Cult Of Luna - The Beyond

Review von Opa Steve vom 07.05.2003 (11636 mal gelesen)
Cult Of Luna - The Beyond Bisher glaubte ich ja, dass Neurosis einzigartig auf dieser Welt sind. Nun schicken sich aber ein paar Schweden und ehemalige HC-Mucker von Eclipse an, nicht nur den Neurosis-Sound, sondern auch eine textlich angelehnte Kopie der Apokalyptiker neu zu erfinden.

Eine kurze Umschreibung des Cult Of Luna Sound sei also nur noch für diejenigen angebracht, die Neurosis noch nicht kennen: es klingt zäh, düster, ultraheavy, aber immer wieder scheint eine morbide Schönheit durch. Für diejenigen die Neurosis bereits in ihr Herz geschlossen haben, sei gesagt, dass Cult Of Luna nicht ganz so brachial rüberkommen und auf einige Distortions und berstende Speakercabinets verzichten, dafür aber etwas sauberer klingen. Auch sind die Dynamikschwankungen zwischen totalem Lärm und pianissimo-Passagen nicht ganz so ausgefeilt und fies wie die der Meister.

Kurzum: der Kontrast ist etwas schwächer, aber die Richtung unverkennbar.

Das Album beginnt nach kurzem Intro recht "catchy" mit einer starken Düstermelodie in Form von "Receiver". Anschliessend benötigt man allerdings schon einen langen Atem, denn das 11-minütige "Genesis" beginnt sehr minimalistisch, bevor es sich zäh wie Lava und instrumental irgendwie an Bathory zur Wikinger-Hochphase erinnernd losschleppt. Klas Rydberg brüllt sich die Kehle aus dem Leib, und nach ca. 4 Minuten wird das Stück herrlich hypnotisch. Ständige Wiederholungen im gleichen Rhythmus tragen den Hörer aus der Wirklichkeit - sofern man sich darauf einlässt. Zum Chill-Out nach diesem akustischen Trip lässt man sich wiederum 2 Minuten Zeit, um die Instrumentierung immer weiter bis auf wenige wirkungsvolle Töne runterzuschrauben. Ein starkes Werk, nach welchem das anschließende "The watchtower" mit seiner straighten Rhythmik schon fast wie einer oberflächliche Erholung anmutet.

"Circle" erinnert stark an Type O Negative. Pete Steele's Gesang könnte man sich auf den tiefen SloMo-Riffs gut vorstellen. "Arrival" ingegen ist wieder sehr brachial. Jeder Akkord sitzt wie Schmerz in den Knochen. Melodien stecken anfangs stark zurück, die Seele verfinstert sich, bevor dieses 9-Minuten-Epos zum Ende seine Schönheit entfaltet und mit großartig inszenierter Verzweifelung eine emotionale Sonnenfinsternis zelebriert: beeindruckend, strahlend, aber dennoch voller faszinierender Dunkelheit.

Dass COL mit Magnus Lindberg einen eigenen Soundengineer in ihren Reihen als Bandmitglied aufführen, verwundert nicht weiter, wenn man sich "Leash" zu Gemüte führt. Die Soundvielfalt dieses Werks ist unglaublich - fast Industrial-like werden manche Gitarren zum Klingen gebracht, als wären keine normalen Saiten gespannt, sondern eher dicke Stahldrähte. Dazwischen erklingen Sounds wie Samples (die aber keine sind), und natürlich immer die ultraverzerrten düsteren Brachialakkorde.

Nach einem kurzen ruhigen Intermezzo schaukelt man die Rübe im ruhigen, aber sehr eindringlichen Takt von "Deliverance". Maschinenartig bewegt sich der Song vorwärts, und wie auf einer Resonanzfrequenz wird das Verlangen, sich in diesem hypnotischen Takt immer stärker zu bewegen, immer größer. Der akzentuierte Tom-Einsatz der Drums erhöht diesen Effekt nach 7 Minuten noch einmal, bevor man sich wieder locker eine ganze Minute zum langsamen "Runterkommen" einräumt.

Mit dem abschliessenden Epos "Further" hab ich allerdings 11 Minuten lang so meine Probleme. Der Song erinnert an eine Zeitlupenversion von Jazz mit pechschwarzer Blues-Seele wie eine Beerdigungskapelle in New Orleans. Auch tut sich ansonsten nicht besonders viel, so dass ich eher geneigt bin, die CD verfrüht auszuschalten. Schade.

Nichtsdeostrotrotz ist diese randvolle CD eine wahre Fundgrube. Wer glaubt, Doom sei düster, der solle sich mal Cult Of Luna oder eben die hier viel zitierten Neurosis reinziehen. Doch auch bei diesem Release gilt: Zeit nehmen ist angesagt! Die Mucke zieht gewaltig runter und man benötigt ein paar Durchgänge, mit denen das Album von Mal zu Mal wächst. Inmitten dieser Finsternis verbirgt die Musik gekonnt viele strahlende Momente, und je mehr man sich auf die Musik einlässt ohne sich abzulenken, umso mehr morbider Schönheit wird man in den hypnotischen Songs gewahr. Als Anspieltipps seien unbedingt "Arrival" und "Deliverance" genannt. Bei einer Durchschnittslänge von 8 Minuten natürlich keine Songs, die im Plattenladen wirken können. Da COL auf ihrer Homepage momentan keine MP3s bieten, muss ich leider so böse Empfehlungen aussprechen und euch auf die nächsten bekannten P2P-Tauschbörsen verweisen. Ich tue dies aber aus reinem Gewissen, denn wenn ihr euch da reingehört habt, werdet ihr die Scheibe eh kaufen, oder die Songs wieder löschen.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
Inside fort meade
Receiver
Genesis
The watchtower
Circle
Arrival
Leash
Clones
Deliverance
Further
Band Website: www.cultofluna.com
Medium: CD
Spieldauer: 74:40 Minuten
VÖ: 15.03.2003

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