Interview mit Stefan Weimar von Fragments Of Unbecoming

Ein Interview von Opa Steve vom 09.04.2006 (16232 mal gelesen)
Das deutsche Quintett mit schwedischem Herzblut legt ein weiteres beachtetes Album nach und ließ sich bereitwillig ausquetschen

  Hallöle! Ihr habt ja ein recht hektisches Jahr hinter euch, was die Sängersuche betrifft. Könnt ihr etwas mehr darüber erzählen, wie Stefan die Entscheidung traf, nicht mehr für die Leadvocals zuständig zu sein?

Stefan Weimar:   Servus! Dazu kann ich dir gleich selbst was sagen. Ganz einfach, Sam ist in meinen Augen ein begnadeter Death-Metal-Sänger (und auch der bessere), der die volle Bandbreite von hohen Schreien bis zu tiefen Growls drauf hat. Ein großer Vorteil ist natürlich, dass ich mich besser auf mein Gitarrenspiel konzentrieren kann. Deswegen habe ich mich entschlossen, nur noch wenige Gesangsparts zu übernehmen.

  Ihr bekamt vielversprechende Angebote, bis hin zu Sängern aus den USA. Wie kam es zu diesen internationalen Kontakten, und warum konnte euer Bewerber nicht in Deutschland bleiben?

Stefan Weimar:   Tja, wir haben in den USA ganz gut Platten verkauft, glaube sogar mehr als in Deutschland, deswegen haben sich vielleicht so viele Jungs aus Amiland gemeldet. Der Todd (besagter Bewerber) hat vielleicht zu leichtfertig alles in den USA aufgegeben und ist hier rüber nach Deutschland gekommen. Er hatte es sich zu einfach vorgestellt, hier bei uns Fuß zu fassen, wurde aber schnell eines Besseren belehrt und ist nach 2 Wochen wieder in die Heimat geflogen. Was natürlich schade für uns war, da er ein richtig geiler Sänger ist! Von ihm stammt ja auch der finale Schrei bei unserem Song 'A Faint Illumination'.

  Nun arbeitet ihr mit Sam von LEGACY. Auch das war ja keine leichte Geburt, aber wie konntet ihr Sam nun überreden, bei FRAGMENTS OF UNBECOMING als Hauptband zu bleiben?

Stefan Weimar:   Wir mussten ihn nicht überreden, ich glaube es gefällt ihm ganz gut bei uns und wir verstehen uns mit ihm und den anderen Jungs von Legacy hervorragend. Davon abgesehen ist LEGACY seine Hauptband und das wird auch so bleiben! Bis jetzt klappt die Zusammenarbeit beider Bands sehr gut und daran wird sich denke ich auch nix ändern. Wir sind alt genug und sprechen uns ab um möglichen Gigüberschneidungen vorzubeugen.

  Was ändert sich durch Sams Stil, und wie werdet ihr ihn in Zukunft ins Songwriting einbinden?

Stefan Weimar:   Der Gesang ist natürlich viel abwechslungsreicher und besser als früher. Inwiefern wir ihn ins Songwriting einbinden wird sich aber noch zeigen, da haben wir uns noch keine großen Gedanken drüber gemacht, aber wir würden uns sicherlich drüber freuen, wenn er seine Ideen einbringen würde!

  Der endgültige Einstieg von Sam war ja recht knapp vor den Studioaufnahmen. Hatte er sich die Songs schon draufgeschafft, oder reiften die Songs erst im Aufnahmeraum?

Stefan Weimar:   Die sind alle im Studio gereift. Wir haben beim Texteschreiben etwas geschludert..........iss alles auf den letzten Drücker gelaufen, aber ich bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden und finde, man hört es den Gesangslinien nicht an, dass sie, naja sozusagen teilweise aus dem Ärmel geschüttelt worden sind [lacht].

  Der schwedische Sound war schon immer ein Trademark von euch. Was fasziniert euch an der schwedischen Melodic-Death-Schiene so sehr, dass ihr streckenweise fast authentisch nach Skandinavien klingt?

Stefan Weimar:   Ich finde, dass kann man schwer beschreiben. Jeder Mensch hat seine musikalischen Vorlieben und wir hängen eben am Schweden-Death. Vielleicht ist es der Spirit und vor allem die Melodien, die in dieser Musik enthalten sind.

  Das letzte Album hatte für meine Begriffe etwas mehr ungezügelte Energie, vor allem gelegentliche mitteleuropäische Thrash-Einflüsse. "Sterling Black Icon" hingegen kommt mir etwas berechnender, und vor allem noch viel trockener produziert vor. War dies ein beabsichtigter Prozess, um eure Doppelklampfen und Melodien möglichst sauber in den Vordergrund zu bringen?

Stefan Weimar:   Der Sound ist absolut so geworden, wie wir ihn uns vorgestellt haben: nicht zu sauber, drückend, klar und vor allem hat er ein eigenes Gesicht. Nicht wie es heutzutage üblich ist, dass alle Bands ins gleiche Studio gehen, sich einen mit Sicherheit fetten Sound verpassen lassen, aber der Wiedererkennungswert bleibt vollkommen auf der Strecke - wie ich finde.

  Wie seht ihr selbst "Sterling Black Icon" im Vergleich zu euren älteren Werken, und wo seht ihr den musikalischen Zug für euch in der Zukunft hinfahren?

Stefan Weimar:   Dieses Album ist die logische Fortsetzung der ersten beiden Scheiben. Wir haben uns in punkto Songwriting und spielerisch erheblich verbessert. Großartig verändert haben wir uns aber nicht und das wird auch in Zukunft so bleiben!

  Bei euch trägt eigentlich jeder was zu den Lyrics bei. Auffallend ist aber, dass diese doch wie aus einem Guss wirken - vor allem durch das betont lyrische Vokabular in den Titeln. Gibt es sowas wie einen Masterplan oder ein Konzept, dem sich die Lyrics unterordnen müssen? (hier meldet sich Sascha zu Wort, der die Lyrics zu 'Live For This Moment...' beisteuerte)

Sascha Ehrich:   Einen Masterplan reich an philosophischer Deutungen gibt es wohl nur in geringerem Maß. Letztlich unterliegen alle Titel dem Versuch, eine Einheit mit dem Albumtitel zu bilden. Hierbei war es mir wichtig, dass das "Schwarze" auf vielerlei Art in den einzelnen Titeln vorkommt, auch durchaus unterschiedlich Bedeutungen haben kann. Ich wollte auf diesem Album einfach meinen inspirativen Momentaufnahmen von unverfälschtem, tiefem Schwarz Ausdruck verleihen. Ich habe schon immer eine Affinität zu diesem Pigment und seinem Vorkommen in unzähligen materiellen und immateriellen Dingen. Schwarz ist universell, emotional unerschöpflich, edel und das dunkelste Element unserer Wahrnehmung. Dennoch wage ich die Behauptung, dies ist auch der Grund für den Untertitel 'Black But Shining', dass selbst Schwarz auf seine Art faszinierend leuchten kann... Bezüglich der einzelnen Lyrics kann ich aber zumindest über 'Live For This Moment, Stay `Til The End' etwas rezitieren: In diesem Song geht es prinzipiell um jene Thematik, dass man als Mensch mindestens ein Mal im Leben jenen charismatischen und unvergesslichen Punkt erreicht, an welchem man leibhaftig, vor allem bewusst spürt, dass es sich lohnt, ausschließlich für diesen einen Augenblick zu leben oder gelebt zu haben. Eine jüngst eigens gemachte Erfahrung war Grund genug, dieses Thema aufzugreifen. Selbstredend ist die Grundthematik in diesem Stück identisch, jedoch in einer zur Musik besser passenden Verpackung: das Aufeinandertreffen mit seinem negativsten Gegenüber, das Aufbäumen und souveräne Niederschlagen einer hoffnungslos ausgelieferten Widrigkeit, die Trennung vom eigens Negativen ist Grundlage dieser Lyrik: "...Black but shining - your very inside: to most negative irradiance always aside. Unshorn? Never! I force your descent, I live for this moment and stay ´til the end…"

  Wie sieht's tourtechnisch aus? Habt ihr da schon was im Sack, um euer Album zu promoten, oder beschränkt ihr euch auf vereinzelte Gigs oder vielleicht ein paar Sommer-Festivals?

Stefan Weimar:   Es wird wohl bei den vereinzelten Gigs bleiben, da wir alle berufstätig sind bzw. studieren. Deswegen ist eine Tour eher nicht möglich. Festivals sind leider auch noch keine am Start, aber das kann sich ja noch ändern.

  Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg!

Stefan Weimar:   Wir haben zu danken! Stay heavy!

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