sich ein sehr positives Fazit ziehen. Die Leute haben friedlich gefeiert, der Sound war überwiegend sehr gut und die Bands haben auch fast durch die Bank gerockt. Wer sich dann nicht daran stört, dass die Bandidos mit kleinem Stand anwesend sind, der kann einfach nur ein schönes Festival gehabt haben. Bis nächstes Jahr!
Freitag
SULPHUR AEON
TexJoachim: Da ich mein Bändchen dieses Jahr schlauerweise schon am Donnerstag Abend abgeholt habe, schaffe ich es fast pünktlich zum Beginn der Show von SULPHUR AEON ins Gelsenkirchener Amphitheater. Für Photos komme ich zu spät, aber die Newcomer am Black Metal Himmel, äh, in der Black Metal Hölle, liefern eine klasse Show, die mir die Kinnlade runterklappen lässt. Black, Death, Aggression so schön dargeboten, dass auch der Rest der Anwesenden mehr als Höflichkeitsapplaus gen Bühne schallen lässt. Weiter so!
YEAR OF THE GOAT
Musikalisch geht es nach der halbstündigen Umbaupause eher retro vonstatten, okkult bis schwarz bleibt es dennoch: YEAR OF THE GOAT aus Schweden setzen eher auf stimmungsvolle Sounds zum lyrischen Konzept (Lovecraft darf da natürlich nicht fehlen). Dabei geht man durchaus mit viel Humor an die Sache: Der für die Ansagen verantwortliche Keyboarder lässt es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen das man die Scheiben der brilliant aufspielenden Band am Merchandise Stand käuflich erwerben könne. Joah, stimmt. Hab's extra nachgeprüft. War auch nicht allzu schwer, denn statt wild moshenden Zuschauern gab es auf dem Weg nur verträumt dreinblickende entzückte Goaties zu bewältigen. YEAR OF THE GOAT begeistern durch ihre Musik zum Träumen, nicht zum Moshen. Sehr stimmungsvoll, immer gewaltig, aber auch Showtechnisch zurückhaltend (der Bassist spielt Stehmetal!) Richtig gekracht hat es erst mit dem doomigen Schlusssong: 'Riders Of Vultures'. Schade, dass nicht mehr davon kam.
SATAN
TexJoachim: Die Vertreter der NWOBHW auf diesem Festival klingen so wie MAIDEN mit Paul DiAnno. Nur waren sie halt weniger erfolgreich. Schade drum, denn die reformierte Gruppe macht mächtig Alarm mit ihrem Old-School-Power-Metal. Der Sänger post wie ein Weltmeister, die Songs kommen melodisch und druckvoll aus dem Boxen gezaubert und die ganze Meute vor der Bühne feiert mit. Kein Wunder, gibt es doch mit 'Seed Mentality' und 'Oppression' feinsten Stoff auf die Ohren. Die Frage, ob man denn noch wach sei, kann ich allerdings nicht verstehen. Es war viel zu gut, um diesen motivierten Gig zu verschlafen. Mit 'Testimony' verlies dann eine zufriedene Band unter Zugaberufen die Bühne. Alles richtig gemacht, hätte auch gerne länger dauern dürfen!
Lestat: Dem bleibt nicht viel hinzuzufügen. In was für einer Liga die Briten eigentlich spielen müssten, wird an ihrem Opener deutlich: 'Trial By Fire'. Jeder BLIND GUARDIAN-Fan müsste jetzt hellhörig werden. Jawohl, die Krefelder haben gecovert. Das Original kam von SATAN, und wird hier gleich am Anfang zum besten gegeben. Definitiv eine der Überraschungen des Festivals!
TANKARD
TexJoachim: Der Freitag scheint sich als Old-School-Tag zu etablieren. TANKARD stiegen mit 'Zombie Attack' in einen Set ein, der vor altem Zeug nur so strotzte. Zum Eröffnungskommitee gehörten auch 'The Morning After' und 'Fooled By Your Gods'. Die gesamte Band hielt es, vom Drummer mal abgesehen, kaum auf ihren Plätzen. Vor allem Gerre war selten mehr als zwei Sekunden auf ein und derselben Stelle zu sehen. Bewegungsfreudig und agil, obwohl er seit dem letzten Auftritt auf dem RockHard Festival wieder das ein oder andere Gramm mehr mit sich herumzutragen scheint. Aber auch völlig egal, die Band hat Spielfreude, Spaß in den Backen und ist wie immer ein totaler Stimmungsgarant, zu dem bis in die Ränge ordentlich Party gemacht wird. Auch wenn, laut Gerre: "die ersten fünf Reihen wie immer bezahlt sind.". Apropos Gerre: der Sänger hat angeblich just heute Geburtstag, worauf er es sich im Laufe das Konzerts nicht nehmen lässt die Rockpalast Kamerafrau aus dem Fotograben auf die Bühne zu ziehen und sie als 'A Girl Called Cerveza' vorzustellen. Humor hat die Truppe! Leider ist die Show mit 'Empty Tankard' viel zu schnell beendet, hinterlässt aber nur glücklich drinblickende Zuschauer.
DESTRUCTION
TexJoachim: DESTRUCTION machen jetzt ihrem Namen alle Ehre: totale Zerstörung mit einem, na, wer hätte es gedacht, Old-School-Set. Los geht es mit 'Mad Butcher', der während der Show noch ein paarmal auf die Bühne stapft, mit dem Hackebeilchen rumfuchtelt, mit Kunstblut angereichertes Gedöns zerhackt und dann in die ersten Reihen wirft. Begleitet wird er dabei von einer gelangweilt wirkenden Hübschen, die wirklich der einzige Schwachpunkt der Show ist.
Kommen wir lieber zu den Höhepunkten des Auftritts: Circle Pit, Moshpit, Pyros, geile Songs. Cool auch die Idee, zwei alte Weggefähren (Drummer Tommy und Ollie) noch einmal mit auf die Bühne zu holen und Songs mit ihnen zu trümmern. Um der heute veröffentlichten neuen Scheibe Tribut zu zollen gibt es mit 'Second To None' einen Appetithappen, das selten gespielte 'Death Trap' erfreut dann wieder alte Fans. Für einen Song stapft dann noch Andi Brings auf die Bühne. Später gröhlen dann noch Tom Angelripper und Gerre gemeinsam einen Song mit Schmier. Was soll ich sagen, das Amphitheater geht vollkommen steil, bevor mit 'Bestial Invasion' Schicht im Schacht ist. Was für ein geiler Gig!
SODOM
TexJoachim: Die Gelsenkirchener Lokalmatadore SODOM hauen zwar mit 'Outbreak of Evil', 'The Saw Is The Law', 'Nuclear Winter' und 'M16' schon am Anfang geiles Zeug raus, aber mein alter Körper ist fertig. So gut und routiniert der Dreier zockt, ich brauche jetzt ein Bett und schleppe mich Richtung selbiges.
Lestat: Was soll ich sagen. Deutscher Thrash war sowieso noch nie so richtig meins, Ausnahmen bestätigen die Regel. Und nach den hammergeilen Shows von DESTRUCTION und TANKARD waren SODOM ziemlich enttäuschend. Während man bei TANKARD wie immer was zu lachen hatte und über die Zappeligkeit und Kondition von Gerre sich nur so wundern konnnte, DESTRUCTION einen absolut legendären Auftritt hinlegten (ich kann mich bei beiden Bands nur TexJoachim anschließen), sind SODOM eben nur nett. Und ihr wisst ja: Nett ist der kleine Bruder von Sch... Bewegung findet auf der Bühne kaum statt, die Ausleuchtung ist bescheiden, ergo: Für alle außer den absoluten Fans der Band ist die Show eher langweilig. Schade.
Samstag
ACCU§ER
Lestat: Die Mannen aus Siegen sorgen bei den wenigen Zuschauer, die schon vor die Bühne gefunden haben, für Wachheit: Mit ordentlichem Thrash-Gebolze wird der zweite Tag eingeleitet. Als Opener des zweiten Tages hat die Band ein schweres Los gezogen: Die Zuschauermassen vor der Bühne bzw. im gesamten Amphitheater halten sich noch eher in Grenzen. Das macht aber nichts: ACCU§ER geben sich alle Mühe und zeigen eine erfreuliche Bühnenpräsenz. Entsprechend werden sie auch von den Fans in den ersten Reihen abgefeiert. Und als es am Ende Zugaberufe gibt kommen sie tatsächlich nochmal auf die Bühne und spielen noch einen Song - selten bei einem Opener. Ich muss an dieser Stelle aber auch anmerken: Es spricht für das Rock Hard Festival, dass schon die erste Band 40 Minuten Spielzeit bekommt.
TRIBULATION
TexJoachim: TRIBULATION sind schon im vollen Corpsepaint auf der Bühne und lärmen fröhlich rum, als ich auf das Gelände latsche. Cooler Groove, den die Schweden in ihrem Black/Death an den Tag werfen. Spiel- und Bewegungsfreude sind top, mich und die umstehenden Nasen reißen sie auf jeden Fall mit. Das beim letzten Song im Hintergrund noch ein "Diablo" getaufter Frachter vorbeischippert passt letztendlich wie die Faust aufs Auge.
GRAND MAGUS
TexJoachim: Nordisch geht es jetzt weiter, als mit GRAND MAGUS mein erster Tageshighlight auf die Bühne geht. Hier und jetzt gibt es zeitlos geilen Metal auf die Ohren. Als die Band den Übersong 'Like The Oar Strikes The Water' anstimmt gibt es kein Halten mehr: das gut eingespielte Trio und die sie verehrenden Fans vor der Bühne werden eine einzige moshende Einheit, die auch neue Songs wie 'Varangian' vom neuen Album gebührend abfeiert. Geiler Scheiß, der mit 'Hammer Of The North' ein viel zu schnelles Ende findet. Schade. Das nächste Mal muss diese Band eine höhere Position im Billing bekommen. Als Grußwort zum Abschied gibt uns JB noch ein "Remember: Heavy Metal is the way!" Mit auf den Weg. Recht hast du, Bruder!
THE EXPLOITED
TexJoachim: Zum nächsten Auftritt wage ich eine steile These: THE EXPLOITED sind inzwischen belanglos und wären showtechnisch langweilig wenn da nicht Gitarrist Matt und Bassist Irish Rob wären, die wahre Poser vor dem Herrn sind und sich mit Spielfreude und Bock auf Liveauftritte grinsend auf der Bühne austoben. Wattie asselt rum, spricht Kauderwelsch und rotzt sich durch ca. drölfzig stets gleich klingende Songs, die bis auf einen ohne jeden Wiedererkennungswert auskommen müssen. Wenn das Punk ist, bin ich nicht Punk.
Der Zielgruppe gefällt es trotzdem und sie entert brav zu 'Sex & Violence' die Bühne, auch wenn die Invasion laut Irish Rob eher harmlos ausfällt: "Das war die schlimmste Bühneninvasion seit jeher, mein Bier ist ja noch da. Oder es ist schlechtes Bier!" Humor habe sie ja, die Punks. Meine Musik wird es trotzdem nicht werden.
Lestat: Wie war das? Punk's not dead? Sorry, wenn ich mir das anschaue, dann ist Punk mausetod. Ja, Matt und Irish Rob haben versucht, das beste aus dem Gig zu machen. Aber wenn du nichts verdoppelst, bleibt es nichts. Gleich klingende Songs, ein routiniert wirkender Sänger, das trägt alles nicht zu einer guten Show bei. Warum sind die nochmal so legendär?
KADAVAR
TexJoachim: Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zum zweiten Tageshighlight: KADAVAR. Bitte schnallen sie sich fest zur Zeitreise in die 70er, wo Matten noch Matten und Bärte noch Bärte sowie die Musik knarzig und psychedelisch war. Mit "Habt ihr Bock auf Rock'n'Roll?" geht es los. KADAVAR verkleinern durch ihren Aufbau die große Bühne in eine kleine und die Festival- in eine intime Clubshow. Es funktioniert! Zwar tropft statt Schweiß von der Decke Regen vom Himmel, aber egal. Die Menge feiert die einstündige Geschichtsstunde und kommt der Aufforderung: "Habt ihr dieses Wochenende schon getanzt? Ihr habt viel gesoffen, dann tanzt jetzt mal!" umgehend nach. Bis in die Ränge wird altersübergreifernd gefeiert, was mich als altem Sack, der mit diesem Sound quasi groß geworden ist, fast zu Tränen rührt. Oder war das der Regen? Egal, diese sympatische Band wird noch Großes erreichen, so viel steht heute schon fest!
Lestat: Ich kann zum Bericht von TexJoachim nichts ergänzen, muss aber dennoch betonen: Das ist das geilste Zeug, das ich seit langem gehört habe. Zeitreisen wurden noch nicht erfunden? Doch wurden sie. Diese ging zurück in die Siebziger .
METAL CHURCH
TexJoachim: METAL CHURCH sind wieder da, haben ein neues Album draußen und legen mit 'Killing Your Time' erstmal mächtig los. Mike ist gut bei Stimme und hat in den Jahren ohne Musik weder das Singen noch das Posen verlernt. Kein Wunder also, dass ihm sein Publikum quasi aus der Hand frisst. Die Band macht trotz Regen mächtig Alarm, kommt aber nicht gegen die Übermacht der vor ihnen aufgetretenen KADAVAR an. Oder vielleicht liegt es doch am Regen? Mich jedenfalls treibt es ins Trockene, der durchaus gute Power Metal der Truppe vermag mich nicht wirklich zu fesseln. Schade.
TURBONEGRO
TexJoachim: Der Abend wird länger, die Nacht bricht heran. Hin und wieder erblickt man eine Matrosenmütze oder eine Jugendkutte im Publikum. Dann wird es still, bevor TURBONEGRO für Erection sorgen. Man kann über sie sagen, was man will, aber die Jungs sind trotz - oder wegen? - ihres tuntigen Outfits musikalische Profis, die genau wie vor 4 Jahren das Publikum begeistern. Sei es mit 'All My Friends Are Dead' oder zum Beispiel mit 'City Of Satan'. Jeder Song sitzt, jeder Song wird begeistert aufgenommen, obwohl deutlich zu sehen ist, dass ein Teil des Publikums mit der Band oder ihrem Songmaterial nichts anfangen kann und sich zum Ausgang begibt. Schade, denn da verpasst ihr eine tolle Show! Aber egal, die übrigen Turbojugend-Mitglieder feiern einfach umso heftiger und lassen nichts auf ihre Helden kommen! Geil ist's!
Lestat: Eins muss man TURBONEGRO lassen: Sie machen nicht nur Musik, sondern sind ein Gesamtkunstwerk und haben eine Fanbase, wie kaum eine andere Band. Das ändert nichts an der Sache, dass ich mich frage, ob TURBONEGRO wirklich auf dem Rock Hard Festival zu dieser Zeit spielen müssen. So richtig Metal ist das nicht. OK, waren KADAVAR auch nicht. Aber das war irgendwie was anderes. Da die Arena doch merklich gelehrt hat, stehe ich mit meiner Meinung ganz offensichtlich nicht alleine da, eine sehr treue Fanmenge ist allerdings nach wie vor da und sorgt mit Crowdsurfen und sonstigem Abgehen für gute Stimmung. Und ich kann TexJoachim insofern zustimmen: Eine gute Show haben sie hingelegt. Und als Outro 'We Built This City' abspielen zu lassen ist definitiv cool.
Sonntag
BLACK TRIP
Lestat: Mein erste Band des Tages ist heute BLACK TRIP. Nachdem der Tag zuvor rockig aufgehört hat, fängt er nun, zumindest für mich, auch wieder rockig an: Die Schweden geben Hard Rock mit leichten Anklängen an Bon Jovi von sich, das ganze mit einem Gitarrensound, den man einfach nur mit brantend beschreiben kann: breit, leicht matschig, zu einer Maße irgendwie verbreit. Da hilft auch alles Posen nichts: Sie reißen weder mich noch das Publikum vom Hocker.
NIGHTINGALE
Lestat: Man merkt am Ende, dass Dan Swanö früher auch Mastermind bei EDGE OF SANITY war, als er 'Black Tears' dieser spielt. Bis dahin wird einem einfach mitreißender Progressive Metal mit einer eher düsteren Note präsentiert. Der Innenraum ist leider nur spärlich gefüllt, könnte aber auch daran liegen, dass NIGHTINGALE viel mehr zum Träumen als zum Abgehen einladen, die eher maue Bühnenpräsenz der Band tut da ihr Übriges dazu. Dennoch ein geiler Gig, der vor allem von der Musik gelebt hat. Daher wurden Dan und seine Kollegen auch standesgemäß mit Applaus bedacht.
ORDEN OGAN
TexJoachim: Melodischer Metal ist normalerweise ja nicht so meine Baustelle, aber für die Sauerländer ORDEN OGAN mache ich mal eine Ausnahme. In lustige Kostüme gewandet und mit einer Menge Scherze im Schlepptau geben die vier Jungs ihr bestes. Die Show ist nett und begeistert ihre Kernzielgruppe wie man an den Crowdsurfern nur unschwer erkennen kann. Die Ränge im Amphitheater wie auch meine Wenigkeit schauen eher belustigt auf das, was auf der Bühne passiert. Die Band ist immer in Bewegung, post was das Zeug hält und bedankt sich immer artig für ihren Zuspruch. Der Showteil der Band geht voll in Ordnung, macht mir die Musik allerdings nicht angenehmer. Ich habe also erstmal eine Currywurst verhaftet, ohne das 'F.E.V.E.R' zu bekommen, glücklicherweise.
Lestat: Das ist meine Mucke! ORDEN OGAN sind vielleicht nicht die originellste Power Metal-Band. Aber in meinen Augen derzeit eine der besten. Schon am Anfang zeigen sie ihre Qualität mit 'Ravenhead', 'Here At The End Of The World' und 'We Are Pirates'. Die Menge ist nicht mehr zu halten, und steckt mit der guten Stimmung wiederum die Band noch mehr an. Weiter geht es danach mit 'Deaf Among The Blind'. Viele Ansagen werden nicht gemacht, bis auf eine Ausnahme: Vor 'F.E.V.E.R' erläutert er, warum Dirk keine Currywurst mag: Nach der letzten hatte er nämlich eben dieses. Gott sei Dank hat er es gut überwunden, sonst wäre uns dieses absolute Highlight des Festivals verloren gegangen. Wie man diese Band und diese Musik nicht gut finden kann, erschließt sich mir nicht.
MOONSPELL
TexJoachim: Und der Preis für den am besten geschmückten Drumriser des Festivals geht an: MOONSPELL. Die beste "Verkleidung" für Keyboards haben sie übrigens auch am Start. Viel wichtiger ist allerdings, dass die portugiesische Truppe auch die Sonne mit nach Gelsenkirchen gebracht hat. Es ist doch ein wenig kalt geworden in den letzten Tagen. Der Dark Metal des Quintetts heizt uns jetzt noch zusätzlich ein: nach dem Intro geht es mit 'Extinct' direkt in die Vollen.
'Ruin And Misery' knallt auch total, so dass ich mich spontan entschließe die aktuelle CD der Jungs zu erwerben. Amazon machts ja möglich. Ich bin wahnsinnig überrascht von dieser Band, die mir vorher fast unbekannt war, aber hier und heute ihre Songs mit so viel Inbrunst und Herzblut zelebriert. Einzig der kitschige Vampirmantel zu 'Vampiria', einem Song vom Debüt "Wolfheart", sollte in der Mottenkiste bleiben, ok?
Lestat: Vorab: Ich muss meinem Vorredner TexJoachim zustimmen, der Vampirumhang soll bitte das nächste Mal zu Hause bleiben. Ansonsten bleibt mir zu ergänzen, dass das diesjährige Rock Hard Festival das Festival der guten alten Lieder zu sein scheint. Auch die Portugiesen geben vor allem mit Klassikern auf die Bühne. Schon recht früh geben sie 'Opium' zum besten. Dazu gesellen sich unter anderem noch 'Vampiria', 'Mephisto', 'Alma Mater' und 'Full Moon Madness'. Dazu kommen der Bühnenaufbau, die Gewandungen von Sänger Fernando und Keyboarder Pedro und fertig ist ein einfach geiler Auftritt aus dem Bereich des Dark Metal, der einfach mitreißt in die Dunkelheit. Und insbesondere Fernando lässt einen immer wieder spüren, dass er voll und ganz bei der Sache ist und aus vollstem Herzen das macht, was er da gerade macht.
RIOT V
TexJoachim: Ah, junger Sänger mit alter Band, die 76te. RIOT V spielen auf mit nettem Power Metal und stark dröhnendem Basssound. Die Spielbegeisterung geht in Ordnung, vor allem der Knabe am Mikro ist ein echter Aktivposten. Es ist alles dabei, was man von einer Ami-Power Kapelle erwartet: der schnelle Song, der Midtempo-Song, die Powerballade. Das Klische vom Bassisten, der zwischen den Songs die Schnapsflasche ansetzt, wird auch erfüllt. Insgesamt nett, vor allem da es genau die richtige Gelegenheit ist, dem Nachwuch das Crowdsurfen beizubringen, wie ein zweifacher Vater von jungen Töchtern während des Gigs beweist. Erst surft der Nachwuchs, dann der Herr Papa. RIOT begeistern ihre Anhängerschar, mich leider nicht. So bin ich ganz froh, dass nach 'Thundersteel' endlich Schluss ist.
CANNIBAL CORPSE
TexJoachim: Jaaaaaaaaaa! CANNIBAL CORPSE auf der Bühne! Mit einer hammergeilen Setlist noch dazu! Die beste Death Metal Band der Welt montiert uns jetzt als Co-Headliner fachgerecht die Rübe ab. Und alle machen mit. Der Sound ist gut, die Band engagiert. Ihren geringen Bewegungsradius auf der Bühne machen die 4 Urgesteine durch Brutalität und Musikalität wieder wett. Und mal ehrlich, wer braucht schon Ansagen wenn es Songs wie 'Evisceration', Time To Kill', 'I Cum Blood' und Co. gibt? Ich nicht! Das Amphitheater ist bis zum Brechen gefüllt und alle gehen steil: Crowdsurfing, Propellerbanging, Circle Pit, Moshpits aller Orten. Viele Hörner werden auf der Bühne erhoben, viele Hörner grüßen nach jedem Song zur Bühne zurück. Gekrönt wird der Siegeszug noch durch das Schlussduo 'Hammer Smashed Face' und 'Devoured By Vermin'. Hammergeil! Kleines Schmankerl am Rande: CANNIBAL CORPSE waren die einzige Band, bei der die Kollegen vom Rockpalast heute nicht mit im Fotograben waren. Zu hart für die ARD?
BLIND GUARDIAN
TexJoachim: Angeblich wurden heute wegen BLIND GUARDIAN eine ganze Menge Tagestickets verkauft. Könnte stimmen, denn es findet quasi ein Publikumsaustausch in der Umbaupause statt. Trotzdem ist es richtig voll, als die Krefelder loslegen. Es freut mich festzustellen, dass Hansi inzwischen ein großer Entertainer geworden ist, der das Publikum bis in die Ränge hinauf prächtig zu dirigieren vermag. Die Stimmung ist gut, das Publikum feiert ihre Helden. Ich kann mit dem Fantasy Metal allerdings seit einiger Zeit nichts mehr anfangen, auch wenn mir 'Script For My Requiem' immer noch eine Gänsehaut zaubert. Daher entschwinde ich leise murmelnd in die Nacht.
Lestat: Als ich das letzte Mal BLIND GUARDIAN live gesehen hatte, haben sie mich irgendwie enttäuscht, zu routiniert wirkte alles. Anders heute. Man merkt, dass die Band Bock auf den Auftritt hat. Für ihre, vor allem Hansis, Verhältnisse, legen sie geradezu aberwitzig viel Bewegung auf der Bühne an den Tag. Dazu kommt eine Setlist, die sich eher an der ganz alten Vergangenheit orientiert. Schon als sie 'Script For My Requiem' als zweites Lied anstimmen, läuft es mir kalt den Rücken runter. Danach kommen manche neuer Lieder aber auch sehr viel altes Zeug. Oder wann haben BLIND GUARDIAN das letzte Mal in einer Show 'Majesty', 'Valhalla', 'Imaginations From The Other Side', 'Journey Through The Dark', 'Lord Of The Rings', 'The Last Candle' und den 'Bard's Song' in einer Show gespielt? Das Publikum gutiert es. Nicht nur ich singe fast jeden Song mit, und gerade bei Liedern wie eben 'Valhalla' oder dem 'Bard's Song' hätte Hansi das Mikro auch abgeben können. In der randvollen Arena herscht eine gigantische Stimmung. Das merkt auch die Band, die wahrscheinlich eine der geilsten Shows der jüngeren Vergangenheit spielt. Nur ganz am Ende kommen Sie in Zeitnot, da das harte Ende von 23 Uhr gilt. Mit einem entsprechendem Hinweis von Hansi darf 'Majesty' die Setlist schließen, aber nicht ohne dass auch dieses Lied von der ganzen Menge mitgesungen wird.
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Billing
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BLIND GUARDIAN
TURBO NEGRO
SODOM
CANNIBAL CORPSE
METAL CHURCH
DESTRUCTION
MOONSPELL
THE EXPLOITED
RIOT V
TANKARD
KADAVAR
GRAND MAGUS
SATAN
ORDEN OGAN
TRIBULATION
BLACK TRIP
NIGHTINGALE
YEAR OF THE GOAT
SULPHUR AEON
SORCERER
ACCUSER
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