Neon Nightmare - Faded Dream

Review von Damage Case vom 28.10.2024 (12668 mal gelesen)
Neon Nightmare - Faded Dream Manchmal nerven Plagiate. Und manchmal nicht. NEON NIGHTMARE treffen einen Nerv, mitten im Herbst, in dem man stets seine alten TYPE-O-Alben rauskramt und den seufzenden Klängen von Peter Steeles Stimme & Bassgitarre, Kenny Hickeys flehenden Gitarrensoli sowie Josh Silvers unverwechselbarem Keyboardsound zu huldigen. Selbst fast 15 Jahre nach dem Ableben bleiben Band und Künstler unerreicht und unvergessen, der Mensch Petrus Thomas Ratajczyk hinterlässt nicht nur eine körperlich beeindruckende Lücke, die für immer unschließbar bleiben wird. Nun versucht sich eine unbekannte Band aus Birmingham daran, diesem Schaffen Tribut zu zollen. Mit eigenen Songs, nicht mit Cover-Songs! Vergesst die Referenzen aus dem Promoschreiben des Labels. Hier klingt nichts nach FIELDS OF THE NEPHILIM, DANZIG oder PARADISE LOST. NEON NIGHTMARE huldigen 40 Minuten TYPE O NEGATIVE und niemandem sonst. Das fängt bereits beim Albumcover an, denn auf dem zur Jahreszeit der Veröffentlichung passenden etwas gruseligen Bildchen sind Bandname und Albumtitel so angeordnet, wie es eben nur eine einzige Band auf all ihren Alben getan hat. Doch neben der Optik huldigen die Namenlosen auch der Musik auf eine liebevolle und respektvolle Weise, dass einem ganz warm ums Herz wird. Stilistisch bewegen sie sich dabei in der Phase um "October Rust", also der melancholischen, von Liebeskummer und Weltschmerz geprägten Phase des legendären Quartetts aus Brooklyn, als die schroffen Hardcore-Wurzeln aus CARNIVORE-Zeiten bereits längst der Vergangenheit angehörten und die selbstzerstörerischen Kräfte ab "World Coming Down" noch keine Risse in Bandgefüge und Gesundheitszustände geritzt hatten. Die Songs sind klasse auskomponiert, produziert und dargeboten. Speziell der unbekannte Sänger achtet stets darauf, seine variable Stimme so einzusetzen, wie Peter Steele es tat, ohne ihn nachzuäffen. Und so kommt es zu Gänsehautmomenten wie 'Lost Silver': Wie recht hat dieser Songtitel, losgelöst vom Text - weiß jeder Fan von Josh Silver doch, wie sehr dieser Mann, der sich inzwischen komplett in seine private Berufung als Rettungssanitäter zurückgezogen hat, als unkopierbarer Soundmagier fehlt. Und wenn der Hörer dann ab Minute sechs von einem unvergleichbaren Hickey-Solo aus dem Song begleitet wird, kommt echte Gänsehaut auf. 'They Look Like Shadows' ist der rockigste Song auf "Faded Dreams" und selbst dieser strahlt nur so vor Gothic-Finsternis. Das kryptisch betitelte 'LATW2TG' wird zwischendurch wild, nur um dann wieder mit TYPE-O-typischen abreißenden Gitarrensounds der Romantik zu verfallen - herrlich! Das gruselige 'The Look Like Shadows' ist der rockigste Song von "Faded Dreams", zwischendurch gibt es sogar das eine oder andere 'Uh!'. 'She's Drowning' bleibt der einzige in der ersten Hälfte ein wenig zu banal erscheinende Song, da er mit recht flachem Refrain und zu offensichtlich bei Songs wie 'Be My Druides' und 'Burnt Flowers Fallen' (die beide bereits auf "October Rust" nicht zu den Highlights gehörten!) geklauten Zitaten einen schlechten Start erwischt. Entschädigung folgt auf dem Fuß: Das abschließende 'Promethean Gift' ist mit fast zehn Minuten der längste Song des Albums und nutzt diese Spieldauer für abwechslungsreiche Momente, inklusive des tollen BLACK-SABBATH-Zeitlupen-Riffklaus, den man bereits beim New Yorker Original augenzwinkernd zur Kenntnis nahm und mochte.

Fazit: Die ehemaligen TYPE-O-Musiker Sal Abruscato, Kenny Hickey und Johnny Kelly haben sich über Jahre an mehr oder weniger düster-melancholischen Projekten wie SEVENTH VOID, A PALE HORSE NAMED DEATH, SILVERTOMB oder PATRIARCHS IN BLACK versucht. Freigeschwommen hat sich, oder qualitativ das Niveau ihrer alten Stammband, bislang keiner von ihnen. Um dem Schaffen der beiden unersetzbaren kreativen Köpfe Peter Steele und Josh Silver qualitativ ein Denkmal zu setzen, musste eine Band aus anonymen Engländern daherkommen. Und das machen sie wirklich fantastisch! Ob man auf Dauer jedoch mehr davon braucht, bleibt abzuwarten, denn es droht Übersättigung, wenn man diesen Pfad über mehrere Alben austrampeln würde. Wobei eine thematisch und musikalisch qualitativ vergleichbare Hommage an das Überalbum "World Coming Down" durchaus reizvoll wäre.

Anspieltipps: Für Anhänger von Gothic Rock und TYPE O NEGATIVE im Speziellen ist das komplette Album Pflicht. Vorausgesetzt, dass man mit einer knietiefen Verbeugung vor dem Original zurechtkommt.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Higher Calling
02. Lost Silver
03. It's All Over (For You)
04. LATW2TG
05. They Look Like Shadows
06. She's Drowning
07. Promethean Gift
Band Website:
Medium: CD, LP
Spieldauer: 41:15 Minuten
VÖ: 01.11.2024

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