Livebericht Demented

Ein Livebericht von Lord Fubbes aus Mainz (Alexander the Great) - 28.09.2005 (12544 mal gelesen)

Normalerweise vermitteln Liveberichte ja einen mehr oder weniger subjektiven Eindruck von Konzerten mehr oder weniger bekannter Bands, die der oder die Autoren mehr oder weniger nüchtern besucht haben. Dabei wird selten hinter die Kulissen geblickt, deswegen an dieser Stelle mal ein sehr subjektiver Konzertbericht aus der Sicht eines Bandmitglieds, nämlich von mir, harhar.


Mehr oder weniger vorgeschobener Anlaß des Konzerts war die Veröffentlichung der ersten CD meiner Band DEMENTED, als Ort musste eine Metalkneipe namens Alexander the Great herhalten, eigentlich ein denkbar ungeeigneter Ort für ein Livekonzert: ziemlich verwinkelt, keine Bühne, keine PA, keine bunten Lampen, ja nicht einmal eine Nebelmaschine. Dennoch habe ich daselbst auch schon sehr geile Konzerte anderer Metallgruppen erleben dürfen, also warum sollten wir's nicht auch schaffen?


Dummerweise ist auch der zeitliche Rahmen dort eng begrenzt, es darf nur zwischen zehn und elf gerockt werden, vorher beschwert sich der Restaurantpächter von obendrüber, danach das Ordnungsamt resp. die Anwohner.


Alles in allem hatten wir also keine großen Erwartungen an den Abend, Freisuff war zugesichert, es war ein Heimspiel, also schlimmstenfalls eine öffentliche Probe mit anschließendem Besäufnis. Umso überraschter waren wir dann, als bereits um halb zehn der Laden ziemlich gut gefüllt war, später sollte sich rausstellen, daß ca. vierzig zahlende Gäste da waren, was in einem so kleinen Raum schon eine ganz gemütliche und kuschlige Atmosphäre schafft.


Nachdem also bis acht Uhr aller Kram aus dem Proberaum ins Lokal verfrachtet war, das Auto daheim abgestellt und ich wieder hingeradelt war, konnte es losgehen, allerdings erstmal mit Saufen.


Soundcheck war ja mangels PA nicht groß zu machen, trotzdem oder gerade deswegen haben wir mit Gesangsanlage, Backline und unverstärktem Schlagzeug einen recht ausgewogenen Sound hingezaubert, und so kann's es pünktlich um zehn dann losgehen, den Opener bildet 'On my way tonight', was auf "Sounds of Senescence" auch die "B-Seite" eröffnet, eine recht melodiöse und doch thrashige Nummer. Erstaunlicherweise ist keiner aus dem Publikum weggerannt, und als die zweite Strophe mit häufigen Wechseln zwischen Verzerrt- und Cleanparts kam, zeigte sich erstens, daß ich die 1,99 EUR für eine Fußmatte aus einem großen schwedischen Möbelhaus gut investiert hatte, denn trotz glattem Parkett und exzessivem Trampelkistchenballett (naja, zwei Fußschalter und ein Wahpedal) ist mir keiner der Treter abgehauen, und zweitens, daß der Cleankanal gegenüber dem Zerrkanal zu laut war.


Nummer fertig, Publikum klatscht mehr als Höflichkeitsapplaus, gebangt hat keiner. Naja, man kann nicht alles haben. Zweite Nummer: 'Resurrection', eigentlich mal als Power Metal-Verarsche à la HAMMERFALL gedacht, aber dann doch irgendwie ganz gut geworden. Der "Tanzbär" fängt an zu tanzen, heute leider ohne stylische Knicklichter. Für die Nichtmainzer unter der werten Leserschaft sei hier einmal der Tanzstil dieser Entität der Mainzer Clubszene beschrieben: man stelle sich einen Enddreißiger mit weit nach hinten gezogener Stirnglatze, viel zu eng geschnürtem Gürtel und stets kokett nach hinten gestrecktem, obschon eh schon etwas ausladendem Hinterteil vor, der mit den Händen lustige Zweivierteltakt-Dirigierbewegungen vollführt, sich dabei gelegentlich im Kreise dreht (dabei werden die Arme karatemäßig nach vorne und hinten gestreckt) und vor allem hochkenzentriert guckt, während all das passiert.


Weiter geht's mit unserer lustigen Vermischung von Black, Death und Thrash, Iris singt ganz passabel trotz steter Rückkopllungsgefahr, Matthias trommelt für sich alleine, weil er in seiner Ecke die andern nicht hört, trotzdem meistens richtig. es kommen '28' (Blackmetalgeschrummel), 'Stoned' (eher rockig) und 'Sister Suicide' (melodisch thrashig), das Publikum wird langsam warm und fängt an, im Takt zu wippen, aber zum Matteschwingen läßt sich trotz eifrigem Haareschütteln unsererseits trotzdem keiner animieren. Bei 'Anthem' stelle ich dann plötzlich fest, daß die Gitarre ganz schrecklich verstimmt ist, versuche sie während des Bassolos schnell zu stimmen, was die Sache aber nur noch schlimmer macht, so daß ich dann während meinem eigenen Solo nochmal so lange dran rumdrehe, bis es halbwegs passt.


Dank Funkanlage war ich neben Iris das einzige Bandmitglied mit Thekenzugang, so daß es mir oblag, den Mayer am Bass alktechnisch mitzuversorgen, nachdem die Gitarre also wieder stimmte und alle mit Hopfenkaltschalen versorgt waren, konnte es weitergehen im Programm. Nahezu fehlerfrei zocken wir 'Misanthropic' und unser neuestes Machwerk 'Church of Wisdom' (beide eher death), um dann ausgerechnet bei 'Crumbling', dem letzten Song des Sets, durch meine Schuld (Coda vergessen) den Schluß zu versemmeln, glücklicherweise so, daß es kaum jemand gemerkt hat.


Fertig, aus, vorbei, nach den vielen Leuten zu urteilen, die sich an uns randrängen und mitteilen, daß es toll war und sie jetzt leider gehen müssen, kann's gar nicht so schlecht gewesen sein, es kommen sogar mehrere Leute, die ihre CDs signiert haben wollen, und nachdem der Kram zusammengepackt und in die Ecke gestopft wurde, kann's weitergehen mit saufen, bis um zwei der Laden so dicht macht, wie der Mayer ist und selbiger dann in der nächsten Kneipe nahezu sofort mit dem Kopf auf der Tischplatte einschläft.


Auch ich bin gut dabei (wie überhaupt alle andern), allerdings habe ich mein selbstgestecktes Ziel, auf dem Nachhauseweg trunkenheitsbedingt zweimal vom Fahrrad zu fallen, nicht erreicht, andererseits ermöglichte es mir das eventuell, den Kram heute sicher wieder automobilistisch im ATG abzuholen und im Proberaum abzuliefern. Und jetzt blicken wir nach vorne und freuen uns, daß wir in der nächsten Probe erstmal den ganzen Kram wieder aufbauen müssen. Denn nach dem Auftritt ist vor dem Auftritt! Prost!

Location Details
Alexander the Great in Mainz (Deutschland)
Website:www.alexander-the-great-mz.de
Adresse:Hintere Bleiche 8
55116 Mainz
Anfahrt:Von Haltestelle Münsterplatz, an der Hauptpost links vorbei, direkt hinter dem Citykino.

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten