Livebericht Rob Zombie (mit Alice Cooper und Murderdolls) |
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Ein Livebericht von des aus Bloomington (US Cellular Coliseum) - 08.10.2010 (27296 mal gelesen) |
Bloomington liegt irgendwo in Zentral-Illinois, umgeben von Maisfeldern und Sojaplantagen. Musikalisch geht einem hier nichts ab; es werden auf den unzähligen Radiostationen beide existierende Musikrichtungen gespielt: Country und Western. Doch ab und zu geschieht das Unfassbare, wie zum Beispiel am 08.10.2010. ROB ZOMBIE und ALICE COOPER machen Station in Bloomingtom auf ihrer "Halloween Hootenanny Tour - The Gruesome Twosome". Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es nicht (wozu gibt es auch Straßen), das Auto wird im nahegelegenen Parkhaus abgestellt, wobei sich das Klischee aufdrängt, inwieweit das Auto seinen Aufenthalt im Parkhaus unbeschädigt übersteht. Am Einlass des Coliseum wartet bereits eine Warteschlange, die wie eine Perlschnur aufgefädelt um den halben Block reicht. Reschpekt, sehr gesittet, in der Heimat wäre wohl Gedrängetraube angesagt. Dementsprechend zügig geht auch der Einlass vonstatten. Begleitet wird der Einlass von einer Hand voll friedlicher christlichen Aktivisten, die ein Spalier bilden. Auf ihren Schildern liest man so Aufschriften wie "Are you ready for God?" und "God will return". Entspannt Euch, Leute, ist doch nur Rockmusik. Dass Alice Cooper ein gläubiger Christ ist, ist noch nicht bis zu diesen Leuten durchgedrungen. Nach dem Einlass muss ich mich erstmals mit den lebenswichtigen Dingen eindecken: ein Tourshirt um 35,- Dollar und ein Bier um wohlfeile USD 8,50. Derart bewaffnet wird der nummerierte Sitzplatz aufgesucht, wo man mit Staunen bemerkt, dass jeder Platz mit einem eigenen Becherhalter bestückt ist. Zu wenig für den Sitznachbar, der sich während des Konzertes mehrmals jeweils 2 Biere holt. Man kann ja nie wissen, es könnte ja ausgehen. Die MURDERDOLLS, das Nebenprojekt von SLIPKNOT-Drummer Joey Jordison, die als Supportact die Tour begleiten, legen pünktlich um 19:00 los. In der noch spärlich gefüllten Location tut sich Sänger Wednesday 13 zu Beginn schwer, Stimmung in die Halle zu bringen. Richtig ab geht die Post erst nach einer Viertelstunde, als die MURDERDOLLS 'Nowhere' vom aktuellen Album "Women and Children Last" intonieren, übrigens eine sehr gelungene Punkrockplatte. Den Besucherstrom der zu spät Gekommenen kommentiert Wednesday 13 mit der launigen Ansage "für alle, die gerade erst kommen: wir sind nicht U2!". Während sich die Halle füllt, wird auch der anfangs matschige Sound besser und der räudige Punkrock kommt immer besser an. Der Stimmungslevel wird durch das MISFITS-Cover 'Hybrid Moments' weiter angeheizt und nach einer halben Stunde verabschieden sich die MURDERDOLLS mit 'Motherfucker I Don't Care' vom durchaus zufriedenen Publikum. Spannung kommt auf, als um 20:00 der "Theatre Of Death"-Vorhang von der Bühne fällt und die Schulglocke ertönt, mit der ALICE COOPER 'School's Out' einleitet, welches vom nicht minder bekannten 'No More Mister Nice Guy' gefolgt wird. Die Bühnenproduktion ist äußerst aufwändig und entspricht jener der 2009er Tour, in großen, roten Lettern hängt der Schriftzug "a l i c e" über der Bühne. In weiterer Folge wird ALICE COOPER - nachdem er einen Bühnenarbeiter aufgespießt hat ('Wicked Young Man') - geköpft, vergiftet ('Poison') und muss so manch andere Malaise erleiden, erholt sich aber immer erstaunlich schnell. Bei 'Be My Lover' erwürgt Cooper seine Nanny ('Only Women Bleed'), die sich aber umgehend rächt und Alice am Henkersbalken den Boden unter den Füßen wegzieht. Erstaunlich, wie es ALICE COOPER schafft, sein Horrortheater mit einem Augenzwinkern abzuziehen, ohne jemals peinlich zu wirken. Unterstützt wird die Glaubwürdigket wohl auch dadurch, dass COOPER trotz seiner mehr als 60 Jahre noch immer jugendlich in Form ist und vollsten Einsatz zeigt, obwohl viele der gespielten Songs mehr als 35 Jahre auf dem Buckel haben. Unglaublich. Mit 'Dirty Diamonds' und 'Billion Dollar Babies', bei dem auch ein BH auf die Bühne segelt, geht es in Richtung Finale, bei dem ALICE noch von einer eisernen Jungfrau aufgespießt wird (und von der ausgezeichneten Band mit 'I Love The Dead' von der Bühne gesungen wird), bevor mit 'Feed My Frankenstein' und 'Under My Wheels' inklusive Bandvorstellung der offizielle Teil der Show endet. Das begeisterte Publikum akklamiert die Band zurück auf die Bühne und mit voller Inbrunst und Unterstützung durch die Besucher wird 'I'm Eighteen' gespielt (ALICE COOPER in Silberfrack und mit Krückstock), bevor mit ein paar Takten 'School's Out' das endgültige Ende des 90minütigen Auftritts eingeleitet wird. Eine starke Show, die zwar von den Songs her keine Überraschungen bringt und mit der 2009er Show ziemlich identisch ist, aber nicht nur aufgrund der Effekte, sondern auch wegen der unverwüstlichen Klassiker und Stimmungsbringer riesen Spaß macht. Die nachfolgende Pause wird dazu genutzt, sich die unterschiedlichsten Kostüme der Besucher zu begutachten, vom Horroroutfit über zahlreiche Miniröcke ist bis zum Honigbienenkostüm alles vertreten. Und warum überrascht es mich nicht, dass währende der Umbaupause Countrymusik vom Band läuft? Der Umbau dauert relativ lange, weshalb gerätselt wird, wie ROB ZOMBIE diese Klasse-Show von ALICE COOPER wohl toppen wird können. Und es zeigt sich, dass auch ZOMBIE alle Register zieht. Passend zu seinem Musikstil ist der Bühnenaufbau technischer als bei COOPER und beinhaltet Leinwände und Monitore, die jeder freie Wand bedecken und ständig Filmausschnitte aus alten Horrofilmen, psychedelische Muster oder Textschnipsel zeigen. Musikalisch beginnt der Auftritt mit einem Kirchenorgel-Intro, welches von Radiosprecher-Stimmen untermalt wird. Das erhöhte Drumkit wird von Feuerschalen eingerahmt und ROB ZOMBIE entert zu den Tönen von 'Jesus Frankenstein' in futuristischem Outfit mit Scherenhänden die Bühne. Beim nachfolgenden 'Superbeast', bei dem das Publikum lautstark die Textzeile "Hey, yeah" mitgrölt, wird die Bühne durch visuelle Effekte an den Leinwänden, unterstützt von den Feuerschalen, unter Feuer gesetzt - ein optisches Spektakel. Gleich drauf folgt mit 'Scum Of The Earth' wohl ROB ZOMBIES bekannteste Nummer. Ich habe mich eigentlich nie so wirklich mit ROB ZOMBIE beschäftigt, weil die Industrial-Ecke nicht unbedingt meine Baustelle ist, daher hat mich ein Blick auf seine Band doch etwas überrascht: hinter den Kesseln sitzt, vom MURDERDOLLS Auftritt gut erholt, Joey Jordison, am Bass spielt Multi-Purpose-Gitarrist/-bassist Piggy D und die Gitarre würgt der hoch konzentrierte John 5 (ehemals MARILYN MANSON), der hier im Gegensatz zu MANSON auch einige Gitarrensoli spielen darf. In weiterer Folge animiert der äußerst redselige Rob sein Publikum mit Ansagen und fordert auch die Besucher in den hintersten Reihen der Tribünen auf, aufzustehen, was auch einigermaßen funktioniert (nur mein Sitznachbar beschäftigt sich weiterhin mit seinen dritten 2 Bieren). Mit 'Sick Bubblegum', eingeleitet von einem Singalong-Part, folgt wohl ZOMBIEs groovigster Song des Abends. Auch ein nicht zu langes Schlagzeugsolo wird eingestreut, später folgt ein Gitarrensolo von John 5, bei dem Rob verschwindet und plötzlich mit einem Baustrahler bewaffnet mitten im Publikum auftaucht und sich mitten durch die Besucher wieder auf die Bühne kämpft. John 5 erntet dabei Zusatzapplaus, als er sein Solo mit der "Munsters"-Melodie und der amerikanischen Hymne ausklingen lässt. Nach 60 Minuten verlässt die Band bereits die Bühne, um wenig später - visuell untermalt von Zombies Fake-Trailer "Werewolf Women Of The SS" - wieder aufzutauchen. Nach dem Zugaben 'Dragula' - ganz stark - und dem mit Country-Gitarren (sic!) eingeleiteten 'House Of 1000 Corpses' aus seinem gleichnamigen Film wird ein passender Schlusspunkt gesetzt. Gelungener Konzertabend, bei dem vor allem ALICE COOPER vollends überzeugt. Auch ROB ZOMBIE legt einen energiegeladenen Auftritt hin, und auch wenn ich kein großer Fan seiner Musik bin, fesselt die Show durch die perfekte Symbiose zwischen der technisch/kalten Musik und den perfekt dazu abgestimmten visuellen Effekten, in der von Videos über Feuer und 4 Meter großen Androiden alles geboten wird. Nicht verschwitzt (Klimaanlage in der Konzerthalle), aber zufrieden, gings nach der Show wieder in Richtung Parkhaus zum überraschenderweise unversehrten Auto. |
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