Livebericht Spiritual Beggars (mit Purson ) |
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Ein Livebericht von Stormrider aus Weinheim (Cafe Central) - 29.10.2013 (18260 mal gelesen) |
Dass der 70er-Jahre-Rock aktuell ein Revival erlebt, dürfte nur den Wenigsten entgangen sein. Die SPIRITUAL BEGGARS wussten das bereits vor 20 Jahren und haben ihren Stoner Metal bereits von Anfang an entsprechend gewürzt. Da die Band auf ihrer Facebook-Seite angekündigt hat, dass die aktuelle "Earth Blues-Tour" für die nächste Zeit die einzige Chance bleiben wird, sie live zu sehen, haben wir uns ins beschauliche Weinheim aufgemacht, um dem bunten Treiben im gemütlichen Cafe Central zu lauschen, auf dem die erhöhte Dichte von Schlaghosen und hochgestellten Hemdkragen den Trend auch optisch unterstreicht. Entgegen der aktuellen Gepflogenheiten Supportbands schon vor offiziellem Beginn starten zu lassen, betreten PURSON pünktlich um 21 Uhr die Bühne und stimmen zunächst in aller Ruhe ihre Instrumente nach. Als dann der psychedelische Retro-Sound aus den Boxen wabert und eine orientalische Melodie den Abend eröffnet, fühlt man sich nicht nur musikalisch knapp 30 Jahre in die Vergangenheit versetzt, denn auch optisch zeigt sich die Band (deren Mitglieder allesamt damals noch lange nicht in Planung gewesen sein dürften) als stimmiges Gesamtbild der 70er. Die knapp 50-60 Anwesenden scheinen allerdings noch nicht so recht zu wissen, wie sie damit umgehen sollen, denn obwohl man allseits interessiert scheint, bildet sich zunächst ein Halbkreis vor der Bühne. Der Höflichkeitsapplaus nach dem ersten Song zeigt ebenfalls, dass nur wenige mit der Band vertraut sind. Lässt man sich aber auf die Performance ein und gönnt sich einen kurzen Vergangenheitstrip dann haben die 45 Minuten durchaus einen gewissen Charme. Viel Rauch und spärlicher Einsatz von Licht unterstreichen das Flair, bei dem Fronterin Rosalie Cunnigham nicht nur der aufreizende Blickfang ist, sondern der unangefochtene Mittelpunkt. Sie wirkt dabei immer wie eine französische Chanteuse, und wenn noch jemand ein Räucherstäbchen oder sonstige bewusstseinserweiternde Substanzen in Aktion gebracht hätte, dann wäre es wohl ein echter Trip geworden. So erspielen sich PURSON nach und nach das Publikum. Die Songs sind alle nett zum Anhören und lassen sich problemlos konsumieren, wenn man auf Orgel-geschwängerten Psychedelic Rock mit weiblichem Gesang steht, wollen sich aber auch nicht so richtig im Ohr festsetzen. Ein Song, den ich sofort ein zweites Mal hätte hören wollen war für mich nicht dabei. Anders gesagt: für 'nen Gig passt das, auf Platte würde ich es mir wohl nicht anhören. Die Meinung scheinen indes nicht alle zu teilen, denn der Applaus nach den Songs wird lauter und länger und der Saal füllt sich zwischenzeitlich ebenfalls merklich. Schön, dass die Anwesenden Spaß haben, der Band sieht man das allerdings nur wenig an, keine Ahnung ob Lächeln oder sonstige Gefühlsregungen untersagt sind, aber ich habe selten eine Band erlebt, die so wenig verbale sowie nonverbale Kommunikation mit einem Publikum betreibt, das doch zunehmend Gefallen am eigenen Material und Schaffen findet. Die einzige Ansage bleibt somit auch die Ankündigung des letzten Songs. Um 21:45 Uhr können PURSON den Gig dann als Erfolg verbuchen, denn die Band scheint sich einige Fans erspielt zu haben, zumindest wenn man die Zuschauerreaktionen als Maßstab nimmt sowie die Tatsache, dass der Halbkreis vor der Bühne verschwunden ist. Da das Cafe Central mit einem Fassungsvermögen von ca. 300 Leuten dazu neigt, schnell und intensiv Hitze zu entwickeln, tut die Frischluftzufuhr in der Umbaupause merklich gut, und als um 22:15 Uhr die SPIRITUAL BEGGARS die Bühne betreten, hat sich der Raum vor der Bühne gut gefüllt, ist aber noch weit vom Sold Out entfernt. Michael Amott hat sich wie üblich sein Kopftuch gebunden und sieht vor seinem weißen, mit farblich wechselnder Beleuchtung ausgestattetem Marshall aus, wie ein Samurai, der seine Flying V wie ein sein Schwert führt und Sharlee D'Angelo beeindruckt wieder einmal schon alleine durch seine Statur und seine Bühnenpräsenz. Bereits mit dem ersten Song 'Throwing Your Life Away' wird klar, dass sich der Härtegrad nun verschärfen wird und der Stoner-Metal doch ein ganz anderes Kaliber ist. Der Sound wirkt nicht mehr so mumpfig und ist eine ganze Ecke differenzierter. Über die technische Brillanz eines Michael Amott ist weiß Gott genug geschrieben worden, dennoch werden seine, wie immer sehr geschmackvollen Soli, im ersten Drittel des Gigs etwas zu weit in den Vordergrund gemischt, so dass sie einen Tick zu präsent erscheinen, was der restlichen souverän agierenden Band etwas ungerecht wird. Das Publikum ist heute jedoch irgendwie extrem hüftlahm und lässt sich zu Beginn doch ziemlich von Fronter Apollo Papathanasio bitten. Dieser zeigt neben gefühlt sechs verschiedenen Shirts und Outfits eine ansprechende Performance und ist der showtechnische Mittelpunkt. Man merkt ihm die Leidenschaft mit der er auf der Bühne steht und die Songs intoniert zu jeder Sekunde an, dass dabei ein Shout auch mal nicht ganz die Lage trifft sein ihm verziehen und wird durch die sympathische Art doppelt kompensiert. Zudem versucht er, seine wenigen Ansagen auch immer wieder mit deutschen Sätzen aufzupeppen, was ihm merklich weitere Sympathiepunkte einbringt. Nach 'Fool's Gold' animiert er dann zu ersten "Hey! Hey!-Chören", zu denen sich immerhin die halbe Halle hinreißen lässt und die in das Drumsolo von Ludwig Witt übergehen, der sich am Ende seines Solos dann obenrum erstmal freimacht. Dennoch sind Soli für mich (und für die meisten anderen Zuschauer offensichtlich auch) auf Gigs immer ein wenig zäh, das gilt gleichermaßen für das später folgende Keyboard-Solo von Per Wiberg, dem ich so gar nichts abgewinnen kann. Seine Headbangperformance beim Spielen ist hingegen einfach nur eins - saucool! Ebenso wie die von Amott immer mal wieder eingestreuten Riffs und Melodien bekannter Rock und Pop-Songs. Die Suche nach der Melodie von 'It's A Sin' sollte mich später noch bis ins Bett begleiten. Alles in allem agieren die SPIRITUAL BEGGARS souverän und man merkt die Professionalität, welche sich die Musiker über die Jahre erspielt haben, so dass kein Fan wirklich enttäuscht sein dürfte. Was aber auffällt ist, dass sich so ab 23:15 Uhr der Saal etwas leert, was eigentlich nicht am Gig liegen kann, aber unter der Woche müssen eben doch viele morgens wieder früh raus. Um 23:40 Uhr fällt dann nach 'Mantra' zunächst der Vorhang. Die Band lässt sich vergleichsweise lange bitten, aber die noch Anwesenden Fans sind endlich aufgetaut und feiern die Band entsprechend lange und massiv ab. Als die Band zur Zugabe zurückkommt, hält ein Fan das Signature-Modell von Amotts Gitarre auf die Bühne, welche dieser noch auf der Bühne signiert, bevor die Band eine Zugabe von 20 Minuten mit nur zwei Songs füllt. Zunächst wird eine ausufernde Version von 'Blind Mountain' gezockt, bei der Apollo die Band vorstellt und jeder nochmal einen kurzen Solo-Slot bekommt, ehe 'Euphoria' einen musikalisch starken Gig mit 19 Songs und fast zwei Stunden Spielzeit und einem leider zu lange zurückhaltendem Publikum beschließt. Eine Frage bleibt jedoch offen: Wo bitte war 'Killing Time'? Setlist: 01. Throwing Your Life Away 02. Left Brain Ambassadors 03. Turn The Tide 04. Beneath The Skin 05. Young Man, Old Soul 06. Wonderful World 07. Fool's Gold 08. Dreamer 09. Starborn 10. One Man Army 11. Hello Sorrow 12. Magic Spell 13. One Man's Curse 14. Sedated 15. Kingmaker 16. Wise As A Serpent 17. Mantra Encore: 18. Blind Mountain 19. Euphoria |
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