Grabnebelfürsten - Pro-Depressiva | |
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Review von Zephir vom 28.08.2013 (6987 mal gelesen) | |
"Wohin ist Gott?", fragte Friedrich Nietzsche 1881. Und er wusste und verewigte dieses Wissen in einem Textfragment: "Auch das Licht braucht Zeit, auch der Tod und die Asche brauchen Zeit!" Der intellektuelle Avantgarde Black Metal der GRABNEBELFÜRSTEN erhebt sich mit "Pro-Depressiva" nach acht Jahren zum letzten Mal aus den tiefen Grüften philosophischen Gedankenguts. Acht Jahre, in denen die Herren Sturm Deiner Winter, Hochfinsterwürden, K. R. Eisnebel und Marschhausen sich beruflichen Verpflichtungen und anderen Projekten widmeten und ihre fürstliche Fangemeinde auf das Folterinstrument der Stille spannten. Schlimm genug, dass die Fürsten sich seit 2005 in kreatives Schweigen hüllten. Hinzu kam der Fortgang des Bassisten Glutsturm, der allerdings mit Tao einen würdigen Nachfolger fand. Ein letztes Mal bestätigen die GRABNEBELFÜRSTEN nun ihren Ausnahmestatus in der Black Metal-Szene. Das lang ersehnte Album "Pro-Depressiva" bedeutet knappe 40 Minuten aufwühlende Manie, grüblerische Depression, nicht zuletzt viel musikalische und lyrisch-philosophische Essenz. Dabei werfen die Musiker immer wieder Rückblicke auf die Arbeit vergangener Jahre, ganz so als wollten sie einen sauberen Schlussstrich ziehen. Es beginnt im instrumentalen 'Morgengrauen', dessen ambivalenter Titel den schweren Gehalt des Folgenden vorwegnimmt: Textlich gesehen dünkt der 'Mantelmann' eine philosophische Metapher zu sein, über die es nachzudenken lohnt. Der Track trägt einige klassische Elemente in sich, so etwa das rasante Tempo und eine Portion Kälte, die den Nebel über den Gräbern gefrieren lässt. Die eigenartigen Gitarrenriffs, die keine rechte Grundharmonie heraushören lassen, sprechen aber deutlich eine avantgardistische Sprache. Der Titelsong 'Pro-Depressiva' klingt zumindest in seinem melodischen Gerüst gar nicht so depressiv wie sein Name, hier geht das Album eher durch seine manische Phase. Wie sehr doch beides miteinander verwoben ist! Eine unsentimentale Retrospektive auf vergangene Jahre beginnt im 'Fazit einer Ehe', und zwar gleichsam in kompositorischer und in lyrischer Hinsicht. 'Die Rückkehr' stellt anschließend intertextuelle Bezüge zu vergangenen Werken her, grollt mit unkonventionellen Riffs und dämonischem E-Orgel-Sound los. Sturm Deiner Winter liefert charismatische Vocals wechselnd zwischen ersterbenden Screams, klarer Sprache und sublimem Gesang, was dem ohnehin stark postmodernen Charakter den letzten Schliff gibt. Ein jazzballadeskes Intermezzo, das in ein heulendes Rockgitarrensolo mündet, dürfte den unkundigen Hörer komplett aus seinem gewohnten Hörverhalten reißen. Die GRABNEBELFÜRSTEN appellieren hier, wie in der Vergangenheit so oft geschehen, an den strukturellen Verstand ihrer Fangemeinde. "Es ist nur das alte, frühere Leben im Lichte, die vergangne Menschheit und der vergangne Gott, deren Strahlen und Gluten uns immer noch erreichen" - so blickt der Mensch zurück auf Vergangenes, einen längst vergangenen Gott, ein längst vergangenes Licht, das ihm noch gegenwärtig scheint. Die zitierte Nietzsche-Passage, begleitet von Piano und Ambient-Klängen, findet sich als seltsam entrückter Sprachsample in 'Einsicht vs. Erkenntnis'. Man mutmaßt längst eine geistige Verwandtschaft zwischen den Fürsten und ihrem philologisch-philosophischen Stichwortgeber, schwebte dessen Wortgewalt doch schon einst über dem Track 'Abstrakte Wunden verbaler Schwerter' (zu finden auf dem Album "Dynastie oder wie man Herrschaft definiert"). "Und zuletzt, wir Lebenden und Leuchtenden: Wie steht es mit dieser unserer Leuchtkraft?" Mit der dunklen Leuchtkraft der GRABNEBELFÜRSTEN steht es ausgezeichnet; das Einzige, was früher zugegebenermaßen besser war, sind die Albumtitel und Coverarts. Ihr Abschiedswerk wird abermals eine tiefe Spur in der Intellektuellensparte der Schwarzmetaller hinterlassen. Der verkündete Untergang der Band risse ein zu großes Loch, würden die Herren nicht bereits ein neues Projekt ausrufen, welches mit gleicher Besetzung unter dem Namen 3001 folgen wird. "Uns führt kein Weg zurück", heißt es im 'Fazit einer Ehe', nachdem der Nachfolger textimmanent betitelt wurde. Lassen wir also schweren Herzens die GRABNEBELFÜRSTEN ziehen und mit 3001 vorwärts schreiten! Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Morgengrauen 02. Mantelmann 03. Pro-Depressiva 04. Fazit einer Ehe 05. Die Rückkehr 06. Einsicht vs. Erkenntnis | Band Website: www.grabgewalt.de Medium: CD Spieldauer: 38:07 Minuten VÖ: 16.08.2013 |
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