Interview mit Martin Reichert (Synthesizer) von Dark Age

Ein Interview von Krümel vom 20.02.2008 (10764 mal gelesen)
Da dieser Tage nach vier Jahren endlich das von den Fans der Norddeutschen Modern Death Metaller DARK AGE heiß erwartete neueste Werk "Minus Exitus" erscheint, wollten wir natürlich auch von den Jungs selbst etwas dazu und den Jahren der Abstinenz wissen. Martin Reichert - seines Zeichens Tastenmann - stand uns netterweise Rede und Antwort.

  Ein kurzer Rückblick zu eurem Album "Dark Age", welches hauptsächlich in Frankreich auf offene Ohren stieß. Was ist eurer Meinung nach der Grund dafür, dass es ausgerechnet dort so extremst positiv aufgenommen wurde, ihr aber (leider!) hier in Deutschland nicht ganz soooo bekannt seid?

Martin :   Vielleicht hat Frankreich auf das Album gewartet und wir haben damit genau den Nerv der französischen Jugend getroffen. Zudem wird auch unser dortiger Vertrieb Underclass nicht ganz unschuldig daran sein, da sie sich sehr die Beine dafür ausgerissen haben, das Album im Land bekannt zu machen.

  DARK AGE bestehen nun bereits seit 13 Jahren. Wie haben sich die einzelnen Musiker in diesen langen Jahren verändert bzw. wie veränderte sich die Einstellung zur Band selbst?

Martin :   Ich denke, dass wir alle generell gesehen sehr viel offener geworden sind, als wir es noch als 16-jährige Schülerband waren, als wir vor allem Hass und Greul gegen unsere Lehrer hegten. Heute ist der Hass eher global. ;-) Nein, im Ernst. Man erweitert natürlich seine Sichtweisen und betrachtet auch mal andere Meinungen eher objektiv und urteilt nicht zu schnell. Im Bezug auf die Band ist es mittlerweile so, dass wir früher die Band vor alles gestellt haben. Heute ist uns die Band nach wie vor sehr wichtig, aber so lange wir damit kein Geld verdienen, geht z.B. der Job vor. Wir wissen, was es alles braucht, um mit der Band Geld reinzubekommen und die Gegebenheiten sind derzeit nicht gegeben, also betrachten wir es derzeit als ein recht zeitintensives Hobby.

  Was war der Grund dafür, dass ihr euch 2006 von eurem langjährigen Bassisten Torsten Eggert getrennt habt?

Martin :   Es passte einfach nicht mehr. Wir haben uns nicht im Streit getrennt, aber Torsten wollte sich lieber auf seine Ausbildung konzentrieren und konnte nicht mehr so doll am Strang ziehen, wie alle anderen. Wir haben alle Job, Freundin und Band unter einen Hut bekommen, bei Torsten war der Platz nicht mehr da. Hoffentlich hört man bald wieder was von ihm, denn ein guter Bassist ist er allemal.

  Seit dem letzten Release sind vier lange Jahre vergangen. Welche (guten und/oder schlechten) Erfahrungen habt ihr in dieser Zeit als Band/Musiker gemacht?

Martin :   Wir haben verdammt viel gelernt in den letzten 4 Jahren. Wir haben 2 Europatouren absolviert, von denen eine sehr professionell organisiert war (Wacken Roadshow) und eine eher eine Sauftour mit Kumpels war (Metal Bash Roadkill). Aus beiden Reisen haben wir unsere Lehren gezogen und sind für die nächsten Touren gut vorbereitet. Auch das Musikgeschäft haben wir in den letzten Jahren wesentlich besser kennengelernt und an der ein oder anderen Stelle gemerkt, dass nicht alle Leute in dem Business aus reinem Spaß an der Musik dabei sind, sondern weil sie einfach nur Geld verdienen wollen und die Bands ihnen scheißegal sind. Aber das Musikbusiness ist eben auch ein Industriezweig, wie jeder andere und da versucht der ein oder andere eben auch seinen Euro zu machen. Wir wissen auf jeden Fall für die Zukunft, auf was wir achten müssen und überlegen uns die Angebote auch gerne ein zweites Mal. Wir haben gemerkt, dass man nicht jeden Scheiß mitmachen muss, sondern man kann auch mal ein Konzert absagen, wenn die Konditionen nicht stimmen.

  Betrachtet man eure vier Vorgänger Alben, erkennt man von Scheibe zu Scheibe eine Änderung bzw. Nuancierung eures Stils. Worauf basiert dieser Stilwechsel? Weiterentwicklung oder einfach die Lust etwas anderes auszuprobieren?

Martin :   Von beidem ein wenig. Ich denke, dass wir uns stets natürlich weiterentwickeln, aber gleichzeitig auch neue Sachen ausprobieren wollen. Der von Dir angesprochene Stilwechsel ist eher unbewusst und hat sich mit der Zeit so ergeben. Wir wollen halt nicht ewig das gleiche machen. Dafür zahle ich jetzt auch gerne ins Musikerphrasenschwein.

  Manche sagen, dass der Sound "kälter" geworden sei? Habt ihr den Eindruck für euch auch?

Martin :   Könnte zutreffen. Besonders beim "Dark Age" Album hätte ich das auch unterstrichen. Bei "Minus Exitus" ist der Sound meiner Meinung nach wieder etwas "wärmer" geworden, wenn man es so nennen will. Bei "Dark Age" waren die Instrumente doch sehr differenziert und isoliert produziert. Generell ist es für mich aber immer schwierig unseren Sound und Stil irgendwo einzuordnen. Das sollten andere tun. Ich bin der Meinung, dass Eike einen Meilenstein an Produktion gezimmert hat, der für mich im Moment zutreffender nicht sein könnte. Die Gitarren sind fett ohne Ende und der Gesamtsound ist einfach zum Wohlfühlen, die Produktion passt zu 100% zu unserer Musik.

  Sänger Eike ist ja seit Ende 2006 mit seinen Eikey Studio quasi hauptberuflicher Producer. Wie ihr in der Bio verratet, verzögerte sich u.a. dadurch die Entstehung des aktuellen Werkes "Minus Exitus" und sorgten für "eine der härtesten Zeiten" in der Geschichte der Band. Was genau ist damit gemeint - stand DARK AGE etwa sogar vor dem AUS?

Martin :   Nein, definitiv nicht. Daran haben wir nicht eine Minute gedacht. Es lief aber einfach nicht und die Verzögerung war sehr zermürbend, weil wir fertige Songs hatten, die einzelnen Bestandteile aber nur nach und nach aufgenommen werden konnten. Das Problem war: Eike zog im Sommer 2006 mit seinem Studio um und unsere Produktion, die im November 2006 startete, sollte die erste komplette Produktion sein. Kurz nach Beginn der Drumaufnahmen gab es aber mit anderen Mietern in dem Industriekomplex Probleme und Eike musste sich eine Schallkabine anschaffen. Das Auffinden und der Aufbau kostete uns gut 2 Monate. Was exakt die Zeit der angedachten Produktion war. Als alles stand und die Drums eingespielt waren, standen die nächsten gebuchten Bands bei Eike vor der Tür. Und da Eike davon lebt konnte er den Bands nicht absagen. Also musste die Produktion immer dann vollzogen werden, wenn Eike Luft hatte. Was eigentlich auch seine Freizeit war. Gut vorstellbar also, dass das alles an unseren Nerven zerrte. Aber letztendlich hat sich das lange Warten und die Geduld ausgezahlt und wir sind verdammt zufrieden mit dem Ergebnis.

  Und in welchem Ausmaß "behindert" die Producertätigkeit die Band?

Martin :   Sonst eigentlich nicht, denn das Produzieren ist genauso ein Job wie jeder andere auch. Eike bemüht sich um feste Zeiten (was bei Künstlern ja nicht immer möglich ist) und wir müssen alles zeitlich genau koordinieren, aber das liegt ja an allen und nicht nur an Eike. Denn jeder hat ja mal Termine, die wahrgenommen werden müssen. Insofern behindert Eike uns genauso wenig oder viel wie alle anderen mit ihren Verpflichtungen auch.

  Man merkt jedoch, dass ihr sehr viel Herzblut in die neue Scheibe gelegt habt und versucht noch abwechslungsreicher zu klingen. Eike ist ja bekanntlich der Hauptsongwriter. In welcher Form und in welchem Maß bringen sich die anderen Mitstreiter bei Entstehungsprozess mit ein?

Martin :   Die Songs sind diesmal fast komplett von Eike und Jörn im Vorfeld komponiert und arrangiert worden, die beiden sind unsere Hauptsongwriter. Ein paar Parts stammen teilweise auch noch von Torsten. Die Songs werden den restlichen Bandmitgliedern dann vorgestellt, und wir geben unsere Senf dazu. Wenn uns ein Part nicht zu 100% gefällt, fliegt er raus oder wird umgeschrieben. Die beiden sind also keine Musik-Diktatoren.

  Lasst uns ein paar Details von "Minus Exitus" betrachten. Da wäre z.B. der Gesang. Death Growls wechseln sich mit etwas höher angesiedelten Clear Vocals ab. Hier merkt man eine deutliche Steigerung der gesanglichen Fähigkeiten seit der letzten Veröffentlichung. Nimmt Eike Gesangsstunden oder ist es eine "natürliche" Entwicklung?

Martin :   Gesangsunterricht hat er bisher nicht genommen, also ist es eine rein natürliche Entwicklung. Aber auch hier haben ihm die Touren geholfen, viel zu lernen.

  Was hat es sich mit Song Nummer 7 auf sich, der auf der Trackliste garnicht erscheint und bei dem man auf der CD selbst nur Stille hört?

Martin :   Wir wollen eben das erreichen, dass sich der Hörer mit unserem Album auseinander setzt und sich Gedanken macht, was das zu bedeuten hat. Der Track dient am ehesten als Gedenksekunden, die uns daran erinnern sollen, dass das Leben endlich ist. Nach dem Track 'Seven' fanden wir das sehr passend. Die Zeit läuft quasi, wir haben nichts zu verschenken und zu verschwenden. Da sollte man sich nicht von Dogmen aufhalten lassen, sondern sich seinen eigenen Kopf machen.

  Postitiv überrascht hat mich das etwas "versteckte" und sehr authentisch wirkende Cover des uralten U2-Stückes 'October' am Ende der Scheibe nach 'Echoes of Discipline'. Wie kamt ihr auf die Idee?

Martin :   Ursprünglich sollte dieser Song als Sequel für 'Black September' kommen, weil es von Titel und Text her sehr passt. Da wir 'Black September' aber auch ganz vorne auf dem Album haben wollten, störte 'October' extrem den Albumfluss. Also haben wir ganz am Ende den Anfangspart von 'Black September' rückwärts laufen lassen und 'October' dahinter gepackt.

  Habt ihr Ambitionen zu einem Majorlabel zu wechseln, um eventuell dadurch größere Chancen für richtige ausgedehnte Touren, Promotion und/oder den großen Durchbruch zu erhalten?

Martin :   Klar, wenn die Konditionen stimmen, hätten wir da überhaupt nichts gegen!

  Zu guter letzt habt ihr noch die Möglichkeit euren Fans ein paar Worte zukommen zu lassen, die euch noch auf dem Herzen liegen...

Martin :   Danke für die jahrelange Unterstützung, hört einfach mal in "Minus Exitus" rein; wir haben uns verdammt viel Mühe gegeben. Wir sehen uns auf dem nächsten Gig!

  VIELEN DANK SCHON JETZT FÜR EURE ZEIT UND DIE MÖGLICHKEIT DES INTERVIEWS!!!!

Martin :   Wir danken!!

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