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Area 53 Festival 2022Hier geht's zur Bildergalerie! |
Take off: 14.07.2022 - Review (18253 mal gelesen) |
Das erste post-pandemische Festival, das der Autor dieser Zeilen besuchen darf, daher ist es schon etwas Besonderes, wieder an drei Tagen dem geballten Aufgebot an hochkarätigen Bands zusehen und zuhören zu dürfen. Gewiss, die Pandemie hat Spuren hinterlassen, denn trotz Aufhebung aller Corona-Maßnahmen halten die Zuhörer - bewusst oder unbewusst - größeren Abstand. Sogar in den ab und zu aufflammenden Moshpits wird weniger gedrängt als früher. Dafür ist es ausnahmslos allen Bands anzusehen und -hören, wie viel Spaß es ihnen bereitet, wieder auf der Bühne zu stehen und nach zwei Jahren Pause endlich wieder live zu spielen.
Auch den Organisatoren des Festivals ist Respekt zu zollen, wie reibungslos das gesamte Festival vonstatten geht. Der Einlass läuft glatt, die Parkplatzsituation und der Campground sind überaus großzügig und die Anreise (das Festival liegt unmittelbar an der Autobahnabfahrt Leoben Ost) absolut problemlos, wie auch die staufreie Abreise. Auch das Gelände selbst ist fantastisch. Mit seinen Arkaden links und rechts, in denen die Merch- und Getränkestände angesiedelt sind, ähnelt es einem Burghof. Und bei den Getränkeständen gibt es null Wartezeit, es funktioniert alles reibungslos. An der Seite des Geländes befindet sich eine Art Liegewiese und eine großzügige Anzahl an mobilen Toilettenanlagen (bio von "öKlo"!). Bezüglich Essensangebot würde man nach einigen Tagen an Mangelernährung leiden, allzu groß und vielfältig ist das Angebot nicht, aber dafür ist das Personal extrem freundlich und die Bratwurst riesig und auch sehr gut. Für Vegetarier finden sich immerhin vegetarische/vegane Schnitzel und Burger im Angebot. Also für ein Festival dieser Größenordnung passt das schon.
Donnerstag 14.07.2022
Das Wetter ist prächtig am ersten Festivaltag und sollte es auch die ganzen drei Tage bleiben. Als Eröffnungsacts stehen Bands wie VEINS OF SUFFERING, BLACK IN HOLE oder SERIOUS IN BLACK auf dem Programm. Einen Wermutstropfen gibt es mit THUNDER MOTHER, die coronabedingt ausfallen, nicht das einzige Seuchenopfer dieses Festivals. Demzufolge rückt das Feld nach und AD INFINITUM erben den Slot von THUNDER MOTHER. Es ist unglaublich, welche Stimme in der zierlichen Sängerin von AD INFINITUM steckt, die Schweizerin Melissa Bonny wechselt mühelos vom Mezzosoprans ins Growling und retour, wuselt dabei unermüdlich über die Bühne und liefert gemeinsam mit ihren Bangkollegen eine tolle Show ab. Symphonic Metal guter Art, der auch bei hellem Tageslicht tadellos funktioniert. Danach feiern FINNTROLL die Rückkehr der Ohren, ihr Humppa-Death-Folk-Metal ist einfach elektrisierend. Sänger Vreth fegt wild zuckend wie von Stromstößen angefeuert über die Bühne, während die Gitarristen eher stoisch ihre Arbeit verrichten und Schlagzeuger Heikki Saari wie eine Reinkarnation von Gollum hinter seinem Schlagwerk hervorlugt. Die energiegeladene Vorstellung genügt jedenfalls für einen halbwegs gelungenen Social-Distancing-Moshpit, der dann für die Mosher doch für Laune und ein paar blaue Flecken gesorgt hat.
Bei SEPULTURA ist es irgendwie noch immer so, dass man erwartet, dass Max Cavalera die Bühne betritt. Dabei ist der "neue" Sänger Derrick Green auch schon seit 1998 bei SEPULTURA tätig und er präsentiert sich in bester Laune. Eh klar, Max Cavalera ist schon seit langem mit seiner Band SOULFLY unterwegs. SEPULTURA wiederum spielen am AREA 53 drei Songs ihres aktuellen Albums "Quadra", welches auch schon zwei, drei Jahre auf dem Buckel hat. Aber überwiegend hält sich die Band an ihren Backkatalog und konzentriert sich auf die Alben "Chaos A.D." und "Roots".Der Bogen spannt sich von 'Arise', dem Titelsong des vierten Albums der Band über 'Troops Of Doom' vom Debüt bis zum fulminanten Abschluss mit dem Signature-Song 'Roots Bloody Roots'. Die an und für sich stilprägenden Tribal-Anleihen kommen zwar eher weniger gut zur Geltung, aber immerhin liefert die Band ein ordentliches Thrash-Brett ab.
Gespannt wartet man auf den Headliner des Abends, BLIND GUARDIAN, und als das Intro 'War Of Wrath' ertönt, merkt man die Spannung im Publikum förmlich ansteigen. Als die Band dann mit 'Into The Storm' loslegt, scheint es, dass irgendetwas anders ist ... es fehlt der Keyboarder. Hansi Kürsch entschuldigt sich in einer kurzen Ansprache dafür, dass der Keyboarder kurzfristig ausgefallen ist und verspricht, dass die Band trotzdem ihr Bestes geben wird. 'Welcome To Dying' benötigt eh kein Keyboard und auch 'Nightfall' funktioniert sehr gut. Der Auftritt steht unter dem Bann "Somewhere Far Beyond - 30th Anniversary" und daher konzentriert sich die Setlist auf dieses Album, das fast in voller Länge dargeboten wird - zwischendrin wird 'Lord Of The Rings' eingstreut, bei dem sich die fehlenden Keyboards insofern bemerkbar machen, dass die Band den Song nach dem Akustikteil mit einem verlegenen Lächeln abbrechen muss. Auch Hansi kämpft offentsichtlich und nutzt jede Gesangspause in den Soli dazu, sich einen Schluck Tee und ein Schnäuferl Sauerstoff aus der Beatmungsflasche zu holen. Trotzdem ist Kürsch stimmlich gut in Form und die Songs wie 'Journey Through The Dark' zünden wie eh und je. Bei 'The Bard's Song - In The Forest' übernimmt wie üblich das Publikum den Gesangspart, aber der echte Bringer ist das Finale: Hier werden mit 'Mirror Mirror' und 'Valhalla' nochmals zwei echte Speedgranaten losgelassen. Trotz der Probleme ein toller Auftritt, der auch gefühlt zu kurz war.
Freitag 15.07.2022
Der Festival-Freitag beginnt gleich mit dem Ausfall der ersten Band XEITUS, die Probleme mit ihrem Flug hatten und zu spät auf das Festival gekommen sind, dafür aber einen Early Gig am Samstag spielen dürfen. Dafür übernehmen DARKFALL, TUXEDO und die SUICIDAL ANGELS die Nachmittagsschicht. Den späteren Nachmittag beginnen INFECTED RAIN und stellen mit ihrem Auftritt dann die Überraschung des Tages dar: Bei den Tönen des Intros steht die Band in schwarzen Outfits auf der Bühne, und während die ersten Töne ertönen und man noch mäßig gespannt auf eine Portion Nu Metal wartet, springt plötzlich aus dem Nichts Sängerin Lena Scissorhands auf die Bühne und verwandelt die noch nicht allzu große Menge in einen Moshpit. Mit ihren orange-gelben Dreads stellt sie ohnehin einen Blickfang dar, aber zusätzlich nutzt sie die gesamte Bühnenfläche und bezieht das Publikum mit ihrem Stageacting in die Show ein. Man muss auch bescheinigen, dass die Musik der Band mit ihren knackigen Kompositionen und den Wechseln zwischen beißender Härte und harmonischen Passagen auch gut gemacht ist. Gegen Ende ihres Gigs begibt sich die Band noch nach vorne in den Graben und heizt die Stimmung nochmals richtig an und sorgt damit für den größten Moshpit des Festivals.
Einen musikalischen Kontrast, wie er größer nicht sein könnte, liefern im Anschluss an INFECTED RAIN die WARKINGS, die auch optisch einen drauf setzen. Die Powermetaltruppe tritt in Kostümierungen auf, die Krieger unterschiedlicher Epochen repräsentieren, Sänger Georg Neuhauser, der auch bei SERENITY singt, stellt einen römischen Tribunen dar. Zusätzlich stehen auf der Bühne: ein Kreuzritter "Crusader", ein Wikinger und ein Spartaner, die vorwiegend die Schlachten besingen, an denen sie teilgenommen haben. Besonderer Ohrwurm und Mitsinggarant ist 'Fight', bei dem es sich um eine musikalische Variante des bekannten Partisanenliedes 'Bella Ciao' handelt, das seit dem Erfolg von "Haus des Geldes" große Bekanntheit erlangt hatte. Auch 'Spartacus' mit dem einprägsamen Refrain "die for Spartacus" macht ordentlich Stimmung. Auf den Platten der WARKINGS tritt öfters Melissa Bonny von AD INFINITUM als Gastsängerin auf. Am AREA53 Festival ist Morgane, die offenbar neuerdings zum festen Line-Up der Band gehört, diejenige, die Songs der Band mit ihrer Stimme veredelt. Alles in Allem stellen die WARKINGS mit ihrem klassischen Speed/True Metal zwischen Nu Metal und dem Thrash der nachfolgenden DEATH ANGEL eine wohltuende melodische Verschnaufpause für old-school-Fans dar. DEATH ANGEL zeigen sich erleichtert, dass sie es trotz einer Panne des Tourbusses rechtzeitig auf das Festival geschafft haben und legen einen gepflegten Thrash-Gig hin. TESTAMENT- und EXODUS-Fans werden mich jetzt steinigen wollen, aber DEATH ANGEL entpuppen sich als beste Thrash Bend des Festival mit einem topfitten und sich in bester Laune befindenden Mark Osegueda am Mikro.
Etwas mehr als eine halbe Stunde Umbauzeit wird dem Headliner ACCEPT eingeräumt und es wird auch ordentlich geschraubt und geklebt, bis der doch deutlich aufwändigere Bühnenaufbau fertig gestellt ist. Es gab ja wilde Diskussionen um die Umbesetzungen in der letzten Zeit, als Peter Baltes 2018 die Band verließ und einige Jahre davor Herman Frank und Stefan Schwarzmann. Dass der "neue" Sänger Mark Tornillo mittlerweile auch schon seit zwölf Jahren dabei ist, daran sollte man sich mittlerweile gewöhnt haben, noch dazu, wo es seither bereits fünf Platten gibt, in denen er den Gesang beisteuert. All das sollte man einfach als gegeben hinnehmen. Bemerkenswert ist allerdings, dass seit Kurzem Philip Shouse als dritter Gitarrist an Bord ist, was vor allem live den Sound auffettet. Als positiv zu werten ist, dass ACCEPT kein reines und vielgehörtes Klassikerprogramm abspielen, sondern eine bunte Mischung aus Songs der neuen Phase und Dirkschneider-Klassikern. Schwerpunkte sind die Alben "Too Mean To Die", "Blood Of The Nations" und "Restless And Wild". So wird mit den brandneuen Songs 'Zombie Apocalypse' und 'Symphony Of Pain' gestartet, bevor mit 'Restless And Wild' der erste Klassiker folgt. Auch in der neuen Besetzung zieht die Band ihr durchchoreographierte Metal-Ballet durch, was einfach zu ACCEPT gehört und nie aufgesetzt wirkt. Band-Urgestein Wolf Hoffmann, dem man sein Alter von 63 Jahren keine Sekunde ansieht - was trinkt der zum Frühstück? - , und Mark Tornillo beziehen das Publikum ein und sorgen auch für ausreichend Mitsing-Gelegenheiten. In der Mitte der Show gibt es mit der Power-Halbballade 'Shadow Soldiers' kurz Zeit, um durchzuschnaufen. Im letzten Viertel werden die Trümpfe ausgespielt: 'Princess Of The Dawn', 'Fast As A Shark' und natürlich das unvermeidliche 'Metal Heart' mit dem klassischen Elise-Solo. Abgeschlossen wird der Auftritt mit 'Balls To The Wall' und dem Uralt-Klassiker 'I'm A Rebel'. Ein klasse-Auftritt einer trotz Umbesetzungen sehr gut eingespielten Band und einem tollen und charismatischen Sänger!
Samstag 16.07.2022
Prächtiges Wetter bringt auch der dritte Festivaltag; bis auf einen kurzen Regenschauer am Freitag geht das AREA53 trocken über die Bühne. EBONY ARCHWAYS, THE LEGION GHOST sowie CHAOSEUM und DESERTED FEAR bespielen den Nachmittag. THE NEW ROSES machen ihren Soundcheck selbst. Optisch machen THE NEW ROSES einen auf Rock 'n' Roll-Superstar, vor allem Sänger Timmy Rough, der aber durchwegs sympathische und unterhaltsame Ansagen liefert. So erzählt er, dass die Band von Wiesbaden die ganze Nacht durchgefahren ist, um am AREA53 zu spielen und gleich danach wieder retour fährt, weil um Mitternacht der nächste Gig ansteht. Respekt, und das für 45 Minuten Spielzeit. Diese Dreiviertelstunde wird aber sehr gut gefüllt mit Gute-Laune-Rock 'n' Roll, der mit einer guten Dosis Boogie abgeschmeckt ist. Im Ohr hängen bleiben 'It's A Long Way' und der Rausschmeißer 'Thirsty'. Toller und erfrischender Nachmittagsgig einer gut gelaunten Band, die zum Abschluss noch verkündet, gerade an einem neuen Album zu arbeiten.
Nach THE NEW ROSES folgt ein Thrash-Schwerpunkt. Dabei ergibt sich die kuriose Situation, dass 50% SLAYER auf der Bühne sind, allerdings nicht zur selben Zeit: Gitarrist Gary Holt ist zurück bei EXODUS, während TESTAMENT neuerdings Kult-Drummer Dave Lombardo in ihren Reihen aufweisen. EXODUS sind an diesem Abend gut bei Laune, rein optisch wirkt die Band allerdings etwas zerrupft, vor allem Sänger Steve "Zetro" Souza sieht aus wie frisch aus dem Wäschetrockner und frisch in die Kutte gesteckt. Verdenken kann man es der Band nicht, spielt sie doch in diesem Juli quer durch Europa an fast jedem Tag. Musikalisch kann man der Band nichts vorwerfen, sie spielt sich quer durch die Diskographie vom 1985er Album "Bonded By Blood" bis zum aktuellen Album "Persona Non Grata". TESTAMENT hat man in der Vergangenheit schon mal gelangweilt erlebt, aber die zweijährige Zwangspause hat der Band scheinbar gut getan, vor allem Sänger und Chief Chuck Billy zeigt sich hochmotiviert und gut bei Stimme. In der Setlist geht es quer durch den Gemüsegarten, es wird quasi kein Album ausgespart. Dazu muss erwähnt werden, dass der Sound - wie über das gesamte Festival - exzellent ist, von der Lautstärke her angemessen, aber nie übersteuert, sondern glasklar. TESTAMENT stellen einen würdigen Headliner dar.
Nicht vergessen sei natürlich die Folk-Metal-Band ENSIFERUM, die den Slot zwischen EXODUS und TESTAMENT bespielen darf. Und der Auftritt entpuppt sich als einer der Highlights des Festivals. Auch wenn die Band zu Beginn noch etwas kalt wirkt, spielt sie sich in den ersten Minuten ordentlich warm und liefert ein höchst abwechslungsreiches Konzert ab. Das rührt vermutlich auch daher, dass die Band höchst indivduelle Charaktere vereint und außerdem auf mehrere Sänger zurückgreift. Der Opener 'Rum, Women, Victory' ist einfach mitreißend, wie auch 'Twilight Tavern', das einfach nur abgeht wie die Post. Wenn die Band ihre folkigen Elemente betont, sieht man im Publikum schon Anzeichen von Ausdruckstanz. In den Songs, in denen Pekka Montin seinen Klargesang beisteuert, darf er seinen angestammten Platz hinter dem Keyboard verlassen und die Menge an der Bühnenkante anfeuern, während Growlorgan Petri Lindroos schon mal in exstatische Zuckungen verfällt. Vor allem Markus Toivonen dürfte der Auftritt richtig Spaß machen, er bekommt sein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Besondere Momente liefert 'Lai Lai Hei' zum einen mit seinen ruhigen Momenten und zum anderen dadurch, dass das Publikum nochmals Gelegenheit hat, den Refrain zu singen.
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Billing
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BLIND GUARDIAN/ACCEPT/TESTAMENT/SEPULTURA/ENSIFERUM/EXODUS/DEATH ANGEL/FINNTROLL/THE NEW ROSES/WARKINGS/INFECTED RAIN/THUNDERMOTHER/SUICIDAL ANGELS/DESERTED FEAR/ANGELUS APATRIDA/SERIOUS BLACK/AS INFINTUM uvm. |
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