Lautstærke - Vom Morgen Danach

Review von Farvynn vom 23.02.2022 (10118 mal gelesen)
Lautstærke - Vom Morgen Danach Corona ist für junge Musiker und Bands das Arschloch schlechthin. Viele Newcomer können ihre Debütalben nur schleppend, mit massiven Verzögerungen oder mit miesen Verkaufszahlen rausbringen. Leider hat es die Jungs von LAUTSTÆRKE genau so getroffen. "Vom Morgen Danach" hatte den ursprünglichen Release bereits im Jahr 2020 in vollkommener Eigenständigkeit. Dank Konzertabsagen noch und nöcher blieben die Verkaufszahlen aus und 2021 wurde das ganze Ding mit Hilfe von NRT-Records nochmal neu aufgelegt. Aus 19 Songs, davon fünf kleineren Einspielern, wurden ganze 21 Tracks. Euskirchen hat also im Bereich Punkrock einiges zu bieten und wir sind gespannt, was die Jungs um Sänger André Dederichs zu bieten haben.

Yes Ladies and Gentlenerds, ganze 21 Titel präsentieren uns die Jungs hier. Vollgepackt mit weltlichen Krisen und persönlichen Geschichten freue ich mich hier am Laptop diebisch über dieses Debüt. Ich nenne es auch weiterhin so, Re-Release hin oder her. Aber manch einer erinnert sich sicherlich noch an die Flüchtlingskrise der letzten Jahre, so vor Rona und ohne Masken. 'Hilf Mir' als Start ist harte Kost. Aus der Sicht eines solchen Flüchtlings wird berichtet, was er durch macht, was wir eigentlich hätten tun können und wir dennoch nur weggeschaut haben. Ich werd' ein wenig melancholisch dabei... es werden mir die Augen ein wenig geöffnet, aber wir sind erst am Anfang. Noch sollten wir nicht vorschnell handeln und den Tag vor dem Abend loben. Melancholisch geht's weiter, der nächste von mir rausgepickte Track hört auf den Namen 'Egal' und lässt mich noch mehr über mich selbst nachdenken. Andrè besingt perfekt, was man alles hätte werden können, hätte man nur den eigenen Arsch hochgekriegt. Stattdessen ist es buchstäblich egal, dass man nur ein normaler Bürger ist, Teil einer Herde und man sich den eigenen Sarg schnitzen kann für die eigene Beerdigung. Hui... heftiges Brett, ist Punkrock doch eher... leichtere Kost. Zumindest wenn man das Technische dahinter betrachtet. 'Nebel' schlägt da nämlich nochmal eine Nummer härter zu als die beiden Vorgänger. Alles verschwimmt buchstäblich im Nebel, wenn jemand mit einer Diagnose wie Depressionen und Co nach Hause kommt. Freunde wenden sich ab, man selbst hinterfragt sein gesamtes Leben ... ich sehe hier schon einige Dinge mit anderen Augen und wir sind erst bei ungefähr der Hälfte. Etwas Ruhigeres müsste her als Abwechslung. Wie auf Knopfdruck, nur wenige Tracks weiter, erwartet uns da 'Vermissen'. Eine doch eher klassische Geschichte des Lebens. Es wird mit einem Schluss gemacht, man sieht sich noch einmal die alten Bilder an und fängt an ... ja den oder diejenige zu vermissen. Man träumt sich manches Mal in andere Zeiten oder an andere Orte wie 'Indien'. Jau, 'Indien' ist nicht nur ein schön exotisches Land auf dem asiatischen Kontinent, sondern einer der Song, der mich direkt beim ersten Anhören mitgenommen hat. In mir kam das berühmte Fernweh auf, das man hat, wenn man die Heimat des Herzens gefunden hat und eben nicht für immer dort bleiben kann. Man reist also zumindest immer wieder gedanklich an diesen Ort, die Gerüche, die einen umwehen, und und und. Wer Pech hat, sag ich jetzt mal so dreist, findet auch eine Person, die auf den ersten Blick einem vielleicht gut tut, aber sich meist doch als toxisch entpuppt. Gerade solch Personen greift 'Feuer' perfekt auf. Man will sich der Person vollständig hingeben, von den Flammen verschlungen werden, ohne zu merken, dass man immer mehr und mehr dem Feuer verfällt und verbrannt wird. Aber ich will hier nicht zuviel Story spoilern, macht ja sonst keinen Spaß. Technisch betrachtet (sorry liebe Musikerfraktion, ich hab euch lieb) ist es recht einfaches Tagwerk. Nichts allzu Ausgefallenes, nichts, was sich langfristig ohne Gesang im Ohr festsetzen würde, aber solide für eine Band, die gerade erst das Debüt in die Meute geworfen hat. Wird alles noch besser und ich glaub an den Trupp.

Deswegen sag ich mal ganz gepflegt ja leckt mich am Po, aber bitte ganz zärtlich, ist das ein Debüt. Ich hab echt ewig nichts mehr gehört, das so simpel und doch so komplex zugleich ist. Und das gerade von einer jungen Band wie LAUTSTÆRKE. An so manch Track hab ich mich fast direkt festgebissen, höre die Platte selbst nun seit mehreren Tagen rauf und runter ohne großartige Pausen und kann jetzt schon kaum mehr auf ein weiteres Werk warten. Na wer weiß, ob sich nicht sogar schon eins in der Produktion befindet. Ein ganz großes Danke geht an dieser Stelle auch raus an Sänger André Dederichs, der mir die ein oder andere kleine Frage beantwortet hat. Wer also mit Bands wie MONTREAL, ENGST oder auch SERUM 114 was anfangen kann, sollte sich die Jungs definitiv geben. Hört rein, kauft das Ding und schenkt ihnen ein wenig Liebe in dieser schweren Zeit.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Hilf Mir
02. Vom Abend Davor
03. Nie Wieder
04. Nichts Zu Verlieren
05. Egal
06. Für Dich
07. Unmagnetisch
08. Lautstarke
09. Nebel
10. Storys Von Vorgestern
11. Vermissen
12. Stimme Des Volkes
13. Gemeinsam Untergehen
14. Indien
15. Kunst
16. Neulich
17. Feuer
18. Bis Bald
19. Zärtlich Sein
20. Fliegen
21. Sommer Deines Lebens
Band Website: bandlautstaerke.de/
Medium: CD
Spieldauer: 59:17 Minuten
VÖ: 18.02.2022

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