Jess By The Lake - Under The Red Light Shine | |
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Review von baarikärpänen vom 12.06.2019 (5552 mal gelesen) | |
Kennt ihr das? Ihr hört einen Song und sofort schießen euch Vergleiche in den Kopf, Bilder werden sichtbar. Dabei muss der Song noch nicht mal musikalisch direkt was mit dem zu tun haben, der euch in den Sinn kommt. Genau das ist mir passiert, als ich mir 'Legacy Crown' von JESS BY THE LAKE zum allerersten Mal eingefahren habe. Da war sofort 'Oats In The Water' von BEN HOWARD präsent. Diejenigen von euch, die The Walking Dead zu ihren Lieblingssendungen zählen, dürften den Track bestens kennen. Allen anderen sei, so sie denn Interesse haben, Staffel vier, Folge fünf empfohlen. Wer bei JESS BY THE LAKE sofort an JESS AND THE ANCIENT ONES denkt, darf sich dann gleich mal 'nen Keks nehmen. JESS BY THE LAKE ist nämlich das neue Betätigungsfeld von Sängerin Jasmin Saarela. Und anders als bei ihrer sonstigen Spielwiese, ist Jasmin hier auch als Hauptsongwriterin tätig. Wer sich "Under The Red Light Shine" anhört, muss sich geradezu die Frage stellen, warum sie sich bei JATAO nicht einbringen darf. Aber gut, dafür gibt es ja jetzt JESS BY THE LAKE. Saarela macht auf "Under The Red Light Shine" nicht den Fehler, sich zu sehr am Hauptarbeitgeber zu orientieren, auch wenn sie ihre Herkunft logischerweise nicht komplett verleugnen kann, vor allem den letzten Output von JATAO, "The Horse And Other Weird Tales". Aber trotzdem klingt "Under The Red Light Shine" doch ganz anders. Das hier ist eine auf das Nötigste reduzierte Scheibe, die gar nicht erst versucht, noch auf den eh schon abgefahrenen Zug in Sachen Classic Rock aufzuspringen, sondern psychedelisch daherkommt, wie schon lange nicht mehr gehört. Den besonderen Reiz des Albums macht aber aus, dass sich Saarela nicht limitiert und dem Material auch mal eine jazzig-disharmonische Note spendiert, wie in bereits erwähntem 'Legacy Crown' oder der ersten Single 'Nightmare', gleichzeitig auch der Song, der am rockigsten geworden ist. Daneben dürfen, wie in 'Freezing Burn', auch mal leichte Anleihen bei AMY WINEHOUSE oder CHRIS ISSAK ('Wicked Game' anyone?) durchschimmern. Den Höhepunkt haben sich JESS BY THE LAKE aber für das Ende des Albums aufgehoben. 'Interstellar' ist ein Stück, wie es TORI AMOS nicht besser hätte schreiben können. TORI AMOS ist übrigens ein guter Vergleich, wenn es darum geht, die gesangliche Leistung von Jasmin Saarela zu beschreiben. Auch wenn die Stimme von Saarela eine völlig andere Klangfarbe hat (manchmal an das dunkle Timbre von TANITA TIKARAM erinnernd), so hat sie doch mit der US-Amerikanerin gemeinsam, dass ihre Stimme völlig beeindruckend ist und den Hörer fesselt. Dass Jasmin Saarela für JESS BY THE LAKE nicht auf Musiker von JATAO zurückgegriffen hat, sondern auf unverbrauchte Mitstreiter aus ihrem näheren Umfeld, erweist sich als weise Entscheidung, die dafür sorgt, dass "Under The Red Light Shine" noch eigenständiger rüberkommt, typisch finnische Melancholie inklusive. Mit Metal oder mit Hard Rock hat "Under The Red Light Shine" so gar nichts zu tun, auch wenn gelegentlich mal eine Gitarre etwas härter brät. Und trotzdem haben JESS BY THE LAKE ihren Platz auf diesen Seiten mehr als verdient. Wer durch die oben gemachten, durchaus poppigen Vergleiche nicht abgeschreckt ist und JESS BY THE LAKE eine Chance gibt, wird mit einem ganz feinen Album mit jeder Menge Tiefgang belohnt. Und Tiefgang liefern auch die mehr als gelungenen Lyrics. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Under The Red Light Shine 02. Freezing Burn 03. The Wait 04. Halo (Ghosts In The Flames) 05. Nightmare 06. Legacy Crown 07. My Hands 08. Interstellar | Band Website: www.facebook.com/jessbythelake/ Medium: CD Spieldauer: 41:10 Minuten VÖ: 07.06.2019 |
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