Midnight Force - Dunsinane

Review von baarikärpänen vom 10.08.2018 (11562 mal gelesen)
Midnight Force - Dunsinane
imgcenter


Lust auf eine Zeitreise? Dann stellen wir uns einfach vor, der Wecker klingelt (japp, so ein antiquiertes mechanisches Dingens) und wir schälen uns aus dem Bett. Nach dem dritten Kaffee werfen wir die noch jungfräuliche Kutte über, traben über die Straße, wo uns beinahe ein Bonanza-Rad ummäht. Rein in den R4, Radio an, Kassette in den Schacht und wir erfreuen uns an den Klängen, die aus den Boxen knallen. Tolle Musik dieser schottischen Jungs, die dem Hard Rock gerade eine neue, überaus spannende Richtung verpassen. 1979 scheint ein gutes Jahr zu werden. Just in dem Moment, wir wollen gerade die noch volle Mähne schütteln, quäkt diese blecherne Stimme aus dem Nirgendwo, dass der Kühlschrank gerade gemeldet hat, die Milch wäre alle. Aus der Traum von einer Zeit, als alles noch simpler war. Was aber bleibt, ist "Dunsinane". Dieses Debüt der Schotten MIDNIGHT FORCE. Selbiges rotiert jetzt schon seit Tagen in meinem Player.

Was hat man uns nicht alles versucht anzudrehen, versehen mit dem Etikett Vintage? Alles irgendwie der nächste heiße Scheiß. Letztlich waren 90% der Sachen ja auch durchweg toll (ein paar Stinker gibt's immer). Und was ist schon schlimm daran, sich aus dem reichhaltigen Schatzkästchen des Metals zu bedienen, wenn's denn gut gemacht ist? Richtig, gar nichts!

imgcenter


Was MIDNIGHT FORCE aus Glasgow allerdings machen, setzt dem Ganzen die Krone auf. Das hat nichts mit dem ollen König Macbeth zu tun, dem MIDNIGHT FORCE hier in einzelnen Songs textlich huldigen. Nein, MIDNIGHT FORCE setzen völlig neue Maßstäbe, was Retro angeht. Das machen sie auf eine Art und Weise, dass man die Kinnlade gar nicht mehr in ihre Ursprungsposition bekommt. Ihr wollt jemandem beweisen, dass ein Anachronismus durchaus was Positives sein kann? Well, dann schnappt euch "Dunsinane". Einen besseren Beleg für eure These werdet ihr nicht mehr finden. Und anachronistisch ist an dieser Scheibe wirklich alles. Angefangen beim Cover, über die staubtrockene Produktion, bis hin zur musikalischen Umsetzung. MIDNIGHT FORCE zelebrieren einen Sound, der ungefähr zu der Zeit angesiedelt ist, als der Metal aus seinen hardrockigen Kinderschuhen rauswuchs, aber darüberhinaus noch Querverweise auffährt, die ein wenig moderner sind (zumindest ein klitzekleines Stück). Hier treffen sich early NWoBHM mit der Kauzigkeit von CIRITH UNGOL, der Epik von frühen MANILLA ROAD und dem Genie der jungen IRON MAIDEN, zu einer Jam-Session. Der Album-Opener 'Killer' erinnert am ehesten an straighte CIRITH UNGOL, das darauf folgende 'The Scarlet Citadel' punktet mit Steve Harris-Bassläufen, kombiniert mit einem episch gehaltenen Chorus. 'Down With The King' steht komplett in der Tradition MAIDENS. Die weiteren Stücke, bis zum abschließenden Titeltrack, vereinen alle Qualitätsmerkmale der offensichtlichen Vorbilder von MIDNIGHT FORCE. Besagtes 'Dunsinane' geht dann allerdings als absolutes Highlight der Scheibe durch's Ziel. Was als Classic Rock anfängt (ich höre da z.B 'ne Menge URIAH HEEP, minus Hammond), wird von Minute zu Minute immer besser. MANILLA ROADS Mark "The Shark" Shelton (RIP) hätte an dem ein oder anderen Teil des Songs seine helle Freude gehabt. Was "Dunsinane", so oder so schon ein geiles Scheibchen, noch mehr aufwertet, sind die dezent eingeflochtenen folkloristischen Parts.

MIDNIGHT FORCE haben mit "Dunsinane" einen Debüt-Longplayer vorgelegt, den ich, was die musikalische Richtung angeht, in solcher Form schon lange nicht mehr gehört habe. Wäre die Scheibe 1979, um wieder darauf zurückzukommen; erschienen, MIDNIGHT FORCE würden heute in den Metal-Geschichtsbüchern ganz weit vorne stehen. Ich tauch dann wieder ab in eine Zeit, als der halbe Liter Gerstensaft für 80 Pfennige über die Theke ging, das Schlachtross für 90 Pfennig pro Liter aufgetankt wurde und man noch Briefe schrieb, die für 60 Pfennige ihre Reise angetreten haben.



Gesamtwertung: 9.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood dry
Trackliste Album-Info
01. Killer
02. The Scarlet Citadel
03. Down With The King
04. Witchfinder
05. Alesia Falls
06. Crystal Falcon
07. Warlord Eternal
08. Dunsinane
Band Website: www.facebook.com/midnightforceUK
Medium: CD
Spieldauer: 43:03 Minuten
VÖ: 10.08.2018

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten