The Raging Project - Future Days

Review von Schwarzfraggle vom 04.09.2024 (12055 mal gelesen)
The Raging Project - Future Days Tanzbarer 80er-Pop trifft auf Elektro Metal. So heißt es in der Ankündigung, die mich neugierig macht. Ich bin ja eh ein Kind der 80er/90er und bin gespannt, was mich da so erwartet, außerdem ist es tatsächlich mein erstes Konzeptalbum. THE RAGING PROJECT geht aus dem PROJECT RAGE hervor, welches 2007 in Besançon, Frankreich, von Ivan Jacquin und Lionel Fevre begründet wurde. Später stieß die Sängerin Jeannick Valleur zu ihnen. Im Jahr 2009 veröffentlichten sie eine Fünf-Track-EP, die von dem damaligen Publikum und auch seitens der Presse begeistert aufgenommen wurde. Leider blieb es bei diesem Projekt. Es schien, die "Band" sei den Herausforderungen der damaligen Zeit mit Promotion und Live-Auftritten nicht gewachsen, sodass das Projekt schnell wieder in der Versenkung verschwand. 2021, nach der Veröffentlichung des zweiten Albums seiner "Foreign Rock Opera", beschloss Ivan, die Songs von 2009 in einer neuen Interpretation wieder aufleben zu lassen. Er holte sich viele talentierte Musiker in sein neues Projekt, und jeder der Songs klingt tatsächlich anders - zwölf Songs, die jeweils unterschiedlich gesungen, gesprochen und musikalisch dargeboten werden.

Das Grundgerüst in "Future Days" ist der Umgang der Menschheit mit "Mutter Erde", Klimakatastrophen, Umweltschutz, Umgang mit Tier und Natur, unserem Hang zu Überkonsum und Macht. Da die Songs von 2009 stammen, ist sicherlich eine Zukunft gemeint, die schon lange existiert, also quasi schon Gegenwart und fast Vergangenheit ist, ebenso wie die damals wahrscheinlich sehr modern klingenden Songs. Die große Frage, die sich durch die Musik und deren Interpretation stellt, ist die, ob die Menschheit überhaupt noch zu retten ist, trotz diverser Bemühungen und der Technologie von heute, ein musikalisches Abenteuer also.

Doch nun zur Musik. Das Album wurde am 06.02.2024 veröffentlicht, ist also schon eine Weile auf dem Markt, was ich aber gar nicht so schlimm finde. Das Intro 'Warning' besticht durch hypnotische Klänge und ist eher kurz gehalten. Bei dem zweiten Song 'Rage' hat man das Gefühl, der Song ist kopiert von RAGE AGAINST THE MACHINE: Der Ruf im Refrain klingt ähnlich wie "Fuck you, I won't do what you tell me". Das groovt schon ordentlich, wobei ich den Gesangs- beziehungsweise Sprechpart anstrengend finde. Beim dritten Song 'Don't Want' hat man das Gefühl, 80er-Synthiepop wird gemischt mit orientalischen Klängen und kruden Gitarrenriffs, dazu der sehr anstrengende, fast schreiende Gesang des männlichen Parts, irgendwie ist mir das von allem too much. Beim Song 'Colère' finde ich den Gesang von Ivan auf Französisch und der Begleitstimme von Jeannick wirklich sehr gut, aber die Musik ist mir zu überladen, es passiert musikalisch einfach viel zu viel, Gitarre, Flötentöne, das passt nicht gut zu den Stimmen. Hier wären pure Gitarrenriffs, Drums und Bass das Maß der Dinge gewesen, das Keyboard hätte es nicht gebraucht, und die Flötentöne auch nicht. 'Even If I Bleed' klingt für mich schon mehr nach 80er Pop und Elektro Metal. Toller, mitreißender Song, den man gerne bis zum Ende hört. Progressiver Stil in einer sehr schönen Form. Dieser bleibt für mich auf jeden Fall hängen. 'I Wanna Dance' klingt musikalisch für mich ein wenig wie eine Mischung aus DANKO JONES und MANDO DIAO. Ich kann es mir nicht erklären, aber diese beiden Bands kamen mir irgendwie in den Sinn, vielleicht auch völlig daneben, aber die Empfindung ist ja eh subjektiv. Das groovt schon ordentlich, wobei es leider keinen Höhepunkt in dem Song gibt, es plätschert eher so dahin, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, eher monoton. Schade, denn der Anfang klingt definitiv nach mehr. In 'Ambient' kommt wieder das Überladene zum Vorschein, theatralisch und bombastisch zum Ende hin. 'Turn' hingegen finde ich vom Stil her interessant, es kommt wieder ein bisschen mehr "Metal" zum Vorschein, durch den leicht kreischenden Gesang am Anfang denkt man "ah - Thrash Metal", aber ist es dann doch nicht. Doch zumindest vom Musikalischen her interessant. 'On Earth' dürfte jedem Fan von progressiver Musik ein Stück weit gefallen, es ist ziemlich viel los in dem Song. Drums, Keyboard, Bass, Gitarre, Synthesizer, laute und leise Passagen und eindringlicher Gesang, mit 10:39 Minuten auch der längste Song aus dem Album.

Fazit: "Future Days" hat mit Sicherheit seine Berechtigung, genauso, nochmals aufgenommen zu werden. Für mich, die bisher noch nie ein Konzeptalbum gehört hat, ist manches befremdlich und hört sich wild und durcheinander an, das mag auch der musikalischen Grundlage geschuldet sein. Progressiv ist halt oft schwer und nicht immer einfach zu hören. Aber die Message kommt rüber, und das sollte man durchaus bei aller negativen Kritik berücksichtigen. Oft sind die Songs überladen und unruhig, die Stimmen nicht immer gut platziert oder ausgewogen, aber es ist nicht alles schlecht. Und ich mag die französischen Texte lieber als die englischen. Das hat für mich eindeutig mehr "Schlagkraft".

Ich gebe 5 von 10 Punkten und hoffe, dass Ivan und seine Mitstreiter nicht wieder zwölf Jahre in der Versenkung verschwinden. Es ist noch reichlich Luft nach oben, aber interessant war es allemal.

Hier noch die komplette Übersicht der Musiker auf "Future Days":

Ivan Jacquin: Keyboards, Gesang, Songwriting

Gastmusiker:
Jeannick Valleur: Gesang ('Rage', 'Colère', 'On Earth')
Ingrid Denis: Gesang ('Don't Want', 'Ambient', 'On Earth')
Greg Giraudo: Gesang ('Wrath')
Jean-Pierre Louveton: Gitarre ('Même Si Je Saigne')
Fabrice Lacourt: Gitarre, Bass ('Warning', 'Don't Want', 'Turn', 'On Earth')
Olivier Gaudet: Gitarre ('Rage', 'Colère', 'Even If I Bleed', 'Même Si Je Saigne')
Amanda Lehmann: Gitarre, Gesang ('Even If I Bleed', 'On Earth', 'Procession', 'Même Si Je Saigne')
Geoffrey Baumont: Gitarre ('I Wanna Dance', 'Ambient')
Stelios Gatziolis: Gitarre ('Wrath')
Derek Sherinian: Keyboards ('On Earth')
Jean-Philippe Ciman: Bass ('Rage', 'Turn')
Franz Koehler: Bass ('Colère', 'Ambient', 'On Earth', 'Wrath')
Leo Margarit: Schlagzeug ('Rage', 'Don't Want', 'Even If I Bleed', 'Même Si Je Saigne')
Henri-Pierre Prudent: Schlagzeug ('Colère', 'I Wanna Dance', 'Procession', 'Wrath')
Thierry Charlet: Schlagzeug ('Ambient', 'Turn', 'On Earth')


Gesamtwertung: 5.0 Punkte
blood blood blood blood blood dry dry dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Warning
02. Rage!
03. Don't Want
04. Colère
05. Even If I Bleed
06. I Wanna Dance
07. Ambient
08. Turn
09. On Earth
10. Procession
11. Wrath (Englische Version von 'Colère')
12. Même si je saigne (Französische Version von 'Even If I Bleed')
Band Website: https://theragingproject.bandcamp.com/
Medium: CD
Spieldauer: 70:04 Minuten
VÖ: 06.02.2024

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten