Judas Priest - Redeemer Of Souls

Review von Elvis vom 16.07.2014 (7171 mal gelesen)
Judas Priest - Redeemer Of Souls Nun, hat wirklich jemand geglaubt, dass JUDAS PRIEST nach ihrer Ankündigung vor der "Epitaph"-Tour wirklich aufhören werden? Zugegeben, so wirklich das Ende der Band wurde ja auch nicht verkündet, sondern nur der geplante Verzicht auf ausgedehnte Welt-Tourneen. Die britische Metal-Legende wäre ja auch schön blöd gewesen, sich nicht irgendwie auch ein Hintertürchen offen zu halten. Nun ja, der Ausstieg von Gründungsmitglied und Songwriting-Pfeiler K.K. Downing war natürlich schon ein herber Schlag, aber auch einem solchen Veteranen muss man zugestehen, dass vielleicht irgendwann der Ruhestand lockt. Die Kollegen Halford und Tipton können es aber gar nicht so recht lassen. Abgesehen davon, dass schon seit Jahren die Rede von einem neuen Album in der Mache war, schob sich das doch immer mehr nach hinten heraus. Der wirklich initial zündende Faktor war dann jedoch offenbar Neuzugang Richie Faulkner als Nachfolger von K.K. Downing. Der junge Mann an der zweiten Gitarre hauchte den Urgesteinen der Szene offenbar so viel Leben ein, dass es nun doch zügig voran ging und voila: immerhin nur sechs Jahre und eine verkappte Abschieds-Tour nach dem umstrittenen Konzept-Album "Nostradamus" steht jetzt mit einem Paukenschlag das neue Werk "Redeemer Of Souls" in den Läden dieser Welt und harrt darauf, selbiger den reinen britischen Stahl zurückzubringen. Und ja: wie im Vorfeld angekündigt, soll und will das neue JUDAS PRIEST-Album sich auf die klassischen Tugenden der Band zurückbesinnen - sozusagen keine Experimente, sondern einfach nur all das, was die Band für die Fans schon immer verkörpert hat.

Schon das Cover bewegt sich optisch deutlich in den ebenso klischeehaften wie wunderbaren Gefilden der 80er bis frühen 90er. SO sieht ein JUDAS PRIEST-Cover aus und nicht anders! Das Songwriting haben diesmal Rob Halford, Glenn Tipton und eben Richie Faulkner übernommen - und sie haben ihre Sache gut gemacht. In der regulären Version umfasst "Redeemer Of Souls" mit 13 Songs gut eine Stunde neue Musik. Wer die Karriere der Briten die letzten 40 Jahre verfolgt hat, wird sich dabei schnell heimisch fühlen, denn der Plan, es eben wieder nach dem klingen zu lassen, was die Band für die Fans musikalisch eben ausmacht, funktioniert prächtig. Von den ersten Takten des Openers 'Dragonaut' bis zu dem nachdenklichen Ausklang in Gestalt von 'Beginning Of The End' verkörpert "Redeemer Of Souls" eben... JUDAS PRIEST. Das erreicht die Band, indem sie sich fröhlich austobt und dabei fast alle Phasen der Band nach der Hinwendung zum Heavy Metal streift. Trotzdem klingen die Songs auf "Redeemer Of Souls" letztlich aber nicht unangenehm nach Selbstzitat oder Eigenplagiat. Wer vom Härtegrad ein zweites "Painkiller" erwartet, ist allerdings leider schief gewickelt. Zu keiner Zeit versuchen JUDAS PRIEST es, hier geschwindigkeits- und nackenbrechertechnisch so auf den Putz zu hauen wie auf DER Überscheibe der späteren Bandgeschichte. Rob Halford verzichtet zwar nicht auf seine bekannten Screams, setzt diese jedoch eher gut verteilt ein (z.B. bei 'Halls Of Valhalla'), aber niemals so wie etwa bei dem Song 'Painkiller' damals. Sicherlich wäre es grade im Studio mit moderner Technik auch für einen Metal God Anfang 60 kein Problem gewesen, ebenso forderndes Material auf Platte zu bannen - doch wem hätte solche Trickserei ernsthaft genutzt? Abgesehen davon, dass es live so kaum zu reproduzieren wäre (in dem Zusammenhang erinnere ich gern und ohne Vorwürfe daran, dass auch der deutlich jüngere "Ripper" Owens schon bei "Live In London" 'Painkiller' auch nicht auf Studioniveau runterreißen konnte) und man sich daher über den wirklichen Wert streiten könnte: so gern ich die Platte auch mag, JUDAS PRIEST waren schon immer mehr als nur das und auch deutlich vielfältiger. Und mal ehrlich: "Painkiller" gibt es schon - warum also krampfhaft versuchen, einen zweiten Teil zu machen? Rob Halford verbleibt daher meist - und das meine ich absolut positiv - im mittleren Stimmbereich, in dem er zumindest für mich immer am angenehmsten war und auch heutzutage noch top unterwegs ist. Unterm Strich ist "Redeemer Of Souls" nämlich eine wirklich abwechslungsreiche Platte geworden, die diverse Stimmungen beinhaltet und anders als zum Beispiel das zwar sehr gute, aber auch ein bisschen arg auf Anknüpfung ans eigene Erbe gebürstete 2005er Comeback-Album "Angel Of Retribution" dabei ganz natürlich wirkt. Den Versuch, eine Single auf Teufel komm raus zu schreiben, hat man sich gespart und so gibt es nicht DEN herausragenden Track, der auf Airplay schielt und z.B. ein neues 'Breaking The Law' werden soll. Klassische JUDAS PRIEST-Rocker wie der bereits als Aufhänger bekannte Titeltrack 'Redeemer Of Souls' finden sich daher ebenso wie epische Tracks ('Sword Of Damocles'), Material, welches auch auf "Sad Wings Of Destiny" gepasst hätte ('Secrets Of The Dead') oder grooviges Material wie 'Hell & Back'. Tipton und Faulkner liefern sich natürlich die typischen doppelten Gitarrenläufe und ja: auch das klassische Solo gehört selbstverständlich zu sämtlichen Songs dazu - wäre auch schlimm, wenn JUDAS PRIEST 2014 keine Soli mehr hätten, oder? Insgesamt wirkt "Redeemer Of Souls" wie aus einem Guß und auch die teils ein wenig gescholtene Produktion, deren Abmischung manch einem Kollegen ein wenig roh erschien, finde ich persönlich absolut in Ordnung nach diversen Durchläufen. Angesichts der doch recht langen Vorlaufzeit des Albums darf man auch sicher sein, dass die Herren Halford und Tipton sich hier sicherlich nicht vertan haben und das Ergebnis so gewollt ist, zumal auch die Plattenfirma hier durchaus den ein oder anderen Euro in das Album investiert hat und ordentlich Promotion macht. Mit dem fast schon ein wenig prophetischen und ruhigen 'Beginning Of The End' endet das reguläre Album irgendwie auch passend. Trotzdem gibt es sogar noch einen unmittelbaren Nachschlag, denn die Deluxe Version von "Redeemer Of Souls" im schicken Digibook mit einem nur minimalen Aufpreis hat eine Bonus-CD mit fünf weiteren Tracks spendiert bekommen. Die sind jedoch allesamt auch neue Songs, keine Cover und nichts, sondern lediglich Songs, die der Band zufolge nicht in den Flow des regulären Albums gepasst und deswegen eine eigene CD zur Abgrenzung verdient hätten. Dem würde ich zustimmen, denn die fünf Songs sind durch die Bank mindestens gut und es wäre doch schade, wenn z.B. Songs wie der straighte Rocker 'Snakebite' oder etwa 'Tears Of Blood' unter Verschluss geblieben wären. Mit 'Never Forget' gibt es als endgültigen Abschluss sogar eine hymnische und rührende Ballade für die Fans. Da das Album so sogar auf gut 83 Minuten Spielzeit kommt, ist angesichts des klaren Mehrwerts die Deluxe Edition hier definitiv die Ausgabe der Wahl.

Trotz allem ist "Redeemer Of Souls" nach Angaben der Band wohl nicht als Schwanengesang zu verstehen und es ist durchaus nicht als finales Album gedacht, aber ein bisschen Abschiedsstimmung darf ruhig aufkommen, auch wenn JUDAS PRIEST uns noch erhalten bleiben. Livetermine für Nordamerika sind für den Herbst bereits angekündigt und auch Europa dürfte damit im Jahr 2015 wieder erleben dürfen, dass es heißt "Friday Night... and the Priest is back!". Freuen wir uns also, dass Rob Halford und Co. die Nietenklamotten noch nicht an den Nagel hängen, uns noch ein bisschen erhalten bleiben und wir mit "Redeemer Of Souls" sogar im Jahr 2014 noch ein richtig gutes Album bekommen. Schön, dass Ihr noch ein bisschen bleibt, Jungs - die Metalwelt wäre doch deutlich ärmer ohne Euch...

Anspieltipps: 'Redeemer Of Souls', 'Halls Of Valhalla', 'Sword Of Damocles', 'Hell And Back', 'Snakebite'.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Dragonaut (4:26)
02. Redeemer Of Souls (3:58)
03. Halls Of Valhalla (6:04)
04. Sword Of Damocles (4:54)
05. March Of The Damned (3:55)
06. Down In Flames (3:56)
07. Hell & Back (4:46)
08. Cold Blooded (5:25)
09. Metalizer (4:37)
10. Crossfire (3:51)
11. Secrets Of The Dead (5:41)
12. Battle Cry (5:18)
13. Beginning Of The End (5:07)

Deluxe Edition Bonus Tracks

01. Snakebite (3:14)
02. Tears Of Blood (4:19)
03. Creatures (4:25)
04. Bring It On (3:18)
05. Never Forget (6:25)
Band Website: www.judaspriest.com/
Medium: CD
Spieldauer: 83:39 Minuten
VÖ: 11.07.2014

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