Anti-Flag - 20/20 Vision

Review von Blaze Breeg vom 15.02.2020 (6172 mal gelesen)
Anti-Flag - 20/20 Vision Selbst wenn man die Nachrichten aus Selbstschutz nur noch am Rande verfolgt, stellt man rasch fest, dass unsere Welt jeden Tag weiter aus den Fugen gerät. Auch in einst stolzen westlichen Demokratien sind Entwicklungen zu beobachten, die man vor wenigen Jahren sogar in den skurrilsten Angstszenarien in dieser Form nicht für möglich gehalten hätte. Ich bin Angehöriger einer Generation, die George W. Bush allen voran wegen des völkerrechtswidrigen Krieges im Irak mehrheitlich für den ultimativen moralischen Tiefpunkt im Oval Office gehalten hat. Die meisten Menschen dürften die Ansicht vertreten, dass es noch viel, sehr viel schlimmer kommen sollte. Und an dieser Stelle kommen ANTI-FLAG ins Spiel.

Die im Jahr 1988 gegründete Punk-Band aus Pittsburgh nimmt im Hinblick auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im eigenen Land - und weit darüber hinaus - nämlich seit jeher kein Blatt vor den Mund. Auf ihrem aktuellen Longplayer "20/20 Vision" prangt nicht umsonst das bearbeitete Konterfei eines gewissen Donald J. Trump. ANTI-FLAG rechnen schonungslos mit gegenwärtigen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten ab, die ihnen als säkulare Linke zutiefst zuwider sind. Es liegt auf der Hand, dass sich ihre Wut auf das rechtskonservative Spektrum richtet: Der Song 'Christian Nationalist' ist diesbezüglich auf der lyrischen Ebene besonders plakativ. Wer mit der hier ausgedrückten Weltanschauung ein Problem hat, sollte einen ganz großen Bogen um die Scheibe machen, die inhaltlich genau DAS liefert, was man auf einer Punk-Platte erwarten darf.

Musikalisch beeindruckt das Quartett aus Pennsylvania vor allem mit einem außergewöhnlichen Melodieverständnis. Wir haben es auf "20/20 Vision" mit elf Hits zu tun, die schnell ins Ohr gehen, aber dank einer gesunden Grundhärte niemals zu süßlich ausfallen. Letzteres wäre angesichts der oben skizzierten textlichen Botschaften, welche zweifellos den Brennstoff von ANTI-FLAG darstellen, auch völlig unpassend. Der Opener 'Hate Conquers All' oder 'You Make Me Sick' haben zum Beispiel ordentlich Punch. Für das weichgespülte Formatradio eignen sich solche Tracks überhaupt nicht. Generell ist festzuhalten, dass die Platte nicht zuletzt dank des abwechslungsreichen Songmaterials (man höre sich 'Un-American' an!) so frisch klingt, dass mancher Newcomer vor Neid erblassen dürfte. Zur Erinnerung: Die Herren haben als Band bereits 32 Jahre auf dem Buckel - und "Vision 20/20" ist ihr zwölftes Studioalbum. Da darf man ruhig mal den berüchtigten Hut ziehen.

ANTI-FLAG müssen sich mit ihrem neuen Output auch nicht vor den legendären Genre-Kollegen BAD RELIGION verstecken, die im letzten Jahr mit "Age Of Unreason" ein ganz fettes Ausrufezeichen gesetzt und ihre Relevanz einmal mehr unterstrichen haben. Während man über die aktuelle Scheibe der Fun-Punker GREEN DAY den Mantel des Schweigens hüllen muss, liefern die Altmeister des politischen Punk demnach ordentlich ab. Kurzum: "20/20 Vision" wird mit Sicherheit noch sehr oft in meinem Player rotieren. Die Platte macht nämlich trotz der dargebotenen Texte, die den Zuhörer entweder runterziehen oder in Wut versetzen beziehungsweise zur Aktion aufrufen, einfach richtig Spaß. Dass ANTI-FLAG den eingangs genannten Selbstschutz letztendlich als Bequemlichkeit und Feigheit entlarven, steht auf einem anderen Blatt.

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. Hate Conquers All
02. It Went Off Like A Bomb
03. 20/20 Vision
04. Christian Nationalist
05. Don't Let The Bastards Get You Down
06. Unbreakable
07. The Disease
08. A Nation Sleeps
09. You Make Me Sick
10. Un-American
11. Resistance Frequencies
Band Website: www.anti-flag.com/
Medium: CD, LP
Spieldauer: 30:37 Minuten
VÖ: 17.01.2020

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