Interview mit Philipp von Burden Of Grief

Ein Interview von Eddieson vom 13.08.2014 (17292 mal gelesen)
BURDEN OF GRIEF feiern dieses Jahr ihren 20. Geburtstag und veröffentlichten vor Kurzem ihren neuen Longplayer "Unchained". Gitarrist Philipp plauderte etwas über die Band, ihre Alben und ließ die letzten 20 Jahre Revue passieren.

Hallo Philipp! Herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren BURDEN OF GRIEF. Wie geht es euch damit? Fühlt ihr euch alt, weil ihr 20 Jahre in einer Band spielt, oder ist Metal doch irgendwie ein Jungbrunnen?

Philipp: Die „20 Jahre“ sind schon irgendwie eine beeindruckende Zahl, die wir nicht unerwähnt lassen wollten. Man darf aber nicht vergessen, dass nur unser Sänger Mike und ich seit Anfang an in der Band sind, und die anderen erst seit 2005/2006. Somit ist dieses Jubiläum in erster Linie für uns beide von besonderer Bedeutung. Dadurch, dass die anderen aber einige Jahre jünger sind als wir, fühlen wir uns gar nicht so sehr wie eine alte Band. Diese Bandbesetzung ist mittlerweile die, die am längsten Bestand hat, und nie zuvor haben wir mit konstantem Line-Up 3 Alben nacheinander aufgenommen. Wir sind sehr glücklich mit der aktuellen Bandbesetzung und werden mit Sicherheit noch einige Jahre und einige Alben machen.

Lass doch mal bitte die letzten 20 Jahre Revue passieren. Was waren die Highlights? Gab es negative Erlebnisse? Usw.

Philipp: Ich persönlich würde diese 20 Jahre in 3 Perioden unterteilen. In den ersten Jahren von 1994 bis 1999 waren wir absolute Anfänger, die ihre Erfahrungen erst noch sammeln mussten. Wir haben erste Demos aufgenommen und erste Shows gespielt, aber alles war noch sehr amateurhaft. Dies änderte sich dann mit dem ersten Plattenvertrag. In den Jahren 2000 bis 2004 haben wir dann unsere ersten 3 Alben veröffentlicht, allerdings immer mit wechselnden Bandbesetzungen, da der deutlich höhere Zeitaufwand manchen Bandmitgliedern dann doch zu viel wurde. Außerdem haben wir größere Shows und Festivals im In- und Ausland gespielt. Seit 2006 spielen wir aber nun konstant mit der aktuellen Besetzung, und für mich hatte damit ein neues Bandkapitel angefangen, da der Besetzungswechsel von immerhin 3 Leuten wie ein Neuanfang war. Diese Zeit damals war negativer und positiver Höhepunkt zugleich. Die Stimmung in der Band war vor dem Wechsel am Boden und hätte die Band fast zerstört. Mit den neuen Leuten ging es dann aber mit neuer Energie wieder los, wir haben 3 tolle Alben zusammen veröffentlicht und europaweit tolle Shows gespielt.

Im Jubiläumsjahr ist auch mit „Unchained“ ein neues Album von euch erschienen. Einige Fans könnten evtl. enttäuscht sein, dass es "nur" ein Album zum Jubiläum ist. Habt ihr für den Geburtstag noch was geplant oder belasst ihr es dabei? imgleft

Philipp: Wir haben ja nie gesagt, dass wir ein spezielles Jubiläumsalbum machen wollen. So wichtig war uns das Jubiläum aus bereits genannten Gründen auch nicht. Wir schauen lieber nach vorne anstatt zurück. „Unchained“ ist einfach „nur“ ein reguläres neues Album, welches zufällig im 20. Jubiläumsjahr erscheint. Dafür hatten wir mit unserem letzten Album „Follow The Flames“ ja bereits ein Doppelalbum mit einem Bonus-Coveralbum einfach so, ohne besonderen Grund, veröffentlicht. Unser Jubiläum haben wir im Juli mit 2 besonderen Shows hier in unserer Heimatregion gefeiert und dabei auch ein spezielles Set gespielt. Auch gab es spezielles Jubiläums-Merchandise. Aber damit werden wir es nun belassen und uns von nun an nur noch auf das neue Album konzentrieren, welches uns deutlich wichtiger ist.

Ihr habt durch die Bank weg immer gute Alben veröffentlicht. Auch "Unchained" ist da, meiner Meinung nach, keine Ausnahme. Wie sind die Reaktionen auf das Album?

Philipp: Die Reviews sind wieder sehr gut, unterm Strich sogar deutlich positiver als bei den letzten Alben, und nur ganz wenige "Ausreißer" nach unten. Allerdings muss ich sagen, dass ich selber unsere Musik deutlich anders sehe und einschätze als das die meisten Magazine machen. Die meisten packen uns immer noch in die Göteborg-Melodic-Death Schublade, was meiner Meinung unserer Musik nur sehr bedingt gerecht wird. Ich finde nicht, dass wir besonders viel mit Bands wie IN FLAMES am Hut haben. Wenn, dann schon eher mit einer Band wie ARCH ENEMY, die in ihrer Musik auch viele klassische Metal-Elemente mit harten Riffs und heftiger Produktion verbinden. Ich selber sehe aber in unserer Musik kaum Death Metal-Elemente, dafür viel mehr Thrash Metal-Riffs. Aber Melodic Thrash Metal ist halt keine allgemein anerkannte Schublade. Solange aber die Musik dennoch unterm Strich positiv bewertet wird, ist ja soweit alles in Ordnung.

Ist es immer noch aufregend für euch ein neues Album zu veröffentlichen oder kommt da doch irgendwann eine gewisse Routine rein?

Philipp: Die Routine kommt durch die Erfahrung natürlich bei den Aufnahmen ins Spiel. Es ist aber immer wieder aufs Neue aufregend zu sehen, wie das neue Coverartwork aussieht, wie der Endmix klingt, wie das fertige Produkt aussieht und wie es letztendlich bei den Leuten ankommt. Dies wird nie zur Routine werden und immer wieder aufregend bleiben. Etwas routinierter gehen wir aber mittlerweile mit den Reviews um. Früher haben uns schlechte Kritiken viel mehr berührt, heute ist es uns echt egal, weil wir für uns wissen, dass wir ein gutes Album aufgenommen haben.

Wenn du jetzt mal an die vergangenen 20 Jahre denkst. Würdest du alles noch mal so machen, oder gibt es die ein oder andere Entscheidung, die du vielleicht doch anders treffen würdest?

Philipp: Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer, aber man muss ja sämtliche Entscheidungen in dem damaligen Kontext sehen. Und ich finde, dass wir uns immer relativ sicher waren, dass wir jederzeit unser Bestes gegeben haben. Aber 2 Dinge fallen mir spontan dennoch ein, die wir damals hätten anders machen sollen. Zum einen hätten wir nach den ersten 1-2 Platten versuchen müssen, regelmäßig auf Tour zu gehen. Damals hatten wir beruflich noch die Zeit dafür und es hätte der Bekanntheit der Band bestimmt gut getan. Heute ist uns dies aus berufsbedingtem Zeitmangel leider kaum noch möglich. Der andere Punkt, wo wir definitiv einen Fehler gemacht haben, war die Entscheidung, unsere "Fields Of Salvation" und "Death End Road"-Alben bei Tommy Hansen abmischen zu lassen. Bei beiden Platten war er definitiv überfordert, da er mit dieser Art Musik wenig Erfahrung hatte. Wir dachten zwar, dass uns dies eher helfen könnte, einen eigenständigen Sound zu bekommen. Aber im Nachhinein sind die Mixe dieser beiden Alben echt schwach. Beim "Death End Road" Album planen wir aber, im kommenden Jahr ein Re-Release mit einem neuen Mix von Dan Swanö zu veröffentlichen.

Kannst du dich noch an euren ersten Auftritt erinnern?

Philipp: Natürlich. Es war ein Bandwettbewerb in einer Schulaula. Jede Band durfte 3 Songs spielen, und im Publikum saßen(!) auch die ganzen Eltern. Aus heutiger Sicht natürlich alles sehr albern, aber irgendwie muss ja jede Band mal anfangen.

Gibt es eine Band oder mehrere Bands, die euch zu Beginn und auch heute noch beeinflussen?

Philipp: Natürlich hat jeder in der Band seine Favoriten, die ihn auch beim Songwriting beeinflussen. Allerdings muss ich hierzu sagen, dass wir in unserer heutigen Besetzung kaum musikalische Überschneidungen haben. Wenn wir gemeinsam auf Konzerte fahren, ist es immer extrem schwierig, CDs einzulegen, die uns allen gefallen. Mit METALLICA, KREATOR, ARCH ENEMY und SOILWORK können sich viele von uns anfreunden. Das war's dann aber auch schon fast. Unserer Musik kommt dies aber, denke ich, eher zugute, da wir eben nicht eindeutig in eine Richtung gehen.

Die Festival-Saison ist grad in vollem Gange. Hast du privat irgendwelche Festivals besucht und auf welchem Festival würdet ihr gerne mal spielen wollen?

Philipp: Ich habe keine Festivals, auf die ich jedes Jahr aus Tradition hinfahre. Vielmehr entscheide ich jedes Jahr, welches Festival-Billing mir am meisten gefällt. In den letzten Jahren war ich oft auf dem Graspop, aber dafür wären wir als Band eindeutig zu klein. Aber generell würde ich gerne mal wieder auf dem Party San, Rock Harz und Summer Breeze spielen, da es uns hier immer wieder sehr gut gefallen hat, und unsere Auftritte dort mittlerweile auch schon wieder einige Jahre her sind. imgright

Ihr habt an Tribut-Alben für IRON MAIDEN, METALLICA und RUNNING WILD mitgemacht. Würdet ihr noch mal an einem Tribut-Album mitmachen. Welche Band hätte ein Tribut-Album verdient? Von der es bisher noch keines gibt.

Philipp: Die Beiträge auf dem MAIDEN- und METALLICA-Tributes waren ursprünglich gar nicht geplant. Hier standen zuerst unsere Coverversionen, die dann später irgendwann auf diesen Alben gelandet sind. Bei dem RUNNING WILD-Tribute war dies anders, hier sind wir damals direkt gefragt worden, ob wir da einen exklusiven Song für aufnehmen möchten. Mit unserer aktuellen Coverversion von BLACK SABBATHs 'Neon Knights' war dies ähnlich. Hier wird es wohl demnächst auch ein entsprechendes Tribute-Album geben. Generell mag ich Tributes und Coverversionen eigentlich ganz gerne, aber natürlich scheiden sich daran auch immer die Geister. Es gibt ja mittlerweile auch kaum eine größere Band, für die es bisher noch kein Tribute gibt. Erstaunlich wenig gecovert worden ist bisher eine von Lieblingsbands, nämlich WHITESNAKE. Die hätten es sicherlich auch verdient.

Gibt es etwas, das du für BURDEN OF GRIEF kategorisch ausschließt oder ist bei euch alles möglich?

Philipp: Oh, da gibt es einiges! Auf den Alben werden wir mit Sicherheit niemals Keyboards, Frauengesang und Blasinstrumente einsetzen. Das mit dem Keyboard muss ich allerdings etwas differenzieren, da wir ja auf unseren letzten beiden Alben mit einer Hammond-Orgel gearbeitet haben. Dies kommt in erster Linie aus meiner Begeisterung für Bands wie RAINBOW. Mit cleanen Vocals werden wir so schnell auch nicht arbeiten, aber nur weil es keiner von uns kann. Hätte einer von uns eine coole Gesangsstimme, hätte ich nichts dagegen, diese auch einzusetzen.

Plant ihr eine Tour oder fehlt euch die Zeit dafür?

Philipp: Wir schauen gerade, ob wir vielleicht im kommenden Frühjahr mal Zeit für eine komplette Tour finden. Ansonsten wird es wie gehabt wieder viele Wochenend-Shows geben und im kommenden Sommer auch wieder einige Festivals. Aber wie schon erwähnt, fällt uns dies alles mittlerweile berufsbedingt nicht mehr so leicht wie noch vor ein paar Jahren, als wir noch Studenten waren.

So Philipp, das war es auch schon. Vielen Dank für deine Zeit und auf die nächsten 20 Jahre. Die letzten Worte gehören dir.

Philipp: Ich danke Dir für das Interview und möchte die Gelegenheit nutzen, wie bereits erwähnt, auch Nicht-Melodic-Death-Fans unser neues Album "Unchained" ans Herz legen. Es ist so viel mehr darauf zu entdecken, als irgendwelche Standard-Göteborg-Riffs. Just check it out!!!

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