Interview mit Daniel von Ahab

Ein Interview von Eddieson vom 04.02.2023 (19474 mal gelesen)
Nach fast acht Jahren der Ruhe haben AHAB ihr neues Machwerk aus den Tiefen der See gehoben. Grund genug um Bandmitbegründer Daniel Droste an Land zu ziehen, um ihm ein paar Fragen unter die Nase zu halten. Der Sänger und Gitarrist gab bereitwillig Auskunft.

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Hallo Daniel. Wie geht es dir?

Daniel: Hallo Jan! Mir geht es gut, hoffe ebenso.

Jetzt kommt kurz vor Weihnachten auch noch die ganze Bandpromo zu eurem neuen Album "The Coral Tombs", welches im Januar erscheint, über euch. Doppelter Stress?

Daniel: Bezüglich Weihnachten machen wir uns schon seit einigen Jahren keinen großen Stress mehr. Geschenke gibt es lediglich für die Kinder und bereits am zweiten Weihnachtsfeiertag ist Schluss mit Familienprogramm. Allerdings hatte ich fast schon wieder vergessen, dass auch Berge an Interviews zu beantworten recht viel Arbeit sein kann.

Das Album beginnt ja mit dem Anfang von 'Prof. Arronax' Descent Into The Vast Oceans' erst mal etwas ungewöhnlich für Funeral Doom-Verhältnisse.

Daniel: Das Anfangsriff von 'Prof. Arronax' ...' entstand tatsächlich eher zufällig. Wir waren, wenn ich mich recht entsinne, dabei, einen Song zu arrangieren und kamen irgendwie nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Während einer Pause begann ich dann ein schnelles Riff zu schrammeln, unser Drummer stieg unmittelbar mit ein und nach ein paar Durchläufen nahmen wir den Part auf, damals jedoch noch ohne Hintergedanken. Auf einer der folgenden Proben sind wir beim Durchhören unserer Aufnahmen dann erneut über diesen Part gestolpert und jemand meinte eher beiläufig, dass das ein fulminanter Einstieg für die neue Platte wäre. Nachdem Chris den Text fertig hatte war schnell offensichtlich, dass die Aufteilung der ersten Zeilen eigentlich nach zwei Sängern verlangt. Daher suchten wir nach einem stimmlichen Kontrast zu meinen Vocals und sind dann in Chris von ULTHA fündig geworden.

Doch dann nimmt das Album richtig Fahrt auf und man wird wieder vom AHAB-typischen Sound erdrückt. Knapp acht Jahre ist es her, dass ihr das letzte Studioalbum veröffentlicht habt. Was hat euch so lange aufgehalten?

Daniel: Nach der Veröffentlichung unseres vierten Albums haben wir uns zunächst auf Live-Aktivitäten konzentriert, um die Platte zu promoten. Im Frühjahr 2016, beginnend mit der Geburt meiner Tochter, haben dann fast alle von uns Kinder bekommen, wodurch sich die Prioritäten vor allem während der ersten Monate etwas verlagert haben, sodass immer mal wieder ein Bandmitglied eine kurze Auszeit nahm. Zudem hatten wir dieses Mal länger als sonst gebraucht, uns auf eine passende Romanvorlage zu einigen. Wir hatten uns zwar auch zuvor schon zum Songwriting getroffen und auch Songs aufgenommen, ohne lyrische Vorlage dienten diese aber eher der musikalischen Neuausrichtung und waren als Adaption zu Jules Vernes Roman ungeeignet. Aktiv Songs für das neue Album zu "20.000 Meilen Unter Dem Meer" zu schreiben begannen wir erst während der Pandemie. Das Songwriting hat daher streng genommen nicht länger gedauert als bei unseren vorigen Alben, wir haben lediglich wesentlich später damit begonnen.

Hattet ihr noch andere Themen zur Auswahl, oder war direkt klar, dass es diesmal um Jules Vernes "20.000 Meilen Unter Dem Meer" gehen soll?

Daniel: Wir hatten eigentlich, von unserem Debütalbum abgesehen, zu jeder Platte stets mehrere Bücher, die zur Diskussion standen. Jules Vernes Werk hatten wir vor ein paar Jahren bereits auf dem Zettel, konnten uns damals aber noch nicht so recht dafür begeistern, was wohl maßgeblich daran lag, dass wir die Geschichte nur aus diesem alten Disney-Film her kannten. Ich konnte mir unseren Sound zu diesem Film, der offensichtlich ein jüngeres Publikum als Zielgruppe hat, beim besten Willen nicht vorstellen und so verwarfen wir diese Idee zunächst wieder. Nachdem Chris das Buch dann Jahre später gelesen hatte, erkannte er schließlich das Potenzial der Geschichte. Den Charakter des mysteriösen Kapitän Nemo und dessen Abneigung gegen die moderne Welt über der Meeresoberfläche näher zu beleuchten gab der Geschichte eine neue interessante Facette, die nun auch Potenzial bot, mit schweren Riffs vertont zu werden. imgright

Was genau hat euch so an dieser Geschichte fasziniert, dass ihr ihr ein Album widmet?

Daniel: Jules Verne's "20.000 Meilen Unter Dem Meer" ist neben "Moby Dick" der wohl bekannteste nautische Roman und allein schon deshalb Pflichtprogramm für uns. Die Wahl dieses Romans hatte auch etwas Nostalgisches, denn wie bereits erwähnt kannte ich die Geschichte um die Nautilus durch den Film seit meiner Kindheit und war seitdem fasziniert von den Geheimnissen der Tiefsee. Während mich in meiner Jugend das Fantastische anzog, sind es heute eher die gegensätzlichen Charaktere der Geschichte. Jules Verne ist in der Lage Fantasy zu transportieren, ohne eine eigene Welt erschaffen zu müssen. Er vermag es, seine Geschichte mit unserer realen Welt zu verweben, wodurch das Fantastische seiner Erzählung real und nahbar scheint, ihm jedoch stets dieser Zauber innewohnt.

Einer der Hauptcharaktere in der Geschichte ist, wie du ja schon sagtest, Kapitän Nemo, der der Welt den Rücken gekehrt hat und nun größtenteils in der Nautilus unter der Meeresoberfläche lebt. Könntest du dir für dich vorstellen, einen solch drastischen Schritt zu gehen?

Daniel: Ich hatte vor vielen Jahren die Möglichkeit, in Hamburg ein U-Boot zu besichtigen. Ich bin mir spätestens seit diesem Zeitpunkt absolut sicher, dass ich niemals dazu in der Lage wäre, in solch einer Kiste auf Tauchfahrt zu gehen, ein Leben unter der Meeresoberfläche wäre für mich also keine Option. Wenn ich mich jedoch an meine letzte Schifffahrt durch den Schärengarten vor Stockholm erinnere, muss ich zugeben, dass ein Haus auf einer dieser kleinen Inseln durchaus ein reizvoller Gedanke sein könnte.

Mittlerweile hat AHAB auch schon fast 20 Jahre auf dem Buckel. Du als Gründungsmitglied, wenn du den Daniel von damals treffen würdest, was würdest du ihm mit deinem heutigen Wissen mit auf den Weg geben?

Daniel: Passt, weiter machen!

Wie siehst du selbst die Entwicklung der Band innerhalb der letzten 20 Jahre?

Daniel: AHAB war ursprünglich als Studioprojekt ohne Live-Präsenz geplant. Als dieses Projekt nach der Veröffentlichung unseres ersten Albums zusehends Aufmerksamkeit erlangte, wuchs AHAB mit dem Einstieg von Cornelius an den Drums zur Band heran. Die Zielsetzung unseres Debütalbums bestand darin, einen nautischen Roman mit Stilmitteln des Funeral Doom zu vertonen. Wir haben Teile unserer musikalischen Wurzeln beibehalten, waren anderen Einflüssen aber stets aufgeschlossen, wodurch über die Jahre eine eigene musikalische Handschrift gereift ist. Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir alle unsere Jobs behalten werden, um die Band auf "semi-professioneller Ebene" fortzuführen. Unter diesen Voraussetzungen ist unsere 20-jährige Reise bislang wesentlich erfolgreicher verlaufen, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.

Die letzten zwei Jahre hatte Corona einen massiven Einfluss auf die Konzertwelt, jetzt beklagen Bands und Veranstalter schlechte Vorverkaufszahlen, sodass ganze Touren abgesagt werden müssen. Also kommen wir vom Regen in die Traufe. Wie siehst du das? Nicht nur als Musikkonsument, sondern auch als Teil einer Band?

Daniel: Wir sind bislang glimpflich davongekommen und mussten lediglich eine unserer Shows, welche im vergangegen Dezember hätte stattfinden sollen, absagen und auf März verlegen. Doch auch das Verlegen abgesagter Shows ist gar nicht so einfach, da sich über die vergangenen zwei Jahre derart viel angestaut hat, dass viele Clubs bereits ausgebucht sind. Ärgerlich für uns, existenzbedrohend für jene, die in der Musikbranche ihren Lebensunterhalt verdienen. Zudem werden auch Bands und Veranstalter mit steigenden Kosten konfrontiert. Energie ist teurer geworden, die Produktion von Tonträgern - insbesondere Vinyl - hat sich sehr verteuert, durch den Wegfall des Formates Warenpost hat der Versand ins Ausland deutlich aufgeschlagen, und all diese Preiserhöhungen treffen auf eine Gesellschaft, welche gebeutelt von der Inflation auf viele Luxusgüter verzichtet, zu welchen mittlerweile leider auch Konzertbesuche gehören. Es kommen sicher auch wieder bessere Zeiten. Man kann nur hoffen, dass möglichst viele in der Branche bis dahin überleben und an jene, die es sich leisten können, appellieren, Konzerte zu besuchen, Merchandise zu kaufen, um Bands und Clubs zu unterstützen.

Was wird 2023 für AHAB bringen?

Daniel: Wir werden dieses Jahr noch die ein oder andere Clubshow in Deutschland und auch auf diversen Festivals in Europa wie dem Summer Breeze und dem Damnation Fest spielen. Weitere Shows sind in Planung, wir hoffen in den kommenden Wochen zusätzliche Termine veröffentlichen zu können.

Daniel, vielen Dank für deine Zeit. Ich wünsche euch für das neue Album viel Erfolg. Habt ein paar schöne Feiertage - und die letzten Worte gehören dir?

Daniel: Vielen Dank! Unterstützt Bands und Veranstalter, besucht Konzerte, kauft Merchandise und habt eine gute Zeit.

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