Livebericht Cradle Of Filth (mit Sepultura und Immolation) |
---|
Ein Livebericht von Opa Steve aus Cologne (E-Werk) - 11.04.2003 (42744 mal gelesen) |
Danke, liebes E-Werk. Der auf eurer Page angekündigte Beginn von 19 Uhr ist nach einem Arbeitstag und einer Stunde Anfahrt ohnehin schon dämlich früh gewählt. Dass aber schon die erste Band gespielt hat, nachdem man vermeintlich rechtzeitig vor 19 Uhr an der Halle ist, ist einfach eine Sauerei. So gibt es zu Immolation nicht viel zu sagen, ausser dass es laut und schlecht gewesen sein soll - aber dies wie gesagt nur aus zweiter Hand. Sepultura starteten mit einem wuchtigen und basslastigen Sound. Die Gitarren waren Anfangs kaum zu hören, was aber gottseidank im Laufe des Gigs immer besser wurde. Die Drums kamen präzise und mit gehörigem Kick, und der Sound stand - abgesehen von der Lautstärke - durchaus gegen Ende auf Headliner-Niveau. Derrick ist ein exzellenter Frontmann und versteht es, auch in der etwas unpassenden Position dieses Black'n'Death-orientierten Billings die Massen zu bewegen. Stets agil und mit mächtig Energie in der Stimme feuert er die ersten Reihen an. Geschickt sind auch die Songs ausgewählt, die zu einem Großteil aus alten bis ältesten Tagen stammen. Schliesslich steht die Band nicht vor einem ausschliesslichen Sepultura-Publikum und bringt für dieses eben die Klassiker, die die meisten Metalheads ohnehin schon seit Jahren kennen. So greift man in uralte Kisten der Pre-Beneath-Phase bis zum Roots-Album. Hardcorelastiges Material wurde nur selten geboten, aber dafür noch zwei Coverversionen in Form von "Dazed and confused" (Led Zeppelin) im Medley-Stil sowie "Bullet in blue sky" von U2. Eine irrwitzig schnelle Version von Arise wurde "to the cool guys from Cradle Of Filth" gewidmet und stellte wohl die Geschwindigkeitshöchstmarke des gesamten Abends dar. Zur Einstimmung ein recht netter Opener, nicht mehr, aber technisch ohne Mängel. Die gebotene Leistung wurde entsprechend honoriert, denn die Halle erfuhr keine großartigen Abmarschbewegungen Richtung Biertresen, sondern blieb konstant gefüllt. Bei Openern und Co-Headlinern keine Selbstverständlichkeit. In der folgenden Umbaupause für Cradle Of Filth, die recht flott vonstatten ging, liefen auf seitlich angebrachten Leinwänden Ausschnitte des kultigen Trashmovies (B-Movie wäre noch zu viel des Lobes) "Cradle Of Fear", der auch am Merchandising zu erstehen war. Apropos Merchandising: sagt mal Leute, seid ihr eigentlich bekloppt? Irgendjemand vom Publikum muss diese völlig überteuerten Shirts doch mal gekauft haben, sonst würden die einen Preis von 25 Euro doch nicht stehenlassen? Wenn dieser Abzocke (die Konzertkarten waren schon hart an der Schmerzensgrenze) weiter nachgegeben wird, ist die nächste Drehung an der Preisschraube schon abzusehen. Es geschieht einem nur Recht, wenn er so viel Geld ausgibt, anschliessend Shirts vor der Halle für 10 Euro zu sehen. Cradle präsentierten sich mit einer Headliner-würdigen Bühnengestaltung mit Leinwänden und ohne Backline. Durch den Wegfall der Backline war der Bewegungsspielraum natürlich ungemein groß, und die Band nutzte ihn auch voll aus. Nach einem typischen Intro starteten die Briten mit "A bruise upon the silent moon". Die Gitarren sägten brilliant und grell, der Sound war unglaublich dicht, aber leider fehlte die Durchsetzungskraft der Drums, die bei Sepultura perfekt war. Das schnelle Material bot in dieser Lärmdichte wenig Anhaltspunkte für Rhythmus, so dass das Publikum eine Weile desorientiert herumstand, anstatt direkt im Takt zu bangen oder ein paar Moshpits zu eröffnen. Leider wurde das Problem nie ganz behoben, und ich frage mich, warum man nicht einfach das Kit von Sepultura hat stehenlassen. Dass Adrian Erlandsson ein präzises und technisch vielseitiges Knüppeltalent ist, wird auf der neuen und wieder härteren Scheibe sehr deutlich. Leider litt sein Spiel live unter dem wabbeligen Bassdrumsound. Cradle haben sich dank der neuen Agilität zu einem beeindruckenden Liveact entwickelt. Die Songs kommen trotz aller Bewegung wie Sperrfeuer, es wird gepost was das Zeug hält, und der neue blonde Sechsaiter-Zugang traf trotz permanenten Dauerbangings (remember Cliff Burton) dennoch jeden Ton. Dani selbst bot die übliche Show mit ständigem Gerenne, bösen Posen und streckenweise Highspeed-Banging, Ein- und Auschalten seiner Voice-Effekte (diesmal wirklich deutlich zu merken). Erwähnenswert sei noch, dass als Backgroundsängerin Sarah Jezebel Deva persönlich über der Bühne stand und ihre Gänseschauerparts, die bei gesprochenen Worten extrem cool rüberkamen, zu der Musik ergänzte. Als zweite weibliche Ergänzung tanze gelegentlich eine auch mittlerweile bei COF-Konzerten übliche Gogo-Schlampe über die Bühne, die ihren Hintern permanent dem Publikum aufdrängte. Keine Ahnung, ob Dani sie aus seinem Fetisch/Leder-Club engagiert hatte, aber irgendwie kamen die visuellen Untermalungen auf den Leinwänden passender zur Musik, als deren Gehupfe. Das ausgewählte Material von Cradle versuchte, das gesamte Veröffentlichungsspektrum zu berücksichtigen. Da wären "The forest whispers my name" vom Debut-Album, "From the cradle to enslave" vom bekannten Video der Mini-CD, und massig Stoff von dem "Dusk..."-Album. Von der neuen CD gab's insgesamt nur 3 Songs, aber nach einer so langen Tour-Abstinenz der über den Kanal gar nicht so weit weg sitzenden Band war es gut, einen passablen Querschnitt des bisherigen Schaffens live auf der Bühne als Headliner mal nachzuholen. Auch auf Zugaben wurde verzichtet, stattdessen das Programm schnurstracks durchgezogen. Als Zäsur diente eine kurze Pause, während der zu schönem Licht der "Imperial March" der StarWars-Saga das Publikum bei der Stange hielt, bevor die Band wieder zurück auf die Bühne kam und das Konzert mit ein paar Songs beendete. Zusammengefasst sei zu sagen, dass Cradle live wieder richtig Spass gemacht haben und eine souveräne Show boten. Wäre der Drumsound besser gewesen, wäre es ein richtiges Highlight gewesen, aber auch so war es ein Gig, der sehr unterhaltsam und nie langweilig war. Besonders erfreut bin ich darüber, dass sie vor allem zu alter Härte zurückgefunden haben und ein Drummer an ihrer Seite sitzt, der nach einigen Irrläufern einen fast ebenbürtigen Ersatz zu Nicolas Barker abgibt. |
Alle Artikel