Livebericht Blitzkrieg (mit Metal Inquisitor und Witchmaster)

Ein Livebericht von Opa Steve aus Koblenz (Suppkultur) - 18.09.2004 (22304 mal gelesen)

Die Hellbangers und ihr Festival


Das Hellbangers-Festival bei Koblenz ging nun schon in die dritte Runde und verspricht, für den Koblenzer Raum eine Bereicherung der Metal-Liveszene zu werden. Die Szene um die "Hellbangers Moselfranken", zu denen sich Desaster oder Metal Inquisitor
zählen, war schon immer bekannt für rührige kleine Livegigs in hiesigen Clubs, zu denen immer kultige Bands eingeladen wurden, die man nicht unbedingt in diesen Breiten auf Tour sehen würde. Was liegt also näher, als daraus ein kleines, aber feines Festival zur unregelmäßigen, aber stetigen Einrichtung zu
machen?

Während bei unserem letzten Besuch als Location die tolle Clubhalle im Andernacher JUZ gewählt wurde, fand Part 3 diesmal in der Koblenzer Suppkultur statt, die ebenfalls für Live-Veranstaltungen im Independent-Bereich bekannt ist. Die Wahl der kleineren Halle bedingte auch Platz für weniger Leute, was aber angesichts der diesmal wesentlich unaktuelleren bzw. unbekannteren Bandnamen eine vernünftige Entscheidung war. So bangte man im gemütlichen Konzertkeller ohne peinliche Leere zu den Acts, die uns die Hellbangers dieses mal präsentierten.

Vorher gab's allerdings noch das Stöbern und Bestaunen des Metal-Markts. CDs für superfaire Preise, aber vor allem rare MC-Demos, massig Vinyl und Picturediscs wurden wohlfeil geboten. Schnell ein Bier in die Hand, und dann zur Stöberrunde. Immer gut, wenn die Frau eine Tasche bei sich trägt, in
welcher die Schätze dann gehortet werden können.

Throneum


Den Anfang der Live-Runde machten dann die Polen Throneum. Dem Publikum waren sie entweder noch nicht so geläufig, oder es war einfach noch nicht warm für das pure Geknatter, welches das Trio dort von der Bühne bolzte. Extremer Metal in seiner pursten Form wurde geboten, und die Jungs dürften sich mit diesem Gig einige Freunde mehr gemacht haben. Mittendrin überlegte es sich nämlich irgendein Zuschauer, sprang durch die lockeren Reihen direkt vor die Monitorboxen und begann mit heftigstem Propellerbanging. Hier und da schlossen sich dann immer mehr überzeugte Headbanger an und das Eis fing an, langsam zu brechen. Im brachialen Sound Throneums war kein Platz für Spielchen, Soli oder sonstwas. Die Songs
wurden immmer schneller, die Blastbeats immer wahnsinniger, und irgendwann steigerte sich diese Lärmorgie in ein Inferno, in dem kaum noch irgendwelche Strukturen auszumachen waren. Drauf geschissen - gut gemachter Lärm kann auch geil sein, und geil waren sie definitiv!

Urn


Nach den Polen kamen die
Finnen. Corpsepaint, massig Nieten und Patronen, und wieder ein Trio. Black Metal war angesagt, und so kreischte es auch böse aus den imaginären Wäldern des nordischen Winters. Ein verdammt greller Sound, sehr schnelle Songs, und ein leichter Hang zum Punk, dessen Primitivität sie übernahmen. Vor der Bühne wurde langsam voller, und die beiden Frontmänner (die Saitenfraktion bot
doppelte Vocals) brüllten und kreischten zu dem klirrenden Background die Echogeräte in den roten Bereich. Auch hier gab es nur heftig und ohne Pause Stoff der härteren Art. Das Dauerbombardement wurde nur durch einige technische Probleme an den Drums gebremst - gerade am Anfang musste der Felldrescher einige Male stoppen, und auch zwischen den Songs machte er nicht gerade einen
besonders zufriedenen Eindruck. Problematisch kam vielleicht hinzu, dass alle Bands fast ausschließlich auf dem gleichen Kit von Metal Inquisitor spielten. Mit Mayhems "Deathcrush" bot die Combo dann noch einen alten Gassenhauer zum Besten, und im Fazit muss ich sagen, dass mich diese Band neugierig auf mehr gemacht hat. Gerne würde ich sie nochmal unter besseren Livebedingungen (vor allem der Sound war mir viel zu grell) sehen und mir ein endgültiges Urteil bilden.


Witchburner


Von Finnland nach Fulda. Witchburner boten für mich den Gig des Abends. Purer Thrash Metal war angesagt, und was hier abging, zauberte mir ein Grinsen auf's Gesicht, welches nur noch an den Ohren gebremst werden konnte. Zum ersten mal waren echte Fans in den ersten Reihen und feuerten ihre Lieblinge an. Das Material war vielen bekannt, und Songtitel wurden lautstark gefordert. Witchburner spielen den originalen Thrash der alten europäischen Schule. Nehmt Sodom mit einem Schuss frühe Kreator, und ihr seid nahe dran. Der Stoff war durch die Bank originell und ohne Leerlauf, es gab die ersten stilechten Soli des Abends, und der
Frontmann sprang agil über die enge Bühne und feuerte das Publikum an. Mehr kann man zu dieser Band nicht sagen. Tolle Live-Darbietung, starke Songs, und die nötige schwermetallische Showpower im Arsch. Ich habe jede Sekunde genossen und kann jedem empfehlen, die Ohren nach Witchburner aufzusperren, wenn sein Interesse nach dieser Beschreibung geweckt sein sollte.

Metal Inquisitor


Als Co-Headliner kamen wir nun zu einer lokalen Band und damit Mitveranstalter dieses Events. Metal Inquisitor aus dem Koblenzer Raum brauchten sich um ein Heimspiel keine Sorgen zu machen. Gegenüber den vorangegangenen Bands wurde das Material wesentlich ruhiger, denn klassischer 80er NWOBHM-Metal mit helegentlich leichem Speed-Einschlag wurde geboten. Der dürre, große Lulatsch von Sänger nahm das Publikum an der Hand und führte mit seinen Ansagen durch einen Gig, der schon fast als nette Plauschveranstaltung bezeichnet werden kann. Die Kommunikation war durchaus spaßig und er sparte nicht an Lokalkolorit ("Ich muss mir hier ja keine Mühe geben, Hochdeutsch zu reden - Kowwelenzer Platt versteht ja hier jeder."). Mir gefielen besonders die etwas schnelleren Doublebass-Songs der Band, nicht zuletzt, weil sie etwas besser in das bis dahin recht derbe
Material des Festivals passten. Der klassische frühe Metal mit dünnem Kastratengesang ist persönlich nicht so ganz mein Fall, aber dem Publikum hat's gefallen, und sie feierten Metal Inquisitor fast genauso ab wie vorher die heftigeren Witchburner. Aber es musste ja stilistisch eine Brücke geschlagen werden zum Headliner. Und so kam es, dass dieses Festival mit Geknüppel begann, und mit NWOBHM-Songs der alten Schule enden sollte.

Blitzkrieg


Ich war sehr gespannt auf Blitzkrieg, da ich sie eigentlich nur durch Metallica kannte, und früher hier und da mal einen Song aufschnappte. Meine Vermutung lag richtig, dass der stets sehr gelassene und etwas gesetztere Herr hinter einem der letzten Metal-Markt-Stände zu den Blitzkrieg-Veteranen gehörte. Was nicht nur an seinem Äußeren lag, sondern auch an seinem Standmaterial. Wo bitte bekommt man heute noch CDs von KIX und anderen Vertretern der Haarspray-Zeit? Dieser Herr enterte dann auch nach einem Intro die Bühne, wo er hinter dem Mikro mit seiner dichten schwarzen Mähne, Sonnenbrille und Lederjacke fast wie ein wiedergeborener Joey Ramone rüberkam. Seine äußerst kraftlose, aber charismatische Stimme passte zwar zu seiner Gesamterscheinung, wirkte aber doch als softer Höhepunkt etwas deplaziert. Dabei hat mich das Songmaterial durchaus überrascht. Ich hätte nie gedacht, wieviel Inspiration Metallica wirklich aus dieser Band gezogen haben, denn Blitzkrieg hatten schon damals in ihrem klassischen Metal-Sound Anleihen des späteren Thrashs drin und klangen
streckenweise so nach Metallica, dass ich manchmal echt dachte, hinter den Drums müsste der olle Lars Ulrich gleich sein Maul aufreißen. Die Rhythmik der gedämpften Stakkato-Riffs, die Drums und der Sound verkörperten an vielen Stellen genau den Stil, den Metallica in ihren frühen Tagen perfektioniert haben. Leider war ein Großteil des Materials für die Angereisten etwas zu seicht, so dass sich die Halle im Laufe des Gigs immer mehr leerte. Dafür blieben in den ersten Reihen total fanatische ältere Semester, die es wahrscheinlich auch nicht gedacht hätten, dass irgendwelche Koblenzer Newcomer mal diese Band als Headliner auf ihr Festival holen würden. Ich hielt es jedenfalls für angebracht, dieses seltene Ereignis in Ruhe zu genießen und nochmal in alten Zeiten zu schwelgen. Sänger Brian Ross war ein Mann der großen Gesten, und ich frage mich ernsthaft, ob das junge schon gegangene Publikum überhaupt Stilblüten wie das eingestreute "Black Sabbath"-Thema in "I'm not insane" überhaupt verstanden hätten. Merkt man daran, dass wir diese alten Bands noch verstehen, dass wir alt werden? Oder haben diese alten Bands einfach einen Charakter, den sie in die heutige Zeit retten konnten? Keine Ahnung. Es war mir eine Ehre, auf die ich ungern verzichtet hätte. Und so ging es wohl den meisten noch verbliebenen, die bis zur letzten Zugabe "Hell bent for leather" ausharrten.

Unter'm Strich


Dieses Festival hatte - wie immer - einen sympathischen privaten Charakter. Die handverlesenen Bands waren abseits der üblichen Touren, boten insgesamt alle gute Qualitäten, und die Stimmung war groß. Man darf gespannt auf das nächste Mal sein. Nicht oft, nicht groß, aber immer fein. Nicht fein, sondern eher verwunderlich waren
die Dienstzeiten der Security an diesem Abend. Sehr penibel bei den Einlasskontrollen (hab ich nichts dagegen), auffällig präsent in der Konzerthalle (hab ich auch nichts dagegen), glänzten sie am Ende des Festivals
und wohl auch schon vorher am Einlass durch Abwesenheit. So konnte irgendein Schwachmat auf dem Parkplatz zwischen den Autos mit einer Kiste PC-Tastaturen
randalieren und diese seelenruhig zerschlagen. Keine Ahnung, wo er die her hatte, aber die Aufgaben einer Security - wenn man sie schon bestellt - hören in meinen Augen bei Sachbeschädigung vor der Tür nicht auf. Vielleicht hat man aber auch daraus für die Zukunft gelernt, nachdem man die Plastiksplitter und zerbrochenen Flaschen draußen beseitigen musste.

Location Details
Suppkultur in Koblenz (Deutschland)
Website:www.suppkultur.de
Adresse:Friedrich-Mohr-Str. 1c
56070 Koblenz

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